Menarini Kongress-News ÖGP 7.10.2016 (public)
Die 40. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie fand in der Messe Wien statt. In der 1. Ausgabe der "Menarini Kongress-News " vom 7.10.2016 sind die Highlights des 1. Kongresstages zusammengefasst: - Fall des Jahres 2016 - Suche nach dem Best BEEP - Allergie & Asthma - Pearls in Infectiuos Diseases - Interview mit ÖGP-Präsident Kneussl
Die 40. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie fand in der Messe Wien statt. In der 1. Ausgabe der "Menarini Kongress-News " vom 7.10.2016 sind die Highlights des 1. Kongresstages zusammengefasst:
- Fall des Jahres 2016
- Suche nach dem Best BEEP
- Allergie & Asthma
- Pearls in Infectiuos Diseases
- Interview mit ÖGP-Präsident Kneussl
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<strong>Kongress</strong><br />
NEWS<br />
40. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie<br />
Wien, 7. Oktober 2016<br />
Das <strong>Kongress</strong>-Motto:<br />
Quality of Care<br />
Fall des Jahres 2016:<br />
Entzug auf pulmologische Art<br />
Lungenversagen:<br />
Suche nach dem besten PEEP<br />
Allergie & Asthma:<br />
Toleranz statt Vermeidung<br />
Pearls in Infectious Diseases:<br />
Falscher Verdacht<br />
Problem Schlafapnoe:<br />
Tagesmüdigkeit als Unfallursache
<strong>Kongress</strong><br />
NEWS<br />
inhalt<br />
4 Fall des Jahres:<br />
Entzugsprogramm auf pulmologische Art<br />
5 Prim. Univ.-Prof. Dr. Meinhard Kneussl im Interview:<br />
Die Jahrestagung im Überblick<br />
6 Behandlung des akuten Lungenversagens:<br />
Suche nach dem besten PEEP<br />
8 Primäre Prävention bei Allergie und Asthma:<br />
Toleranz statt Vermeidung<br />
9 Sekundäre Prävention bei Allergie und Asthma:<br />
Allergie soll kein Asthma werden<br />
10 Tuberkulosebericht 2015:<br />
Tuberkulosefälle in Österreich sind leicht rückläufig<br />
12 Pearls in Pediatrics:<br />
Missgeschick bringt des Rätsels Lösung hervor<br />
13 Pearls in Pediatrics:<br />
Dyspnoe und Husten, aber kein Infekt<br />
14 Problem Schlafapnoe:<br />
Müdigkeit als Unfallursache<br />
15 Fachkurzinformationen<br />
IMPRESSUM<br />
Medieneigentümer & Herausgeber:<br />
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Aus Gründen der Lesbarkeit wird auf eine geschlechtsspezifische<br />
Differenzierung verzichtet. Entsprechende<br />
Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung für<br />
beide Geschlechter.<br />
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Österreichischen Umweltzeichen,<br />
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Prim. Univ.-Prof. Dr. Meinhard Kneussl bei seiner<br />
Eröffnungsrede am Donnerstag Abend.<br />
<strong>Kongress</strong>eröffnung<br />
„Das Miteinander<br />
im Mittelpunkt“<br />
Bei der gestrigen Eröffnungsrede zeigte sich Präsident<br />
Prim. Univ.-Prof. Dr. Meinhard Kneussl sehr angetan vom<br />
<strong>Kongress</strong>ort Wien für die Jubiläumstagung als „Drehscheibe“<br />
zwischen Ost und West. Wichtig ist für ihn der fortwährende<br />
interdisziplinäre Austausch. Denn schon zum<br />
dritten Mal in Folge ist die Österreichische Gesellschaft<br />
für Thorax- und Herzchirurgie Kooperationspartner bei<br />
der Jahrestagung der Pneumologie. Auch für Univ.-Doz.<br />
Dr. Florian Tomaselli, Präsident Thoraxchirurgie, ist dieser<br />
<strong>Kongress</strong> rund um die Lunge eine sehr wichtige Plattform<br />
für gegenseitiges Kennenlernen. Das Knüpfen neuer Kontakte,<br />
Vertiefen bereits bestehender Kooperationen und<br />
Weiterentwicklung von gemeinsamen Projekten sind neben<br />
der reinen Fortbildung wichtige Bausteine.<br />
Eine stärkere Verschränkung aller Disziplinen führt nicht<br />
nur zu besseren Behandlungsergebnissen, sondern auch<br />
zu mehr Zufriedenheit für alle beteiligten Berufsgruppen.<br />
Diesen Trend zum besseren Dialog stärkt auch die Vortragsserie<br />
„Pneumologie kompakt“, die sich an Ärzte in<br />
Ausbildung, Allgemeinmediziner, aber auch an Studierende<br />
wendet. Erfreut zeigte sich auch der Präsident der European<br />
Respiratory Society (ERS), Prof. Dr. Guy Joos, der<br />
vor allem auf die Vorteile des Joint Memberships <strong>ÖGP</strong>-<br />
ERS hinwies. Das Joint Membership bringt Vorteile und<br />
Erleichterungen für alle Mitglieder der Gesellschaft, vor<br />
allem aber für junge Kolleginnen und Kollegen in Ausbildung.<br />
Am Abend wurden auch zwei neue Ehrenmitgliedschaften<br />
der Gesellschaft an Univ.-Prof. Dr. Roland Buhl<br />
und Prim. i. R. Dr. Herwig Schinko verliehen.<br />
©<br />
Unlimited Media<br />
2 40. Jahrestagung der ögp
<strong>Kongress</strong><br />
NEWS<br />
Fall des jahres<br />
15 heimische Spezialfälle wurden aus ganz Österreich von jungen<br />
Ärztinnen und Ärzten präsentiert.<br />
Entzugsprogramm<br />
auf pulmologische Art<br />
©<br />
Unlimited Media<br />
Gestern am späten Nachmittag wurde beim<br />
<strong>Kongress</strong> den jungen Ärztinnen und Ärzten die<br />
Möglichkeit geboten, ihren spannenden pneumologischen<br />
