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Grundlagen der Winkelmessung mit einem Theodolit/Tachymeter<br />

Prof. Dr.-Ing. M. Bäumker<br />

Fachhochschule Bochum<br />

Fachbereich Vermessungswesen und Geoinformatik


1 Einleitung<br />

Ein Winkel ist die Differenz zweier räumlicher Richtungen, wobei diese<br />

Raumrichtungen in zwei spezielle Ebene zerlegt und projiziert werden:<br />

Horizontalebene ) Horizontalwinkel, Horizontalrichtung<br />

Vertikalebene ) Vertikalwinkel, Zenitdistanz, Höhenwinkel, Elevation<br />

Während die Vertikalebene eine eindeutige 0-Richtung besitzt (Zenit bzw. Nadir), ist<br />

die Horizontalrichtung eine nicht orientierte Richtung in der Horizontalebene.<br />

Ein Winkel ist die Differenz zwischen zwei Raumrichtungen. Die Zerlegung dieser<br />

beiden Raumrichtungen bzw. deren Projektion führt zu zwei Horizontalrichtungen R1,<br />

R2 und zwei Zenitdistanzen Z1, Z2. Der Horizontalwinkel α ergibt sich dabei aus der<br />

Differenz der beiden Horizontalrichtungen<br />

= R2 − R1<br />

und ist unabhängig von der Höhe der beiden Zielpunkt P1 und P2. Der Vertikal- bzw.<br />

Zenitwinkel ist die Differenz einer speziellen Bezugsrichtung (Zenit, Nadir) und dem<br />

Punkt P in der Vertikalebene. Der Zenitwinkel (Zenitdistanz Z) zählt vom Zenit aus.<br />

Alternativ gibt es den Höhenwinkel (Elevation E), der von der Horizontalebene aus<br />

zählt. Für beide Winkel gilt:<br />

Z = 100 Gon − E<br />

1


1.1 Einheiten<br />

Folgende Einheiten für die Winkel sind gebräuchlich:<br />

Altgrad dezimal [°] bzw. Altgrad sexagesimal [° ‘ ‘’]<br />

Neugrad [Gon]<br />

Bogenmaß [rad]<br />

Vollkreis<br />

Altgrad: 360° bzw. 360° 00’ 00”<br />

Neugrad: 400 Gon<br />

Bogenmaß: 2π<br />

weitere Unterteilungen:<br />

Altgrad: 1’ = 1°/60 (Winkelminute)<br />

1’’= 1’/60 = 1°/3600 (Winkelsekunde)<br />

Neugrad: 1 cgon, cc = 1 Gon/100 = 0.01 Gon (Neuminute, centigon)<br />

1 mgon = 1 Gon/1000 = 0.001 Gon (milligon)<br />

1 cc = 1 Gon/10000 = 0.0001 Gon (Neusekunde)<br />

In der Geodäsie und bei den geodätischen Instrumente wird i.d.R. die Einheit<br />

Neugrad und deren Untereinheiten für die Winkelmessung verwendet. Geodätische<br />

Instrumente zur Horizontal- und Zenitwinkelwessung werden als Theodolite bzw.<br />

Tachymeter (mit Entfernungsmesser) bezeichnet. Damit mit diesen Instrumenten die<br />

Winkel mit höchstmöglicher Genauigkeiten gemessen werden können, sind<br />

spezielle Anforderungen an das Aufstellen des Instrumentes und an die Verfahren<br />

zur Messung Berechnung dieser Winkel zu stellen.<br />

2 Winkelmessung mit einem Theodolit und Tachymeter<br />

2.1 Aufstellen des Instruments<br />

Mit einem Theodolit bzw. einem Tachymeter lassen sich sowohl Horizontal als auch<br />

Vertikalwinkel bestimmen. Dieses erfordert eine exakte Aufstellung und<br />

Horizontierung des Theodoliten über dem Bodenpunkt. Die Horizontierung erfolgt in<br />

folgenden Schritten:<br />

1. Stativ grob über den Bodenpunkt aufstellen (ggfls. mit Hilfe eines Schnurlotes).<br />

2. Korrigieren des Stativtellers, so dass sich dessen Mitte möglichst horizontal über<br />

dem Bodenpunkt befindet.<br />

3. Stativbeine fest in den Boden eintreten und das Instrument auf aus Stativ<br />

schrauben.<br />

4. Laserlot einschalten bzw. bei älteren Instrumenten durch das optische Lot<br />

schauen und durch Drehen der Fußschrauben den Laserpunkt oder das optische<br />

Lot auf den Bodenpunkt ausrichten.<br />

2


5. Einspielen der Libelle(n) durch Verändern der Stativbeine (Stativschrauben)!<br />

6. Feinhorizontierung mittels der Fußschrauben<br />

7. Durch vorsichtiges Lösen der Zentralschraube und Verschieben des Stativtellers<br />

den Bodenpunkt exakt einstellen.<br />

8. Zentralschraube wieder fest anziehen und die Horizontierung und Zentrierung<br />

nochmals überprüfen (ggfls. Schritte 6 und 7 Wiederholen)<br />

3


2.2 Horizontieren des Instrumentes<br />

Zur Horizontierung des Instruments dienen die Dosenlibelle und die Röhrenlibelle.<br />

Vor der eigentlichen Horizontierung ist der Spielpunkt der Libelle zu bestimmen.<br />

Die Grobhorizontierung erfolgt mittels der Dosenlibelle. Für die Feinhorizontierung<br />

wird die genauere Röhrenlibelle verwendet.<br />

Bei der Horizontierung werden zunächst zwei Fußschrauben gleichzeitig gegenläufig<br />

gedreht. Dabei gibt der Zeigefinger der rechten Hand die Richtung an, in die die<br />

Blase der Dosenlibelle laufen soll. Mit der dritten Fußschraube wird dann die Libelle<br />

zum Einspielen gebracht. Zur Kontrolle wird das Instrument um 180° gedreht und<br />

überprüft, ob der Spielpunkt richtig eingestellt wurde. Ein nicht richtig horizontiertes<br />

Instrument führt zu einem Stehachsfehler, der zusätzlich zu den anderen<br />

Achsfehlern des Instruments die Genauigkeit der Winkelmessung negativ<br />

beeinflusst.<br />

2.3 Instrumentenfehler<br />

Im Idealfall sollten bei einem horizontierten<br />

Instrument folgende Bedingungen erfüllt sein:<br />

a) Stehachse VV lotrecht<br />

b) Zielachse ZZ senkrecht zur Kippachse KK<br />

c) Vertikalkreisablesung im Zenit 0 Gon<br />

Sind diese Bedingungen nicht erfüllt, so<br />

spricht man von folgenden Fehlern:<br />

1) Stehachsfehler v<br />

2) Zielachsfehler (oder Kollimationsfehler) c<br />

3) Kippachsfehler i<br />

4) Höhenindexfehler Iz<br />

4


Instrumentenfehler des Theodolits (Tachymeter)<br />

Der Zielachs- und Kippachsfehler sind reine Instrumentenfehler und wirken sich in<br />

Abhängigkeit von der Zenitdistanz unterschiedlich auf die<br />

Horizontalrichtungsmessung aus. Diese beiden Fehler lassen sich aber durch die<br />

Messung in zwei Lagen eliminieren. Entsprechendes gilt auch für den<br />

5


Höhenindexfehler, der wie ein konstanter Fehler bei der Zenitdistanzmessung wirkt<br />

und der sich ebenfalls durch die Zweilagenmessung eliminieren lässt.<br />

Der Stehachsfehler ist kein wirklicher Instrumentenfehler sondern ein<br />

Aufstellungsfehler und wirkt sich ebenfalls zenitdistanzabhängig auf die<br />

Horizontalrichtungsmessung aus. Im Gegensatz zum Zielachs- und Kippachsfehler<br />

wird dieser Fehler jedoch nicht durch die Zweilagenmessung eliminiert. Die<br />

modernen Tachymeter sind heute aber in der Lage, die Stehachsschiefe mittels<br />

eines Zweiachskompensators automatisch zu korrigieren.<br />

2.4 Auswirkung der Instrumentenfehler auf die Horizontalwinkelmessung<br />

Bei der Messung in zwei Lagen wirken sich der Zielachs- und der Kippachsfehler<br />

wie folgt aus:<br />

fehlerfreie Werte (Sollwerte):<br />

Messwerte (fehlerbehaftet):<br />

RI<br />

RII = RI 200 Gon<br />

g<br />

RI g<br />

RII Ziel- und Kippachsfehler (zenitdistanzabhängig):<br />

(c) = c<br />

sin z<br />

(i) = i cot z<br />

a) Auswirkung des Zielachs- und des Kippachsfehlers<br />

Mittel aus Lage I und Lage II:<br />

g<br />

RI = RI + (c) + (i)<br />

g<br />

RII = RII − (c) − (I)<br />

RI,II = 1 2 (R<br />

g g<br />

I + RII<br />

200 Gon)<br />

= 1 2 (RI + (c) + (i) + RII − (c) − (i) 200 Gon)<br />

= 1 2 (RI + RI 200 Gon 200 Gon)<br />

= 1 2 (RI + RII)<br />

= RI<br />

6


Bei der Zweilagenmessung wird also sowohl der Zielachs- als auch der<br />

Kippachsfehler eliminiert.<br />

2.5 Bestimmung des Zielachs- und des Kippachsfehlers<br />

Beide Fehler wirken in Abhängigkeit von der Zenitsdistanz zum Zielpunkt aus.<br />

