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Liebefeld Magazin 11.2016

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INTERVIEW/FOTOS: ALBERTO ALONSO MALO<br />

Kolja, du hast dein Abi in der Meine „Auftritte“ in der Schule<br />

kann ich natürlich nicht mit<br />

Tasche. So als Wortakrobat:<br />

Hast du deine Lehrer eigentlich den Auftritten auf der Bühne<br />

zwischendurch mal was sagen vergleichen. Es ist aber schon<br />

lassen?<br />

so, dass es Aufgaben in der<br />

Schule gab, die mir schwerergefallen<br />

sind als mündliche Vorträge – beim Gedichteschreiben plätscherte<br />

es nur so aus mir heraus, auch Referate waren kein großes<br />

Problem. Eher im Gegenteil, ich musste mich zügeln, nicht zu viel zu<br />

reden (lacht). Dafür habe ich es nicht so mit Zahlen, die sind wie eine<br />

Fremdsprache für mich. Da fehlten selbst mir die Worte ...<br />

Wann hast du denn bemerkt,<br />

dass du ein besonders gewitztes<br />

Talent für Sprache hast?<br />

Oh, schon früh. Meine Eltern<br />

erzählen, dass ich bereits mit<br />

anderthalb Jahren frühsprachlich<br />

unterwegs gewesen bin.<br />

Ich soll alle in Grund und Boden geredet haben. Dass ich früh in der<br />

Lage war, mich zu artikulieren, hat sicher auch damit zu tun, dass<br />

ich mit Büchern und viel Musik groß geworden bin,<br />

Geschichten von Astrid Lindgren und Sven Nordqvist haben mir<br />

meine Eltern vorgelesen. Dafür ist mir als Kind die digitale Welt<br />

fremd gewesen.<br />

Wie würdest du denn deine Meine Texte baue ich oft als<br />

Handschrift beschreiben?<br />

eine Art Tagebucheintrag auf,<br />

ich staffele sie nach Uhrzeiten,<br />

mache Zeitsprünge. Auf diese Art und Weise überrasche ich das<br />

Publikum.<br />

Merkst du eine Entwicklung Auf jeden Fall. Meinen ersten<br />

in deinen Texten?<br />

Live-Auftritt hatte ich mit 13<br />

Jahren im #BunkerUlmenwall<br />

. Damals trug ich etwas über das Småland bei Ikea vor – darüber,<br />

wie Eltern dort ihre Kinder abgeben und die Sprösslinge einen<br />

Ausbruchsversuch unternehmen. Etwas absurd, die Zuhörer<br />

fanden es gut. Heute trete ich aber nicht mehr mit den Texten von<br />

damals auf, da bin ich etwas rausgewachsen. Mit 18 verändert sich<br />

der Humor, ich habe ein bisschen mehr erlebt, sehe die Dinge<br />

anders, denke politischer.<br />

Wie war denn das eigentlich<br />

so, mit 13 Jahren plötzlich<br />

vor Publikum auf der Bühne<br />

zu stehen?<br />

Der Weg vom Reden über das Geschrieben habe ich eigentlich<br />

immer viel, mir Geschich-<br />

Schreiben zum Poetry Slam ist<br />

die logische Folge gewesen? ten auszudenken war schon<br />

als Kind mein Ding. Die Idee,<br />

aus meinen Texten einen Slam zu machen, kam mir, als ich angefangen<br />

habe die Känguru-Chroniken von Marc-Uwe Kling zu hören.<br />

Ich mochte seinen Stil, sehr witzig. Ohnehin zogen mich Kabarett<br />

und Comedy schon immer an – Martin Schneider ist der Erste gewesen,<br />

den ich live gesehen habe. Schon etwas her. Heute finde ich<br />

eher Kabarettisten wie Jochen Malmsheimer oder Thorsten Sträter<br />

großartig, die auf eine ganz brillante Art und Weise mit Sprache umgehen.<br />

Einen Poetry-Slam zu verfassen – Es ist immer ein Stück Handwerk<br />

dabei. Wer sich für<br />

kann das nur jemand, der sprachlich<br />

besonders talentiert ist, oder diese rhetorische Kunstform<br />

ist auch viel Handwerk dabei? interessiert, kann sie zum Beispiel<br />

in Workshops vermittelt<br />

bekommen. Aber man hat natürlich auch seinen eigenen Stil und<br />

Humor, so etwas kann man nicht lernen.<br />

Unglaublich spannend, ich wusste<br />

nicht, was mich erwartet, war vorher<br />

nie dort gewesen. Beim #Bunkerslam<br />

stimmt das Publikum per Applaus<br />

ab, wer weiterkommt. Diese<br />

Lautstärke, wenn alle schreien und<br />

stampfen, als ob man auf einer Welle<br />

steht. Das war schon ein irres, berauschendes<br />

Gefühl. Ich habe mich<br />

auf jeden Fall gefreut, dass die Leute<br />

Spaß an meinem Text hatten.<br />

Und heute, so als alter Hase,<br />

gehst du völlig cool in den<br />

nächsten Auftritt?<br />

Nein, Lampenfieber ist immer da. Es hat sich aber gelegt, weil ich<br />

einfach auch mehr Selbstvertrauen bekommen habe nach den vielen<br />

positiven Reaktionen. Diese Erfahrung, dass es funktioniert, mal<br />

mehr, mal weniger gut, macht einen sicherer. Spätestens, wenn der<br />

Moderator meinen Namen aufruft, möchte ich einfach das Beste<br />

herausholen.<br />

LIEBEFELD - 19 - DAS INTERVIEW-MAGAZIN

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