12.10.2016 Aufrufe

Menarini Kongress-News ÖGP 7.10.2016 (public)

Die 40. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie fand in der Messe Wien statt. In der 1. Ausgabe der "Menarini Kongress-News " vom 7.10.2016 sind die Highlights des 1. Kongresstages zusammengefasst: - Fall des Jahres 2016 - Suche nach dem Best BEEP - Allergie & Asthma - Pearls in Infectiuos Diseases - Interview mit ÖGP-Präsident Kneussl

Die 40. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie fand in der Messe Wien statt. In der 1. Ausgabe der "Menarini Kongress-News " vom 7.10.2016 sind die Highlights des 1. Kongresstages zusammengefasst:
- Fall des Jahres 2016
- Suche nach dem Best BEEP
- Allergie & Asthma
- Pearls in Infectiuos Diseases
- Interview mit ÖGP-Präsident Kneussl

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<strong>Kongress</strong><br />

NEWS<br />

40. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie<br />

Wien, 7. Oktober 2016<br />

Das <strong>Kongress</strong>-Motto:<br />

Quality of Care<br />

Fall des Jahres 2016:<br />

Entzug auf pulmologische Art<br />

Lungenversagen:<br />

Suche nach dem besten PEEP<br />

Allergie & Asthma:<br />

Toleranz statt Vermeidung<br />

Pearls in Infectious Diseases:<br />

Falscher Verdacht<br />

Problem Schlafapnoe:<br />

Tagesmüdigkeit als Unfallursache


<strong>Kongress</strong><br />

NEWS<br />

inhalt<br />

4 Fall des Jahres:<br />

Entzugsprogramm auf pulmologische Art<br />

5 Prim. Univ.-Prof. Dr. Meinhard Kneussl im Interview:<br />

Die Jahrestagung im Überblick<br />

6 Behandlung des akuten Lungenversagens:<br />

Suche nach dem besten PEEP<br />

8 Primäre Prävention bei Allergie und Asthma:<br />

Toleranz statt Vermeidung<br />

9 Sekundäre Prävention bei Allergie und Asthma:<br />

Allergie soll kein Asthma werden<br />

10 Tuberkulosebericht 2015:<br />

Tuberkulosefälle in Österreich sind leicht rückläufig<br />

12 Pearls in Pediatrics:<br />

Missgeschick bringt des Rätsels Lösung hervor<br />

13 Pearls in Pediatrics:<br />

Dyspnoe und Husten, aber kein Infekt<br />

14 Problem Schlafapnoe:<br />

Müdigkeit als Unfallursache<br />

15 Fachkurzinformationen<br />

IMPRESSUM<br />

Medieneigentümer & Herausgeber:<br />

Unlimited Media<br />

video . web . print & more ...<br />

Crisafulli & Stodulka Unlimited Media GmbH<br />

Verlag & Redaktion: Salierigasse 26/4, 1180 Wien<br />

office@unlimitedmedia.at, unlimitedmedia.at<br />

Chefredaktion: Thomas Stodulka<br />

Redaktion: Thomas Stodulka, Eliana<br />

Crisafulli, Dr. Monika Steinmaßl-Wirrer<br />

Lektorat: Alexandra Lechner<br />

Art Direktion & Layout: Unlimited Media<br />

Druck: Druckerei Odysseus Stavros Vrachoritis GmbH<br />

Haideäckerstraße 1, 2325 Himberg<br />

Mit freundlicher Unterstützung der Firma<br />

A. <strong>Menarini</strong> Pharma GmbH<br />

Aus Gründen der Lesbarkeit wird auf eine geschlechtsspezifische<br />

Differenzierung verzichtet. Entsprechende<br />

Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung für<br />

beide Geschlechter.<br />

Zertifiziert mit dem<br />

Österreichischen Umweltzeichen,<br />

UZ Produkte / Druckerzeugnisse / UW-Nr. 830<br />

Prim. Univ.-Prof. Dr. Meinhard Kneussl bei seiner<br />

Eröffnungsrede am Donnerstag Abend.<br />

<strong>Kongress</strong>eröffnung<br />

„Das Miteinander<br />

im Mittelpunkt“<br />

Bei der gestrigen Eröffnungsrede zeigte sich Präsident<br />

Prim. Univ.-Prof. Dr. Meinhard Kneussl sehr angetan vom<br />

<strong>Kongress</strong>ort Wien für die Jubiläumstagung als „Drehscheibe“<br />

