Heft 98 - Lernen & Lehren
Heft 98 - Lernen & Lehren
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Schwerpunktthema: Handlungsorientiertes <strong>Lernen</strong><br />
spielen auch verschiedene Gründe<br />
gleichzeitig eine Rolle. Interessant<br />
scheint zudem das Ergebnis von NEEF,<br />
dass die Effekte geschlechtsspezifisch<br />
unterschiedlich sind. Denkbar wären<br />
auch inhaltliche Einflüsse. Zumindest<br />
in der elektrotechnischen Grundbildung<br />
werden bestimmte Inhalte auch<br />
im ansonsten konsequent handlungsorientiert<br />
ausgerichteten Unterricht direktiv<br />
unterrichtet. Generell zu berücksichtigen<br />
bleibt, dass bei Einbezug<br />
von anderen Erklärungsfaktoren der<br />
Methodenwahl in aller Regel eine eher<br />
bescheidene Erklärungskraft für die<br />
Kompetenzentwicklung zukommt.<br />
Im Hinblick auf die hochgesteckten<br />
Ziele in den Curricula, die man mit den<br />
„neuen“ methodischen Ansätzen einzulösen<br />
erhoffte, ergeben die einschlägigen<br />
Studien (LEHMANN/SEEBER 2007,<br />
NICKOLAUS/GSCHWENDTNER/GEISSEL<br />
2008, GEISSEL 2008, GSCHWENDTNER<br />
2008) ein relativ einheitliches Bild, das<br />
deutliche Diskrepanzen zwischen curricularem<br />
Anspruch und dem erreichten<br />
Kompetenzniveau dokumentiert.<br />
Das gilt allerdings auch für die traditionellen<br />
Lehr-Lernarrangements.<br />
Fazit<br />
Vor dem Hintergrund der hier zusammengefassten<br />
Forschungsergebnisse<br />
scheint es in praktischer Perspektive<br />
zweckmäßig, den Blick darauf zu richten,<br />
wie die Qualität innerhalb der verschiedenen<br />
Lehr-Lernarrangements<br />
gesichert werden kann. Welche Qualitätsmerkmale<br />
für die Qualitätsentwicklung<br />
bedeutsam sind, ist weitgehend<br />
unstrittig. Es sind dies die Klassenführung,<br />
die Strukturiertheit und Klarheit<br />
des Unterrichts, die Adaptivität, motivationale<br />
Bedingungsfaktoren wie Kompetenzerleben,<br />
soziale Einbindung,<br />
Relevanzerleben, die Qualität des<br />
Unterrichts, die Langsamkeitstoleranz<br />
der Lehrkräfte und bedarfsbezogene<br />
Unterstützung (HELMKE/WEINERT 1997,<br />
HELMKE 2004). Aber auch hier gilt,<br />
dass sowohl guter als auch schlechter<br />
Unterricht auf ganz unterschiedliche<br />
Weise realisiert werden kann. Zweifellos<br />
ist es wichtig, den Unterricht so zu<br />
gestalten, dass die Inhalte aktiv und intensiv<br />
verarbeitet werden und eine tiefe<br />
Durchdringung des Wissens erreicht<br />
wird, was auch dessen Anwendung in<br />
unterschiedlichen (multiplen) Kontexten<br />
einschließt. Stärkster Prädiktor der<br />
fachbezogenen Problemlösefähigkeit<br />
ist das Fachwissen selbst (NICKOLAUS/<br />
HEINZMANN/KNÖLL 2005, NICKOLAUS/<br />
KNÖLL/GSCHWENDTNER 2006).<br />
Anmerkungen<br />
1) ATI steht für Aptitude-Treatment-Interaction.<br />
Bei diesem Forschungsansatz<br />
wurde u. a. untersucht, ob bei bestimmten<br />
Persönlichkeitsmerkmalen<br />
auch spezifische methodische Ansätze<br />
zur Erzielung eines möglichst großen<br />
Lernerfolgs aussichtsreich sind. Als<br />
Ergebnis konnte u. a. festgestellt werden,<br />
dass kognitiv stärkere und weniger<br />
ängstliche <strong>Lernen</strong>de eher von offenen<br />
Unterrichtsformen profitieren (vgl. NI-<br />
CKOLAUS 2007).<br />
2) Vgl. z. B. NICKOLAUS/SCHUMM/PFISTER<br />
(1990).<br />
3) Daneben gibt es verschiedene kleinere<br />
Qualifikationsarbeiten. Siehe dazu NI-<br />
CKOLAUS/RIEDL/SCHELTEN (2005).<br />
4) Eine aktuelle Übersicht zum kaufmännischen<br />
Bereich geben SEIFRIED/SEMBILL<br />
