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nr-Werkstatt: Presserecht in der Praxis - Netzwerk Recherche

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3. Bei <strong>der</strong> Berichterstattung über den Tatverdacht aus e<strong>in</strong>em Ermittlungs-<br />

o<strong>der</strong> Strafverfahren erlegt die bis zur Verurteilung geltende Unschuldsvermutung<br />

<strong>der</strong> Presse angesichts <strong>der</strong> Prangerwirkung e<strong>in</strong>er solchen<br />

Nachricht und des Risikos e<strong>in</strong>er unbegründeten Verdächtigung beson<strong>der</strong>e<br />

Zurückhaltung auf.<br />

4. Aus diesem Grund setzt die namentliche Erwähnung e<strong>in</strong>es Beschuldigten<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Ermittlungsverfahren zusätzlich zu den Anfor<strong>der</strong>ungen an e<strong>in</strong>e<br />

zulässige Verdachtsberichterstattung voraus, dass auch unter<br />

Berücksichtigung des Geheimhaltungs<strong>in</strong>teresses des Betroffenen bei <strong>der</strong><br />

erfor<strong>der</strong>lichen Abwägung das Informations<strong>in</strong>teresse <strong>der</strong> Öffentlichkeit<br />

überwiegt. Danach kommt e<strong>in</strong>e Namensnennung grundsätzlich nur <strong>in</strong><br />

Fällen schwerer Krim<strong>in</strong>alität o<strong>der</strong> bei Straftaten <strong>in</strong> Betracht, die die<br />

Öffentlichkeit beson<strong>der</strong>s berühren.<br />

Die Entscheidung zeigt erneut, wie sehr die Grenzen <strong>der</strong> Verdachtsberichterstattung<br />

von Abwägungen und schwierigen Bewertungen anhand <strong>der</strong> konkreten<br />

Umstände des E<strong>in</strong>zelfalles abhängen.<br />

Aber man muss auch sehen, dass es sich bei dem vom Landgericht Berl<strong>in</strong><br />

entschiedenen Fall sozusagen um die „gewöhnliche“ Konfliktlage zwischen<br />

<strong>der</strong> Strafjustiz e<strong>in</strong>erseits und den Medien an<strong>der</strong>erseits bzw. zwischen den<br />

betroffenen Bürger<strong>in</strong>nen und Bürgern e<strong>in</strong>erseits und den Interessen <strong>der</strong><br />

Journalisten an<strong>der</strong>erseits handelt. Schwieriger wird die Sache, wenn das<br />

Spannungsverhältnis zwischen den Strafverfolgungsbehörden und <strong>in</strong>vestigativ<br />

tätigen Journalisten konkurrierende o<strong>der</strong> auch sich wechselseitig ergänzende<br />

Formen annimmt. Dass e<strong>in</strong> Journalist mit e<strong>in</strong>em Staatsanwalt „um die<br />

Wette ermittelt/recherchiert“, erleben wir <strong>in</strong> den letzten Jahren durchaus nicht<br />

selten. Dabei werden aus <strong>der</strong> spezifischen Situation <strong>der</strong> Strafverteidigung<br />

bzw. unserer Mandanten zwei Fallgruppen zum Ärgernis.<br />

Bei <strong>der</strong> ersten Fallgruppe gew<strong>in</strong>nt <strong>der</strong> Journalist das Rennen, weil <strong>der</strong><br />

Staatsanwalt mit dem Handicap an den Start gegangen ist, dass er an die<br />

lästigen Formen <strong>der</strong> StPO gebunden ist. Dazu zählen Belehrungspflichten<br />

über Schweigerechte, Protokollierungspflichten und nicht zuletzt auch das<br />

Recht <strong>der</strong> Verteidigung auf Aktene<strong>in</strong>sicht. Demgegenüber braucht sich <strong>der</strong><br />

Journalist von niemandem <strong>in</strong> die Karten schauen zu lassen; er braucht we<strong>der</strong><br />

den Verlauf noch den Inhalt <strong>der</strong> von ihm geführten Gespräche <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em förmlichen,<br />

vom Gesprächspartner zu unterzeichnenden Protokoll festzuhalten;<br />

und er muss niemanden darüber belehren, dass er auch das Recht hat, die<br />

an ihn gestellten Fragen unbeantwortet zu lassen. Und schließlich muss er<br />

schon gar nicht dem Gesprächspartner sagen, dass dieser ke<strong>in</strong>e Nachteile

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