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Heft 98 - Lernen & Lehren

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Schwerpunktthema: Handlungsorientiertes <strong>Lernen</strong><br />

Zur Frage der Umsetzung handlungsorientierten<br />

<strong>Lernen</strong>s in der beruflichen<br />

Bildung ist seit 1<strong>98</strong>7 sehr umfassend<br />

gearbeitet worden (vgl. HURTZ 2000).<br />

Handlungsorientiertes <strong>Lernen</strong> bezieht<br />

sich zunächst auf lernpsychologisch<br />

begründete Vorstellungen<br />

zur Entwicklung von Strategien des<br />

Problemlösens und auf den Zusammenhang<br />

zwischen Lern- und Bezugshandlungen.<br />

In aktuellen Arbeiten zur<br />

Umsetzung der Berufsbildungsreform<br />

werden daher Lernfelder und Lernsituationen<br />

in den Kontext von beruflichen<br />

Handlungsfeldern und Handlungssituationen<br />

gestellt; eine Diskussion, die<br />

uns seit mehr als zehn Jahren intensiv<br />

beschäftigt. Bezüglich der Umsetzung<br />

entsprechender Unterrichtskonzepte<br />

existieren entwickelte Vorstellungen<br />

einer handlungsorientierten Methodik<br />

mit ausdifferenzierten Methodenkonzeptionen<br />

(vgl. PAHL 2007) und eine<br />

breit angelegte fachdidaktische Diskussion.<br />

Hieran knüpft die vorliegende<br />

Forschungsarbeit an, die in der Unterrichtspraxis<br />

des Berufsfelds Bautechnik<br />

durchgeführt worden ist.<br />

Handlungsorientiertes <strong>Lernen</strong><br />

– zum nationalen und internationalen<br />

Forschungsstand<br />

Zu diskutieren ist die lerntheoretisch<br />

und unterrichtspraktisch kontrovers<br />

diskutierte Frage, ob und inwiefern<br />

handlungsorientierte Lernprozesse,<br />

insbesondere der Experimentalunterricht,<br />

mit Blick auf die Entwicklung<br />

beruflicher Handlungskompetenz erfolgreich<br />

sind. Zum gegenwärtigen<br />

Zeitpunkt existieren nur wenige Untersuchungen,<br />

die Effekte eines handlungsorientierten<br />

<strong>Lernen</strong>s im beruflichen<br />

Kontext im Allgemeinen und<br />

im gewerblich-technischen Bereich<br />

in Deutschland im Besonderen empirisch<br />

analysieren. Eine Vorreiterrolle<br />

kommt in diesem Zusammenhang der<br />

Forschergruppe NICKOLAUS, HEINZMANN<br />

und KNÖLL sowie WÜLKER zu. Diese<br />

Forscher haben in jüngerer Vergangenheit<br />

Studien durchgeführt, die Diskussionen<br />

zu Effekten des handlungsorientierten<br />

<strong>Lernen</strong>s stark geprägt<br />

haben. Sie kommen zu folgenden<br />

Aussagen: „Mit der breiten Einführung<br />

von selbstgesteuerten und handlungsorientierten<br />

Unterrichtsformen in die<br />

gewerblich-technische Erstausbildung<br />

sind hochgesteckte Erwartungen verbunden.<br />

Lassen sich diese empirisch<br />

fundieren? (...) Die Befunde bestätigen<br />

Erwartungen hinsichtlich Vorteilen<br />

handlungsorientierter Lehr-/Lernarrangements’<br />

für die Kompetenzentwicklung<br />

nicht.“ (NICKOLAUS/HEINZMANN/<br />

KNÖLL 2005, S. 68) Mit anderen Worten:<br />

Die Studien der Forschergruppe<br />

um NICKOLAUS zeichnen ein Bild, das<br />

die Rechtfertigung von handlungsorientiertem<br />

Unterricht in Frage stellt.<br />

Auf jene Studien soll jedoch im vorliegenden<br />

Beitrag nicht im Einzelnen<br />

eingegangen werden, da sie an anderer<br />

Stelle in diesem <strong>Heft</strong> beschrieben<br />

werden. Sie waren jedoch Anlass, die<br />

im Folgenden dargestellte empirische<br />

Untersuchung in den Bauberufen<br />

durchzuführen. Anzumerken ist, dass<br />

auch internationale Untersuchungen<br />

– ausgewertet wurden etwa ein Dutzend<br />

Studien vorwiegend im englischsprachigen<br />

Raum – keine einheitlichen<br />

empirischen Befunde liefern konnten<br />

(vgl. hierzu ausführlichere Darstellungen<br />

in BÜNNING 2006).<br />

Konzeption der Untersuchung<br />

Im fachdidaktischen Laboratorium<br />