Fall als „Case of the Year“ zu präsentieren.<br />
Der glückliche Sieger:<br />
Dr. Valentin Hirzoiu<br />
15 Fälle wurden jeweils vier Minuten lang präsentiert,<br />
diskutiert und dann gleich per Digi-Voting vom Publikum<br />
bewertet. Am Ende der Sitzung stand der beste<br />
Fall des Jahres 2016 fest. Den Preis von 500 Euro<br />
nahm Dr. Valentin Hirzoiu von der pulmologischen Abteilung,<br />
LK Hochegg, für den Fall „Entzugsprogramm<br />
auf pulmologische Art“ entgegen:<br />
Ein 38-jähriger Patient, dreifacher Vater und Selbständiger,<br />
litt unter Ruhedyspnoe. In der Anamnese zeigte<br />
sich seit Jahren eine bestehende, extreme Tagesschläfrigkeit.<br />
Der Patient konnte seinen beruflichen Verpflichtungen<br />
nicht mehr nachgehen und nahm seit mehreren<br />
Jahren N-Metamphetamin (Crystal Meth). Im<br />
Lungenröntgen fanden sich Stauungszeichen und ein<br />
stark vergrößerter Herzschatten, in einer Echokardiographie<br />
eine massive konzentrische linksventrikuläre<br />
Hypertrophie mit einer interventrikulären Septumdicke<br />
von 25 mm. Nach einem pulmologischen Konsil erfolgte<br />
die Einweisung ins KH Hochegg. Die Diagnose:<br />
ein hochgradiges obstruktives Schlafapnoesyndrom<br />
(OSAS) mit einem AHI von 137.<br />
Einige Wochen nach der CPAP-Einstellung kam es<br />
zu einer erheblichen Besserung der Tagesmüdigkeit,<br />
der Patient stellte sogar den Drogenkonsum ein.<br />
Nach eineinhalb Jahren ergab die Echokardiographie-Kontrolle<br />
eine deutliche Reduktion der linksventrikulären<br />
Wandstärke (Septumdurchmesser von<br />
25 mm auf 14 mm). Auffallend bei unserem Patienten<br />
war der langwierige, jedoch vermeidbare Leidensweg<br />
und die damit verbundene Drogensucht.<br />
Mit einer einfachen Diagnostik und Therapie konnten<br />
die Symptomatik, die kardialen Veränderungen<br />
und die Drogensucht erfolgreich behandelt werden.<br />
Einer aktuellen Studie zufolge nehmen 50 Prozent<br />
der Konsumenten Crystal Meth hauptsächlich aus<br />
beruflichen Gründen, wobei die Tendenz auch in<br />
Österreich steigend ist. Abschließend stellt sich<br />
die spannende Frage, ob Patienten mit einem undiagnostizierten<br />
OSAS häufig zu aufputschenden<br />
Substanzen greifen, um sich zu kurieren, oder ob<br />
es sich bei unserem Patienten lediglich um einen<br />
„Fall des Jahres“ handelt.<br />
4 40. Jahrestagung der ögp
Wien, 7. Oktober 2016<br />
Prim. Univ.-Prof. Dr. Meinhard Kneussl im Interview<br />
Die Jahrestagung im Überblick<br />
Bereits zum 40. Mal findet heuer die Jahrestagung der „Österreichischen Gesellschaft<br />
für Pneumologie“ (<strong>ÖGP</strong>) statt. Unter dem <strong>Kongress</strong>-Motto „Quality of Care“ wird eine<br />
Vielzahl von Themen rund um die Lunge beleuchtet. Prim. Univ.-Prof. Dr. Meinhard<br />
Kneussl, <strong>ÖGP</strong>-Präsident und Vorstand der 2. Medizinischen Abteilung mit Pneumologie,<br />
Wilhelminenspital/Wien, sprach über die Themenschwerpunkte, die Highlights und über<br />
boomende Teilnehmerzahlen.<br />
Wie viele Teilnehmer erwarten Sie<br />
bei der heurigen <strong>ÖGP</strong>-Tagung?<br />
Wir rechnen erstmals mit insgesamt<br />
über 900 Teilnehmern. Dabei handelt<br />
es sich neben den Fachärzten auch<br />
um Allgemeinmediziner, Ärzte in<br />
Ausbildung sowie Studenten. Wichtig<br />
ist, dass die Themen fächerübergreifend<br />
im Sinne des interdisziplinären<br />
Austausches abgehandelt werden.<br />
Bereits zum dritten Mal ist daher die<br />
Österreichische Gesellschaft für Thorax-<br />
und Herzchirurgie eingebunden.<br />
Worum geht es in der Vortragsserie<br />
„Pneumologie kompakt“?<br />
Dieses neue Format wurde speziell<br />
für den Informationstransfer Richtung<br />
Allgemeinmediziner, Ärzte in<br />
Ausbildung und Studierende entwickelt.<br />
Aber auch mit dem Workshop<br />
„Hands on for everybody“, der<br />
sich auch an Pflegefachkräfte wendet,<br />
haben wir einen spannenden,<br />
neuen Praxis-Part geschaffen, der<br />
den interprofessionellen Austausch<br />
weiter fördern soll.<br />
Was sind die Themenschwerpunkte?<br />
Beim Thema Lungenkrebs wird der<br />
Bogen von den Methoden und Erkenntnissen<br />
der Diagnostik über<br />
neue Einteilungskriterien und chirurgische<br />
Themen bis hin zu personalisierten<br />
„Targeted Therapies“<br />
und „Immuntherapie“ gespannt.<br />
Hier zeigen sich Ergebnisse, die wir<br />
noch vor ein paar Jahren nicht erwartet<br />
haben. Ein anderes Kernthema<br />
ist die COPD. Hier stehen neue<br />
„Beim Kernthema COPD<br />
stehen neue Erkenntnisse<br />
im Fokus: Aktuelles<br />
zum maximierten<br />
COPD-Therapiekonzept<br />
sowie Strategien unter dem<br />
Stichwort Self-Management.“<br />
Prim. Univ.-Prof. Dr.<br />
Meinhard Kneussl<br />
Erkenntnisse zum Thema Therapie<br />
im Fokus: Aktuelles zum maximierten<br />
COPD-Therapiekonzept sowie<br />
Strategien unter dem Stichwort<br />
„Self-Management bei COPD“ werden<br />
präsentiert. Ein weiterer Fokus<br />
liegt auf dem Themenbereich Asthma:<br />