(c) = c<br />

sin z<br />

(i) = i cot z<br />

Beide Fehler wachsen also mit der Steilheit der Visuren, die nach Möglichkeit<br />

vermieden werden sollten.<br />

g<br />

RI = RI + (c) + (i)<br />

g<br />

RII = RII − (c) − (I)<br />

Bildet man nun folgende Differenz zwischen den Messungen aus Lage I und Lage II,<br />

so erhält man:<br />

Somit gilt:<br />

g g<br />

RI − RII<br />

200 Gon = RI + (c) + (i) 200 Gon − RII + (c) + (i)<br />

(c) + (i) = 1<br />

2 (R<br />

g g<br />

I − RII<br />

= RI 200 Gon − (RI 200 Gon) + 2 (c) + 2 (i)<br />

= 2 ((c) + (i))<br />

200 Gon)<br />

Für ein horizontales Ziel (z =100 Gon) gilt aber:<br />

(c) =<br />

c<br />

sin(100 Gon)<br />

= c<br />

(i) = i cot(100 Gon) = 0<br />

z = 100 Gon G c = 1 g g<br />

(R 2 I − RII<br />

200 Gon)<br />

Daher bestimmt man zunächst aus der Zweilagenmessung zu einem horizontalen<br />

Ziel den Zielachsfehler. Anschließend wird eine zweite Zweilagenmessung zu einem<br />

möglichst steilen Ziel (steile Visur) durchgeführt. Da der Zielachsfehler bereits zuvor<br />

bestimmt wurde, lässt sich der Kippachsfehler nun wie folgt bestimmen:<br />

7


(c) + (i) = 1 2 (R<br />

g g<br />

I − RII<br />

(i) = 1 2 (R<br />

g g<br />

I − RII<br />

i cot z = 1 2 (R<br />

g g<br />

I − RII<br />

200 Gon)<br />

200 Gon) − (c)<br />

200 Gon) − c<br />

sin z<br />

Durch eine weitere Umstellung erhält man schließlich:<br />

i = 1 2 (R<br />

g g<br />

I − RII<br />

i = 1 2 (R<br />

g g<br />

I − RII<br />

2.6 Der Höhenindexfehler<br />

200 Gon) − c<br />

sin z<br />

tan z<br />

200 Gon) tan z − c cos z<br />

Der Höhenindexfehler Iz resultiert aus dem Kompensatorfehler (bei älteren<br />

Theodoliten: Fehler der Höhenindexlibelle) und wirkt wie ein konstanter<br />

Ablesefehler, d.h. der Fehler wirkt auf alle Zenitdistanzmessungen in gleicher<br />

Weise:<br />

Z g = Z + Iz<br />

mit<br />

Z g : Messwert<br />

Z: fehlerfreier Wert (Sollwert)<br />

Für die Messung in zwei Lagen (Lage I: Index I; Lage II: Index II) gilt daher:<br />

g<br />

ZI = ZI + Iz<br />

g<br />

ZII = ZII + Iz<br />

wobei die Summe aus beiden Messungen im fehlerfreien Fall 400 Gon ergeben<br />

muss:<br />

ZI + ZII = 400 Gon G ZI = 400 Gon − ZII<br />

Die fehlerfreie Zenitdistanz aus Lage I und Lage II ergibt sich daher wie folgt:<br />

ZI,II = 1 2 (Z g g<br />

I + (400 Gon − ZII))<br />

= 1 2 (ZI + Iz + (400 Gon − (ZII + Iz)))<br />

= 1 2 (ZI + Iz + (400 Gon − (400 Gon − ZI + Iz)))<br />

= 1 2 (ZI + Iz + ZI − Iz)<br />

= ZI<br />

8


Der Höhenindexfehler lässt sich entsprechend bestimmen:<br />

Lösung:<br />

g g<br />

ZI + ZII − 400 Gon = ZI + Iz + ZII + Iz − 400 Gon<br />

= 2 Iz + ZI + (400 Gon − ZI) − 400 Gon<br />

= 2 Iz<br />

Iz = 1<br />

2 (Z<br />

g g<br />

I + ZII − 400 Gon)<br />

Bei der Zenitdistanz bestimmt man i.d.R. an Stelle des Höhenindexfehlers die<br />

Indexverbesserung vz. Fehler und Verbesserung unterscheiden sich nur durch das<br />

Vorzeichen, so dass hier folgendes gilt:<br />

vZ = −Iz<br />

vz = 1 2 (400<br />

g g<br />

Gon − ZI − ZII )<br />

Die fehlerfreien Messwerte für Lage I und Lage II lassen sich daher auch wie folgt<br />

bestimmen:<br />

g<br />

ZI = ZI + vz<br />

g<br />

ZII = ZII + vz<br />

Auf einem Standpunkt sollte der Höhenindexfehler bei den Zenitdistanzmessungen<br />

zu allen Zielpunkten konstant bleiben. Aus diesem Grunde wird i.d.R. bei der<br />

Ausgleichung der Zenitdistanzmessungen (mehrere Sätze) für jeden Standpunkt<br />

aus allen Messungen eine gemeinsame Höhenindexverbesserung (Mittelwert aus<br />

allen Zweilagenmessungen) berechnet und aus den Abweichungen der Einzelwerte<br />

vom Mittelwert hieraus die Standardabweichung für eine Zenitdistanzmessung<br />

bestimmt.<br />

2.7 Allgemeine Hinweise<br />

Sämtliche Instrumentenfehler ändern sich mit der Temperatur. Weitere<br />

Einflußfaktoren, die eine Änderung der Instrumentenfehler hervorrufen können, sind<br />

Vibrationen und Stöße beim Transport. Wenn nur in einer Fernrohrlage gemessen<br />

wird, sind diese Fehler daher unbedingt vor der Messung zu bestimmen und im<br />

Gerät abzuspeichern, damit diese bei der anschließenden Winkelmessung<br />

rechnerisch berücksichtigt werden können. Messungen zu Zielen, die eine steile<br />

Visur erfordern, sind grundsätzlich in zwei Lagen zu durchzuführen.<br />

9


2.8 Herleitung des Einflusses der Achsfehler auf die Winkelmessung<br />

a) Zielachsfehler c<br />

Der Zielachsfehler c ist darauf zurückzuführen, dass die Zielachse nicht rechtwinklig<br />

zur Kippachse ausgerichtet ist. Bei einem Ziel im Horizont wirkt exakt der Fehler c.<br />

horizontales Ziel<br />

c<br />

c<br />

Lage I<br />

Kippachse<br />

Lage II<br />

nach Durchschlagen<br />

Kippachse<br />

Lage I<br />

horizontales Ziel<br />

c<br />

cc<br />

Lage II nach Durchschlagen<br />

und Drehung um 200 Gon<br />

In Lage I wirkt daher bei einem horizontalen Ziel der Ziealachsfehler in der Form:<br />

g<br />

RI = RI + c<br />

Nach Durchschlagen des Fernrohrs und anschließender Drehung um 200 Gon wirkt<br />

der Zielachsfehler aber mit umgekehrtem Vorzeichen in der Form:<br />

g<br />

RII = RII − c<br />

Das Mittel aus einer Zweilagenmessung ist daher frei von dem Zielachsfehler.<br />

Der Einfluss des Zielachsfehlers (c) ändert sich jedoch mit der Zenitdistanz z. Die<br />

