Heft 98 - Lernen & Lehren
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Schwerpunktthema: Handlungsorientiertes <strong>Lernen</strong><br />
merk ist in diesem Zusammenhang auf<br />
lernschwächere Schüler mit nicht hinreichenden<br />
Vorkenntnissen zu legen<br />
(siehe auch NICKOLAUS 2001). 2<br />
Selbstorganisiertes <strong>Lernen</strong> (SoLe)<br />
In mehreren quasi-experimentellen<br />
Feldstudien stellte die Arbeitsgruppe<br />
um SEMBILL für verschiedene Lernfelder<br />
in der kaufmännischen Erstausbildung<br />
(Materialwirtschaft, Personalwirtschaft,<br />
Rechnungswesen) jeweils<br />
Kontrollgruppen, die vorwiegend nach<br />
dem Muster des fragend-entwickelnden<br />
Frontalunterrichts beschult wurden,<br />
Experimentalgruppen, die weitgehend<br />
in einem projektorientierten<br />
Setting selbstorganisiert lernten, gegenüber.<br />
Als zentrales Designprinzip<br />
der Lernumgebung für die Experimentalgruppen<br />
ist u. a. die Förderung des<br />
problemlösenden Handelns beim kooperativen<br />
<strong>Lernen</strong> in Kleingruppen zu<br />
sehen. 3<br />
In den aufwendigen empirischen Studien,<br />
die zwischen 40 und 80 Unterrichtsstunden<br />
umfassten, wurden die<br />
<strong>Lernen</strong>den Wissens- und Problemlösetests<br />
unterzogen. Hier zeigte sich,<br />
dass die <strong>Lernen</strong>den der Experimentalklassen<br />
signifikant besser wirtschaftliche<br />
Probleme lösen können als die<br />
Schülerinnen und Schüler der Kontrollgruppen.<br />
Zudem wurden für die Experimental-<br />
und Kontrollgruppen – in<br />
Analogie zu den übrigen berichteten<br />
Studien – die Ausprägungen für verschiedene<br />
Varianten der Lernmotivation<br />
gegenübergestellt. Und auch hier<br />
ergeben sich Vorteile für die Experimentalgruppen,<br />
und zwar insbesondere<br />
hinsichtlich der wünschenswerten<br />
höherwertigen Motivationsarten. Ebenso<br />
wie bei WINTHER ist in einer der drei<br />
Hauptstudien der Gruppe von SEMBILL<br />
von einem Absinken der Lernmotivation<br />
im Zeitablauf zu berichten (siehe<br />
auch die Zusammenschau bei SCHEJA<br />
2009).<br />
Der Fokus des Interesses der skizzierten<br />
Untersuchungen lag auf einer<br />
detaillierten Analyse der Lehr-Lern-<br />
Prozesse. Hierzu wurden der Unterricht<br />
videografiert, die Interaktionen<br />
und Lerntätigkeiten aufgezeichnet<br />
und mit Hilfe von mobilen Datenerfassungsgeräten<br />
das subjektive Erleben<br />
des Unterrichts in kurzer zeitlicher<br />
Taktung dokumentiert. Die <strong>Lernen</strong>den<br />
wurden gebeten, auf einer stufenlosen<br />
Skala von 0 bis 100 u. a. anzugeben,<br />
ob sie im Unterricht mitgestalten können<br />
(Aspekt der Autonomie) und ob<br />
sie interessiert sind. Zur Erfassung der<br />
didaktischen Schwerpunktsetzungen<br />
wurden Phasen des Frontalunterrichts<br />
von schülerzentrierten Arbeitsphasen<br />
unterschieden. Exemplarisch für die<br />
hierdurch möglich werdenden Auswertungen<br />
wird von zwei Befunden berichtet.<br />
(a) Die Analysen der Schüler-Schüler-<br />
Interaktionen während der umfänglichen<br />
Lernerarbeitsphasen zeigen,<br />
dass sich enge Zusammenhänge<br />
zwischen hochwertigen Lerneraktivitäten<br />
(Problemlöseaktivitäten,<br />
Schülerfragen) und der Problemlösekompetenz<br />
ausmachen lassen.<br />
Sie belegen aber auch, dass<br />
die Lerngruppen die eingeräumten<br />
Freiräume mehrheitlich verantwortungsbewusst<br />
nutzen und dass<br />
auch lernschwächere Schülerinnen<br />
und Schüler von der Lernumgebung<br />
profitieren können.<br />
(b) Hinsichtlich des motivationalen Erlebens<br />
von Lehr-Lern-Situationen<br />
kann beispielsweise nachgewiesen<br />
werden, dass eine selbstorganisationsoffene<br />
Lernumgebung das Erleben<br />
von Autonomie und das Interesse<br />
fördert; die Mittelwerte für die<br />
Kontrollgruppe liegen jeweils signifikant<br />
unter jenen der Experimentalgruppe<br />
(s. Abb. 1). Die empirische<br />
Koppelung von Beobachtungsdaten<br />
(methodische Schwerpunktsetzung)<br />
und motivationales Unterrichtserleben<br />
zeigt dann aber, dass sowohl in<br />
der Kontroll- als auch in der Experimentalgruppe<br />
das wahrgenommene<br />
Ausmaß an Mitgestaltungsmöglichkeiten<br />
während der als schülerzentriert<br />
zu charakterisierenden<br />
Arbeitsphasen signifikant über den<br />
Werten für Frontalunterricht liegt. Im<br />
Ausmaß etwas geringer, aber im-<br />
Abb. 1: Unterrichtserleben in Abhängigkeit vom Treatment und der unterrichtlichen Arbeitsform (stufenlose Skala von 0<br />
bis 100 %) (SEIFRIED/KLÜBER 2006, S. 13)<br />
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