in diesem <strong>Heft</strong>.<br />
Literatur<br />
BENDORF, M. (2002): Bedingungen und Mechanismen<br />
des Wissenstransfers. Lehr-<br />
und Lern-Arrangements für die Kundenberatung<br />
in Banken, Wiesbaden<br />
BETZLER, J. (2006): Vergleich zwischen<br />
schülerzentriertem und lehrerzentriertem<br />
Unterricht an einer Fachschule für Technik.<br />
In: Die berufsbildende Schule, 58.<br />
Jg., <strong>Heft</strong> 2, S. 56–60<br />
BIEG, D./MITTAG, W. (2009): Die Bedeutung<br />
von Unterrichtsmerkmalen und Unterrichtsmotionen<br />
für die selbstbestimmte<br />
Lernmotivation. In: Empirische Pädagogik,<br />
23. Jg., <strong>Heft</strong> 2, S. 117–142<br />
BÜNNING, F. (2008): Experimentierendes<br />
<strong>Lernen</strong> in der Bau- und Holztechnik<br />
– Entwicklung eines fachdidaktisch begründeten<br />
Experimentalkonzepts als<br />
Grundlage für die Realisierung eines<br />
handlungsorientierten Unterrichts für die<br />
Berufsfelder der Bau- und Holztechnik.<br />
Habilitationsschrift, Otto-von-Guericke-<br />
Universität Magdeburg<br />
DÖRIG, R. (2003): Handlungsorientierter<br />
Unterricht: Ansätze, Kritik und Neuorientierung<br />
aus bildungstheoretischer, curricularer<br />
und instruktionspsychologischer<br />
Perspektive. Stuttgart/Berlin<br />
GEISSEL, B. (2008): Ein Kompetenzmodell<br />
für die elektrotechnische Grundbildung:<br />
Kriteriumsorientierte Interpretation<br />
von Leistungsdaten. In: NICKOLAUS, R./<br />
SCHANZ, H. (Hrsg.): Didaktik gewerblichtechnischer<br />
Berufsbildung. Baltmannsweiler<br />
GEISSEL, B./GSCHWENDTNER, T./NICKOLAUS,<br />
R./ZIEGLER, B. (2007): Motivation in der<br />
elektrotechnischen Grundbildung. In:<br />
Zeitschrift für Berufs- und Wirtschaftspädagogik,<br />
103. Band, <strong>Heft</strong> 3, S. 397–<br />
415<br />
GSCHWENDTNER, T. (2008): Ein Kompetenzmodell<br />
für die kraftfahrzeugmechatronische<br />
Grundbildung. In: NICKOLAUS, R./<br />
SCHANZ, H. (Hrsg.): Didaktik gewerblichtechnischer<br />
Berufsbildung. Baltmannsweiler<br />
HELMKE, A. (2004): Unterrichtsqualität erfassen,<br />
bewerten, verbessern. 3. Auflage,<br />
Seelze<br />
HELMKE, A./WEINERT, F. E. (1997): Bedingungsfaktoren<br />
schulischer Leistung. In:<br />
WEINERT, F. E. (Hrsg.): Psychologie des<br />
Unterrichts und der Schule. Pädagogische<br />
Psychologie, Band 3, Hogrefe,<br />
S. 71–176<br />
LEHMANN, R./SEEBER, S. (2007): Untersuchungen<br />
von Leistungen, Motivation<br />
und Einstellungen der Schülerinnen und<br />
Schüler in den Abschlussklassen der<br />
Berufsschulen (ULME III). Behörde für<br />
Bildung und Sport<br />
NEEF, C.: (2008): Förderung beruflicher<br />
Handlungskompetenz. Hohenheimer<br />
Schriftenreihe zur Berufs- und Wirtschaftspädagogik,<br />
Band 9, Stuttgart<br />
NICKOLAUS, R. (2004): Soziale Kompetenzentwicklung<br />
in der beruflichen<br />
(Aus)bildung – Annahmen zu Möglichkeiten<br />
der Förderung und empirische<br />
Befunde zur Entwicklung. In: PILZ, M.<br />
(Hrsg.): Sozialkompetenzen zwischen<br />
theoretischer Fundierung und pragmatischer<br />
Umsetzung. Bielefeld, S. 29–46<br />
NICKOLAUS, R. (2007): Didaktik – Modelle<br />
und Konzepte beruflicher Bildung. Orientierungsleistungen<br />
für die Praxis, Baltmannsweiler<br />
NICKOLAUS, R./BICKMANN, J. (2002): Kompetenz-<br />
und Motivationsentwicklung<br />
durch Unterrichtskonzeptionen. In: Die<br />
berufsbildende Schule, 54. Jg., <strong>Heft</strong> 7–8,<br />
S. 236–243<br />
NICKOLAUS, R./GSCHWENDTNER, T./GEISSEL,<br />
B. (2008): Entwicklung und Modellierung<br />
60 lernen & lehren (l&l) (2010) <strong>98</strong>