Herleitung des Einflusses des Zielachsfehlers (c) auf die Horizontalwinkelmessung<br />

zeigt folgende Abbildung.<br />

10


=LHO<br />

K.A.<br />

Zielachsfehler c und sein Einfluss (c)<br />

Vertikalebene<br />

F<br />

Ablesestelle am<br />

Horizontalkreis<br />

F<br />

]<br />

F<br />

]<br />

Zenit<br />

sphärisches Dreieck<br />

Horizontalkreis<br />

Horizontalebene<br />

K.A.<br />

Betrachtung des sphärischen Dreiecks auf der Kugel (Radius R=1)<br />

]<br />

F<br />

F<br />

]<br />

100 Gon<br />

Zenit<br />

gegeben: 3 Seiten auf der Kugel<br />

y z<br />

y z<br />

y c<br />

y rechter Winkel (100 Gon)<br />

gesucht: Winkel (c)<br />

sphärische Trigonometrie:<br />

sin(c) sin(100 Gon)<br />

= =<br />

sin c sin z<br />

1<br />

sin z<br />

sin(c) =<br />

sin c<br />

sin z<br />

kleine Winkel : (c) = c<br />

sin z<br />

11<br />

z = 100 Gon G (c) = c<br />

z = 50 Gon G 2 c


) Kippachsfehler i<br />

Der Kippachsfehler i ist darauf zurückzuführen, dass die Kippachse nicht<br />

rechtwinklig zur Stehachse ausgerichtet ist.<br />

Stehachse<br />

Lage Ii i<br />

Lage I<br />

Ziel<br />

Kippachse<br />

Kippachse<br />

Stehachse<br />

Lage II<br />

Lage II<br />

nach Drehen um 200 Gon<br />

und Duchschlagen<br />

Ziel<br />

Bei einem horizontalen Ziel wirkt sich der Kippachsfehler i daher zunächst nicht aus.<br />

Erst bei einem Ziel oberhalb- oder unterhalb des Horizonts wirkt der Kippachsfehler<br />

(i), da das Fernrohr nicht mehr in einer Vertikalebene sondern in einer um den<br />

Winkel i verkippten Ebene bewegt wird. Da die Kippung der Zielachse nach einer<br />

Drehung des Theodolits um 200 Gon in Bezug auf das Ziel in die andere Richtung<br />

zeigt, wirkt in Lage II der Kippachsfehler (i) mit umgekehrtem Vorzeichen und fällt<br />

daher bei einer Zweilagenmessung heraus.<br />

g<br />

RI = RI + (i)<br />

g<br />

RII = RII − (i)<br />

Im Felde kann der Kippachsfehler bereits durch einfaches Anzielen, z.B. einer<br />

senkrechten Gebäudekante überprüft und erkannt werden.<br />

Fadenkreuz<br />

Anzielung einer<br />

Gebäudekante<br />

mit einem<br />

Theodolit<br />

Die Herleitung des Einflusses des Kippachsfehler (i) in Abhängigkeit von der<br />

Zenitdistanz z auf die Horizontalwinkelmessung zeigt nachfolgende Abbildung.<br />

12


=LHO<br />

K.A.<br />

¡<br />

¢¡<br />

L<br />

Kippachsfehler i und sein Einfluss (i)<br />

Vertikalebene<br />

*RQ<br />

Ablesestelle am<br />

Horizontalkreis<br />

L<br />

sphärisches Dreieck<br />

100Gon-z<br />

L<br />

Zenit<br />

z<br />

Horizontalkreis<br />

Horizontalebene<br />

um i verkippte<br />

Vertikalebene<br />

K.A.<br />

Betrachtung des sphärischen Dreiecks auf der Kugel (Radius R=1)<br />

¤<br />

£¥¤<br />

L<br />

*RQ<br />

*RQ ] L<br />

]<br />

Zenit<br />

13<br />

gegeben: 3 Seiten auf der Kugel<br />

y 100 Gon<br />

y 100 Gon-z<br />

y z<br />

y Winkel i<br />

gesucht: Winkel (i)<br />

sphärische Trigonometrie:<br />

sin(i)<br />

sin(100 Gon − z)<br />

cos z<br />

G sin(i) = sin i<br />

= sin i<br />

sin z<br />

cos z<br />

sin z<br />

= sin i cot z<br />

kleine Winkel G (i) £ i cot z<br />

z = 100 Gon G (i) = 0


c) Stehachsfehler V<br />

Der Stehachsfehler V ist ein Aufstellungsfehler. Die Vertikalachse ist nicht parallel<br />

zur Lotrichtung. Die Kippachse, die senkrecht zur Lotrichtung ausgerichtet ist, ist<br />

daher zur Horizontalebene gekippt, d.h. der Stehachsfehler wirkt ähnlich wie der<br />

Kippachsfehler. Im Gegensatz zum Kippachsfehler bleibt aber die Neigung der<br />

Stehachse und daher auch die Neigung der Kippachse raumfest, da der Theodolit<br />

um die geneigte Stehachse gedreht wird.<br />

Stehachse<br />

Lage IV<br />

Lage I<br />

Zenit<br />

V<br />

Ziel<br />

Kippachse<br />

V<br />

Lage II<br />

Zenit Stehachse<br />

Ziel senkrecht zur Richtung der Stehachsneigung<br />

Ziel<br />

Kippachse<br />

100 Gon 100 Gon<br />

Lage II<br />

nach Drehen um 200 Gon<br />

und Duchschlagen<br />

Der Einfluss des Stehachsfehlers wird maximal senkrecht zur Richtung der<br />

Stehachsneigung und wirkt dann wie ein Kippachsfehler - allerdings mit dem<br />

Unterschied, dass in Lage II das Vorzeichen nicht wechselt. Der Stehachsfehler wird<br />

daher nicht durch die Zweilagenmessung eliminiert Liegt das Ziel in Richtung der<br />

Stehachsneigung, so bleibt ist der Einfluss des Stehachsfehlers auf die<br />

Winkelmessung null.<br />

Lage IV<br />

Lage I<br />

Zenit<br />

V<br />

Stehachse<br />

Kippachse<br />

Ziel<br />

Ziel in Richtung der Stehachsneigung<br />

V<br />

14<br />

Lage II<br />

V<br />

Zenit Stehachse<br />

V<br />

Kippachse<br />

Lage II<br />

nach Drehen um 200 Gon<br />

und Duchschlagen<br />

Ziel


Der Einfluss der Stehachsneigung (V) auf die Horizontalwinkelmessung lässt sich<br />

daher wie folgt berechnen:<br />

(v) = v sin( − 0) cot z<br />

(1)<br />

α0: Richtung der Stehachsneigung (in Lage I)<br />

α: Richtung zum Ziel (in Lage I)<br />

Richtung der<br />

Stehachsneigung<br />

Zenit<br />

Stehachse<br />

Ziel<br />

Zweiachskompensator<br />

y<br />

Moderne digitale Theodolite verfügen heute über einen Zweiachskompensator<br />

(Flüssigkeitskompensator), der die Neigung der Stehachse in zwei senkrecht<br />

zueineinder stehenden Richtungen erfasst und dann nach (1) rechnerisch an die<br />

Messungen anbringt. Die Neigung V und die Richtung der Neigung α0 wird aus den<br />

beiden Neigungswerten Vx und Vy wie folgt berechnet:<br />

v = v x 2 + vy 2<br />

0 = arctan vy<br />

vx<br />

Die Neigung darf allerdings nicht größer sein, als der Messbereich des<br />

Kompensators, i.d.R. 1’ bis 3’. Wird dieser Bereich überschritten, erfolgt keine<br />

Winkelmessung mehr bzw. das Instrument zeigt einen Fehler an (z.B. Tilt).<br />

Zur Bestimmung des Zielachs- und des Kippachsfehlers gibt es ebenfalls<br />

entsprechende Programme, die aus den Zweilagenmessungen zu mehreren Zielen<br />

diese Fehler berechnen und bei der späteren Winkelmessung ebenfalls rechnerisch<br />

berücksichtigen. Dennoch sollte bei Zielen, die eine steile Visur erfordern, unbedingt<br />

die Messung in beiden Fernrohrlagen erfolgen.<br />

15<br />

x


2.9 Horizontalwinkelmessung<br />

Die Horizontalwinkelmessung erfolgt in Voll- oder Halbsätzen zu zwei oder mehreren<br />