zwischen Ost und West. Wichtig ist für ihn der fortwährende<br />

interdisziplinäre Austausch. Denn schon zum<br />

dritten Mal in Folge ist die Österreichische Gesellschaft<br />

für Thorax- und Herzchirurgie Kooperationspartner bei<br />

der Jahrestagung der Pneumologie. Auch für Univ.-Doz.<br />

Dr. Florian Tomaselli, Präsident Thoraxchirurgie, ist dieser<br />

<strong>Kongress</strong> rund um die Lunge eine sehr wichtige Plattform<br />

für gegenseitiges Kennenlernen. Das Knüpfen neuer Kontakte,<br />

Vertiefen bereits bestehender Kooperationen und<br />

Weiterentwicklung von gemeinsamen Projekten sind neben<br />

der reinen Fortbildung wichtige Bausteine.<br />

Eine stärkere Verschränkung aller Disziplinen führt nicht<br />

nur zu besseren Behandlungsergebnissen, sondern auch<br />

zu mehr Zufriedenheit für alle beteiligten Berufsgruppen.<br />

Diesen Trend zum besseren Dialog stärkt auch die Vortragsserie<br />

„Pneumologie kompakt“, die sich an Ärzte in<br />

Ausbildung, Allgemeinmediziner, aber auch an Studierende<br />

wendet. Erfreut zeigte sich auch der Präsident der European<br />

Respiratory Society (ERS), Prof. Dr. Guy Joos, der<br />

vor allem auf die Vorteile des Joint Memberships <strong>ÖGP</strong>-<br />

ERS hinwies. Das Joint Membership bringt Vorteile und<br />

Erleichterungen für alle Mitglieder der Gesellschaft, vor<br />

allem aber für junge Kolleginnen und Kollegen in Ausbildung.<br />

Am Abend wurden auch zwei neue Ehrenmitgliedschaften<br />

der Gesellschaft an Univ.-Prof. Dr. Roland Buhl<br />

und Prim. i. R. Dr. Herwig Schinko verliehen.<br />

©<br />

Unlimited Media<br />

2 40. Jahrestagung der ögp


<strong>Kongress</strong><br />

NEWS<br />

Fall des jahres<br />

15 heimische Spezialfälle wurden aus ganz Österreich von jungen<br />

Ärztinnen und Ärzten präsentiert.<br />

Entzugsprogramm<br />

auf pulmologische Art<br />

©<br />

Unlimited Media<br />

Gestern am späten Nachmittag wurde beim<br />

<strong>Kongress</strong> den jungen Ärztinnen und Ärzten die<br />

Möglichkeit geboten, ihren spannenden pneumologischen<br />

Fall als „Case of the Year“ zu präsentieren.<br />

Der glückliche Sieger:<br />

Dr. Valentin Hirzoiu<br />

15 Fälle wurden jeweils vier Minuten lang präsentiert,<br />

diskutiert und dann gleich per Digi-Voting vom Publikum<br />

bewertet. Am Ende der Sitzung stand der beste<br />

Fall des Jahres 2016 fest. Den Preis von 500 Euro<br />

nahm Dr. Valentin Hirzoiu von der pulmologischen Abteilung,<br />

LK Hochegg, für den Fall „Entzugsprogramm<br />

auf pulmologische Art“ entgegen:<br />

Ein 38-jähriger Patient, dreifacher Vater und Selbständiger,<br />

litt unter Ruhedyspnoe. In der Anamnese zeigte<br />

sich seit Jahren eine bestehende, extreme Tagesschläfrigkeit.<br />

Der Patient konnte seinen beruflichen Verpflichtungen<br />

nicht mehr nachgehen und nahm seit mehreren<br />

Jahren N-Metamphetamin (Crystal Meth). Im<br />

Lungenröntgen fanden sich Stauungszeichen und ein<br />

stark vergrößerter Herzschatten, in einer Echokardiographie<br />

eine massive konzentrische linksventrikuläre<br />

Hypertrophie mit einer interventrikulären Septumdicke<br />

von 25 mm. Nach einem pulmologischen Konsil erfolgte<br />

die Einweisung ins KH Hochegg. Die Diagnose:<br />

ein hochgradiges obstruktives Schlafapnoesyndrom<br />

(OSAS) mit einem AHI von 137.<br />

Einige Wochen nach der CPAP-Einstellung kam es<br />

zu einer erheblichen Besserung der Tagesmüdigkeit,<br />

der Patient stellte sogar den Drogenkonsum ein.<br />

Nach eineinhalb Jahren ergab die Echokardiographie-Kontrolle<br />

eine deutliche Reduktion der linksventrikulären<br />

Wandstärke (Septumdurchmesser von<br />

25 mm auf 14 mm). Auffallend bei unserem Patienten<br />

war der langwierige, jedoch vermeidbare Leidensweg<br />

und die damit verbundene Drogensucht.<br />

Mit einer einfachen Diagnostik und Therapie konnten<br />

die Symptomatik, die kardialen Veränderungen<br />

und die Drogensucht erfolgreich behandelt werden.<br />

Einer aktuellen Studie zufolge nehmen 50 Prozent<br />

der Konsumenten Crystal Meth hauptsächlich aus<br />

beruflichen Gründen, wobei die Tendenz auch in<br />

Österreich steigend ist. Abschließend stellt sich<br />

die spannende Frage, ob Patienten mit einem undiagnostizierten<br />

OSAS häufig zu aufputschenden<br />

Substanzen greifen, um sich zu kurieren, oder ob<br />

es sich bei unserem Patienten lediglich um einen<br />

„Fall des Jahres“ handelt.<br />

4 40. Jahrestagung der ögp


Wien, 7. Oktober 2016<br />

Prim. Univ.-Prof. Dr. Meinhard Kneussl im Interview<br />

Die Jahrestagung im Überblick<br />

Bereits zum 40. Mal findet heuer die Jahrestagung der „Österreichischen Gesellschaft<br />

für Pneumologie“ (<strong>ÖGP</strong>) statt. Unter dem <strong>Kongress</strong>-Motto „Quality of Care“ wird eine<br />

Vielzahl von Themen rund um die Lunge beleuchtet. Prim. Univ.-Prof. Dr. Meinhard<br />

Kneussl, <strong>ÖGP</strong>-Präsident und Vorstand der 2. Medizinischen Abteilung mit Pneumologie,<br />

Wilhelminenspital/Wien, sprach über die Themenschwerpunkte, die Highlights und über<br />

