EDUCATION 1.17
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Volksschule | Ecole obligatoire<br />
Mädchen und Knaben üben eine Hip-Hop-Choreografie ein.<br />
Skepsis gegenüber Musik- und Werkunterricht<br />
Hörte man die Berliner und Wiener Gäste ihre Berner<br />
Gastgeber loben, könnte man zum Schluss kommen,<br />
dass die Lehrpersonen ausnahmslos alles gut fanden,<br />
was die Berner in Sachen Kulturvermittlung an der Schule<br />
unternehmen. Tun sie das wirklich? «Sie waren schon<br />
sehr beeindruckt», zieht Christoph Joss, der regionale<br />
Schulinspektor, Bilanz. Doch er räumt ein, es hätten sich<br />
auch grosse Unterschiede in der Schulkultur zwischen<br />
den drei Ländern gezeigt.<br />
Von den ausländischen Gästen etwas skeptisch betrachtet<br />
wird zum Beispiel der «hundskommune Musikund<br />
Werkunterricht», den es an den Berner Schulen gibt.<br />
Weder in Berlin noch in Wien sind die Lehrpersonen so<br />
umfassend ausgebildet, dass sie selber solchen Unterricht<br />
geben können. In Berlin müssen die Schulen auch<br />
fürs Gestalten eine Künstlerin oder einen Künstler engagieren.<br />
In Wien zählt Werken erst gar nicht zur Kultur –<br />
weil es halt «nur» von einer Lehrerin oder einem Lehrer<br />
vermittelt wird. Und auch für den Musikunterricht engagieren<br />
die Wiener am liebsten eine Fachperson: Letztes<br />
Jahr hat die Stadt schulübergreifend ein Musikprojekt namens<br />
«Monsterfreunde» für die Erst- bis Viertklässler gestartet.<br />
Am Schluss sind die 700 Kinder, die daran teilgenommen<br />
haben, gemeinsam in der Wiener Stadthalle<br />
aufgetreten. Begleitet wurden sie von der russisch-österreichischen<br />
Starsopranistin Natalia Ushakova.<br />
Kultur – ein Bestandteil des Unterrichts<br />
Das Ziel der gegenseitigen Besuche in Bern, Wien und<br />
Berlin ist es, herauszufinden, wie die Schulen den Kindern<br />
möglichst wirksam Kultur vermitteln können. Weil es dazu<br />
noch wenig brauchbare Erfahrungen gibt, versuchen es<br />
viele Schulen auf eigene Faust. Doch die Schulverantwortlichen<br />
von Bern, Berlin und Wien haben mittlerweile<br />
festgestellt: Die besten Absichten zeigen nicht immer die<br />
besten Wirkungen. Vor allem zwei Fehler wollen sie vermeiden:<br />
«Wir möchten nicht, dass die Schulen zur Kulturvermittlung<br />
ein extraterrestrisches Ausnahmetalent einfliegen,<br />
das den Kindern eine Stunde lang Kunst zeigt und<br />
Das Comenius-Programm wäre für<br />
Berner Schulen eigentlich tabu<br />
«Schule inklusive kulturelle Bildung» nennen die beteiligten<br />
Schulverantwortlichen aus Bern, Wien und Berlin ihr<br />
Projekt. Für die Beteiligten aus Deutschland und Österreich<br />
ist klar, wer für die Kosten des geplanten länderübergreifenden<br />
Leitfadens aufkommt: das europäische Comenius-<br />
Programm. Die Europäische Union hat es vor 20 Jahren eingeführt<br />
mit dem Ziel, die Zusammenarbeit von Schulen in<br />
Europa zu fördern. Comenius widmet sich der Bildungszusammenarbeit<br />
an Kindergärten, Volksschulen und Gymnasien<br />
– analog dem Erasmus-Programm, das für die Zusammenarbeit<br />
an den Hochschulen geschaffen worden ist. Seit<br />
2014 darf die Schweiz aber nicht mehr als gleichwertiges<br />
Mitglied am Comenius-Programm teilnehmen. Das hat die<br />
Europäische Kommission nach der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative<br />
beschlossen.<br />
Am Projekt «Schule inklusive kulturelle Bildung» konnte<br />
sich die Berner Erziehungsdirektion zwar beteiligen. Allerdings<br />
sprang die Stiftung Mercator Schweiz – sie setzt sich<br />
für die Förderung junger Menschen ein – als Sponsorin ein.<br />
Denn für Reisen und Unterkunft in der Schweiz zahlte das<br />
Comenius-Programm den 30 Wiener und Berliner Schulfachleuten<br />
nichts.<br />
dann wieder weg ist. Das bringt nur Schall und Rauch, ist<br />
aber nicht nachhaltig», erklärt Michael Wimmer, der<br />
Schulkulturverantwortliche von Wien. Der zweite Fehler,<br />
den Schulen oft machen, ist: «Sie bringen einmal im Jahr<br />
am Rande etwas Kultur in die Schule. Dabei sollte Kultur<br />
ein fester Bestandteil des Unterrichts werden.»<br />
Aufgrund ihrer Beobachtungen und Erfahrungen an<br />
Berner, Wiener und Berliner Schulen wollen die Schulverantwortlichen<br />
bis nächsten Sommer einen länderübergreifenden<br />
Leitfaden schreiben. Dessen Ziel ist es, klare<br />
und erprobte Vorschläge zu bieten und zu zeigen: So können<br />
Schulen am besten Kultur in den Unterricht einbauen.<br />
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