Zielen.<br />

y Halbsatz: Messung nur in einer Fernrohrlage<br />

y Vollsatz: Messung in beiden Fernrohrlagen<br />

Halbsätze sind nur zulässig bei<br />

y geringen Genauigkeitsanforderungen (cgon)<br />

y bei horizontalen Zielen<br />

y bei Zielen mit gleicher Zenitdistanz.<br />

Ziel 4<br />

Ziel s<br />

Ziel 3<br />

Standpunkt<br />

Ziel 1<br />

Ziel 2<br />

Die Anzahl der Sätze richtet sich nach der Genauigkeit des Theodoliten und der<br />

Genauigkeitsanforderung an die Winkelmessung. Vor Beginn der<br />

Satzwinkelmessung sind daher folgende Vorgaben festzulegen:<br />

n: Anzahl der Sätze<br />

s: Anzahl der zu beobachtenden Ziele<br />

Das erste Ziel sollte ein gut sichtbares und gut einzustellendes Ziel sein, da auf<br />

diese Richtung alle anderen Richtungen später reduziert werden. Die Durchführung<br />

der Winkelmessung erfolgt dann nach Horizontierung des Instruments über dem<br />

Standpunkt in folgenden Schritten:<br />

1. Lage I: Ziel 1, Ziel 2, Ziel 3, ...., Ziel s<br />

2. Lage II: Ziel s, Ziel s-1, Ziel s-2, ..., Ziel 1<br />

3. Überprüfung der Horizontierung und ggf. Nachhorizontieren des Instruments<br />

4. nächster Satz, Lage I wie 1., dann Lage II wie 2. usw.<br />

16


Durch die Reihenfolge 1, 2, 3,... s bzw. s, s-1, s-2,..., 1 soll ein zwischenzeitliches<br />

(gleichmäßiges) Einsinken des Instruments kompensiert werden.<br />

Die Feldbuchführung sowie die Auswertung der Messungen wird nachfolgend<br />

beschrieben.<br />

Feldbuch Winkelmessung<br />

Standpunkt<br />

Zielpunkt<br />

Ablesung<br />

Lage I<br />

AI<br />

Ablesung<br />

Lage II<br />

AII<br />

reduzierte<br />

Ablesung<br />

Lage I<br />

RI<br />

reduzierte<br />

Ablesung<br />

Lage II<br />

RII<br />

Satzmittel<br />

aus<br />

Lage I, II<br />

RI,II<br />

Gesamtmittel<br />

_<br />

R<br />

Feldbuchauswertung: ( s: Anzahl der Strahlen, n: Anzahl der Sätze):<br />

Diff.<br />

zum<br />

Mittel<br />

d<br />

Verbess.<br />

Die Ergebnisse sind geodätisch zu runden, wobei bei den Richtungsmessungen<br />

maximal 4 Nachkommastellen (cc) zu notieren sind (Ablesegenauigkeit).<br />

Satzweise Berechnungen:<br />

1. Reduzierung der einzelnen Richtungen auf 1. Richtung:<br />

RIi = AIi − AI1 ; RIIi = AIIi − AIIi ; i = 1, s<br />

1. Summenprobe: [RI] = [AI] − s AI1; [RII] = [AII] − s AII1;<br />

2. Berechnung der Satzmittel:R I,IIi = 1<br />

2 (R Ii + R IIi); i = 1, s<br />

2. Summenprobe:[AI] + [AII] = 2 [RI,II] + s (AI1 + AII1)<br />

Mittel aus allen Sätzen:<br />

n<br />

Ri = 1 n j=1<br />

RI,IIi ; i = 1, s<br />

3. Summenprobe:n R = [RI,II]<br />

Berechnung der Verbesserungen:<br />

(Herleitung s. Ausgleichung von Horizontalrichtungsmessungen)<br />

k k<br />

Differenz d zum Gesamtmittel: di = Ri − RI,IIi Mittel der Differenzen pro Satz: d k<br />

n<br />

= 1 s j=1<br />

d j k ; k = 1, n<br />

Verbesserungen: v i k = di k − d k<br />

; k = 1, n; i = 1, s<br />

17<br />

v<br />

vv


Berechnung der Standardabweichungen:<br />

Standardabweichung einer Einzelrichtung (Lage I,II gemittelt):<br />

SR =<br />

vv<br />

(n−1) (s−1)<br />

Standardabweichung der aus n-Sätzen gemittelten Richtung:<br />

S R = SR<br />

n =<br />

vv<br />

n (n−1) (s−1)<br />

Die Summenproben dienen zur Verprobung der reduzierten und gemittelten<br />

Beobachtungen und werden nur an Hand der letzten Stelle (mgon bei<br />

Ingenieurtheodolit, cc bei Feinmesstheodolit) vollzogen und kontrolliert!<br />

2.10 Zenitdistanzmessung<br />

Die Zenitdistanz bzw. der Zenitwinkel ist der Winkel zwischen dem Zenit und dem<br />

Zielpunkt (definiert durch die Zielachse des Fernrohrs) in der Vertikalebene zum<br />

Ziel. Der Zenit ist durch die Lotrichtung des Standpunktes definiert.<br />

i<br />

Zenit<br />

Lotrichtung<br />

z<br />

Zenitdistanzmessung<br />

s<br />

sh<br />

Zieltafel<br />

Der Zenitwinkel Z wird zur Berechnung der Horizontalstrecke sh aus der<br />

gemessenen Schrägstrecke s sowie zur Berechnung des Höhenunterschiedes Δh<br />

benötigt:<br />

18<br />

t<br />

Δh


sh = s sin z<br />

h = sh cot z + i − t<br />

h = s cos z + i − t<br />

s: gemessene Schrägstrecke<br />

i: Kippachshöhe des Theodolits<br />

t: Tafelhöhe des Zielpunktes<br />

Für eine horizontale Visur gilt: Lage I: Z =100 Gon; Lage 2: Z = 300 Gon<br />

Entsprechend gilt für ein Ziel im Zenit: Lage I: Z = 0 Gon; Lage II: Z = 200 Gon<br />

Bei längeren Entfernungen ist unbedingt die Strahlkrümmung (wegen Refraktion)<br />

und die Erdkrümmung zu berücksichtigen.<br />

Zenit Zenit<br />

Lotrichtung<br />

R<br />

Erdkrümmung<br />

b<br />

z<br />

Δ<br />

R<br />

Lotrichtung<br />

Wegen der Erdkrümmung sind die beiden Lotrichtungen von zwei Punkten im<br />

Abstand b auf der Erdoberfläche nicht mehr parallel. Die durch den Abstand b<br />

resultierende Winkeldifferenz Δz lässt sich wie folgt abschätzen:<br />

z = b<br />

R -<br />

Beispiele (für R = 6371 km):<br />

b = 100 m G z = 1 mGon<br />

b = 200 m G z = 2 mGon<br />

b = 500 m G z = 5 mGon<br />

19


Die Beispiele zeigen, dass bereits ab 200 m Entfernung für<br />

Genauigkeitsanforderungen von 1 mGon bis 2 mGon die Erdkrümmung nicht mehr<br />

zu vernachlässigen ist.<br />

Die Messung der Zenitwinkel erfolgt mittels des Vertikalkreises, der i.d.R. kleiner als<br />

der Horizontalkreis ist, da die Genauigkeit der Vertikalwinkelmessung gegenüber der<br />

Horizontalwinkelmessung ohnehin geringer ist. Der Grund hierfür ist die Refraktion,<br />

die wegen der vertikalen Schichtung der Erdatmosphäre die Vertikalwinkelmessung<br />

erheblich mehr als die Horizontalwinkelmessung (Seitenrefraktion) beeinflusst.<br />

Im Gegensatz zum Horizontalkreis, der bei Drehung des Theodolits um die<br />

Stehachse fest bleibt, dreht der Vertikalkreis bei Drehung des Fernrohrs um die<br />

Kippachse mit, da der Vertikalkreis fest mit der Kippachse verbunden ist. Die<br />

Ablesevorrichtung des Vertikalkreises ist daher fest mit der Stütze verbunden und<br />

wird durch eine spezielle Libelle, die sog. Höhenindexlibelle, bzw. durch einen<br />

speziellen Kompensator parallel zur Lotrichtung ausgerichtet. Die Höhenindexlibelle<br />

ist viel genauer als die zur Horizontierung der Theodolits benutzten Libellen.<br />

Bei den älteren Theodoliten muss die Höhenindexlibelle (wie bei einem<br />

Libellennivellier) noch bei jeder einzelnen Zenitdistanzmessung manuell eingespielt<br />

werden. Hierzu dient eine Einstellschraube mit einer besonderen Riffelung. Bei<br />

neueren Theodoliten sorgt ein automatischer Kompensator (automatischer<br />

Höhenindex) für die Ausrichtung. Der Fehler des Kompensators bzw. der Fehler der<br />

