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s'Magazin usm Ländle, 6. November 2016

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ARBEITSMARKT<br />

<br />

Das Gegengrab<br />

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schnell. Da geht es auchumDeutschkenntnisse,<br />

die erst erworben werden<br />

müssen. Und bei den Jugendlichen<br />

gilt: Nicht gleich als Hilfsarbeiter integrieren,<br />

sondern ein Lehrabschluss.<br />

Wir haben uns nun ausgiebig darüber<br />

unterhalten, wie sich Jobsuchende besser<br />

qualifizieren können. Was könnte<br />

das AMS besser machen?<br />

Ganz wichtig ist sicher der Kontakt<br />

zur Wirtschaft. Denn Jobanbieter<br />

sind die Unternehmen. Und dieBeratung<br />

derKlienten musssehr individuell<br />

gestaltet werden, dasbrauchtauch<br />

Zeit.<br />

WarenSie selbst schon mal arbeitslos?<br />

Nein, ich hatte aber schon verschiedene<br />

Jobs, bevor ich zum AMS gekommen<br />

bin.<br />

Wie frustrierend ist der Job als AMS-<br />

Berater?<br />

Natürlich kann es zu Frustrationen<br />

kommen. Man bekommt da auch viel<br />

von den Geschichten der einzelnen<br />

Personen mit, von ihren Schicksalen.<br />

Für diejenigen, die sich nicht so gut<br />

abgrenzen können, gibt es aber auch<br />

ein Supervisionsangebot, das in Anspruch<br />

genommen werden kann.<br />

Fotos: lisamathis.at<br />

„Die Toten leben nur in der Erinnerung der Lebenden“,<br />

schrieb der berühmte amerikanische Schriftsteller<br />

Philip Roth in seinem wunderbaren Buch<br />

„Empörung“.Ich bin mir gar nicht so sicher,obRoth<br />

damit recht hat.Vergessen ist vergessen, auch zu<br />

Lebzeiten. Ich dachte es, als ich das alljährlich wiederkehrende<br />

Schaulaufen –man nennt es Allerheiligen<br />

–auf dem kleinen Dorffriedhof,der gegenüber<br />

meinem Haus liegt,aus gebührender Entfernung<br />

beobachtete. Das ganzeJahr über brennt selten ein<br />

Lichtlein auf den Gräbern der lieben Verstorbenen.<br />

Am Vorabend vonAllerheiligenjedoch irrlichtert es<br />

in Dutzenden vonRottönen. Der ganzeFriedhof ist<br />

mit Grabkerzen illuminiert.Esist eine Freude. Den<br />

ganzen Vortag über herrscht schon ein Gewusel und<br />

ein Gewese auf dem Gottesacker,ein Kommen und<br />

Gehen vonMenschen. Es wirdgezupft,ausgerupft,<br />

gejätet,gemulcht und was weiß ich noch alles. Verlogenes<br />

Pack, denkeich mir.Jetzt müssen die lieben<br />

Verstorbenen, die vielleicht gar nicht so lieb waren,<br />

noch für das Ansehen der Lebenden herhalten. Wer<br />

hat das gepflegteste Grab?<br />

In diesem Contest scheide ich mit Sicherheit sofort<br />

aus. Schon in den 90er Jahren habe ich auf das<br />

Grab meiner Zieheltern, die für mich wirkliche Eltern<br />

waren, eine Marmorplatte legen lassen mit<br />

nichts als ihren Namen drauf.Das Grab erregte damals<br />

Empörung,weil ich einen schräg stehenden,<br />

abgebrochenen Marmorpfeiler aufstellen ließ mit<br />

einem eingemeißelten Text,der eine Art verkehrtes<br />

„Vaterunser“ symbolisiert –ein Gedicht vonmir,eine<br />

Neuinterpretation. Das Kirchenvolk stand davor<br />

und zerbrach sich eine Zeit lang den Kopf.Dann<br />

wurde es ruhiger.„Der Spinner halt,der Schriftsteller“,hieß<br />

es. Nur meine lieben Verwandten konnten<br />

nicht Ruhe finden –imLeben wohlgemerkt.Ihnen<br />

war das Schneider'sche „Vaterunser“ ein glatter<br />

Hohn, und so ließen sie demonstrativ ein Gegengrab<br />

errichten. An der Friedhofswand. Jetzt sind die<br />

lieben Verwandten auch schon tot,und ich bin auf<br />

zwei Gräbern sitzen geblieben.<br />

s’Magazin 9

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