Hier geht es um Allergie- und<br />
Asthma-Prävention, aber auch um<br />
neue Wege im Asthma-Management.<br />
Weitere Themen sind neue<br />
Asthma-Therapien mit Biologika<br />
©<br />
Wilke<br />
und spezifischer Immuntherapie.<br />
Ein wichtiger Schwerpunkt der Jahrestagung<br />
ist der Themenbereich<br />
Lungenentzündung: Hier liegen neue<br />
Leitlinien zur Behandlung der ambulant<br />
erworbenen Pneumonie mit<br />
wichtigen, neuen Ansätzen vor.<br />
Denn die Gefährlichkeit einer Lungenentzündung<br />
wird leider oft unterschätzt!<br />
Besonders bei älteren<br />
Patienten ist eine Lungenentzündung,<br />
analog zu einem Herzinfarkt,<br />
ein medizinischer Notfall.<br />
Der Bereich Pädiatrie bekam ein<br />
wesentliches Augenmerk ...<br />
Kinder sind keine kleinen Erwachsenen,<br />
deshalb wird im Rahmen der<br />
Tagung thematisiert, vor welchen<br />
Herausforderungen die Pneumologie<br />
in der Pädiatrie steht. Ein Beitrag<br />
ist zum Beispiel die Thematik<br />
der infektiologischen Versorgung<br />
von Flüchtlingen mit besonderer<br />
Berücksichtigung von Lungenerkrankungen<br />
des Kindes. Weitere<br />
Themen beschäftigen sich mit der<br />
Behandlung der Mukoviszidose, wo<br />
es neue Ansätze und Erfolge gibt,<br />
oder mit dem tabakkranken Kind.<br />
Was sind für Sie die Highlights?<br />
Für das Thema Lunge und Herzinsuffizienz<br />
ist es gelungen, internationale<br />
Experten zu gewinnen. Zum<br />
Beispiel wird Prof. Sharokh Javaheri<br />
aus Mason, USA, über seine Erfahrungen<br />
und Forschungsergebnisse<br />
zum Thema Herzinsuffizienz und<br />
Schlafapnoe sprechen.<br />
<strong>Kongress</strong><br />
NEWS<br />
5
<strong>Kongress</strong><br />
NEWS<br />
Behandlung des akuten Lungenversagens<br />
Suche nach dem besten PEEP<br />
Auch mit den neuesten Therapiestrategien ist die Behandlung des akuten Lungenversagens<br />
(Acute Respiratory Distress Syndrome – ARDS) nach wie vor eine intensivmedizinische<br />
Herausforderung. Die Anwendung eines ausreichend hohen positiven endexspiratorischen<br />
Druckes (PEEP – Positive EndExpiratory Pressure) sichert bei Patienten mit ARDS die durchgehende<br />
Belüftung von rekrutierten Alveolen. Dadurch wird der Gasaustausch verbessert und<br />
ein atemzyklischer Kollaps sowie die damit verbundene Lungenschädigung verhindert.<br />
„Bei Patienten mit schwerem ARDS<br />
scheinen höhere PEEP-Werte mit<br />
einem besseren Outcome einherzugehen“,<br />
erklärte Priv.-Doz. Dr.<br />
Georg Christian Funk, Otto Wagner<br />
Spital Wien. Allerdings haben zu<br />
hohe PEEP-Werte unerwünschte<br />
Nebenwirkungen. Es kann zu einer<br />
Überdehnung der besser belüfteten<br />
Lungenareale mit Baro-/Volutrauma<br />
sowie einer hämodynamischen<br />
Beeinträchtigung mit herabgesetztem<br />
Herzzeitvolumen kommen.<br />
Deshalb wird nach Konzepten gesucht,<br />
die eine optimale individuelle<br />
PEEP-Einstellung ermöglichen.<br />
Priv.-Doz. Dr. Georg Christian Funk<br />
Ein PEEP, verschiedene Resultate<br />
Während hohe PEEP-Werte bei einem<br />
Patienten zur Eröffnung von<br />
Atelektasen sowie zur Verbesserung<br />
von Atemmechanik und Gasaustausch<br />
führen, hat derselbe PEEP<br />
bei einem anderen Patienten lediglich<br />
unerwünschte Nebenwirkungen<br />
zur Folge. Die verschiedenen<br />
Konzepte zur PEEP-Optimierung<br />
basieren auf der Beurteilung von<br />
Gasaustausch, Atemmechanik oder<br />
pulmonaler Bildgebung.<br />
In den 1990er-Jahren wurde das<br />
Konzept der lungenprotektiven Wirkung<br />
des PEEP auf eine klinische<br />
Ebene gebracht: Der optimale PEEP<br />
wurde anhand der Druck-Volumen-<br />
Beziehung des respiratorischen Systems<br />
identifiziert. Durch Wahl eines<br />
PEEP oberhalb des unteren Inflektionspunktes<br />
der Compliance-Kurve<br />
sollen Alveolen rekrutiert und belüftet<br />
gehalten werden. Eine spannende<br />
Weiterentwicklung der atemmechanischen<br />
Methoden ergab sich 2008,<br />
als eine Strategie der PEEP-Optimierung<br />
anhand des transpulmonalen<br />
Druckgradienten zu einer deutlichen<br />
Verbesserung der Compliance und<br />
der Oxygenierung führte. „Aber dafür<br />
ist eine Ösophagusballonsonde<br />
nötig. Zudem ist nicht sicher, ob der<br />
intraösophageale Druck dem intrapleuralen<br />
Druck entspricht. Daher hat<br />
sich diese Methode nicht flächendeckend<br />
durchgesetzt“, so der Experte.<br />
Strategien zur PEEP-Optimierung<br />
In den letzten 20 Jahren wurde<br />
durch die computertomographische<br />
Bildgebung von ARDS-Lungen das<br />
Verständnis der Pathophysiologie<br />
des ARDS sowie der Wirkung von<br />
PEEP und der Mechanismen von<br />
beatmungsinduzierter Lungenschädigung<br />
weiterentwickelt. Neben dem<br />
interindividuell stark unterschiedli-<br />
©<br />
privat<br />
chen Rekrutierungspotenzial zeigte<br />
sich ernüchternd, dass es auch unter<br />
einer „protektiven“ Be atmung<br />
mit niedrigen Tidalvolumina in gut<br />