boomende Teilnehmerzahlen.<br />

Wie viele Teilnehmer erwarten Sie<br />

bei der heurigen <strong>ÖGP</strong>-Tagung?<br />

Wir rechnen erstmals mit insgesamt<br />

über 900 Teilnehmern. Dabei handelt<br />

es sich neben den Fachärzten auch<br />

um Allgemeinmediziner, Ärzte in<br />

Ausbildung sowie Studenten. Wichtig<br />

ist, dass die Themen fächerübergreifend<br />

im Sinne des interdisziplinären<br />

Austausches abgehandelt werden.<br />

Bereits zum dritten Mal ist daher die<br />

Österreichische Gesellschaft für Thorax-<br />

und Herzchirurgie eingebunden.<br />

Worum geht es in der Vortragsserie<br />

„Pneumologie kompakt“?<br />

Dieses neue Format wurde speziell<br />

für den Informationstransfer Richtung<br />

Allgemeinmediziner, Ärzte in<br />

Ausbildung und Studierende entwickelt.<br />

Aber auch mit dem Workshop<br />

„Hands on for everybody“, der<br />

sich auch an Pflegefachkräfte wendet,<br />

haben wir einen spannenden,<br />

neuen Praxis-Part geschaffen, der<br />

den interprofessionellen Austausch<br />

weiter fördern soll.<br />

Was sind die Themenschwerpunkte?<br />

Beim Thema Lungenkrebs wird der<br />

Bogen von den Methoden und Erkenntnissen<br />

der Diagnostik über<br />

neue Einteilungskriterien und chirurgische<br />

Themen bis hin zu personalisierten<br />

„Targeted Therapies“<br />

und „Immuntherapie“ gespannt.<br />

Hier zeigen sich Ergebnisse, die wir<br />

noch vor ein paar Jahren nicht erwartet<br />

haben. Ein anderes Kernthema<br />

ist die COPD. Hier stehen neue<br />

„Beim Kernthema COPD<br />

stehen neue Erkenntnisse<br />

im Fokus: Aktuelles<br />

zum maximierten<br />

COPD-Therapiekonzept<br />

sowie Strategien unter dem<br />

Stichwort Self-Management.“<br />

Prim. Univ.-Prof. Dr.<br />

Meinhard Kneussl<br />

Erkenntnisse zum Thema Therapie<br />

im Fokus: Aktuelles zum maximierten<br />

COPD-Therapiekonzept sowie<br />

Strategien unter dem Stichwort<br />

„Self-Management bei COPD“ werden<br />

präsentiert. Ein weiterer Fokus<br />

liegt auf dem Themenbereich Asthma:<br />

Hier geht es um Allergie- und<br />

Asthma-Prävention, aber auch um<br />

neue Wege im Asthma-Management.<br />

Weitere Themen sind neue<br />

Asthma-Therapien mit Biologika<br />

©<br />

Wilke<br />

und spezifischer Immuntherapie.<br />

Ein wichtiger Schwerpunkt der Jahrestagung<br />

ist der Themenbereich<br />

Lungenentzündung: Hier liegen neue<br />

Leitlinien zur Behandlung der ambulant<br />

erworbenen Pneumonie mit<br />

wichtigen, neuen Ansätzen vor.<br />

Denn die Gefährlichkeit einer Lungenentzündung<br />

wird leider oft unterschätzt!<br />

Besonders bei älteren<br />

Patienten ist eine Lungenentzündung,<br />

analog zu einem Herzinfarkt,<br />

ein medizinischer Notfall.<br />

Der Bereich Pädiatrie bekam ein<br />

wesentliches Augenmerk ...<br />

Kinder sind keine kleinen Erwachsenen,<br />

deshalb wird im Rahmen der<br />

Tagung thematisiert, vor welchen<br />

Herausforderungen die Pneumologie<br />

in der Pädiatrie steht. Ein Beitrag<br />

ist zum Beispiel die Thematik<br />

der infektiologischen Versorgung<br />

von Flüchtlingen mit besonderer<br />

Berücksichtigung von Lungenerkrankungen<br />

des Kindes. Weitere<br />

Themen beschäftigen sich mit der<br />

Behandlung der Mukoviszidose, wo<br />

es neue Ansätze und Erfolge gibt,<br />

oder mit dem tabakkranken Kind.<br />

Was sind für Sie die Highlights?<br />

Für das Thema Lunge und Herzinsuffizienz<br />

ist es gelungen, internationale<br />

Experten zu gewinnen. Zum<br />

Beispiel wird Prof. Sharokh Javaheri<br />

aus Mason, USA, über seine Erfahrungen<br />

und Forschungsergebnisse<br />

zum Thema Herzinsuffizienz und<br />

Schlafapnoe sprechen.<br />

<strong>Kongress</strong><br />

NEWS<br />

5


<strong>Kongress</strong><br />

NEWS<br />

Behandlung des akuten Lungenversagens<br />

Suche nach dem besten PEEP<br />

Auch mit den neuesten Therapiestrategien ist die Behandlung des akuten Lungenversagens<br />

(Acute Respiratory Distress Syndrome – ARDS) nach wie vor eine intensivmedizinische<br />

Herausforderung. Die Anwendung eines ausreichend hohen positiven endexspiratorischen<br />

Druckes (PEEP – Positive EndExpiratory Pressure) sichert bei Patienten mit ARDS die durchgehende<br />

Belüftung von rekrutierten Alveolen. Dadurch wird der Gasaustausch verbessert und<br />

ein atemzyklischer Kollaps sowie die damit verbundene Lungenschädigung verhindert.<br />

