Magazin 2017_03

Text
© R&R (*1997)
R A M I N -
G
O
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Mächtig ragt der helle, in warmes Licht getauchte Palast vor
mir in die Höhe und wirft seinen kühlen Schatten über mich.
Ich bleibe stehen. Ehrfurcht macht sich in mir breit. Demut.
Ein Stück vor mir Treppenstufen. Einhundert Schritte, die
mich noch von dem Gebäude aus purem Marmor trennen.
Genau einhundert. Ich schlucke, doch dadurch wird der Kloss
in meinem Hals nur noch dicker. Angst.
„Ramingo der Furchtlose“, spottet eine leise Stimme in mir.
Ich zucke zusammen. Mein Name gehört hier nicht hin. Hier
trägt keiner einen Namen. Ich spüre, wie sich meine Hand an
den hölzernen Gehstock klammert und mein Herz schneller
zu schlagen beginnt. Machtlosigkeit. „Na dann“, seufze ich.
Meine Stimme klingt seltsam hohl und leise auf dem riesigen,
leeren Platz. Schwäche. Vorsichtig gehe ich auf die Treppe
zu, in der Erwartung, wie von einem wilden Tier von ihr angefallen
und verschlungen zu werden. Doch nichts geschieht.
Sie bleibt eine steinerne, graue Treppe. Mut. „Ihr seid also
die Steine, vor denen jeder Lebende sich fürchtet? Die bisher
noch jeden einzelnen verschlungen haben? Vor denen
es weder Entkommen noch Rettung gibt?“, schreie ich die
stumme Treppe an. „Dann werde ich euch nun zeigen, wer
hier der Meister ist!“
• veröffentlicht • 15. Juni 2015 •
Ein fahles Lachen dringt aus meiner Kehle. Übermut. Ich
setzte einen Fuss auf die erste Stufe und für den Bruchteil
einer Sekunde hört die Welt auf, sich zu drehen. Ich halte
den Atem an. Dunkle Gewitterwolken ziehen auf. Der Kloss
in meinem Hals kehrt zurück. Furcht. Dann zuckt der erste
Blitz am Himmel und mit ihm wird der Bann gebrochen.
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Ramingo