belüfteten Lungenarealen zu beatmungsinduzierter<br />
Überdehnung und<br />
Schädigung kommen kann. Zuletzt<br />
erkannte man anhand der Computertomographie,<br />
dass alveoläre Rekrutierung<br />
auf atemmechanischer<br />
Basis nicht zwingend mit einer anatomischen<br />
Rekrutierung atelektatischer<br />
Lungenareale einhergeht.<br />
Um eine praktisch verwendbare<br />
Bildgebung der ARDS-Lunge zu<br />
gewährleisten, wurde die Elektroimpedanztomographie<br />
weiterentwickelt.<br />
Dadurch kann die Belüftung<br />
der Lunge in einer transversalen<br />
Ebene in Echtzeit visualisiert werden.<br />
Allerdings haben sich auch die<br />
bild gebenden Methoden der PEEP-<br />
Optimierung bislang noch nicht<br />
durchgesetzt. Funk: „Die verschiedenen<br />
Ansätze der PEEP-Optimierung<br />
zeigten in den letzten Jahren<br />
gut übereinstimmende, aber auch<br />
völlig divergente Ergebnisse.“<br />
Der genaue Nutzen der bildgebenden<br />
Verfahren wird sich in den<br />
nächsten Jahren zeigen. Die Suche<br />
nach dem besten PEEP geht weiter.<br />
Tipp für die Praxis:<br />
Zur PEEP-Optimierung bei<br />
Patienten mit ARDS empfiehlt<br />
der Experte eine kombinierte<br />
Beurteilung von Gasaustausch<br />
und Atemmechanik.<br />
6 40. Jahrestagung der ögp
<strong>Kongress</strong><br />
NEWS<br />
Primäre Prävention bei Allergie und Asthma<br />
Toleranz statt Vermeidung<br />
Mit rund zehn Prozent ist Asthma die häufigste chronische<br />
Erkrankung im Kindes- und Jugendalter. Das Risiko, Asthma<br />
zu bekommen, kann durch gezielte Maßnahmen gemindert<br />
werden. Welche Möglichkeiten der primären Prävention es gibt,<br />
erläuterte gestern Prim. Priv.-Doz. Dr. Fritz Horak, ärztlicher<br />
Leiter des Allergiezentrum Wien West.<br />
„Unter primärer Prävention versteht<br />
man das Verhindern einer allergischen<br />
Sensibilisierung beziehungsweise<br />
von allergischen Symptomen“,<br />
erklärte Prim. Priv.-Doz. Dr. Fritz<br />
Horak, ärztlicher Leiter des Allergiezentrum<br />
Wien West. Grundsätzlich<br />
gilt es dabei, den richtigen Zeitpunkt<br />
zu treffen, um durch die Intervention<br />
auch einen Erfolg zu erzielen. Wobei<br />
möglichst früh durchaus sinnvoll ist<br />
– d.h. beim Kleinkind, Säugling oder<br />
sogar schon in der Schwangerschaft.<br />
Setzte man früher stark auf eine Allergen-Vermeidungsstrategie<br />
schlägt<br />
das Pendel bei der Prävention immer<br />
mehr in Richtung Toleranz.<br />
Aktuelle Studien haben gezeigt,<br />
dass eine Verzögerung der Einführung<br />
der Beikost beim Säugling<br />
eher ein Allergierisiko darstellt.<br />
Horak: „Daher empfehlen wir jetzt,<br />
dem Säugling schon ab dem vierten<br />
Monat Beikost zu geben – ohne<br />
Verzögerung alle Nahrungsmittel.<br />
Zudem zeigte sich, dass übertrieben<br />
langes Stillen sogar den gegenteiligen<br />
Effekt hat und Allergien fördern<br />
könnte.“ Restriktive Diäten in<br />
der Schwangerschaft oder die Einnahme<br />
von Probiotika haben in den<br />
Studien keinen Effekt gezeigt. Eine<br />
Primäre Prävention:<br />
Vermeidung von Tabakrauch und<br />
von Adipositas sowie die relativ<br />
frühe Einführung von Beikost<br />
nach vier Monaten ausschließlichen<br />
Stillens.<br />
klare Korrelation für eine stärker allergische<br />
Sensibilisierung ist jedoch<br />
bei adipösen Kindern festzustellen.<br />
Auf die Diversität kommt es an<br />
In Sachen Hygiene haben die Bauernhofstudien<br />
gezeigt, dass es einen<br />
Zusammenhang zwischen früher<br />
bakterieller Exposition und dem Auftreten<br />
von Allergien gibt. Kinder, die<br />
am Bauernhof aufwachsen, haben<br />
ein deutlich geringeres Allergierisiko.<br />
Neuere Daten zeigen, dass die Diversität<br />
der Bakterien dafür verantwortlich<br />
ist. Horak: „Aber ein Bauernhofwochende<br />
für Stadtkinder kann<br />
diesen Effekt sicher nicht erzeugen.“<br />
Ein sinnvoller Präventionsansatz ist<br />
der Rat zu einer natürlichen Geburt.<br />
Es konnte klar gezeigt werden, dass<br />
Kinder, die per Kaiserschnitt zur Welt<br />
kommen, ein höheres Allergierisiko<br />
tragen. Die Gabe von Pro- und Präbiotika<br />
in der Säuglingsperiode wird<br />
jedoch kontrovers diskutiert und es<br />
sind hier sicher noch mehr Studien<br />
nötig, um eine klare Empfehlung abgeben<br />
zu können.<br />
Hund oder Katze?<br />
Auch der Einfluss des Innenraumklimas<br />
auf die Entstehung von<br />
Allergien und mögliche Präventionsansätze<br />
wurden untersucht.<br />
Haustiere haben dabei weder einen<br />
klaren schützenden noch schädlichen<br />
Effekt, wenn ein Tier bereits<br />
in der Familie vorhanden ist. Manche<br />
Studien zeigen sogar einen vorübergehenden<br />
positiven Effekt bei<br />
Prim. Priv.-Doz. Dr. Fritz Horak<br />
Hunden, während andere Studien<br />
bei Neuanschaffung einer Katze teilweise<br />
negative Effekte auf die Entstehung<br />
eines atopischen Ekzems<br />
zeigen. Daher wird von der Neuanschaffung<br />
einer Katze in einer Familie<br />
mit Allergierisiko eher abgeraten.<br />
