doppelpunkt: - ev.-luth. Diakonissenanstalt Marienstift Braunschweig
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Keinen im Sterben allein lassen<br />
Von Chefarzt Dr. Rainer Prönneke<br />
28 <strong>doppelpunkt</strong> 4/ 2012<br />
Sterbehilfe aus<br />
palliativmedizini<br />
scher<br />
Sicht<br />
Die Palliativmedizin<br />
befasst sich intensiv<br />
mit lindernden Maßnahmen<br />
bei Schwerkranken<br />
und Sterbenden.<br />
Eine palliative Versorgung beinhaltet<br />
eine medizinische, pfl egerische, psycho-soziale<br />
und seelsorgerische Behandlung.<br />
Im Zusammenhang mit der Palliativmedizin<br />
fällt oft der Begriff „Sterbehilfe“. Zur Vermeidung<br />
von Unsicherheiten und Missverständnissen<br />
ist es notwendig, die bestehenden<br />
Defi nitionen zu kennen und auf die<br />
gesetzlich gesicherten Behandlungsmöglichkeiten<br />
in Deutschland hinzuweisen. Die<br />
vier Formen der Sterbehilfe werden im Folgenden<br />
erläutert:<br />
Die aktive Sterbehilfe<br />
Hierbei handelt es sich um die ärztlich<br />
durchgeführte Tötung von Schwersterkrankten,<br />
die unter unerträglichen Qualen<br />
leiden und mehrfach das Verlangen auf<br />
eine medizinische Beendigung ihres Lebens<br />
geäußert haben. Nach Begutachtung von<br />
zwei Ärzten können diese Betroffenen<br />
dann mit einer ärztlich durchgeführten Injektion<br />
getötet werden. Weltweit ist dieses<br />
Vorgehen nur in den Beneluxstaaten ohne<br />
Strafverfolgung möglich.<br />
Die Beihilfe zur Selbsttötung<br />
(assistierter Suizid)<br />
Hier wird Schwererkrankten auf ihren<br />
Wunsch hin eine Möglichkeit geboten, sich<br />
selbst zu töten. Voraussetzung ist ebenfalls<br />
unerträgliches Leiden bei einer schweren<br />
Erkrankung. Konkret setzt der Betroffene<br />
selbstständig eine ärztlich empfohlene<br />
Spritzenpumpe in Gang, die ein schnell<br />
zum Tode führendes Medikament enthält.<br />
Im Unterschied zur aktiven Sterbehilfe führt<br />
der Kranke hier seinen Tod selbst herbei.<br />
Der assistierte Suizid wird in Europa nur in<br />
der Schweiz von zwei Organisationen<br />
durchgeführt.<br />
Die indirekte Sterbehilfe<br />
Bei dieser ärztlichen Behandlung wird dem<br />
Schwerstkranken und Sterbenden bei Beschwerden<br />
zur Linderung ein Medikament<br />
verabreicht, wobei ein möglicher vorzeitiger<br />
Todeseintritt in Kauf genommen wird.<br />
Das Motiv der ärztlichen Handlung liegt<br />
hier aber ausschließlich auf der Leidenslinderung!<br />
Diese Behandlung ist in Deutschland<br />
möglich und aus palliativmedizinischer<br />
Sicht geboten. Formalrechtlich handelt es<br />
sich sogar um „Körperverletzung durch<br />
Unterlassen“ wenn Ärzte ihren Patienten<br />
lindernde Medikamente vorenthalten.<br />
Bei nicht aushaltbaren Beschwerden können<br />
wir mit dem Einverständnis des<br />
Schwerkranken im Sinne der Linderung einen<br />
künstlichen Dauerschlaf erzeugen (die<br />
sogenannte palliative Sedierung).<br />
Die passive Sterbehilfe<br />
(Sterben lassen)<br />
Damit ist mit dem Einverständnis des Betroffenen<br />
ein Nichtansetzen oder Beendigung<br />
von lebenserhaltenden medizinischen<br />
Behandlungsverfahren wie Beatmung<br />
und künstliche Sonden-ernährung<br />
gemeint, die ein Sterben bei fortgeschrittener<br />
Erkrankung verzögern bzw. verhindern<br />
können. Auch dieses Verfahren gehört<br />
zu den Kernaufgaben einer palliativorientierten<br />
Therapie, die weder eine Le-