Libelle wird als Höhenindexfehler (oder einfach Indexfehler) bezeichnet und<br />

20


eeinflusst sämtliche Zenitdistanzmessungen in gleicher Weise, der daher durch<br />

eine Zweilagenmessung eliminiert werden kann.<br />

Auswirkung der Höhenindexfehlers:<br />

a) fehlerfreier Fall:<br />

0<br />

Lage I Lage II<br />

100<br />

300<br />

200<br />

fehlerfreie Ablesungen für ein Ziel im Horizont:<br />

Lage I: Lage II:<br />

ZI = 100 Gon ZII = 300 Gon<br />

Mittel aus Lage I und II:<br />

0<br />

100<br />

300<br />

200<br />

ZI + ZII = 400 Gon G ZI = 400 Gon − ZII<br />

Z I,II = 1<br />

2 (ZI + (400 Gon − ZII))<br />

a) Ablesungen im Falle eines Höhenindexfehlers Iz:<br />

Lage I<br />

0<br />

100<br />

300<br />

200<br />

g<br />

Lage I: ZI = ZI + Iz<br />

Lage II:<br />

Ix<br />

21<br />

0<br />

100<br />

300<br />

g<br />

ZII = ZII + Iz<br />

Lage II<br />

200


Mittel aus Lage I und II:<br />

ZI,II = 1 2 (Z g g<br />

I + (400 Gon − ZII))<br />

= 1 2 (ZI + Iz + (400 Gon − (ZII + Iz)))<br />

= 1 2 (ZI + Iz + (400 Gon − (400 Gon − ZI + Iz)))<br />

= 1 2 (ZI + Iz + ZI − Iz)<br />

= ZI<br />

Der Mittelwert aus einer in Lage I und Lage II gemessenen Zenitdistanz ist frei von<br />

dem Einfluss des Höhenindexfehlers. Der Höhenindexfehler lässt sich ebenfalls<br />

bestimmen:<br />

Lösung:<br />

g g<br />

ZI + ZII − 400 Gon = ZI + Iz + ZII + Iz − 400 Gon<br />

= 2 Iz + ZI + (400 Gon − ZI) − 400 Gon<br />

= 2 Iz<br />

Iz = 1<br />

2 (Z<br />

g g<br />

I + ZII − 400 Gon)<br />

Bei der Zenitdistanz bestimmt man i.d.R. an Stelle des Höhenindexfehlers die<br />

Indexverbesserung vz. Fehler und Verbesserung unterscheiden sich nur durch das<br />

Vorzeichen, so dass hier folgendes gilt:<br />

vZ = −Iz<br />

vz = 1 2 (400<br />

g g<br />

Gon − ZI − ZII )<br />

Die fehlerfreien Messwerte für Lage I und Lage II lassen sich daher auch wie folgt<br />

bestimmen:<br />

g<br />

ZI = ZI + vz<br />

g<br />

ZII = ZII + vz<br />

Auf einem Standpunkt sollte der Höhenindexfehler bei den Zenitdistanzmessungen<br />

zu allen Zielpunkten konstant bleiben. Aus diesem Grunde wird i.d.R. bei der<br />

Ausgleichung der Zenitdistanzmessungen (mehrere Sätze) für jeden Standpunkt<br />

aus allen Messungen eine gemeinsame Höhenindexverbesserung (Mittelwert aus<br />

allen Zweilagenmessungen) berechnet und aus den Abweichungen der Einzelwerte<br />

vom Mittelwert hieraus die Standardabweichung für eine Zenitdistanzmessung<br />

bestimmt.<br />

22


Feldbuch zur Zenitdistanzmessung<br />

Standpunkt<br />

1<br />

i=1,41<br />

1<br />

i=1,41<br />

Zielpunkt<br />

2<br />

t =1,26<br />

nächstes Ziel<br />

3<br />

t =1,84<br />

Ablesung<br />

Lage I<br />

AI<br />

103,546<br />

103,548<br />

103,549<br />

103,545<br />

...<br />

...<br />

...<br />

...<br />

Ablesung<br />

Lage II<br />

AII<br />

296,446<br />

296,444<br />

296,445<br />

296,445<br />

...<br />

...<br />

...<br />

...<br />

I + II<br />

vZ<br />

399,991<br />

0,004<br />

399,992<br />

0,004<br />

399,994<br />

0,003<br />

399,990<br />

0,005<br />

...<br />

...<br />

...<br />

...<br />

2Z =<br />

I - II<br />

+ 400<br />

207,101<br />

207,104<br />

207,101<br />

207,100<br />

...<br />

...<br />

...<br />

...<br />

Satzmittel<br />

aus<br />

Lage I, II<br />

Z<br />

103,550<br />

103,552<br />

103,552<br />

103,550<br />

...<br />

...<br />

...<br />

...<br />

Gesamtmittel<br />

_<br />

Z<br />

103,551<br />

...<br />

...<br />

...<br />

...<br />

Mittel<br />

Index<br />

_<br />

...<br />

...<br />

...<br />

...<br />

4<br />

Verbess.<br />

Jedes Ziel wird zunächst einzeln mit der vorher festgelegten Anzahl von Sätzen<br />

gemessen. Am Ende aller Messungen wird überprüft, ob der Höhenindexfehler für<br />

alle Ziele konstant geblieben ist. Wenn dieses der Fall ist, werden die<br />

Indexverbesserungen aller Ziele für diesen Standpunkt gemeinsam gemittelt. Ist<br />

jedoch erkennbar, dass der Indexfehler für jedes Ziel unterschiedlich ist, müssen die<br />

Indexverbesserungen für jedes Ziel einzeln gemittelt werden.<br />

Berechnungen pro Strahl:<br />

Indexabweichung: vzi = 400 gon − (AI i + AII i )<br />

2 i = 1, n n : Anzahl der S ä tze<br />

Zenitdistanz: zi = AI i − AII i + 400 gon<br />

2<br />

Mittel: z = 1 n<br />

n<br />

i=1 Zi, i = 1, n<br />

Summenprobe: n z = [z] = [AI] + [vz]<br />

Berechnung der Standardabweichungen unter Verwendung der berechneten<br />

Indexabweichung aus allen Sätzen und allen Zielen (Gesamtanzahl: m):<br />

mittlere Indexabweichung: vz = 1 m<br />

m<br />

i=1 Zi<br />

Verbesserungen: vi = v z − vzi<br />

23<br />

vZ<br />

v<br />

...<br />

...<br />

...<br />

...<br />

0<br />

0<br />

1<br />

-1<br />

vv<br />

...<br />

...<br />

...<br />

...<br />

0<br />

0<br />

1<br />

1


Standardabweichung der Indexabweichung und einer aus Lage I und II gemittelten<br />

Zenitdistanz:<br />

svz = sz =<br />

vv<br />

m−1<br />

Standardabweichung einer aus n-Sätzen gemittelten Zenitdistanz<br />

sz = sZ<br />

n<br />

Falls die einzelnen Ziele mit einer unterschiedlichen Anzahl von Sätzen bestimmt<br />

wurden, sind für n die individuellen Werte einzusetzen.<br />

2.11 Repetitionswinkelmessung<br />

Die Repetitionswinkelmessung ist ein spezielles Winkelmessverfahren, das<br />

insbesondere bei Ingenieurtheodoliten (mittlere Genauigkeit) zur<br />

Horizontalwinkelmessung zwischen zwei Zielen eingesetzt werden kann (z.B.<br />

Basislattenmessung, Polygonwinkelmessung). Voraussetzung ist allerdings, dass<br />

diese Theodolite über eine Teilkreisklemme verfügen. Mit diesem Verfahren kann<br />

auf diese Weise gegenüber der reinen Satzwinkelmessung eine deutliche<br />

Genauigkeitssteigerung erzielt werden, wenn die Zieleinstellgenauigkeit σZ des<br />

Instruments höher als die Ablesegenauigkeit σA des Teilkreises ist.<br />

Dieses ist z.B. bei den Ingenieurtheodoliten der Fall:<br />

Zieleinstellgenauigkeit: "Z ¢ 0.3 mGon ... 0.5 mGon<br />

Ablesegenauigkeit des Teilkreises: "A ¢ 1.0 mGon ... 2.0 mGon<br />

Die Genauigkeit einer Richtungsmessung σR hängt also im wesentlichen von der<br />