In Sachen Hausstaubmilben hat sich<br />
bei der Datenlage nicht viel geändert.<br />
Hausstaubmilben oder deren Ausscheidungsprodukte<br />
gelten als hoch<br />
allergen. Allerdings konnte bisher<br />
kein Effekt bei der primären Prävention<br />
gezeigt werden. Horak: „Jedoch<br />
bei einer bestehenden Milbenallergie<br />
ist mit speziellen Bettüberzügen und<br />
Sanierung eine deutliche Reduktion<br />
der Belastung zu erreichen.“<br />
Durch eine große Anzahl von Studien<br />
belegt, ist der negative Effekt<br />
von Tabakrauch: vor der Geburt und<br />
danach. Die Entstehung allergischer<br />
Erkrankungen oder von Atemwegserkrankungen<br />
wie Asthma werden<br />
dadurch begünstigt. Hier ist ein wichtiger<br />
präventiver Ansatz die Schwangeren-<br />
und Elternberatung. Generell<br />
ist ein Umdenken in der Bevölkerung<br />
wichtig, damit Kinder vor Tabakrauch<br />
im privaten und öffentlichen Raum<br />
geschützt werden. „Insgesamt ist die<br />
Datenlage zur primären Prävention<br />
relativ uneinheitlich“, so der Experte.<br />
©<br />
Unlimited Media<br />
8 40. Jahrestagung der ögp
Wien, 7. Oktober 2016<br />
Sekundäre Prävention bei Allergie und Asthma<br />
Allergie soll kein Asthma werden<br />
Als sekundäre Prävention<br />
bezeichnet man die Gesamtheit<br />
aller Maßnahmen, die der<br />
Früherkennung und damit der<br />
Möglichkeit einer rechtzeitigen<br />
Behandlung von Erkrankungen<br />
dienen. „Es geht darum<br />
zu verhindern, dass aus der<br />
Allergie Asthma wird“, erklärte<br />
Priv.-Doz. Dr. Felix Wantke,<br />
Leiter des Floridsdorfer Allergiezentrums.<br />
Obwohl der Fokus auf primärer Allergie-<br />
und Asthmaprävention liegt,<br />
hat dennoch die sekundäre Prävention<br />
einen wichtigen Stellenwert in<br />
der Behandlung des Asthma bronchiale.<br />
„Bei Kindern kann Asthma<br />
schon sehr früh auftreten, wobei<br />
zum Unterschied von Erwachsenen,<br />
meist keine allergische Rhinoconjunctivitis<br />
vorliegt“, so Priv.-Doz. Dr.<br />
Felix Wantke, Leiter des Floridsdorfer<br />
Allergiezentrums.<br />
Bei Rhinoconjunctivitis auf inhalative<br />
Allergene, egal ob saisonell oder<br />
perennial, ist die spezifische Immuntherapie<br />
die einzige Möglichkeit,<br />
Asthma zu verhindern. Denn<br />
eine Rhinoconjunctivitis gilt als<br />
Hauptrisikofaktor für das spätere<br />
Entwickeln von Asthma bronchiale.<br />
Eine sekundäre Asthmaprävention<br />
bei Nahrungsmittelallergien ist bis<br />
dato nicht möglich. Auch schützt<br />
die prophylaktische Gabe von inhalativen<br />
Steroiden oder Antihistaminika<br />
vor Asthma nicht.<br />
Die (allergen-)spezifische Immuntherapie<br />
(SIT) reduziert wissenschaftlichen<br />
Studien zufolge das<br />
Risiko einer Verschlechterung der Asthma-Entwicklung<br />
oder -Symptomatik<br />
eindeutig. Die meisten Patienten<br />
erhalten über drei Jahre<br />
Priv.-Doz. Dr. Felix Wantke<br />
Injektionen mit Allergenextrakten,<br />
anfänglich in wöchentlichen Abständen,<br />
nach Erreichen der Erhaltungsdosis<br />
werden die Injektionen<br />
monatlich gegeben. Wantke: „Wenn<br />
auch die Datenlage nicht ganz eindeutig<br />
ist: Die europäische PAT-<br />
Studie zeigte ein deutlich gesenktes<br />
Risiko für die Entwicklung von Asthma<br />
nach drei Jahren mit einer Wirkung<br />
über insgesamt zehn Jahre.“<br />
Erst kürzlich konnte in einer double-blind,<br />
placebo-kontrollierten,<br />
randomisierten Studie an 812 Kindern<br />
von fünf bis zwölf Jahren mit<br />
allergischer Rhinoconjunctivitis<br />
aber ohne Asthma nach drei Jahren<br />
Immuntherapie eine deutliche<br />
In unseren Breitengraden stellen<br />
vor allem Birkenpollen ein großes<br />
Problem für Allergiker dar.<br />
Reduktion von Asthmasymptomen<br />
und Asthm amedikation bereits im<br />
dritten Jahr gesehen werden. Nach<br />
fünf Jahren konnte das Risiko für<br />
Auftreten von Asthmasymptomen<br />
oder die Asthmamedikation um<br />
34 Prozent reduziert werden (Odds<br />
Ratio 0,66).<br />
Die Immuntherapie kann entweder<br />
subkutan, mittels Spritze, oder sublingual<br />
verabreicht werden. Während<br />
es bei der subkutanen Immuntherapie<br />
unterschiedliche Behandlungsschemata<br />
gibt, nimmt der Patient<br />
bei der sublingualen Immuntherapie<br />
das Allergen täglich in einer standardisierten<br />
Dosis zu sich.<br />
Wantke: „Durch den Einsatz der<br />
neuen, hochdosierten sublingualen<br />
Immuntherapie, welche gegen<br />
Gräser, Hausstaubmilben und bald<br />
auch Birke und eventuell Ragweed<br />
verfügbar ist, steigt der Stellenwert<br />
der spezifischen Immuntherapie<br />
weiter, als der einzigen kausalen<br />
Therapie der Typ-1-Allergie mit der<br />
Option der sekundären Asthmaprävention.“<br />
©<br />
Unlimited Media<br />
<strong>Kongress</strong><br />
NEWS<br />
9
<strong>Kongress</strong><br />
NEWS<br />
Tuberkulosebericht 2015<br />
Tuberkulosefälle in Österreich<br />
sind leicht rückläufig<br />
Der aktuelle, diese Woche<br />
veröffentlichte Tuberkulosebericht<br />
