nr-Werkstatt: Presserecht in der Praxis - Netzwerk Recherche
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Das Magaz<strong>in</strong> übte Kritik daran, dass die Staatsanwaltschaft Berl<strong>in</strong> erst nach<br />
Ausstrahlung des Fernsehbeitrages bereit gewesen sei, e<strong>in</strong> Ermittlungsverfahren<br />
gegen den Arzt wegen Körperverletzung e<strong>in</strong>zuleiten. Drei Wochen<br />
vor <strong>der</strong> Ausstrahlung des Fernsehbeitrages (<strong>der</strong> übrigens zwar das Gesicht<br />
des Arztes durch e<strong>in</strong>en Balken unkenntlich gemacht zeigte, jedoch zuvor se<strong>in</strong>en<br />
vollen Namen durch Abbilden des <strong>Praxis</strong>schildes gezeigt hatte) hatte<br />
schon e<strong>in</strong> Parlamentsabgeordneter den Mediz<strong>in</strong>er angezeigt, ohne dass die<br />
Staatsanwaltschaft tätig geworden wäre.<br />
Zum Ärger von Focus stellte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Folgezeit die Staatsanwaltschaft das<br />
Ermittlungsverfahren aber wie<strong>der</strong> nach § 170 Abs. 2 StPO mangels hi<strong>nr</strong>eichenden<br />
Verdachts e<strong>in</strong>. Der Arzt hatte sich gegenüber <strong>der</strong> Staatsanwaltschaft<br />
dah<strong>in</strong> e<strong>in</strong>gelassen, es mag zwar zutreffen, dass die mit versteckter Kamera<br />
aufgenommene Gesprächssituation so stattgefunden habe, wie auf dem<br />
Band zu sehen. Durch das Abschalten des Bandes o<strong>der</strong> durch das spätere<br />
Löschen des Schlusses sei jedoch <strong>der</strong> Teil des Gesprächs unterdrückt worden,<br />
<strong>in</strong> dem er sich strikt geweigert habe, e<strong>in</strong>e <strong>der</strong>artige Operation durchzuführen.<br />
Das sich we<strong>der</strong> die Person desjenigen, <strong>der</strong> die Filmaufnahmen erstellt<br />
hatte (Quellenschutz!), noch etwaige Patient<strong>in</strong>nen bzw. <strong>der</strong>en Eltern ermitteln<br />
ließen, und zudem auch noch die heimlich hergestellte Videoaufnahmen aus<br />
verfassungsrechtlichen Gründen unverwertbar seien, hielt die Staatsanwaltschaft<br />
e<strong>in</strong>e schwere o<strong>der</strong> auch gefährliche Körperverletzung nicht für<br />
beweisbar.<br />
Damit war <strong>der</strong> Weg frei für den Arzt, durch e<strong>in</strong>e Zivilklage Schadensersatz für<br />
die <strong>in</strong>folge <strong>der</strong> Berichterstattung e<strong>in</strong>getretenen Umsatze<strong>in</strong>brüche se<strong>in</strong>er<br />
<strong>Praxis</strong> und Erstattung des immateriellen Schadens wegen <strong>der</strong> Verletzung se<strong>in</strong>es<br />
Persönlichkeitsrechts zu verlangen. Das Landgericht Berl<strong>in</strong> verne<strong>in</strong>te e<strong>in</strong>e<br />
Schadensersatzpflicht. Es begründete diese Klageabweisung aber nur damit,<br />
<strong>der</strong> Arzt hätte nicht warten dürfen, bis <strong>der</strong> Schaden e<strong>in</strong>getreten war, son<strong>der</strong>n<br />
er hätte bereits im Vorfeld o<strong>der</strong> spätestens nach <strong>der</strong> Ausstrahlung <strong>der</strong><br />
Report-Sendung e<strong>in</strong>en Unterlassungsanspruch geltend machen und e<strong>in</strong>e<br />
Gegendarstellung verlangen müssen. Durch den zeitnahen Abdruck e<strong>in</strong>er<br />
Gegendarstellung, <strong>in</strong> <strong>der</strong> er aus se<strong>in</strong>er Sicht den wahren Ablauf des heimlich<br />
aufgenommenen Beratungsgesprächs <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Arztpraxis hätte darstellen<br />
können, hätte es <strong>der</strong> Kläger im Übrigen auch noch nach Ersche<strong>in</strong>en des<br />
Focus-Berichts <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hand gehabt, das Vertrauen se<strong>in</strong>er Patienten zurückzugew<strong>in</strong>nen<br />
und für e<strong>in</strong>e Rehabilitation se<strong>in</strong>es Ansehens <strong>in</strong> <strong>der</strong> Öffentlichkeit<br />
zu sorgen. Unabhängig davon stellte das Landgericht aber klar, dass die<br />
Berichterstattung im Focus rechtswidrig gewesen sei. Es müsse nämlich