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INTERVIEW/FOTOS: ALBERTO ALONSO MALO<br />
Kolja, du hast dein Abi in der Meine „Auftritte“ in der Schule<br />
kann ich natürlich nicht mit<br />
Tasche. So als Wortakrobat:<br />
Hast du deine Lehrer eigentlich den Auftritten auf der Bühne<br />
zwischendurch mal was sagen vergleichen. Es ist aber schon<br />
lassen?<br />
so, dass es Aufgaben in der<br />
Schule gab, die mir schwerergefallen<br />
sind als mündliche Vorträge – beim Gedichteschreiben plätscherte<br />
es nur so aus mir heraus, auch Referate waren kein großes<br />
Problem. Eher im Gegenteil, ich musste mich zügeln, nicht zu viel zu<br />
reden (lacht). Dafür habe ich es nicht so mit Zahlen, die sind wie eine<br />
Fremdsprache für mich. Da fehlten selbst mir die Worte ...<br />
Wann hast du denn bemerkt,<br />
dass du ein besonders gewitztes<br />
Talent für Sprache hast?<br />
Oh, schon früh. Meine Eltern<br />
erzählen, dass ich bereits mit<br />
anderthalb Jahren frühsprachlich<br />
unterwegs gewesen bin.<br />
Ich soll alle in Grund und Boden geredet haben. Dass ich früh in der<br />
Lage war, mich zu artikulieren, hat sicher auch damit zu tun, dass<br />
ich mit Büchern und viel Musik groß geworden bin,<br />
Geschichten von Astrid Lindgren und Sven Nordqvist haben mir<br />
meine Eltern vorgelesen. Dafür ist mir als Kind die digitale Welt<br />
fremd gewesen.<br />
Wie würdest du denn deine Meine Texte baue ich oft als<br />
Handschrift beschreiben?<br />
eine Art Tagebucheintrag auf,<br />
ich staffele sie nach Uhrzeiten,<br />
mache Zeitsprünge. Auf diese Art und Weise überrasche ich das<br />
Publikum.<br />
Merkst du eine Entwicklung Auf jeden Fall. Meinen ersten<br />
in deinen Texten?<br />
Live-Auftritt hatte ich mit 13<br />
Jahren im #BunkerUlmenwall<br />
. Damals trug ich etwas über das Småland bei Ikea vor – darüber,<br />
wie Eltern dort ihre Kinder abgeben und die Sprösslinge einen<br />
Ausbruchsversuch unternehmen. Etwas absurd, die Zuhörer<br />
fanden es gut. Heute trete ich aber nicht mehr mit den Texten von<br />
damals auf, da bin ich etwas rausgewachsen. Mit 18 verändert sich<br />
der Humor, ich habe ein bisschen mehr erlebt, sehe die Dinge<br />
anders, denke politischer.<br />
Wie war denn das eigentlich<br />
so, mit 13 Jahren plötzlich<br />
vor Publikum auf der Bühne<br />
zu stehen?<br />
Der Weg vom Reden über das Geschrieben habe ich eigentlich<br />
immer viel, mir Geschich-<br />
Schreiben zum Poetry Slam ist<br />
die logische Folge gewesen? ten auszudenken war schon<br />
als Kind mein Ding. Die Idee,<br />
aus meinen Texten einen Slam zu machen, kam mir, als ich angefangen<br />
habe die Känguru-Chroniken von Marc-Uwe Kling zu hören.<br />
Ich mochte seinen Stil, sehr witzig. Ohnehin zogen mich Kabarett<br />
und Comedy schon immer an – Martin Schneider ist der Erste gewesen,<br />
den ich live gesehen habe. Schon etwas her. Heute finde ich<br />
eher Kabarettisten wie Jochen Malmsheimer oder Thorsten Sträter<br />
großartig, die auf eine ganz brillante Art und Weise mit Sprache umgehen.<br />
Einen Poetry-Slam zu verfassen – Es ist immer ein Stück Handwerk<br />
dabei. Wer sich für<br />
kann das nur jemand, der sprachlich<br />
besonders talentiert ist, oder diese rhetorische Kunstform<br />
ist auch viel Handwerk dabei? interessiert, kann sie zum Beispiel<br />
in Workshops vermittelt<br />
bekommen. Aber man hat natürlich auch seinen eigenen Stil und<br />
Humor, so etwas kann man nicht lernen.<br />
Unglaublich spannend, ich wusste<br />
nicht, was mich erwartet, war vorher<br />
nie dort gewesen. Beim #Bunkerslam<br />
stimmt das Publikum per Applaus<br />
ab, wer weiterkommt. Diese<br />
Lautstärke, wenn alle schreien und<br />
stampfen, als ob man auf einer Welle<br />
steht. Das war schon ein irres, berauschendes<br />
Gefühl. Ich habe mich<br />
auf jeden Fall gefreut, dass die Leute<br />
Spaß an meinem Text hatten.<br />
Und heute, so als alter Hase,<br />
gehst du völlig cool in den<br />
nächsten Auftritt?<br />
Nein, Lampenfieber ist immer da. Es hat sich aber gelegt, weil ich<br />
einfach auch mehr Selbstvertrauen bekommen habe nach den vielen<br />
positiven Reaktionen. Diese Erfahrung, dass es funktioniert, mal<br />
mehr, mal weniger gut, macht einen sicherer. Spätestens, wenn der<br />
Moderator meinen Namen aufruft, möchte ich einfach das Beste<br />
herausholen.<br />
LIEBEFELD - 19 - DAS INTERVIEW-MAGAZIN