2015 zeigt für Österreich,<br />
dass die Zahl der Tuberkulosefälle<br />
abnimmt. Dennoch<br />
ist Tuberkulose in Osteuropa,<br />
Afrika, Asien nach wie vor ein<br />
Problem. Die wichtigste Erkenntnis<br />
für Dr. Bernhard<br />
Benka, Bundesministerium<br />
für Gesundheit und Frauen:<br />
„Migration und Flüchtlingsströme<br />
aus den Krisengebieten<br />
führten zu keiner Erhöhung der<br />
Erkrankungszahlen.“<br />
Trotz starkem Flüchtlingsstrom aus den Krisengebieten kam es im Vorjahr<br />
zu keiner Erhöhung der Tuberkulose-Erkrankungszahlen.<br />
Im Jahr 2015 wurden in Österreich<br />
583 Fälle von Tuberkulose registriert,<br />
das entspricht einer Inzidenz<br />
von 6,8/100.000 Einwohner. Bei<br />
etwas weniger als einem Drittel der<br />
2015 festgestellten Fälle ist Österreich<br />
als Geburtsland registriert, bei<br />
einem Drittel liegt das Geburtsland<br />
innerhalb der WHO-Region Europa,<br />
die Übrigen kommen aus anderen<br />
Ländern außerhalb der WHO-<br />
Region Europa.<br />
Stabile Lage in Österreich<br />
Im Vergleich zu 2014 traten in Österreich<br />
um drei Fälle weniger auf.<br />
Österreich gehört damit zu den<br />
westeuropäischen Ländern mit<br />
niedriger Inzidenz. Die Lage der Tuberkulose<br />
in Österreich ist schon<br />
länger auf diesem niedrigen Niveau<br />
stabil. Dazu Dr. Bernhard Benka,<br />
Bundesministerium für Gesundheit<br />
und Frauen: „Es hat sich gezeigt,<br />
dass sich die kumulative Tuberkulose-Erkrankungswahrscheinlichkeit<br />
der 2015 nach Österreich gekommenen<br />
Migranten nicht signifikant<br />
zum Vergleichszeitraum 2014 unterscheidet.<br />
Obwohl Österreich zu<br />
den Top-15-Einwanderungsländern<br />
im Jahr 2015 gehörte.“<br />
Starker Flüchtlingsstrom<br />
zeigte keine Auswirkungen<br />
Dies ist durch eine Änderung der<br />
Einreiseländer bedingt und das<br />
damit verbundene Risikoprofil.<br />
Rund die Hälfte der Flüchtlinge<br />
kam im vorigen Jahr aus Ländern<br />
mit einer niedrigen Tuberkulose-<br />
Inzidenz: Irak und Syrien. Gleichzeitig<br />
kamen weniger Zuwanderer aus<br />
der Russischen Föderation, die eine<br />
hohe Tuberkulose-Inzidenz aufweist.<br />
Die Zahlen sind deshalb so<br />
genau, weil bei allen Asylwerbern<br />
bei der verpflichtenden medizinischen<br />
Erst untersuchung ab einem<br />
Alter von sechs Jahren ein Lungenröntgen<br />
als Tuberkulosescreening<br />
durchgeführt wird.<br />
Rückgang bei Multiresistenzen<br />
Wie im Jahr 2014 gab es auch 2015<br />
keinen Fall einer multiresistenten<br />
MDR- oder extrem-Arzneimittel-resistenten<br />
XDR-Tuberkulose bei Personen<br />
mit österreichischer Staatsangehörigkeit.<br />
„Insgesamt wurden in<br />
Österreich im Vorjahr zwölf Fälle von<br />
multiresistenter Tuberkulose registriert“,<br />
so Benka. Das bedeutet einen<br />
Rückgang von 40 Prozent gegenüber<br />
2014, obwohl mehr Menschen<br />
aus Tuberkulose-Hochinzidenzländern<br />
wie Pakistan und Afghanistan<br />
eingereist waren. Die Herkunft der<br />
erkrankten Personen verteilt sich<br />
gleichmäßig auf Tuberkulose-Hochinzidenzländer<br />
innerhalb und außerhalb<br />
der WHO-Region Europa.<br />
Eine multiresistente Tuberkulose ist<br />
meist das Ergebnis einer bereits zu<br />
einem früheren Zeitpunkt falsch<br />
durchgeführten oder abgebrochenen<br />
Therapie. Dies stellt nach wie vor eine<br />
Herausforderung für das öffentliche<br />
Gesundheitssystem dar.<br />
10 40. Jahrestagung der ögp
<strong>Kongress</strong><br />
NEWS<br />
Verliebt, verlobt … verflixt!<br />
Missgeschick bringt des<br />
Rätsels Lösung hervor<br />
Eine 27-jährige österreichische<br />
Studentin wird im Jänner<br />
2016 zur Erstvorstellung an der<br />
Abteilung für Innere Medizin,<br />
KH der Elisabethinen Graz,<br />
von einem niedergelassenen<br />
Lungen facharzt mit der Fragestellung<br />
„persistierende kavernöse<br />
Infiltrate“ zugewiesen.<br />
Die Vorsitzenden bei der Sitzung „Pearls in Infectious Diseases“: Univ.-Prof. Dr.<br />
Tobias Welte (Medizinische Hochschule Hannover), Ass.-Prof. PD Dr. Helmut<br />
Prosch (Meduni Wien), Dr. Rainer Gattringer (KH der Elisabethinen Linz)<br />
Dr. Birgit Jeschek, KH der Elisabethinen<br />
Graz, Abteilung für Innere Medizin<br />
Die Anamnese der völlig symptomlosen<br />
Patientin ergibt keinerlei Auffälligkeiten.<br />
Sie möchte zu ihrem<br />
Verlobten nach Australien auswandern.<br />
Bei den dafür erforderlichen<br />
Untersuchungen werden in Röntgen<br />
und Computertomographie (CT) in<br />
der Lunge Veränderungen entdeckt.<br />
Es werden eine diagnostische Bronchoskopie<br />
mit Tbc-Untersuchung,<br />
Bürstenausstrichen und bronchoalevolärer<br />
Lavage (BAL) mit Bakterienund<br />
Pilzkultur sowie eine ambulante<br />
Kontrolle mit Bildgebung durchgeführt.<br />
Alle Befunde sind unauffällig.<br />
Die Patientin will jedoch nicht auswandern,<br />
bevor ihr Fall abgeklärt ist.<br />
Im KH der Elisabethinen Graz<br />
zeigt sich in der CT eine Verstärkung<br />