Ablesegenauigkeit der Teilkreises ab:<br />

"R = " A 2 + "Z 2<br />

Bei der Satzwinkelmessung muss jedes n-mal Ziel eingestellt und n-mal abgelesen<br />

werden. Eine Genauigkeitssteigerung wäre möglich, wenn die Anzahl der<br />

Ablesungen reduziert werden könnte. Genau dieses bezweckt die<br />

Repetitionswinkelmessung, in dem der Winkel mit Hilfe der Teilkreisklemme<br />

mechanisch aufaddiert und anschließend rechnerisch gemittelt wird. Die<br />

Teilkreisklemme ermöglicht das Festklemmen des Unterbaus (Limbus) mit der<br />

Alhidade. Beim Drehen des Theodoliten um die Stehachse dreht dann der<br />

Horizontalkreis mit, d.h. die Ablesestelle am Teilkreis ändert sich nicht.<br />

Durchführung der Repetitionswinkelmessung:<br />

a) Festlegung der Anzahl der Repetitionen n<br />

b) Durchführung der n-Repetitionen nach folgendem Muster:<br />

24


P 1<br />

P 1<br />

340<br />

380<br />

360<br />

320<br />

60<br />

40<br />

0 20<br />

300<br />

80<br />

380<br />

0 20<br />

100<br />

40<br />

60<br />

80<br />

Repetition 1<br />

280<br />

120<br />

260<br />

140<br />

240<br />

160<br />

Repetition 2<br />

360<br />

340<br />

320<br />

100<br />

220<br />

300<br />

180<br />

120<br />

200<br />

200<br />

1. Schritt: Ziel P1 einstellen und<br />

erste Ablesung R1 tätigen:<br />

R1 = 10,000 Gon<br />

2. Schritt: Ziel P2 einstellen und<br />

Teilkreis nur grob ablesen<br />

(auf cGon): R*2=90,0 Gon<br />

3. Schritt: Teilkreis bei Punkt<br />

P2 klemmen und<br />

anschliessend P1 wieder<br />

einstellen.<br />

4. Schritt: Teilkreis bei Punkt<br />

P1 lösen und anschliessend<br />

P2 wieder einstellen.<br />

5. Schritt: Teilkreis bei Punkt<br />

P2 klemmen und<br />

anschliessend P1 wieder<br />

einstellen.<br />

6. Schritt: Teilkreis bei Punkt<br />

P1 lösen und anschliessend<br />

P2 wieder einstellen.<br />

7. Schritt 5 und 6 solange wiederholen, bis dass die gewünschte Anzahl an<br />

Repetitionen erreicht ist. Die Repetition endet immer am Punkt P2, der dann<br />

n-mal eingestellt werden muss. Am Ziel P2 erfolgt dann die zweite endgültige<br />

Ablesung R2.<br />

In dem oben gezeigten Beispiel wurden bisher zwei Repetitionen durchgeführt. Die<br />

nächsten beiden Repetionen sind in der nachfolgenden Grafik aufgeführt.<br />

140<br />

180<br />

220<br />

260<br />

280<br />

25<br />

160<br />

240<br />

P 2<br />

P 2


P 1<br />

100<br />

140<br />

120<br />

80<br />

160<br />

60<br />

180<br />

40<br />

200<br />

220<br />

240<br />

Repetition 3<br />

0 20<br />

260<br />

380<br />

280<br />

300<br />

340<br />

360<br />

320<br />

P 2<br />

P 1<br />

180<br />

220<br />

200<br />

160<br />

240<br />

140<br />

260<br />

120<br />

280<br />

100<br />

300<br />

80<br />

320<br />

Repetition 4<br />

Nach der vierten Repetition erfolgt die endgültige Ablesung R2, hier: R2 = 330,000<br />

Gon. Auf diese Weise wurde der Winkel viermal mechanisch aufaddiert, wobei nur<br />

zweimal der Teilkreis abgelesen wurde (die Grobablesung zählt nicht).<br />

w = 1 n (R2 − R1)<br />

= 1 4<br />

(330, 000 Gon − 10, 000 Gon)<br />

= 80, 0000 Gon<br />

n = 4 Repetitionen<br />

Würden zwei weitere Repetitionen durchgeführt, ergäbe sich folgende Situation:<br />

P 1<br />

Überschreitung<br />

der Nullstelle des<br />

Teilkreises!<br />

260<br />

300<br />

280<br />

240<br />

320<br />

220<br />

340<br />

200<br />

360<br />

180<br />

380<br />

Repetition 5<br />

160<br />

0 20<br />

140<br />

40<br />

60<br />

100<br />

120<br />

80<br />

P 2<br />

P 1<br />

26<br />

340<br />

380<br />

360<br />

320<br />

0 20<br />

300<br />

280<br />

40<br />

60<br />

80<br />

Repetition 6<br />

260<br />

240<br />

340<br />

60<br />

220<br />

40<br />

100<br />

360<br />

120<br />

200<br />

380<br />

140<br />

180<br />

0 20<br />

160<br />

P 2<br />

P 2


Bereits bei der 5. Repetition wird die Nullstelle des Teilkreises überschritten, und<br />

nach der 6. Repetition wird für R2 = 90,000 Gon abgelesen. Die richtige Ablesung<br />

wäre aber 490,000 Gon gewesen. Bei jedem Überschreiten der Nullstelle gehen<br />

also 400 Gon verloren, so dass die Berechnung des Mittelwertes wie folgt lauten<br />

muss:<br />

w = 1 n (R2 − R1 + x 400 Gon)<br />

= 1 6<br />

= 1 6<br />

(90, 000 Gon − 10, 000 Gon + 1 400 Gon)<br />

480, 000 Gon<br />

= 80, 0000 Gon<br />

n = 6 Repetitionen<br />

Der Wert x für die Anzahl der Überschreitungen der Nullstelle (hier x = 1) wird aus<br />

der ersten Grobablesung abgeschätzt. In diesem Beispiel:<br />

w 0 = R 2<br />

− R1<br />

= 90, 0 Gon − 10, 000 Gon = 80 Gon<br />

G 6 w 0 £ 480, 0 Gon<br />

In der Nähe des Näherungswertes w muss der gesuchte Wert liegen. An Hand<br />

dieses Näherungswertes lässt sich leicht der Wert x abschätzen.<br />

Abschätzung des Genauigkeitsgewinns der Repetitionswinkelmessung mit<br />

n-Repetitionen gegenüber einer herkömmlichen Satzwinkelmessung in n- Sätzen:<br />

a) Satzwinkelmessung<br />

Bei der Satzwinkelmessung in n-Sätzen wird jedes Ziel n-mal eingestellt und n-mal<br />

der Teilkreis abgelesen. Aus den Richtungen zu den beiden Zielen werden die<br />

einzelnen Winkel berechnet, dann aufsummiert und anschliessend gemittelt werden.<br />

Berechnungsformeln:<br />

wi = R2i − R1i, i = 1, 2, ..., n<br />

w = 1 n<br />

n<br />

i=1<br />

wi = 1 n<br />

n<br />

i=1<br />

(R2i − R1i )<br />

Standardabweichungen (quadratische Fehlerfortpflanzung):<br />

" R 2 = "A 2 + "Z 2<br />

" w 2 = 2 "R 2 = 2 (" A 2 + "Z 2 )<br />

" w 2 = n<br />

1<br />

n 2 (" w 2 ) = 2 n (" A 2 + "Z 2 )<br />

27


"A = 2 mGon<br />

"Z = 0.3 mGon<br />

n = 4<br />

Beispiel: (einfache Satzwinkelmessung in n-Sätzen)<br />

"w = 2 n ("<br />

2 2<br />

A + "Z )<br />

= 2 4 (4 + 0.09)mGon 2<br />

= 1.43 mGon<br />

b) Repetitionswinkelmessung in n-Repetitionen:<br />

Die beiden Zielpunkte wurden jeweils n-mal eingestellt, aber nur jeweils einmal<br />

abgelesen. Anschließend wurde der mechanisch aufsummierte Winkel gemittelt. Bei<br />