„Bei Patienten mit schwerem ARDS<br />

scheinen höhere PEEP-Werte mit<br />

einem besseren Outcome einherzugehen“,<br />

erklärte Priv.-Doz. Dr.<br />

Georg Christian Funk, Otto Wagner<br />

Spital Wien. Allerdings haben zu<br />

hohe PEEP-Werte unerwünschte<br />

Nebenwirkungen. Es kann zu einer<br />

Überdehnung der besser belüfteten<br />

Lungenareale mit Baro-/Volutrauma<br />

sowie einer hämodynamischen<br />

Beeinträchtigung mit herabgesetztem<br />

Herzzeitvolumen kommen.<br />

Deshalb wird nach Konzepten gesucht,<br />

die eine optimale individuelle<br />

PEEP-Einstellung ermöglichen.<br />

Priv.-Doz. Dr. Georg Christian Funk<br />

Ein PEEP, verschiedene Resultate<br />

Während hohe PEEP-Werte bei einem<br />

Patienten zur Eröffnung von<br />

Atelektasen sowie zur Verbesserung<br />

von Atemmechanik und Gasaustausch<br />

führen, hat derselbe PEEP<br />

bei einem anderen Patienten lediglich<br />

unerwünschte Nebenwirkungen<br />

zur Folge. Die verschiedenen<br />

Konzepte zur PEEP-Optimierung<br />

basieren auf der Beurteilung von<br />

Gasaustausch, Atemmechanik oder<br />

pulmonaler Bildgebung.<br />

In den 1990er-Jahren wurde das<br />

Konzept der lungenprotektiven Wirkung<br />

des PEEP auf eine klinische<br />

Ebene gebracht: Der optimale PEEP<br />

wurde anhand der Druck-Volumen-<br />

Beziehung des respiratorischen Systems<br />

identifiziert. Durch Wahl eines<br />

PEEP oberhalb des unteren Inflektionspunktes<br />

der Compliance-Kurve<br />

sollen Alveolen rekrutiert und belüftet<br />

gehalten werden. Eine spannende<br />

Weiterentwicklung der atemmechanischen<br />

Methoden ergab sich 2008,<br />

als eine Strategie der PEEP-Optimierung<br />

anhand des transpulmonalen<br />

Druckgradienten zu einer deutlichen<br />

Verbesserung der Compliance und<br />

der Oxygenierung führte. „Aber dafür<br />

ist eine Ösophagusballonsonde<br />

nötig. Zudem ist nicht sicher, ob der<br />

intraösophageale Druck dem intrapleuralen<br />

Druck entspricht. Daher hat<br />

sich diese Methode nicht flächendeckend<br />

durchgesetzt“, so der Experte.<br />

Strategien zur PEEP-Optimierung<br />

In den letzten 20 Jahren wurde<br />

durch die computertomographische<br />

Bildgebung von ARDS-Lungen das<br />

Verständnis der Pathophysiologie<br />

des ARDS sowie der Wirkung von<br />

PEEP und der Mechanismen von<br />

beatmungsinduzierter Lungenschädigung<br />

weiterentwickelt. Neben dem<br />

interindividuell stark unterschiedli-<br />

©<br />

privat<br />

chen Rekrutierungspotenzial zeigte<br />

sich ernüchternd, dass es auch unter<br />

einer „protektiven“ Be atmung<br />

mit niedrigen Tidalvolumina in gut<br />

belüfteten Lungenarealen zu beatmungsinduzierter<br />

Überdehnung und<br />

Schädigung kommen kann. Zuletzt<br />

erkannte man anhand der Computertomographie,<br />

dass alveoläre Rekrutierung<br />

auf atemmechanischer<br />

Basis nicht zwingend mit einer anatomischen<br />

Rekrutierung atelektatischer<br />

Lungenareale einhergeht.<br />

Um eine praktisch verwendbare<br />

Bildgebung der ARDS-Lunge zu<br />

gewährleisten, wurde die Elektroimpedanztomographie<br />

weiterentwickelt.<br />

Dadurch kann die Belüftung<br />

der Lunge in einer transversalen<br />

Ebene in Echtzeit visualisiert werden.<br />

Allerdings haben sich auch die<br />

bild gebenden Methoden der PEEP-<br />

Optimierung bislang noch nicht<br />

durchgesetzt. Funk: „Die verschiedenen<br />

Ansätze der PEEP-Optimierung<br />

zeigten in den letzten Jahren<br />

gut übereinstimmende, aber auch<br />

völlig divergente Ergebnisse.“<br />

Der genaue Nutzen der bildgebenden<br />

Verfahren wird sich in den<br />

nächsten Jahren zeigen. Die Suche<br />

nach dem besten PEEP geht weiter.<br />

Tipp für die Praxis:<br />

Zur PEEP-Optimierung bei<br />

Patienten mit ARDS empfiehlt<br />

der Experte eine kombinierte<br />

Beurteilung von Gasaustausch<br />

und Atemmechanik.<br />

6 40. Jahrestagung der ögp


<strong>Kongress</strong><br />

NEWS<br />

Primäre Prävention bei Allergie und Asthma<br />

Toleranz statt Vermeidung<br />

Mit rund zehn Prozent ist Asthma die häufigste chronische<br />

Erkrankung im Kindes- und Jugendalter. Das Risiko, Asthma<br />

zu bekommen, kann durch gezielte Maßnahmen gemindert<br />

werden. Welche Möglichkeiten der primären Prävention es gibt,<br />

erläuterte gestern Prim. Priv.-Doz. Dr. Fritz Horak, ärztlicher<br />

Leiter des Allergiezentrum Wien West.<br />

„Unter primärer Prävention versteht<br />

man das Verhindern einer allergischen<br />

Sensibilisierung beziehungsweise<br />

von allergischen Symptomen“,<br />

erklärte Prim. Priv.-Doz. Dr. Fritz<br />

Horak, ärztlicher Leiter des Allergiezentrum<br />

Wien West. Grundsätzlich<br />

gilt es dabei, den richtigen Zeitpunkt<br />

zu treffen, um durch die Intervention<br />

auch einen Erfolg zu erzielen. Wobei<br />

möglichst früh durchaus sinnvoll ist<br />

– d.h. beim Kleinkind, Säugling oder<br />

sogar schon in der Schwangerschaft.<br />

Setzte man früher stark auf eine Allergen-Vermeidungsstrategie<br />

schlägt<br />

das Pendel bei der Prävention immer<br />

mehr in Richtung Toleranz.<br />

Aktuelle Studien haben gezeigt,<br />

dass eine Verzögerung der Einführung<br />

der Beikost beim Säugling<br />

eher ein Allergierisiko darstellt.<br />

Horak: „Daher empfehlen wir jetzt,<br />

dem Säugling schon ab dem vierten<br />

Monat Beikost zu geben – ohne<br />

Verzögerung alle Nahrungsmittel.<br />

Zudem zeigte sich, dass übertrieben<br />

langes Stillen sogar den gegenteiligen<br />

Effekt hat und Allergien fördern<br />

könnte.“ Restriktive Diäten in<br />