der Lungenveränderungen.<br />
Im Februar 2016 wird die Patientin<br />
stationär aufgenommen. Routineblutlabor,<br />
Harn, Blutkulturen,<br />
Immunprofil Lunge Sputum ZN,<br />
Quantiferon (IGRA), Galactomannan,<br />
Beta-D-Glukan-Serologie, HIV-Test<br />
und Echokardiographie sind unauffällig.<br />
Die Routine-Röntgenkontrolle<br />
zwei Stunden nach Re-Bronchoskopie<br />
zeigt, dass diese komplikationslos<br />
verlaufen ist. Allerdings vermisst<br />
die Patientin ihr Zahnimplantat.<br />
Dieses wird schließlich röntgenologisch<br />
im Darm lokalisiert und mithilfe<br />
von Abführmitteln entfernt.<br />
Die Ergebnisse der Bronchoskopie<br />
zeigen wiederum einen weitgehend<br />
unauffälligen Befund. In der Lavage<br />
wird allerdings Actinomyces odontolyticus<br />
gefunden.<br />
Im weiteren Gespräch mit der Patientin<br />
kommt zutage, dass sie<br />
sich seit Anfang 2015 wiederholten<br />
Zahnbehandlungen unterziehen<br />
musste. Der lokale Abstrich ergibt<br />
ebenfalls Actinomyces odontolyticus.<br />
Die Arbeitsdiagnose lautet<br />
nun „Lungen-Abszesse durch Verschleppung<br />
eines Actinomyces-Keimes<br />
im Rahmen von Zahnbehandlungen“.<br />
Die Patientin erhält seit<br />
Ende Februar 2016 eine hochdosierte<br />
Antibiotikatherapie (Amoxicillin/<br />
Clavulansäure 1 Gramm 3x täglich).<br />
Parallel dazu erfolgt eine Sanierung<br />
des Zahnstatus. Die Verlaufsbildgebung<br />
zeigt eine sukzessive Verbesserung<br />
der Lungenveränderungen.<br />
Mittlerweile ist die Patientin nach<br />
Australien ausgewandert und hat<br />
bereits geheiratet.<br />
Weitere Pearls:<br />
Pearls in Pediatrics<br />
Schubert 4 + 5. Fr, 10:30 bis 12:00<br />
Johannes Pfeil:<br />
Infektiologische Versorgung<br />
von Flüchtlingen<br />
Christina Weingarten:<br />
Meine Mutter hat Tuberkulose<br />
Pavel Basek:<br />
Kind mit Dauerhusten<br />
© Unlimited Media<br />
12 40. Jahrestagung der ögp
Wien, 7. Oktober 2016<br />
Falscher Verdacht<br />
Dyspnoe und Husten,<br />
aber kein Infekt<br />
Bei der gestrigen Vortragsreihe<br />
„Pearls in infectious diseases“<br />
trug Dr. Irina Fadejeva, Medizinische<br />
Universität Graz,<br />
Univ.-Klinik für Innere Medizin,<br />
Klinische Abteilung für Pulmologie<br />
einen interessanten Fall vor:<br />
Ein 23-jähriger Student wird im<br />
März 2016 vom Hausarzt wegen<br />
zunehmender Dyspnoe seit<br />
drei Tagen in die Notaufnahme<br />
überwiesen. Er leidet unter leichter<br />
Ruhedyspnoe mit erschwertem<br />
Durchatmen, trockenem<br />
Husten und „grippigem“ Gefühl.<br />
Wer hier an einen Atemwegsinfekt<br />
denkt, liegt falsch …<br />
Wenn Patienten nach Fernreisen mit gesundheitlichen Problemen kommen,<br />
wird meist eine Infektion dahinter vermutet - doch oft ist dies auch trügerisch.<br />
Die Anamnese ist unauffällig, der<br />
letzte Auslandsaufenthalt war im<br />
September 2015 in Nepal. Im Kindesalter<br />
hatte er eine spastische<br />
Bronchitis, es sind keine Allergien bekannt,<br />
er benötigt keine Dauermedikamente,<br />
er besitzt keine Haustiere.<br />
Die arterielle Blutgasanalyse bei<br />
Raumluft zeigt ein leicht erhöhtes<br />
pH, ein leicht vermindertes pCO2<br />
sowie ein stark vermindertes BE.<br />
Im Labor findet sich eine Leukozytose,<br />
Neutrophilie, Monozytose,<br />
Lymphopenie sowie ein stark erhöhtes<br />
CRP (55,0). Elektrolyte und<br />
Nierenparameter sind unauffällig.<br />
In Thorax-Röntgen und Computertomographie<br />
sind diffuse milchige<br />
Aufhellungen in der Lunge zu sehen.<br />
Schnelltests auf Influenza, Legionellen<br />
und Pneumokokken, HIV-Test<br />
und IGRA sind negativ, die Blutkultur<br />
ergibt weder aerobes noch anaerobes<br />
Wachstum. Aufgrund des Verdachts<br />
auf Mykoplasmen-Pneumonie erhält<br />
der Patient Clarithromycin 500<br />
mg zweitäglich für insgesamt sieben<br />
Tage. Es stellt sich jedoch keine Besserung<br />
ein, Husten und subjektive<br />
Dyspnoe bleiben bestehen. Das CRP<br />
sinkt jedoch deutlich (16,4 mg/l). In<br />
der Bronchoskopie (BSK) werden<br />
Blutspuren und akute Bronchitis<br />
festgestellt, sonst ist das Tracheobronchialsystem<br />
beidseits unauffällig.<br />
Es besteht Verdacht auf eine<br />
alveoläre Hämorrhagie. Bronchialspülung,<br />
molekularbiologische<br />
Tests sowie Nativblut-Untersuchungen<br />
liefern keinen Hinweis auf<br />
eine akute Infektion.<br />
In den Tagen nach der Bronchoskopie<br />
kommt es zu akutem Nierenversagen<br />
und Hämoptysen. Zytologie und<br />
Histologie der BSK zeigen eine chronische<br />
interstitielle und organisierende<br />
Pneumonie mit geringer Eosinophilie<br />
mit teilweise kontinuierlicher<br />
IgG-Ablagerung in den kapillaren Gefäßen<br />
ohne morphologisch erkennbare<br />
Vaskulitis. Das morphologische<br />
Bild spricht für eine Mitbeteiligung<br />
im Rahmen eines Goodpasture-Syndroms<br />
ohne Vaskulitis. Die spezielle<br />
Immunologie ergibt Basal membran-<br />
Antikörper +++positiv sowie massiv<br />