Anwendung der quadratischen Fehlerfortpflanzung ergibt sich daher:<br />

"A = 2 mGon<br />

"Z = 0.3 mGon<br />

n = 4<br />

2 2 2<br />

"<br />

wsum = 2 n " Z + 2 "A<br />

2<br />

"<br />

w =<br />

1<br />

n2 " 2<br />

wsum = 1 n2 (2 2 2 n " Z + 2 "A )<br />

= 2 n 2 (n " Z 2 + "A 2 )<br />

Beispiel: 2<br />

(Repetitionswinkelmessung, 4 Rep.)<br />

" w =<br />

=<br />

n 2 (" A 2 + n "Z 2 )<br />

2<br />

16 (4 + 4 0.09)mGon 2<br />

= 0.74 mGon<br />

Der Genauigkeitsgewinn ist hier also 0.74 mGon gegenüber 1.43 mGon!<br />

Mit dieser Methode werden auch Teilkreisfehler eliminiert, da nur zwei Ablesungen<br />

erforderlich sind.<br />

28


3 Polygonieren<br />

Das Polygonieren dient zum Ziwschenschalten von Aufnahme- und Festpunkten in<br />

ein bestehendes Netz von Punkten (meist übergeordnetes Netz) mittels Richtungsund<br />

Streckenbeobachtungen (Tachymeter), wobei von folgenden Punktabständen<br />

bzw. Seitenlängen auszugehen ist:<br />

y Grundlagenetze: bis 50 km<br />

y Netzverdichtung: 0.4 km ... 2.5 km<br />

y Aufnahmepunkte (AP): 500 m ... 1000 m<br />

Der Begriff leitet sich aus Poly = viel und Gon = Winkel ab und bedeutet<br />

unregelmäßiges Vieleck. In der Geodäsie ist unter diesem Begriff i.d.R. ein<br />

langgestreckter Zug zwischen zwei koordinatenmäßig bekannten Punkten gemeint,<br />

wobei folgende Arten möglich sind:<br />

y einseitig angeschlossener Polygonzug (toter Zug)<br />

y beidseitig angeschlossener Polygonzug<br />

y Einrechnungszug<br />

y Ringpolygon<br />

Wegen der fehlenden Kontrolle sollte ein einseitige angeschlossener Polygonzug<br />

nur in Ausnahmefällen angewendet werden (z.B. beim Tunnelvortrieb). Für die<br />

anderen Polygonzüge lassen sich Widersprüche berechnen, die zur Kontrolle und<br />

zur Beurteilung der Genauigkeit der neu polygonierten Punkte dienen. Zur<br />

Verdichtung eines bestehendes Netzes sind folgende wichtige Regeln im VP-Erlss<br />

(NRW) vorgeschrieben:<br />

y beidseitig angeschlossener Polygonzug<br />

y Zwangszentrierung<br />

y zweifache Streckenmessung mit einzuhaltender Fehlergrenze<br />

y Fehlergrenzen für den Winkelabschlussfehler und den Längs- und Querfehler<br />

x<br />

A<br />

Polygonzug mit n-Brechpunkten und 2 Anschlussrichtungen<br />

t A1 t nB<br />

Fernziel<br />

β1<br />

P1<br />

S1<br />

β2<br />

P2<br />

S2<br />

β3<br />

P3<br />

.....<br />

S3<br />

β<br />

n-1<br />

Pn-1<br />

Sn-1<br />

Beidseitig angeschlossener Polygonzug mit An- und Abschlussrichtungen<br />

29<br />

βn<br />

Pn<br />

B<br />

Fernziel<br />

y


3.1 Beidseitig angeschlossener Polygonzug<br />

Beim beidseitig angeschlossenen Polygonzug sind die Koordinaten des ersten und<br />

des letzten Standpunktes (P1, Pn) bekannt. Außerdem müssen die Koordinaten von<br />

zwei An- und Abschlusspunkten, i.d.R. Fernziele (A, B), gegeben sein.<br />

gegeben: Koordinaten von A, P1, P2, ... Pn, B<br />

gemessen: Brechungswinkel β1, β2, ... βn<br />

Strecken s1, s2, ... sn-1<br />

Anzahl der Messwerte: m = (n + n − 1) = (2 n − 1)<br />

gesucht: Koordinaten der neuen Zwischenpunkte P2, P3, Pn-1<br />

Anzahl der Unbekannten: u = 2 (n − 2)<br />

Anzahl der Freiheitsgrade: f = m − u = [2 n − 1] − [2 (n − 2)] = 3<br />

Î 1 Winkelwiderspruch, 2 Koordinatenwidersprüche berechenbar!<br />

Berechnungen:<br />

a) Richtungswinkel, Koordinatendifferenzen und Winkelabschlussfehler<br />

ti+1 = ti + i 200 Gon (+ w<br />

n ) 1)<br />

1): nur für den Fall zwangsfreier Anschlussrichtungen<br />

xi = s i cos ti<br />

yi = s i sin ti<br />

mit<br />

x i = x i+1 − x i<br />

y i = y i+1 − y i<br />

, i = 1, 2, ... n-1<br />

Die Richtungswinkel für die An- und Abschlussrichtungen berechnen sich wie folgt:<br />

tA1 = arctan y1 − yA<br />

x1 − xA<br />

tnB = arctan yB − yn<br />

xB − xn<br />

Der Winkelabschlussfehler (hier: Soll - Ist) berechnet sich nach:<br />

w¡<br />

w¡ = (tnB − t1A) − i n 200 Gon, i = 1, 2, .... , n<br />

Der Winkelabschlussfehler wird bei nicht zwangsfreien Anschlussrichtungen<br />

w¡<br />

nicht verteilt, sondern nur überprüft und mit einer zulässigen Fehlergrenze FW<br />

verglichen. Für Polygonzüge bis zu 2 km Länge (VP-Erlass NRW) ist folgende<br />

Fehlergrenze FW für den Winkelabschlussfehler einzuhalten:<br />

30


mit<br />

FW[cGon] = 1, 0 + 150<br />

[s[m]] (n − 1) n<br />

n: Anzahl der Brechungspunkte einschließlich des Anfangs- und Endpunktes<br />

Die Streckenmessung hat doppelt zu erfolgen, wobei folgende maximale Differenz<br />

Ds zwischen den beiden Streckenmessungen erlaubt ist:<br />

Ds[m] = 0, 02 + 0, 006 s[m]<br />

b) endgültige Koordinatenberechnung und Verteilung der Koordinatenwidersprüche<br />

Koordinatenwidersprüche wx, wy (auch hier im Sinne von Verbesserungen, Sollwert<br />

- Istwert):<br />

wx = (xn+1 − x1) − xi<br />

wy = (yn+1 − y1) − yi<br />

Verteilung der Koordinatenwidersprüche proportional zur Strecke si:<br />

xi+1 = xi + xi + wx<br />

[s]<br />

yi+1 = yi + yi + wy<br />

[s]<br />

si = xi + si cos ti + wx<br />

[s]<br />

si = yi + si sin ti + wy<br />

[s]<br />

Probe über Sollwerte des letzten Punktes x n<br />

y n<br />

!<br />

= x n ( S o l l )<br />

!<br />

= y n ( S o l l )<br />

, i = 1, 2, ... n-1<br />

c) Berechnung und Überprüfung von Quer- und Längsfehler (Q, L):<br />

x<br />

A<br />

P1<br />

t 1n<br />

P2<br />

Sollposition von Pn<br />

Istposition von Pn<br />

P3<br />

.....<br />

Zugrichtung -><br />

31<br />

wx<br />

Pn-1<br />

Pn<br />

wy<br />

L<br />

Q<br />

B<br />

y


Richtung des Polygonzuges: t1n = arctan yn−y1<br />

xn−x1<br />

Strecke zwischen P1 und Pn:S1n = (yn − y1 ) 2 + (xn − x1 ) 2<br />

Transformation der Koordinatenwidersprüche wx, wy in die Zugrichtung<br />

(Längskomponente L) und quer zur Zugrichtung (Querkomponente Q):<br />

oder<br />

L<br />

Q =<br />

cos t1n sin t1n<br />

− sin t1n cos t1n<br />

L = wx cos t1n + wy sin t1n<br />

Q = −wx sin t1n + wy cos t1n<br />

Für L und Q sind folgende Fehlergrenzen (FL, FQ) einzuhalten:<br />

wx<br />

wy<br />

FL[m] = 0, 06 + 0, 00015 S1n[m] + 0, 004 S1n[m]<br />

FQ[m] = 0, 06 + 0, 00007 S1n[m] + 0, 007 n n<br />

Für TP-Züge gilt laut TP-Erlass für die vorläufige Vorauswertung folgende<br />

Fehlergrenze:<br />

FL = 0.05 m<br />

FQ = 0.05 m<br />

3.2 Einrechnungszug<br />

In den o.a. Berechnungen zum beidseitig angeschlossenen Polyonzug wurden die<br />