der Schwangerschaft oder die Einnahme<br />

von Probiotika haben in den<br />

Studien keinen Effekt gezeigt. Eine<br />

Primäre Prävention:<br />

Vermeidung von Tabakrauch und<br />

von Adipositas sowie die relativ<br />

frühe Einführung von Beikost<br />

nach vier Monaten ausschließlichen<br />

Stillens.<br />

klare Korrelation für eine stärker allergische<br />

Sensibilisierung ist jedoch<br />

bei adipösen Kindern festzustellen.<br />

Auf die Diversität kommt es an<br />

In Sachen Hygiene haben die Bauernhofstudien<br />

gezeigt, dass es einen<br />

Zusammenhang zwischen früher<br />

bakterieller Exposition und dem Auftreten<br />

von Allergien gibt. Kinder, die<br />

am Bauernhof aufwachsen, haben<br />

ein deutlich geringeres Allergierisiko.<br />

Neuere Daten zeigen, dass die Diversität<br />

der Bakterien dafür verantwortlich<br />

ist. Horak: „Aber ein Bauernhofwochende<br />

für Stadtkinder kann<br />

diesen Effekt sicher nicht erzeugen.“<br />

Ein sinnvoller Präventionsansatz ist<br />

der Rat zu einer natürlichen Geburt.<br />

Es konnte klar gezeigt werden, dass<br />

Kinder, die per Kaiserschnitt zur Welt<br />

kommen, ein höheres Allergierisiko<br />

tragen. Die Gabe von Pro- und Präbiotika<br />

in der Säuglingsperiode wird<br />

jedoch kontrovers diskutiert und es<br />

sind hier sicher noch mehr Studien<br />

nötig, um eine klare Empfehlung abgeben<br />

zu können.<br />

Hund oder Katze?<br />

Auch der Einfluss des Innenraumklimas<br />

auf die Entstehung von<br />

Allergien und mögliche Präventionsansätze<br />

wurden untersucht.<br />

Haustiere haben dabei weder einen<br />

klaren schützenden noch schädlichen<br />

Effekt, wenn ein Tier bereits<br />

in der Familie vorhanden ist. Manche<br />

Studien zeigen sogar einen vorübergehenden<br />

positiven Effekt bei<br />

Prim. Priv.-Doz. Dr. Fritz Horak<br />

Hunden, während andere Studien<br />

bei Neuanschaffung einer Katze teilweise<br />

negative Effekte auf die Entstehung<br />

eines atopischen Ekzems<br />

zeigen. Daher wird von der Neuanschaffung<br />

einer Katze in einer Familie<br />

mit Allergierisiko eher abgeraten.<br />

In Sachen Hausstaubmilben hat sich<br />

bei der Datenlage nicht viel geändert.<br />

Hausstaubmilben oder deren Ausscheidungsprodukte<br />

gelten als hoch<br />

allergen. Allerdings konnte bisher<br />

kein Effekt bei der primären Prävention<br />

gezeigt werden. Horak: „Jedoch<br />

bei einer bestehenden Milbenallergie<br />

ist mit speziellen Bettüberzügen und<br />

Sanierung eine deutliche Reduktion<br />

der Belastung zu erreichen.“<br />

Durch eine große Anzahl von Studien<br />

belegt, ist der negative Effekt<br />

von Tabakrauch: vor der Geburt und<br />

danach. Die Entstehung allergischer<br />

Erkrankungen oder von Atemwegserkrankungen<br />

wie Asthma werden<br />

dadurch begünstigt. Hier ist ein wichtiger<br />

präventiver Ansatz die Schwangeren-<br />

und Elternberatung. Generell<br />

ist ein Umdenken in der Bevölkerung<br />

wichtig, damit Kinder vor Tabakrauch<br />

im privaten und öffentlichen Raum<br />

geschützt werden. „Insgesamt ist die<br />

Datenlage zur primären Prävention<br />

relativ uneinheitlich“, so der Experte.<br />

©<br />

Unlimited Media<br />

8 40. Jahrestagung der ögp


Wien, 7. Oktober 2016<br />

Sekundäre Prävention bei Allergie und Asthma<br />

Allergie soll kein Asthma werden<br />

Als sekundäre Prävention<br />

bezeichnet man die Gesamtheit<br />

aller Maßnahmen, die der<br />

Früherkennung und damit der<br />

Möglichkeit einer rechtzeitigen<br />

Behandlung von Erkrankungen<br />

dienen. „Es geht darum<br />

zu verhindern, dass aus der<br />

Allergie Asthma wird“, erklärte<br />

Priv.-Doz. Dr. Felix Wantke,<br />

Leiter des Floridsdorfer Allergiezentrums.<br />

Obwohl der Fokus auf primärer Allergie-<br />

und Asthmaprävention liegt,<br />

hat dennoch die sekundäre Prävention<br />

einen wichtigen Stellenwert in<br />

der Behandlung des Asthma bronchiale.<br />

„Bei Kindern kann Asthma<br />

schon sehr früh auftreten, wobei<br />

zum Unterschied von Erwachsenen,<br />

meist keine allergische Rhinoconjunctivitis<br />

vorliegt“, so Priv.-Doz. Dr.<br />

Felix Wantke, Leiter des Floridsdorfer<br />

Allergiezentrums.<br />

Bei Rhinoconjunctivitis auf inhalative<br />

Allergene, egal ob saisonell oder<br />

perennial, ist die spezifische Immuntherapie<br />

die einzige Möglichkeit,<br />

Asthma zu verhindern. Denn<br />

eine Rhinoconjunctivitis gilt als<br />

Hauptrisikofaktor für das spätere<br />

Entwickeln von Asthma bronchiale.<br />

Eine sekundäre Asthmaprävention<br />

bei Nahrungsmittelallergien ist bis<br />

dato nicht möglich. Auch schützt<br />

die prophylaktische Gabe von inhalativen<br />

Steroiden oder Antihistaminika<br />

vor Asthma nicht.<br />

Die (allergen-)spezifische Immuntherapie<br />

(SIT) reduziert wissenschaftlichen<br />

Studien zufolge das<br />

Risiko einer Verschlechterung der Asthma-Entwicklung<br />

oder -Symptomatik<br />

eindeutig. Die meisten Patienten<br />

erhalten über drei Jahre<br />

Priv.-Doz. Dr. Felix Wantke<br />

Injektionen mit Allergenextrakten,<br />

anfänglich in wöchentlichen Abständen,<br />

nach Erreichen der Erhaltungsdosis<br />

werden die Injektionen<br />

monatlich gegeben. Wantke: „Wenn<br />

auch die Datenlage nicht ganz eindeutig<br />

ist: Die europäische PAT-<br />

Studie zeigte ein deutlich gesenktes<br />

Risiko für die Entwicklung von Asthma<br />

nach drei Jahren mit einer Wirkung<br />

über insgesamt zehn Jahre.“<br />

Erst kürzlich konnte in einer double-blind,<br />

placebo-kontrollierten,<br />

randomisierten Studie an 812 Kindern<br />

