Barftgaans Februar 2017
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FEUILLETON<br />
In der Kantorei gibt es seit mehreren Jahren auch junge Stimmen wie<br />
hier im ersten Sopran.<br />
sönliche Bereicherung für sehr viele Menschen gewesen ist und weiter sein wird.<br />
Bei den Ausführenden und dem Dirigenten findet das alles natürlich auf einer<br />
anderen Ebene statt. Auch hier gibt es ein „Abtauchen“ in das Werk. Alle werden<br />
eins mit der Musik, was eine außergewöhnliche Erfahrung ist. Die klaren Strukturen<br />
des Werks und der schlüssige Ablauf tragen jedoch dazu bei, dass den Sängern<br />
und Musikern die Zeit sehr viel kürzer vorkommt. Also: Wir haben keine<br />
Angst, aber sehr großen Respekt!<br />
In diesem Werk stehen sich Orthodoxie und Pietismus, also die reine<br />
Lehre und das persönliche, ganz private Verhältnis zu Gott, gegenüber.<br />
Wie verbindet man das in einer Interpretation? Räumt man einem die<br />
Präferenz ein?<br />
In meinem Studium habe ich gelernt, dass zu Bachs Zeiten Auseinandersetzungen<br />
zwischen dem Pietismus und der Orthodoxie stattgefunden haben.<br />
Geschichtlich gesehen könnte man heute Texte und Musik aus der Zeit mehr<br />
der einen oder anderen Richtung zuordnen. Um dann jedoch festzustellen, dass<br />
es Widersprüche und viele offene Fragen gibt. Wir wissen heute, dass Bach seine<br />
Matthäus-Passion einige Male in Leipzig aufgeführt hat. Kommentare, kritische<br />
Anmerkungen oder irgendwelche Erwähnungen nach diesen Aufführungen sind<br />
nicht überliefert, vermutlich gab es sie nicht. So stelle ich mir die Frage, warum ich<br />
mir Gedanken zu Themen machen soll, die offensichtlich nicht einmal die Zeitgenossen<br />
interessiert haben? Ich musiziere die Passion im Hier und Jetzt. Die Musik<br />
Bachs erreicht uns Menschen in der Gegenwart. Meine Aufgabe ist es, die Musiker<br />
Die Männerstimmen müssen besonders schwer arbeiten, weil sie<br />
wenige sind.<br />
durch mein klares und kompetentes Dirigat nicht daran zu hindern, ihre Höchstleistung<br />
zu bringen. Hierbei sind klare Tempovorgaben erforderlich, die genau das<br />
richtige Maß für den Tag treffen. Ich werde mich bemühen, die Atmosphäre in<br />
der Kirche zu erspüren, die angemessene Dynamik anzugeben und vor allem die<br />
Übergänge unter einen nicht endenden Spannungsbogen zu bringen. Die Musiker<br />
werden mir bei den Proben ihre Interpretation anbieten, und wenn sie nicht mit<br />
meiner übereinstimmt, wird an Alternativen gearbeitet. So ist das.<br />
Wie groß ist die Herausforderung? Wo liegen die besonderen Schwierigkeiten?<br />
Die Herausforderung ist ohne Zweifel groß. Aber man darf nicht vergessen,<br />
dass diese Musik der Barockzeit auch „einfache“ Seiten für einen Dirigenten hat.<br />
So gibt es innerhalb der Nummern keine Taktwechsel. Dynamische Entwicklungen<br />
innerhalb der einzelnen Teile, wie in der romantischen oder zeitgenössischen<br />
Musik, sind nur dezent vorhanden. Eine besondere Schwierigkeit liegt etwa in<br />
der Doppelchörigkeit. Auf der linken Seite befinden sich Chor und Orchester eins<br />
und auf der rechten Seite Chor und Orchester zwei. Sie wechseln sich ständig im<br />
Agieren ab oder musizieren zusammen. Bei den teilweise schnellen Übergängen<br />
hier den Überblick zu behalten, bleibt über die lange Strecke tatsächlich eine Herausforderung.<br />
Toi toi toi für diese Aufführung und danke für das Gespräch!<br />
<br />
[Barbara Kaiser]<br />
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