erhöhte glomeruläre Basalmembran-Antikörper<br />
(236,0 U/ml). Die<br />
Nierenbiopsie zeigt eine rapid-progressive<br />
Glomerulonephritis (RPGB)<br />
und das Bild eines schweren akuten<br />
Nierenversagens. Dieser Befund ist<br />
lichtmikroskopisch und immunhistochemisch<br />
mit einem Goodpasture-Syndrom<br />
vereinbar. Bei diesem<br />
handelt es sich um eine seltene Autoimmunkrankheit<br />
vom Typ II, bei welcher<br />
die Alveolen der Lunge und die<br />
Basalmembran der Niere angegriffen<br />
und zerstört werden. Die Thera pie<br />
erfolgt mittels Plasmapherese, Kortikoiden<br />
und Immunsuppressiva.<br />
<strong>Kongress</strong><br />
NEWS<br />
13
<strong>Kongress</strong><br />
NEWS<br />
Problem Schlafapnoe<br />
Müdigkeit als Unfallursache<br />
Atemstillstände während des<br />
Schlafs gelten als Ursache für<br />
eine Reihe anderer Erkrankungen<br />
mit lebensbedrohlichen<br />
Folgen. Die Gefahr, dass durch<br />
Schlafstörungen Unfälle im<br />
Straßenverkehr ausgelöst werden<br />
können, wurde durch ein<br />
Gesetz in Österreich neu bewertet.<br />
Welche Folgen Schlafstörungen<br />
wie die Schlafapnoe auf<br />
die Verkehrssicherheit haben,<br />
wird beim <strong>ÖGP</strong>-<strong>Kongress</strong> in<br />
einer eigenen Sitzung erörtert.<br />
Berufsfahrer mit einem mittelschweren oder schweren obstruktiven Schlafapnoe-<br />
Syndrom erhalten die Lenkerberechtigung nur im Zuge von jährlichen, ärztlichen<br />
Kontrolluntersuchungen. Nicht-Berufsfahrer werden alle drei Jahre kontrolliert.<br />
Etwa jeder zehnte Österreicher leidet,<br />
oft ohne es zu wissen, an einer<br />
schlafbezogenen Atemstörung.<br />
Beim Schlafapnoe-Syndrom sind<br />
die Schnarchgeräusche besonders<br />
laut und unregelmäßig. Die immer<br />
wieder unterbrochene Sauerstoffversorgung<br />
führt zu ständigem<br />
Stress während der Schlafperioden.<br />
In Folge kommt es zu einer stark<br />
verminderten Schlafqualität sowie<br />
zu einer quälenden Tagesmüdigkeit.<br />
Rund zehn Prozent der Verkehrsunfälle<br />
mit Todesfolge werden durch<br />
Müdigkeit am Steuer verursacht.<br />
Gesetz weckt Aufmerksamkeit<br />
Neurophysiologische Untersuchungen<br />
zeigen, dass schon bei einer dreimaligen<br />
Schlafunterbrechung pro<br />
Nacht die Verkehrstüchtigkeit am<br />
nächsten Tag beeinträchtigt ist. Bei<br />
einer mittelschweren Schlafapnoe<br />
kommt es zu mehr als 15 Aussetzern<br />
pro Nacht, von einer schweren obstruktiven<br />
Schlafapnoe spricht man<br />
bei mehr als 30 Apnoen.<br />
Deshalb wurde in Österreich ein neues<br />
Gesetz eingefürt. Basierend auf<br />
einer EU-Direktive gibt es nun seit<br />
1. August 2016 eine neue Verordnung<br />
des Verkehrsministeriums, die dazu<br />
führt, dass gefährdete Personen diagnostisch<br />
abgeklärt und einer geeigneten<br />
Behandlung zugeführt werden<br />
müssen. Wenn ein Verdacht auf ein<br />
mittelschweres oder schweres obstruktives<br />
Schlafapnoe-Syndrom besteht,<br />
wird eine Lenkerberechtigung<br />
nur nach Einholung einer fachärztlichen<br />
Stellungnahme erteilt bzw.<br />
belassen. Personen, die ein mittelschweres<br />
oder schweres obstruktives<br />
Schlafapnoe-Syndrom aufweisen,<br />
erhalten die Lenkerberechtigung<br />
nur unter der Auflage von ärztlichen<br />
Kontrolluntersuchungen.<br />
Einfache Diagnose und Therapie<br />
Im Zuge der HypnoLaus-Studie (Lancet<br />
2016) erstellte das Team um Helena<br />
Marti-Soler eine Skala (NoSAS-<br />
Score), mit deren Hilfe der Verdacht<br />
auf das Vorliegen einer Schlafapnoe<br />
abzuschätzen ist. Wenn zwei bis drei<br />
dieser Risikofaktoren zutreffen, liegt<br />
mit großer Wahrscheinlichkeit eine<br />
Schlafapnoe vor: Mann 55+, Übergewicht,<br />
berichtetes Schnarchen und<br />
Halsumfang über 40 cm.<br />
In Österreich gibt es rund 114.000<br />
Berufskraftfahrer. Auf viele von ihnen<br />
werden zumindest zwei der oben<br />
genannten Risikofaktoren zutreffen.<br />
Berufskraftfahrer sind meist Männer,<br />
die oft wegen Bewegungsmangel<br />
auch noch übergewichtig sind.<br />
Dank des NoSAS-Scores gibt es nun<br />
ein leicht zu handhabendes „Instrument“<br />
zur ersten Risikoabschätzung.<br />
Jeder Berufsfahrer sollte mit diesem<br />
Screening-Tool anlog zur Augenuntersuchung<br />
untersucht werden. Liegen<br />
zwei bis drei Risikofaktoren vor,<br />
muss der Betroffene zur weiteren<br />
Abklärung an einen Facharzt für Pulmologie,<br />
HNO, Neurologie oder einen<br />
Internisten überwiesen werden.<br />
Ist eine Schlafapnoe diagnostiziert,<br />
kann sie gut behandelt werden. Das<br />
Mittel der Wahl ist die CPAP-Maske<br />
(Continuous Positive Airway Pressure),<br />
die jede Nacht vor dem Schlafengehen<br />
über Mund und Nase gezogen<br />
wird. Dadurch wird ein Überdruck<br />
erzeugt, der dafür sorgt, dass der<br />
Patient die ganze Nacht über ausreichend<br />
mit Sauerstoff versorgt wird.<br />
Die schlaflose Gesellschaft<br />
Saal Schubert 3<br />
Freitag, 10:30 – 12:00 Uhr<br />
14 40. Jahrestagung der ögp