von fünf bis zwölf Jahren mit<br />

allergischer Rhinoconjunctivitis<br />

aber ohne Asthma nach drei Jahren<br />

Immuntherapie eine deutliche<br />

In unseren Breitengraden stellen<br />

vor allem Birkenpollen ein großes<br />

Problem für Allergiker dar.<br />

Reduktion von Asthmasymptomen<br />

und Asthm amedikation bereits im<br />

dritten Jahr gesehen werden. Nach<br />

fünf Jahren konnte das Risiko für<br />

Auftreten von Asthmasymptomen<br />

oder die Asthmamedikation um<br />

34 Prozent reduziert werden (Odds<br />

Ratio 0,66).<br />

Die Immuntherapie kann entweder<br />

subkutan, mittels Spritze, oder sublingual<br />

verabreicht werden. Während<br />

es bei der subkutanen Immuntherapie<br />

unterschiedliche Behandlungsschemata<br />

gibt, nimmt der Patient<br />

bei der sublingualen Immuntherapie<br />

das Allergen täglich in einer standardisierten<br />

Dosis zu sich.<br />

Wantke: „Durch den Einsatz der<br />

neuen, hochdosierten sublingualen<br />

Immuntherapie, welche gegen<br />

Gräser, Hausstaubmilben und bald<br />

auch Birke und eventuell Ragweed<br />

verfügbar ist, steigt der Stellenwert<br />

der spezifischen Immuntherapie<br />

weiter, als der einzigen kausalen<br />

Therapie der Typ-1-Allergie mit der<br />

Option der sekundären Asthmaprävention.“<br />

©<br />

Unlimited Media<br />

<strong>Kongress</strong><br />

NEWS<br />

9


<strong>Kongress</strong><br />

NEWS<br />

Tuberkulosebericht 2015<br />

Tuberkulosefälle in Österreich<br />

sind leicht rückläufig<br />

Der aktuelle, diese Woche<br />

veröffentlichte Tuberkulosebericht<br />

2015 zeigt für Österreich,<br />

dass die Zahl der Tuberkulosefälle<br />

abnimmt. Dennoch<br />

ist Tuberkulose in Osteuropa,<br />

Afrika, Asien nach wie vor ein<br />

Problem. Die wichtigste Erkenntnis<br />

für Dr. Bernhard<br />

Benka, Bundesministerium<br />

für Gesundheit und Frauen:<br />

„Migration und Flüchtlingsströme<br />

aus den Krisengebieten<br />

führten zu keiner Erhöhung der<br />

Erkrankungszahlen.“<br />

Trotz starkem Flüchtlingsstrom aus den Krisengebieten kam es im Vorjahr<br />

zu keiner Erhöhung der Tuberkulose-Erkrankungszahlen.<br />

Im Jahr 2015 wurden in Österreich<br />

583 Fälle von Tuberkulose registriert,<br />

das entspricht einer Inzidenz<br />

von 6,8/100.000 Einwohner. Bei<br />

etwas weniger als einem Drittel der<br />

2015 festgestellten Fälle ist Österreich<br />

als Geburtsland registriert, bei<br />

einem Drittel liegt das Geburtsland<br />

innerhalb der WHO-Region Europa,<br />

die Übrigen kommen aus anderen<br />

Ländern außerhalb der WHO-<br />

Region Europa.<br />

Stabile Lage in Österreich<br />

Im Vergleich zu 2014 traten in Österreich<br />

um drei Fälle weniger auf.<br />

Österreich gehört damit zu den<br />

westeuropäischen Ländern mit<br />

niedriger Inzidenz. Die Lage der Tuberkulose<br />

in Österreich ist schon<br />

länger auf diesem niedrigen Niveau<br />

stabil. Dazu Dr. Bernhard Benka,<br />

Bundesministerium für Gesundheit<br />

und Frauen: „Es hat sich gezeigt,<br />

dass sich die kumulative Tuberkulose-Erkrankungswahrscheinlichkeit<br />

der 2015 nach Österreich gekommenen<br />

Migranten nicht signifikant<br />

zum Vergleichszeitraum 2014 unterscheidet.<br />

Obwohl Österreich zu<br />

den Top-15-Einwanderungsländern<br />

im Jahr 2015 gehörte.“<br />

Starker Flüchtlingsstrom<br />

zeigte keine Auswirkungen<br />

Dies ist durch eine Änderung der<br />

Einreiseländer bedingt und das<br />

damit verbundene Risikoprofil.<br />

Rund die Hälfte der Flüchtlinge<br />

kam im vorigen Jahr aus Ländern<br />

mit einer niedrigen Tuberkulose-<br />

Inzidenz: Irak und Syrien. Gleichzeitig<br />

kamen weniger Zuwanderer aus<br />

der Russischen Föderation, die eine<br />

hohe Tuberkulose-Inzidenz aufweist.<br />

Die Zahlen sind deshalb so<br />

genau, weil bei allen Asylwerbern<br />

bei der verpflichtenden medizinischen<br />

Erst untersuchung ab einem<br />

Alter von sechs Jahren ein Lungenröntgen<br />

als Tuberkulosescreening<br />

durchgeführt wird.<br />

Rückgang bei Multiresistenzen<br />

Wie im Jahr 2014 gab es auch 2015<br />

keinen Fall einer multiresistenten<br />

MDR- oder extrem-Arzneimittel-resistenten<br />

XDR-Tuberkulose bei Personen<br />

mit österreichischer Staatsangehörigkeit.<br />

„Insgesamt wurden in<br />

Österreich im Vorjahr zwölf Fälle von<br />

multiresistenter Tuberkulose registriert“,<br />

so Benka. Das bedeutet einen<br />

Rückgang von 40 Prozent gegenüber<br />

2014, obwohl mehr Menschen<br />

aus Tuberkulose-Hochinzidenzländern<br />

wie Pakistan und Afghanistan<br />

eingereist waren. Die Herkunft der<br />

erkrankten Personen verteilt sich<br />

gleichmäßig auf Tuberkulose-Hochinzidenzländer<br />

innerhalb und außerhalb<br />

der WHO-Region Europa.<br />

Eine multiresistente Tuberkulose ist<br />

meist das Ergebnis einer bereits zu<br />

einem früheren Zeitpunkt falsch<br />

durchgeführten oder abgebrochenen<br />

Therapie. Dies stellt nach wie vor eine<br />

Herausforderung für das öffentliche<br />

Gesundheitssystem dar.<br />

10 40. Jahrestagung der ögp


<strong>Kongress</strong><br />

NEWS<br />

Verliebt, verlobt … verflixt!<br />

Missgeschick bringt des<br />

Rätsels Lösung hervor<br />

Eine 27-jährige österreichische<br />

Studentin wird im Jänner<br />

2016 zur Erstvorstellung an der<br />

Abteilung für Innere Medizin,<br />

KH der Elisabethinen Graz,<br />

von einem niedergelassenen<br />

Lungen facharzt mit der Fragestellung<br />

„persistierende kavernöse<br />

Infiltrate“ zugewiesen.<br />

Die Vorsitzenden bei der Sitzung „Pearls in Infectious Diseases“: Univ.-Prof. Dr.<br />

