siE HEissT «HOmmAgE à wAgNER - Kulturmagazin
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Man sieht Walter Brun seine bald 70 Jahre nicht an. Vielleicht<br />
ein Endfünfziger mag es sein, der da in der Sonne<br />
gelaufen kommt. Er kommt direkt vom Anwalt, wo er ein<br />
Haus überschrieb. normalerweise sei er so früh nicht<br />
wach, scherzt er. Es ist elf Uhr morgens.<br />
Wir treffen uns im Verkehrshaus, wo man neu Oldtimerfahrten<br />
buchen kann (siehe Kasten). Unser Entscheid<br />
fällt auf den Aston Martin, ein exklusiver Sportwagen mit<br />
britischer Technik und italienischer Karosserie, eine Kollaboration<br />
von Aston Martin und dem Mailänder Karosseriewerk<br />
Zagato. Der Wagen beginnt zu knurren, zu röhren,<br />
sobald der Zündschlüssel umgedreht ist. «Viel Lärm und<br />
wenig Leistung», lacht Walter Brun. Und dann beginnts zu<br />
riechen. Fein, nach Benzin. Jetzt einen Gang hochschalten.<br />
Diese Kiste fühlt man noch unter dem Arsch. «Das ist<br />
wahre Arbeit, diesen Wagen zu fahren», bemerkt Brun.<br />
«Der hat noch keine Servolenkung. Als wir in den Rennautos<br />
auf einmal Servolenkung hatten, musste ich neu<br />
fahren lernen. Ich steuerte immer zu fest. Das war ein ganz<br />
anderes Fahrgefühl.» Sowieso habe sich viel geändert.<br />
Früher sei bei den Autoherstellern das schnelle Gasgeben<br />
prioritär gewesen, heute das Bremsen.<br />
Es sah erst nicht so aus, dass Brun später auf internationalen<br />
Rennstrecken mitmischen würde. Der Sohn eines<br />
Escholzmatter Postbeamten, Bauern und Beizers (das Feldmoos)<br />
wurde früh in den Familienbetrieb eingespannt.<br />
«Mit zwölf Jahren war ich eine vollwertige Arbeitskraft.<br />
Heute würde man die Eltern einsperren», sagt Brun. Ohne<br />
Bitterkeit, wie es scheint, als blosse Feststellung. In den<br />
Rennsport kam er anfangs zwanzig, auf Raten der lokalen<br />
Bevölkerung. «Ich war der schnellste Entlebucher. Wir<br />
fuhren Rennen im Lehn (Weiler vor Escholzmatt, Anm. d.<br />
Red.) und immer, wenn ich auf der Strasse war, nahmen<br />
die Eltern ihre Kinder rein. Irgendwann fanden sie: Walti,<br />
geh Rennen fahren. So meldete ich mich für mein erstes<br />
Bergrennen an.»<br />
vom bergrennen zum sportwagenweltmeister<br />
Brun erzählt viel und ungebremst. Anekdoten aus früheren<br />
Zeiten, etwa wie ein Sportskollege im Berliner Kempinski-Hotel<br />
Pyros abfackelte und die ganze Mannschaft<br />
Hausverbot erteilt bekam. Man hört ihm gerne zu. Und es<br />
scheint ihn ein wenig zu wurmen, dass wir auf Kantonsstrassen<br />
fahren. Er selbst geht immer noch regelmäs sig auf<br />
Rennstrecken. Vor allem in Deutschland. Er findet, es sollte<br />
auch in der Schweiz solche Strecken geben. «All die Raser,<br />
die wir hier haben, würden sich dann dort die Grinde<br />
einfahren und nicht Unbeteiligte verletzen.» Er mag die<br />
Geschwindigkeit. Das hat sich auch nicht geändert, seit er<br />
1983 in nürnberg um ein Haar tödlich verunglückte. Radio<br />
und Fernsehen vermeldeten bereits, Brun sei gestorben, als<br />
er dann doch noch lebend aus dem Fahrzeugwrack geborgen<br />
wurde. «nach einem Unfall gibts nur eines: Schnellst-<br />
AusfAHRT<br />
möglich wieder reinsitzen und fahren.» Der Wechsel vom<br />
Berg- zum Sportwagenrennen sei schon eine Umstellung<br />
gewesen, «auf dem Berg war man alleine, auf der Bahn<br />
waren so viele. Aber nach drei Runden hatte ich es raus.»<br />
Damals sei der Rennsport ganz anders gewesen als heute.<br />
Es ging weniger um Geld und Technik, es hatte bis nach<br />
oben in die Formel 1 mehr Haudegen, Lebemänner, Persönlichkeiten.<br />
Mehr Rock ’n’ Roll. «Ich hatte immer mein<br />
Saxophon dabei und wir machten im 'Brun-Zelt' Rambazamba<br />
bis in die frühen Morgenstunden. Wir hatten eine<br />
Kapelle aus eigenen Leuten», erzählt Brun.<br />
Die Rennstrecke in Le Mans war wichtig für ihn. 14<br />
Mal fuhr er da zwischen 1971 und 2003 beim 24-Stunden-<br />
Rennen mit. 1984 fuhr er gemeinsam mit Leopold Prinz<br />
von Bayern und Bob Akin den vierten Rang ein. Auch in<br />
Daytona fuhr Brun 24-Stunden-Rennen. 1987 sogar bis<br />
auf den dritten Platz. Dank einer Heldentat seinerseits:<br />
«Ich habe meinen beiden Mitfahrern gesagt, sie sollen<br />
nicht Muscheln und solches Zeug fressen gehen, aber was<br />
haben sie gemacht? Den letzten Teil des Rennens verbrachten<br />
sie auf dem Klo<br />
und ich musste vier<br />
Stunden bei 78 Grad<br />
im Cockpit Runden<br />
fahren. Einatmen<br />
konnte man nur auf<br />
der Schattseite. Auf der Sonnseite hätte es einem glatt verbrannt.<br />
Das war sicher das verrückteste Rennen in meiner<br />
Karriere.» Bruns Lieblingsstrecke aber war immer Spa-<br />
Francorchamps: «Die war schnell und eben».<br />
formel 1 war ein fehler<br />
Walter Brun ist ein Original im ureignen Sinn. Ein unverfälschter<br />
Mensch. Und wenn ihm etwas Grobes durchs<br />
Mundwerk geht meint er, er sei halt ein Entlebucher. Dort<br />
sage man, was Sache sei. Und das tut er: «Ich machte zwei<br />
grosse Fehler in meinem Leben: Geschäftlich die Formel 1<br />
und privat heiraten. Aber aus der Formel 1 bin ich draussen<br />
und seit 45 Jahren glücklich geschieden.»<br />
Mit der Formel 1 kam es so: Als das deutsche GS-Team,<br />
für das Brun 1982 fuhr, in finanziellen nöten steckte,<br />
kaufte er es kurzerhand und taufte es in «Brun Motorsport»<br />
um. nachdem es in den Sportwagenmeisterschaften<br />
jeweils gut für das Team lief und Brun 1986 Sportwagen-<br />
8<br />
«Das ist wahre Arbeit,<br />
diesen Wagen zu fahren»