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100 PErSPECtiVE<br />
AdAm <strong>The</strong> <strong>Magazine</strong> 101<br />
JulIan SchnabEl<br />
„hÖr auf keiNeN, weNN es um deiNe kuNst geht.“<br />
text DAmiAnA mAriAni<br />
DER mann, DER SElbST kEInE büchER lIEST, haT EInS gESchRIEbEn. langE ZEIT vERgRIffEn,<br />
ERSchEInT cvJ nun In bESOnDERER EDITIOn. JulIan SchnabEl fühRT DaRIn DuRch SEInE<br />
wERkE unD DIE vERgangEnEn DEkaDEn DER malEREI. vOR allEm abER IST cvJ EIn buch<br />
übER DIE wahRhEIT DER kunST – unD übER EInEn mITTEllOSEn JungEn, DER SIE umgEbEn<br />
vOn lEEREn pIZZaSchachTEln fInDET.<br />
Angst, Abscheu, Ekstase, liebe, ein tiefverankertes, zum Ausbrechen<br />
geborenes Gefühl von freiheit, all das kommt in einem<br />
hoch beim Anblick dieser Bilder. Julian Schnabels Erfahrungen,<br />
ausgedrückt mit Pinsel, hand, mit öl, Wachs, auf holz, leinen,<br />
mittels Scherben, mittels allem, was da ist. Schnabel lässt einen<br />
im Glauben, licht strahle aus seinen Bildern. da ist leben. Und<br />
wo leben ist, ist immer auch Kampf.<br />
es ist gut, arm zu seiN<br />
Julian Schnabel ist jung, als es ihn 1973 von texas nach new<br />
York, ins Kunstkapital des 20. Jahrhunderts zieht. Und er hat<br />
kaum Geld. doch zum Pizzaessen und Bildermalen reicht es.<br />
„Ich wEISS nIchT wIE<br />
SchÖnhEIT auSSIEhT, abER<br />
Auch wenn ihm die Utensilien für letzteres immer mal wieder<br />
ausgehen. „ich weiss, wie es ist, arm zu sein“, gesteht er,<br />
„Wie es ist, hunger zu leiden. das ist ein Vorteil. Es schenkt mir<br />
Empathie für die menschen.“ Schnabel arbeitet als taxifahrer,<br />
als Koch, schläft auf seinen Gemälden. den Job als fahrer<br />
verliert er nach einer frontalkollision um 4 Uhr morgens. Und<br />
CVJ - Nicknames of Maitre D‘s & Other Excerpts from Life Unikat in handbemaltem<br />
Leineneinband, Acryl auf Leinwand ca. CHF 6‘430.-<br />
eiN scherBeNhaufeN, der gläNzt<br />
in seiner nun wieder erschienen Autobiografie CVJ erzählt<br />
Schnabel von diesem moment, wenn ein Bild kein Bild mehr ist,<br />
Ich wEISS, wIE ES SIch<br />
er flucht. Jenen als Koch hängt er selbst an den nagel, um den<br />
europäischen Kontinent zu bereisen. italien beeindruckt ihn.<br />
Ein abgebrannter Künstler, begnadet wie er, findet Zuneigung<br />
sondern eine Erlösung. Wenn die Kunst aus einem ausbricht.<br />
Und er berichtet vom steinigen Weg zur Anerkennung, die ihm<br />
Ende der 1970er-Jahre mit seinen Plate Paintings (Bilder aus<br />
anfühlT, wEnn Ich SIE<br />
in diesem künstlerischen Chaos. Seine ersten Werke verkauft<br />
er unter Wert. manchmal will er nicht mal, aber „es gibt einen<br />
Punkt in deinem leben, an dem du es dir nicht mehr leisten<br />
bemalten tellerscherben) zuteilwird. Es ist ein schlicht grossartiges<br />
Buch, bestückt mit den bedeutendsten Werken des rundumkünstlers.<br />
denn obschon sich Schnabel vor allem als malenden<br />
gESEhEn habE.“<br />
juliaN schNaBel iN cvj.<br />
Photo Copyrights: Julian Schnabel<br />
kannst, deine Bilder nicht zu verkaufen“, sagt Schnabel. im<br />
Sommer 1978 erhält er seine erste Exhibition in der düsseldorfer<br />
Galerie dezember. der Erfolg bleibt aus. doch Schnabel<br />
boxt sich weiter durch. Er empfindet ein tiefes Bedürfnis, zu<br />
malen, als würde er ertrinken, müsste er es unterbinden. Was<br />
gut ist, denn Schnabels gefeierter durchbruch in new York ist<br />
zu diesem Zeitpunkt nur noch monate entfernt.<br />
Künstler bezeichnet, besteht der 65-Jährige doch in zahlreichen<br />
disziplinen der Kunst meisterlich: etwa in der Architektur, der<br />
fotografie, im design und film. So könnte man Schnabel durchaus<br />
auch als Philosophen verstehen, der sich über unterschiedliche<br />
Kanäle auf wundersame, wunderschöne Weise auszudrücken<br />
weiss. Alle Kunst ist Philosophie, es gibt keine Antworten,<br />
es gibt nur die Wahrheit, die jeder selbst finden muss.