Bautechnik am Institut für Berufs- und<br />

Betriebspädagogik der Otto-von-Guericke-Universität<br />

Magdeburg wurde<br />

eine Experimentalkonzeption für den<br />

Unterricht in der Berufsschule entwickelt<br />

und getestet, um deren Effekte<br />

auf die Lernprozesse unter Praxisbedingungen<br />

untersuchen zu können.<br />

Hiermit wurde zunächst ein Beitrag<br />

für die Modernisierung der fachdidaktischen<br />

Ausbildung von angehenden<br />

Lehrkräften in der Fachrichtung Bautechnik<br />

erarbeitet.<br />

In einem zweiten Schritt – und dieser ist<br />

Anliegen der im Folgenden vorgestellten<br />

Studie – wurde die Zielsetzung verfolgt,<br />

Effekte des experimentierenden<br />

<strong>Lernen</strong>s für die Bau- und Holztechnik<br />

empirisch zu evaluieren. Vor diesem<br />

Hintergrund wurden vom Frühjahr bis<br />

zum Herbst 2006 zwei ausgewählte<br />

Experimente („Zimmermannsmäßige<br />

Verbindungen im Holzbau: Experimentelle<br />

Ermittlung des Zusammenhangs<br />

von maximaler Druckbelastung<br />

und Vorholzlänge“ sowie „Einfluss der<br />

Bewehrungslage auf die Biegezugfestigkeit<br />

eines Stahlbetonbalkens“) in<br />

der Berufsbildenden Schule I Stendal<br />

unter Praxisbedingungen getestet. Für<br />

die Studie standen vier Klassen des<br />

ersten Ausbildungsjahres zur Verfü-<br />

gung. Zum Zwecke der Studie wurden<br />

die entwickelten Experimente in<br />

Lernfelder integriert. Die Experimente<br />

wurden in die Lernfelder „Herstellen<br />

einer Holzkonstruktion“ und „Herstellen<br />

eines Stahlbetonteils“ eingeordnet<br />

und hier jeweils in eine Lernsituation<br />

integriert. Entsprechend gliedert sich<br />

die Studie der zwei evaluierten Experimente<br />

in zwei Teilstudien:<br />

1. Die Teilstudie I stellt die empirische<br />

Evaluation des Experiments „Zimmermannsmäßige<br />

Verbindungen im<br />

Holzbau: Experimentelle Ermittlung<br />

des Zusammenhangs von maximaler<br />

Druckbelastung und Vorholzlänge<br />

bei Stirn- und Doppelversatz“<br />

dar.<br />

2. Bei der Teilstudie II handelt es sich<br />

um die empirische Evaluation des<br />

Experiments „Einfluss der Bewehrungslage<br />

auf die Biegezugfestigkeit<br />

eines Stahlbetonbalkens“.<br />

Generell dienten drei der vier Klassen<br />

als Experimentalgruppe, während eine<br />

Klasse als Kontrollgruppe fungierte.<br />

Diese drei-zu-eins-Aufteilung wurde<br />

gewählt, um das entwickelte Experimentalkonzept<br />

sicher zu evaluieren.<br />

Wie anfangs hervorgehoben, war es<br />

vordergründig Ziel der Studie, die entwickelte<br />

Konzeption hinsichtlich ihrer<br />

Effekte auf den Lernerfolg zu bewerten.<br />

Dieser Zielstellung wird Rechnung<br />

getragen, indem drei Klassen<br />

als Experimentalgruppen dienen und<br />

damit die Ergebnisse durch eine höhere<br />

Fallzahl absichern. Bei beiden<br />

Teilstudien findet eine ähnliche Herangehensweise<br />

Anwendung. Es wurde<br />

jeweils mit drei Experimentalgruppen<br />

und einer Kontrollgruppe gearbeitet.<br />

In der Teilstudie I fungierte die Klasse<br />

S.05 als Kontrollgruppe, während in<br />

der Teilstudie II die Klasse AB.05 als<br />

Kontrollgruppe diente (Abb. 1).<br />

Für die Evaluation der entwickelten<br />

bautechnischen Experimente konnten<br />

folglich vier Versuchsgruppen gebildet<br />

werden. Für den Ansatz der Studien<br />

war die Anwendung einer quasi-experimentellen<br />

Untersuchung mit<br />

einer Kontrollgruppe (ohne Intervention,<br />

d. h., die Kontrollgruppe wurde<br />

im konventionellen lehrerzentrierten<br />

Unterricht ohne Experimentalphase<br />

unterrichtet) angemessen. Es wurde<br />

keine Randomisierung vorgenommen,<br />

da die <strong>Lernen</strong>den auf Grund ihrer Berufswahl<br />

in Klassen eingeteilt waren<br />

68 lernen & lehren (l&l) (2010) <strong>98</strong>

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