Tobias Welte (Medizinische Hochschule Hannover), Ass.-Prof. PD Dr. Helmut<br />

Prosch (Meduni Wien), Dr. Rainer Gattringer (KH der Elisabethinen Linz)<br />

Dr. Birgit Jeschek, KH der Elisabethinen<br />

Graz, Abteilung für Innere Medizin<br />

Die Anamnese der völlig symptomlosen<br />

Patientin ergibt keinerlei Auffälligkeiten.<br />

Sie möchte zu ihrem<br />

Verlobten nach Australien auswandern.<br />

Bei den dafür erforderlichen<br />

Untersuchungen werden in Röntgen<br />

und Computertomographie (CT) in<br />

der Lunge Veränderungen entdeckt.<br />

Es werden eine diagnostische Bronchoskopie<br />

mit Tbc-Untersuchung,<br />

Bürstenausstrichen und bronchoalevolärer<br />

Lavage (BAL) mit Bakterienund<br />

Pilzkultur sowie eine ambulante<br />

Kontrolle mit Bildgebung durchgeführt.<br />

Alle Befunde sind unauffällig.<br />

Die Patientin will jedoch nicht auswandern,<br />

bevor ihr Fall abgeklärt ist.<br />

Im KH der Elisabethinen Graz<br />

zeigt sich in der CT eine Verstärkung<br />

der Lungenveränderungen.<br />

Im Februar 2016 wird die Patientin<br />

stationär aufgenommen. Routineblutlabor,<br />

Harn, Blutkulturen,<br />

Immunprofil Lunge Sputum ZN,<br />

Quantiferon (IGRA), Galactomannan,<br />

Beta-D-Glukan-Serologie, HIV-Test<br />

und Echokardiographie sind unauffällig.<br />

Die Routine-Röntgenkontrolle<br />

zwei Stunden nach Re-Bronchoskopie<br />

zeigt, dass diese komplikationslos<br />

verlaufen ist. Allerdings vermisst<br />

die Patientin ihr Zahnimplantat.<br />

Dieses wird schließlich röntgenologisch<br />

im Darm lokalisiert und mithilfe<br />

von Abführmitteln entfernt.<br />

Die Ergebnisse der Bronchoskopie<br />

zeigen wiederum einen weitgehend<br />

unauffälligen Befund. In der Lavage<br />

wird allerdings Actinomyces odontolyticus<br />

gefunden.<br />

Im weiteren Gespräch mit der Patientin<br />

kommt zutage, dass sie<br />

sich seit Anfang 2015 wiederholten<br />

Zahnbehandlungen unterziehen<br />

musste. Der lokale Abstrich ergibt<br />

ebenfalls Actinomyces odontolyticus.<br />

Die Arbeitsdiagnose lautet<br />

nun „Lungen-Abszesse durch Verschleppung<br />

eines Actinomyces-Keimes<br />

im Rahmen von Zahnbehandlungen“.<br />

Die Patientin erhält seit<br />

Ende Februar 2016 eine hochdosierte<br />

Antibiotikatherapie (Amoxicillin/<br />

Clavulansäure 1 Gramm 3x täglich).<br />

Parallel dazu erfolgt eine Sanierung<br />

des Zahnstatus. Die Verlaufsbildgebung<br />

zeigt eine sukzessive Verbesserung<br />

der Lungenveränderungen.<br />

Mittlerweile ist die Patientin nach<br />

Australien ausgewandert und hat<br />

bereits geheiratet.<br />

Weitere Pearls:<br />

Pearls in Pediatrics<br />

Schubert 4 + 5. Fr, 10:30 bis 12:00<br />

Johannes Pfeil:<br />

Infektiologische Versorgung<br />

von Flüchtlingen<br />

Christina Weingarten:<br />

Meine Mutter hat Tuberkulose<br />

Pavel Basek:<br />

Kind mit Dauerhusten<br />

© Unlimited Media<br />

12 40. Jahrestagung der ögp


Wien, 7. Oktober 2016<br />

Falscher Verdacht<br />

Dyspnoe und Husten,<br />

aber kein Infekt<br />

Bei der gestrigen Vortragsreihe<br />

„Pearls in infectious diseases“<br />

trug Dr. Irina Fadejeva, Medizinische<br />

Universität Graz,<br />

Univ.-Klinik für Innere Medizin,<br />

Klinische Abteilung für Pulmologie<br />

einen interessanten Fall vor:<br />

Ein 23-jähriger Student wird im<br />

März 2016 vom Hausarzt wegen<br />

zunehmender Dyspnoe seit<br />

drei Tagen in die Notaufnahme<br />

überwiesen. Er leidet unter leichter<br />

Ruhedyspnoe mit erschwertem<br />

Durchatmen, trockenem<br />

Husten und „grippigem“ Gefühl.<br />

Wer hier an einen Atemwegsinfekt<br />

denkt, liegt falsch …<br />

Wenn Patienten nach Fernreisen mit gesundheitlichen Problemen kommen,<br />

wird meist eine Infektion dahinter vermutet - doch oft ist dies auch trügerisch.<br />

