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Der Besuch des Königs/La visita Real (al-Mutamid Ibn Abbad von Sevilla)

Einstimmung Mit der Übersetzung dieser modernen Erzählung schließt sich der Kreis meiner jahrzehntelangen Arbeit und Leidenschaft für das Thema „Al-Andalus , die Maurenzeit in Spanien und Marokko“. Sie nahm ihren Anfang mit diesem modernen Märchen des spanischen Schriftstellers Fernando Quiñones in der Zeitschrift „Ronda Iberia“ der spanischen Fluggesellschaft Iberia die ich auf einem Flug nach Sevilla zur Weltausstellung Expo 1992 auf meinem Sitz vorfand und die letztendlich zu fünf Büchern führte. Wie kein anderer steht König al-Mutamid Ibn Abbad , der Dichterkönig von Sevilla, für Glanz, Romantik und Tragik der spanischen Maurenzeit. Schon in jungen Jahren war er mehr den schönen Dingen des Lebens als den Studien der Staatsführung zugetan, sein Harem zählte an die 800 der schönsten Frauen ... (weiter im eMagazine)

Einstimmung
Mit der Übersetzung dieser modernen Erzählung schließt sich der Kreis meiner jahrzehntelangen Arbeit und Leidenschaft für das Thema „Al-Andalus , die Maurenzeit in Spanien und Marokko“. Sie nahm ihren Anfang mit diesem modernen Märchen des spanischen Schriftstellers Fernando Quiñones in der Zeitschrift „Ronda Iberia“ der spanischen Fluggesellschaft Iberia die ich auf einem Flug nach Sevilla zur Weltausstellung Expo 1992 auf meinem Sitz vorfand und die letztendlich zu fünf Büchern führte. Wie kein anderer steht König al-Mutamid Ibn Abbad , der Dichterkönig von Sevilla, für Glanz, Romantik und Tragik der spanischen Maurenzeit. Schon in jungen Jahren war er mehr den schönen Dingen des Lebens als den Studien der Staatsführung zugetan, sein Harem zählte an die 800 der schönsten Frauen ... (weiter im eMagazine)

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wie auf einer neuen, herrlichen Silbernen Au 24 : Eine<br />

Einladung mit vier kastilischen Buchstaben die er nicht lesen<br />

oder entziffern konnte zusammen mit der Zahl 92 und der<br />

Kugel: der erste war ein E und danach XPO. Und bei diesem<br />

Vorgeschmack auf fast unendliche Weiten spürte der<br />

Maurenkönig zugleich die Unendlichkeit der Zeit die umso<br />

verlockender war weil sie in der Zukunft lag, so weit entfernt<br />

vom Gedächtnis geschichtlicher Chroniken. Nach dem<br />

Vergnügen sich zwischen Menschen zu bewegen, mit ihnen<br />

zu gehen, schwebte er nun in einem gemütlichen<br />

Dahingleiten über die Wasser <strong>des</strong> Uad-El-Kebir, so nah dass<br />

er sie fast berührte.<br />

Er ließ den Goldenen Turm 25 und das geschäftige Ufer<br />

der Stadtmitte hinter sich, die inzwischen bevölkerten<br />

Hänge <strong>des</strong> Alxarafe 26 und die Brücken; jetzt kamen andere<br />

Brücken aus Met<strong>al</strong>l in Sicht, sie waren neu, aufwändig und wundersam gest<strong>al</strong>tet. Gesprenkelt<br />

mit weißen Anwesen schimmerte das Grau der ewigen Olivenhaine in der Ferne und einen<br />

Moment lang glaubte der Reisende sich nicht vollkommen geirrt zu haben <strong>al</strong>s er, im Exil und in<br />

Gefangenschaft, eins seiner Gedichte mit diesen schmerzerfüllten und zugleich hoffnungsvollen<br />

Zeilen beendete: „möge Gott meinen Tod in <strong>Sevilla</strong> verfügen und sich dort mein Grab öffnen am<br />

Tag der Auferstehung!“<br />

Von <strong>al</strong>l dem was er bei seiner Ankunft sah war er sich im Nachhinein nur noch der<br />

Ausmaße und der herrlichen Ausführung bewusst. Kaum angekommen wähnte er sich in einer<br />

anderen Stadt mit bisher nie gesehenen Formen und Architektur. Keines der aneinander<br />

gereihten Bauwerke ähnelte einem anderen, auch nicht denen aus anderen Zeiten in Ixbiliah;<br />

aber die Fahnen die auf jedem der eigenwilligen P<strong>al</strong>äste und Pavillons wehten gaben dem<br />

Reisenden die Erklärung für diese Vielf<strong>al</strong>t, sie stellten die Verschiedenheit der Menschen und<br />

Länder dar die über den ganzen Erdb<strong>al</strong>l verteilt lebten. Am gegenüber liegenden Flussufer an<br />

dem kleine Boote ohne Ruder oder Segel entlang fuhren, krochen riesige silberne Schlangen auf<br />

Met<strong>al</strong>lstreifen 27 dahin, verloren sich in der Ferne, und über den Köpfen der Menschenmenge<br />

bewegten sich andere, hängende Gebilde 28 vorwärts mit Leuten darin oder b<strong>al</strong>ancierten auf<br />

luftigen Pfeilern, während an einem Ende <strong>des</strong> Gelän<strong>des</strong> ratternde, met<strong>al</strong>lene Geräte mit Flügeln<br />

die sich um sich selbst drehten 29 aufstiegen oder herunterkamen.<br />

Aber es war beim Betreten <strong>von</strong> einem der größten Pavillons dass dem Reisenden klar<br />

wurde, wie wenig er doch <strong>von</strong> diesem zukünftigen Leben erfassen konnte: in einem dunklen,<br />

vollbesetzten Raum umgaben ihn riesige, bewegte Bilder, seltsame Visionen; Stimmen und<br />

dröhnende Musik die gleichzeitig unverständliche Nachrichten und Begebenheiten verbreiteten<br />

weckten in ihm, in seinem Stolz <strong>al</strong>s König und kultivierter Mann eine gekränkte Ablehnung, ein<br />

brennen<strong>des</strong> Gefühl <strong>von</strong> Unterlegenheit, das er dann aber überwand so wie er sein Dasein <strong>al</strong>s<br />

menschliches Wesen aus ur<strong>al</strong>ten Zeiten akzeptieren und Allah lobpreisen konnte ihm die Gabe<br />

24 s. S. 5<br />

25 <strong>La</strong> Torre del Oro, eins der Wahrzeichen <strong>Sevilla</strong>s, am Ufer <strong>des</strong> Guad<strong>al</strong>quivir.<br />

26 Aljarafe, ein dichtbesiegelter Hügel an der Westseite <strong>des</strong> Guad<strong>al</strong>quivir.<br />

27 Schwebebahn<br />

28 Gondeln<br />

29 Hubschrauber<br />

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