Unsicherheiten der An- und Abschlussrichtungen nicht berücksichtigt. Die beiden<br />

Richtungen - in der Regel Fernziele - sind aus Koordinaten des Stand- und des<br />

Zielpunktes zu berechnen. Insbesondere in Netzen mit Netzspannungen können<br />

diese Richtungen den Winkelabschlussfehler ungünstig beeinflussen, so dass i.d.R.<br />

auf eine Verteilung des Winkelabschlussfehlers verzichtet wird (vgl. VP-Erlass).<br />

Beim Einrechnungszug, der einen langgestrecken Polygonzug voraussetzt, werden<br />

diese Nachteile umgangen, in dem auf dem ersten und dem letzten Punkt keine<br />

Anschlussrichtungen gemessen werden.<br />

gemessen: (n-1)- Strecken<br />

(n-2)- Winkel<br />

unbekannt: 2(n-2)- Koordinaten (x, y)<br />

Freiheitsgrade: (n-1) + (n-2) - 2(n-2) = 2n -3 - 2n + 4 = 1<br />

Der eine zur Verfügung stehende Freiheitsgrad wird hier in Form eines<br />

Maßstabsfaktors verwendet.<br />

32


P 1<br />

X<br />

t 1n<br />

α<br />

s 1<br />

Y'<br />

β 2<br />

P 2<br />

s 2<br />

β 3<br />

P 3<br />

s 3<br />

β 4<br />

P 4<br />

t'1n s 4<br />

β 5<br />

P 5<br />

s 5<br />

X'<br />

Polygonzug als Einrechnungszug<br />

β n-1<br />

s n-1<br />

Pn-1<br />

Der Einrechnungszug wird zunächst als normaler Polygonzug von P1 aus<br />

durchgerechnet, wobei die Richtung der ersten Polygonseite willkürlich mit α = 0<br />

Gon festgelegt wird. Wegen der undefinierten ersten Richtung erfolgt daher die<br />

Polygonzugberechnung in einem verdrehten Koordinatensystem X’, Y’. Nach der<br />

vorläufigen Durchrechnung des Polygonzuges erhält man die (vorläufigen)<br />

Koordinaten des letzten Punktes: xn, yn. Sowohl vom Anfangspunkt als auch vom<br />

letzten Punkt liegen nun die Koordinaten in zwei Systemen (System 1: X, Y; System<br />

2: X’, Y’) vor, aus denen sich die Richtungswinkel und Strecken vom Punkt P1 nach<br />

Pn berechnen wie folgt berechnen lassen:<br />

t1n = arctan yn − y1<br />

xn − x1<br />

s1n = (xn − x1) 2 + (yn − y1) 2<br />

¡<br />

t1n ¢<br />

s1n = arctan y ¢<br />

n<br />

¢<br />

= (xn ¢<br />

xn ¢<br />

− y1 ¢<br />

− x1 ¢<br />

− x1 ) 2 ¢<br />

+ (yn ¢<br />

− y1 ) 2<br />

Der eine noch zur Verfügung stehende Freiheitsgrad wird hier als Maßstabsfaktor<br />

verwertet. Dieser berechnet sich wie folgt:<br />

m = S1n<br />

£<br />

S1n Die endgültige Berechnung der Koordinaten sieht eine Verdrehung des Systems 2<br />

ins System1 und eine Maßstabskorrektur vor, wobei sich der Drehwinkel α wie folgt<br />

berechnet:<br />

¢<br />

= t12 − t12 Dieser Winkel wird nun zur Berechnung ersten Brechungswinkel β1 benutzt. Unter<br />

Berücksichtigung des Maßstabsfaktors und des neuen Brechungswinkels werden<br />

dann wie folgt die endgültigen Koordinaten berechnet:<br />

33<br />

P n<br />

Y


1 = 200 Gon<br />

t1 = 0 Gon<br />

Für i = 1 bis n-1:<br />

ti+1 = ti + i 200 Gon<br />

xi = m si cos ti<br />

yi = m si sin ti<br />

xi+1 = xi + xi = xi + m si cos ti<br />

yi+1 = yi + yi = yi + m si sin ti<br />

Wichtig: Abschlusskontrolle:<br />

x n<br />

y n<br />

!<br />

= x n ( S o l l )<br />

!<br />

= y n ( S o l l )<br />

3.3 Ringpolygon<br />

x i = x i+1 − x i<br />

mit , i = 1, 2, ... n-1<br />

y i = y i+1 − y i<br />

, i = 1, 2, ... n-1<br />

Ein Ringpolygon eignet sich insbesondere zur Absteckung eines örtlich begrenzten<br />

Objektes, z.B. Gebäude, Industrieanlage, etc., wenn die vorhandenen Punkte<br />

und/oder die Genauigkeit des vorhandenen amtlichen Koordinatensystems nicht<br />

ausreichen. Sämtliche Berechnungen und Absteckungen erfolgen in dem durch das<br />

Ringpolygon örtlich definierte Koordinatensystem. Der Bezug zu einem amtlichen<br />

Koordinatensystem kann später mittels einer Helmerttransformation über sog.<br />

identische Punkte herbeigeführt werden.<br />

Im Gegensatz zu einem einseitig angeschlossenen Polygonzug ist hier eine<br />

Kontrolle vorhanden, da der Polygonzug wieder am ersten Punkt endet. Über die<br />

Koordinaten des ersten Punktes und die Richtung der ersten Polygonseite kann hier<br />

willkürlich verfügt werden, z.B.<br />

x1 = 1000 m<br />

y1 = 2000 m<br />

t12 = 0 Gon G y2 = y1<br />

Zweckmäßigerweise sollte man die Koordinaten des Anfangspunktes aber so<br />

festlegen, dass keine negativen Koordinaten vorkommen und dass sich die x- und y-<br />

34


Koordinaten deutlich in ihren Werten unterscheiden. Bei einem Ringpolygon mit<br />

n-Punkten ergibt sich folgende Situation:<br />

gemessen: n - Strecken<br />

n- Winkel<br />

unbekannt: 2n - 3 - Koordinaten (x, y)<br />

Freiheitsgrade: n + n - 2n + 3 = 2n - 2n + 3 = 3<br />

Wie beim beidseitig angeschlossenen Polygonzug sind hier ein<br />

Winkelabschlussfehler sowie zwei Koordinatenabschlussfehler berechenbar und<br />

verteilbar.<br />

P<br />

2<br />

(X,0)<br />

S 1<br />

P 1<br />

Berechnungen:<br />

X<br />

β 2<br />

β 1<br />

S 2<br />

(2000 m,1000 m)<br />

S n<br />

β 3<br />

Messwerte: n- Brechungswinkel (b1, b2, ... bn) und<br />

n- Strecken (S1, S2, ... Sn)<br />

Anfangsrichtung (Standpunkt P1 zu Zielpunkt P2): t1 = 0 gon<br />

P 3<br />

β n<br />

weitere Richtungen (Standpunkt Pi zu Zielpunkt Pi+1 ):<br />

ti+1 = ti + i+1 + w<br />

n<br />

S 3<br />

P n<br />

Ringpolygon<br />

200 gon, i = 1, 2, 3, 4, ..., n mit tn+1 = t1 ! = 0 gon<br />

und n+1 = 1<br />

35<br />

Y


mit dem Winkelabschlussfehler: w = (tn+1 − t1) − ( + n 200 gon<br />

Koordinatenberechnungen:<br />

Xi = Si cos ti<br />

Yi = Si sin ti<br />

mit<br />

Koordinatenwidersprüche:<br />

Soll = 0 gon Ist (-x 400 gon)<br />

Xi = Xi+1 − Xi<br />

Yi = Yi+1 − Yi<br />

X ! = Xn+1 − X1 = 0 − 0 = 0<br />

Y ! = Yn+1 − Y1 = 0 − 0 = 0 H<br />

, i = 1, 2, 3, ..., n mit Xn+1 = X1 ! = 0<br />

Yn+1 = Y1 ! = 0<br />

wx = 0 − X<br />

wy = 0 − Y<br />

Endgültige Koordinaten und Kontrolle (wichtig!):<br />

Xi+1 = Xi + Si cos ti + wx<br />

[S] Si<br />

Yi+1 = Yi + Si sin ti + wy<br />

[S] Si<br />

(Verbesserung = Soll - Ist)<br />

, i = 1, 2, 3, ...n Kontrolle : Xn+1 = X1 = 0 !<br />

Yn+1 = Y1 = 0 !<br />

36

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