nr-Werkstatt: Presserecht in der Praxis - Netzwerk Recherche
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tionsbeschaffung nicht vom Grundrecht <strong>der</strong> Informationsfreiheit geschützt.”<br />
Journalisten hätten wie alle Bürger Zugang zur „Saalöffentlichkeit” und könnten<br />
darüber frei berichten. Das Gericht äußerte Befürchtungen, dass e<strong>in</strong> primär<br />
an Zuschauerquoten orientiertes Fernsehen die Wahrnehmung und den<br />
Verlauf von Prozessen negativ bee<strong>in</strong>flussen könnte. Für den öffentlich-rechtlichen<br />
Rundfunk e<strong>in</strong> guter Grund, sich nicht wie die Kommerzsen<strong>der</strong> <strong>in</strong> die<br />
Gerichtssäle zu drängen.<br />
Das BVerfG sah das so: „Es ist jedoch ke<strong>in</strong>eswegs gesichert, dass e<strong>in</strong>e<br />
Fernsehberichterstattung zu e<strong>in</strong>er möglichst wirklichkeitsgetreuen Abbildung<br />
von Gerichtsverhandlungen führen würde. Medien dürfen Sendungen nach<br />
ihren eigenen Interessen und nach den Gesetzmäßigkeiten ihrer Branche<br />
gestalten. Insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> wirtschaftliche Wettbewerbsdruck und das publizistische<br />
Bemühen um die immer schwerer zu gew<strong>in</strong>nende Aufmerksamkeit<br />
<strong>der</strong> Zuschauer führen häufig zu wirklichkeitsverzerrenden Darstellungsweisen,<br />
etwa zu <strong>der</strong> Bevorzugung des Sensationellen, und zu dem Bemühen,<br />
dem Berichtsgegenstand nur das Beson<strong>der</strong>e, etwa Skandalöses zu entnehmen.<br />
(...) Die Normalität ist für Medien meist ke<strong>in</strong> attraktiver Berichtsanlass.<br />
Mit den gängigen Medienpraktiken s<strong>in</strong>d daher Risiken <strong>der</strong> Selektivität bis h<strong>in</strong><br />
zur Verfälschung verbunden.”<br />
Über den Informantenschutz 2003<br />
In se<strong>in</strong>em Urteil vom 12. März 2003 wies das BVerfG e<strong>in</strong>e Beschwerde des<br />
ZDF zurück, <strong>in</strong> <strong>der</strong> es darum g<strong>in</strong>g, die Herausgabe von Verb<strong>in</strong>dungsdaten bei<br />
Telefongesprächen zwischen Journalisten und <strong>der</strong>en Informanten an die<br />
Strafverfolgungsbehörden zu unterb<strong>in</strong>den. Das Gericht erachtete e<strong>in</strong>e solche<br />
Datenweitergabe nach entsprechen<strong>der</strong> richterlicher Anordnung für nicht verfassungswidrig.<br />
Mittlerweile droht <strong>der</strong> Pressefreiheit e<strong>in</strong>e Verschärfung des Lauschangriffs <strong>der</strong><br />
Strafverfolger, da die Bundesregierung auch das Abhören von Redaktionsräumen<br />
legalisieren will. Wenn das BVerfG se<strong>in</strong>er L<strong>in</strong>ie treu bleibt, die es<br />
schon beim Schutz <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en Sphäre von Gerichtsverhandlungen verfolgt<br />
hat und zugesteht, dass die Aussagen von Informanten gegenüber<br />
Journalisten durch Abhörmaßnahmen <strong>der</strong> Polizei ebenso bee<strong>in</strong>trächtigt werden<br />
könnten wie Zeugenaussagen bei Gericht durch Fernsehkameras, dann<br />
ist <strong>der</strong> Art. 5 GG <strong>in</strong> Karlsruhe erneut <strong>in</strong> guten Händen. Zu befürchten ist aber,<br />
dass sich die Richter schwer tun werden, den möglichen neuen Spielraum<br />
ihrer Kollegen e<strong>in</strong>zuengen.