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nr-Werkstatt: Presserecht in der Praxis - Netzwerk Recherche

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im Strafgesetzbuch versteckt ist und <strong>in</strong> ihrer Reichweite auch manchen<br />

Pressejuristen nicht geläufig ist. Nach § 353 d StGB ist es verboten, während<br />

laufen<strong>der</strong> Diszipl<strong>in</strong>ar-, Ermittlungs- und Strafverfahren aus den Verfahrensakten<br />

wörtlich zu zitieren. Manche Journalisten, denen solche Akten zugespielt<br />

werden, würden zwar gerne durch wörtliche Zitate unter Beweis<br />

stellen, dass sie nahe am Fall arbeiten. Dem steht die genannte Vorschrift<br />

aber entgegen. Zur Beruhigung sei gesagt, dass sie leicht umgangen werden<br />

kann, nämlich schon durch ger<strong>in</strong>gfügige textliche Verän<strong>der</strong>ungen wie <strong>in</strong>direkte<br />

Rede und leichte Modifikationen <strong>der</strong> Wortwahl. Im Übrigen gilt das Verbot<br />

wörtlicher Zitate aus Ermittlungsakten nur so lange, wie die Akten noch nicht<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Hauptverhandlung erörtert worden s<strong>in</strong>d o<strong>der</strong> das Verfahren nicht abgeschlossen<br />

ist.<br />

5. Rechtswidrig erlangtes Material<br />

Oft steht man vor <strong>der</strong> Frage, wie mit rechtswidrig erlangtem Material umzugehen<br />

ist, also mit Informationen und Dokumenten, die z.B. mittels<br />

Täuschung, Unterschlagung, Hausfriedensbruch o<strong>der</strong> auch durch E<strong>in</strong>satz von<br />

versteckten Kameras beschafft worden s<strong>in</strong>d. Die Veröffentlichung solcher<br />

Informationen ist nicht schlechth<strong>in</strong> unzulässig.<br />

Vielmehr muss man abwägen: Wiegt <strong>der</strong> Informationswert <strong>der</strong> Nachricht<br />

schwerer als die durch ihrer Beschaffung begangene Rechtsverletzung, so<br />

darf veröffentlicht werden. Es kommt also vor allem auf die Bedeutung <strong>der</strong><br />

Information an. Handelt es sich um bloße Belanglosigkeiten, ist e<strong>in</strong>e<br />

Veröffentlichung unzulässig. So haben die Gerichte die Veröffentlichung des<br />

Wortlauts e<strong>in</strong>es illegal abgehörten Telefonats zwischen Helmut Kohl und Kurt<br />

Biedenkopf verboten, denn es handelte sich lediglich um e<strong>in</strong>e harmlose<br />

Plau<strong>der</strong>ei. Zulässig war demgegenüber die Veröffentlichung von bestimmten<br />

Interna aus <strong>der</strong> Redaktionsarbeit <strong>der</strong> BILD-Zeitung durch Günter Wallraff, <strong>der</strong><br />

dort unter falschem Namen als freier Mitarbeiter tätig war. Hier rechtfertigten<br />

e<strong>in</strong>ige <strong>der</strong> aufgedeckten Mißstände (aber nicht alle) den Bruch des<br />

Redaktionsgeheimnisses.<br />

Weiterh<strong>in</strong> sollte die fragliche Information möglichst nicht auf legalem Weg<br />

beschafft werden können. So hat das OLG München jüngst die Veröffentlichung<br />

e<strong>in</strong>es durch den Bruch e<strong>in</strong>er Vertraulichkeitsvere<strong>in</strong>barung erlangten<br />

Papiers, das Machenschaften e<strong>in</strong>er Unternehmensberatung im Bereich <strong>der</strong><br />

unzulässigen Schleichwerbung belegte, auch deshalb für zulässig gehalten,<br />

weil die fraglichen Praktiken nur durch e<strong>in</strong>e verdeckte <strong>Recherche</strong> aufgedeckt<br />

werden konnten. Fazit also: Rechtswidrig erlangte Informationen dürfen ver-

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