Die Anamnese ist unauffällig, der<br />

letzte Auslandsaufenthalt war im<br />

September 2015 in Nepal. Im Kindesalter<br />

hatte er eine spastische<br />

Bronchitis, es sind keine Allergien bekannt,<br />

er benötigt keine Dauermedikamente,<br />

er besitzt keine Haustiere.<br />

Die arterielle Blutgasanalyse bei<br />

Raumluft zeigt ein leicht erhöhtes<br />

pH, ein leicht vermindertes pCO2<br />

sowie ein stark vermindertes BE.<br />

Im Labor findet sich eine Leukozytose,<br />

Neutrophilie, Monozytose,<br />

Lymphopenie sowie ein stark erhöhtes<br />

CRP (55,0). Elektrolyte und<br />

Nierenparameter sind unauffällig.<br />

In Thorax-Röntgen und Computertomographie<br />

sind diffuse milchige<br />

Aufhellungen in der Lunge zu sehen.<br />

Schnelltests auf Influenza, Legionellen<br />

und Pneumokokken, HIV-Test<br />

und IGRA sind negativ, die Blutkultur<br />

ergibt weder aerobes noch anaerobes<br />

Wachstum. Aufgrund des Verdachts<br />

auf Mykoplasmen-Pneumonie erhält<br />

der Patient Clarithromycin 500<br />

mg zweitäglich für insgesamt sieben<br />

Tage. Es stellt sich jedoch keine Besserung<br />

ein, Husten und subjektive<br />

Dyspnoe bleiben bestehen. Das CRP<br />

sinkt jedoch deutlich (16,4 mg/l). In<br />

der Bronchoskopie (BSK) werden<br />

Blutspuren und akute Bronchitis<br />

festgestellt, sonst ist das Tracheobronchialsystem<br />

beidseits unauffällig.<br />

Es besteht Verdacht auf eine<br />

alveoläre Hämorrhagie. Bronchialspülung,<br />

molekularbiologische<br />

Tests sowie Nativblut-Untersuchungen<br />

liefern keinen Hinweis auf<br />

eine akute Infektion.<br />

In den Tagen nach der Bronchoskopie<br />

kommt es zu akutem Nierenversagen<br />

und Hämoptysen. Zytologie und<br />

Histologie der BSK zeigen eine chronische<br />

interstitielle und organisierende<br />

Pneumonie mit geringer Eosinophilie<br />

mit teilweise kontinuierlicher<br />

IgG-Ablagerung in den kapillaren Gefäßen<br />

ohne morphologisch erkennbare<br />

Vaskulitis. Das morphologische<br />

Bild spricht für eine Mitbeteiligung<br />

im Rahmen eines Goodpasture-Syndroms<br />

ohne Vaskulitis. Die spezielle<br />

Immunologie ergibt Basal membran-<br />

Antikörper +++positiv sowie massiv<br />

erhöhte glomeruläre Basalmembran-Antikörper<br />

(236,0 U/ml). Die<br />

Nierenbiopsie zeigt eine rapid-progressive<br />

Glomerulonephritis (RPGB)<br />

und das Bild eines schweren akuten<br />

Nierenversagens. Dieser Befund ist<br />

lichtmikroskopisch und immunhistochemisch<br />

mit einem Goodpasture-Syndrom<br />

vereinbar. Bei diesem<br />

handelt es sich um eine seltene Autoimmunkrankheit<br />

vom Typ II, bei welcher<br />

die Alveolen der Lunge und die<br />

Basalmembran der Niere angegriffen<br />

und zerstört werden. Die Thera pie<br />

erfolgt mittels Plasmapherese, Kortikoiden<br />

und Immunsuppressiva.<br />

<strong>Kongress</strong><br />

NEWS<br />

13


<strong>Kongress</strong><br />

NEWS<br />

Problem Schlafapnoe<br />

Müdigkeit als Unfallursache<br />

Atemstillstände während des<br />

Schlafs gelten als Ursache für<br />

eine Reihe anderer Erkrankungen<br />

mit lebensbedrohlichen<br />

Folgen. Die Gefahr, dass durch<br />

Schlafstörungen Unfälle im<br />

Straßenverkehr ausgelöst werden<br />

können, wurde durch ein<br />

Gesetz in Österreich neu bewertet.<br />

Welche Folgen Schlafstörungen<br />

wie die Schlafapnoe auf<br />

die Verkehrssicherheit haben,<br />

wird beim <strong>ÖGP</strong>-<strong>Kongress</strong> in<br />

einer eigenen Sitzung erörtert.<br />

Berufsfahrer mit einem mittelschweren oder schweren obstruktiven Schlafapnoe-<br />

Syndrom erhalten die Lenkerberechtigung nur im Zuge von jährlichen, ärztlichen<br />

Kontrolluntersuchungen. Nicht-Berufsfahrer werden alle drei Jahre kontrolliert.<br />

Etwa jeder zehnte Österreicher leidet,<br />

oft ohne es zu wissen, an einer<br />

schlafbezogenen Atemstörung.<br />

Beim Schlafapnoe-Syndrom sind<br />

die Schnarchgeräusche besonders<br />

laut und unregelmäßig. Die immer<br />

wieder unterbrochene Sauerstoffversorgung<br />

führt zu ständigem<br />

Stress während der Schlafperioden.<br />

In Folge kommt es zu einer stark<br />

verminderten Schlafqualität sowie<br />

zu einer quälenden Tagesmüdigkeit.<br />

Rund zehn Prozent der Verkehrsunfälle<br />

mit Todesfolge werden durch<br />

Müdigkeit am Steuer verursacht.<br />

Gesetz weckt Aufmerksamkeit<br />

Neurophysiologische Untersuchungen<br />

zeigen, dass schon bei einer dreimaligen<br />

Schlafunterbrechung pro<br />

Nacht die Verkehrstüchtigkeit am<br />

nächsten Tag beeinträchtigt ist. Bei<br />

einer mittelschweren Schlafapnoe<br />

kommt es zu mehr als 15 Aussetzern<br />

pro Nacht, von einer schweren obstruktiven<br />

Schlafapnoe spricht man<br />

bei mehr als 30 Apnoen.<br />

Deshalb wurde in Österreich ein neues<br />

Gesetz eingefürt. Basierend auf<br />

einer EU-Direktive gibt es nun seit<br />

1. August 2016 eine neue Verordnung<br />

des Verkehrsministeriums, die dazu<br />

führt, dass gefährdete Personen diagnostisch<br />

abgeklärt und einer geeigneten<br />

Behandlung zugeführt werden<br />

müssen. Wenn ein Verdacht auf ein<br />

mittelschweres oder schweres obstruktives<br />

Schlafapnoe-Syndrom besteht,<br />

wird eine Lenkerberechtigung<br />

nur nach Einholung einer fachärztlichen<br />

Stellungnahme erteilt bzw.<br />

belassen. Personen, die ein mittelschweres<br />

oder schweres obstruktives<br />

Schlafapnoe-Syndrom aufweisen,<br />

erhalten die Lenkerberechtigung<br />

nur unter der Auflage von ärztlichen<br />

Kontrolluntersuchungen.<br />

Einfache Diagnose und Therapie<br />

Im Zuge der HypnoLaus-Studie (Lancet<br />

2016) erstellte das Team um Helena<br />

Marti-Soler eine Skala (NoSAS-<br />

Score), mit deren Hilfe der Verdacht<br />

auf das Vorliegen einer Schlafapnoe<br />

abzuschätzen ist. Wenn zwei bis drei<br />

dieser Risikofaktoren zutreffen, liegt<br />

mit großer Wahrscheinlichkeit eine<br />

Schlafapnoe vor: Mann 55+, Übergewicht,<br />

berichtetes Schnarchen und<br />

Halsumfang über 40 cm.<br />

In Österreich gibt es rund 114.000<br />

Berufskraftfahrer. Auf viele von ihnen<br />

werden zumindest zwei der oben<br />

genannten Risikofaktoren zutreffen.<br />

Berufskraftfahrer sind meist Männer,<br />

die oft wegen Bewegungsmangel<br />

auch noch übergewichtig sind.<br />

Dank des NoSAS-Scores gibt es nun<br />

ein leicht zu handhabendes „Instrument“<br />

zur ersten Risikoabschätzung.<br />

Jeder Berufsfahrer sollte mit diesem<br />

Screening-Tool anlog zur Augenuntersuchung<br />

untersucht werden. Liegen<br />

zwei bis drei Risikofaktoren vor,<br />

muss der Betroffene zur weiteren<br />

Abklärung an einen Facharzt für Pulmologie,<br />

HNO, Neurologie oder einen<br />

Internisten überwiesen werden.<br />

Ist eine Schlafapnoe diagnostiziert,<br />

kann sie gut behandelt werden. Das<br />

Mittel der Wahl ist die CPAP-Maske<br />

(Continuous Positive Airway Pressure),<br />

die jede Nacht vor dem Schlafengehen<br />

über Mund und Nase gezogen<br />

wird. Dadurch wird ein Überdruck<br />

erzeugt, der dafür sorgt, dass der<br />

Patient die ganze Nacht über ausreichend<br />

mit Sauerstoff versorgt wird.<br />

Die schlaflose Gesellschaft<br />

Saal Schubert 3<br />

Freitag, 10:30 – 12:00 Uhr<br />

14 40. Jahrestagung der ögp

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