Das Selfsupportingframework der Universität Kassel
Das Selfsupportingframework der Universität Kassel
Das Selfsupportingframework der Universität Kassel
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Objektbericht<br />
–28–<br />
<strong>Das</strong> <strong>Selfsupportingframework</strong> <strong>der</strong> <strong>Universität</strong> <strong>Kassel</strong><br />
Manche nennen es „Hebelstabwerk“ o<strong>der</strong> „Nachlaufende Balken“,<br />
an<strong>der</strong>e wie<strong>der</strong>um sprechen von „selbstverschränkenden“<br />
Systemen. In <strong>der</strong> Literatur wird es „Mandala Dach“ o<strong>der</strong><br />
„reziprocal frame“ bezeichnet, hier soll es „selfsupportingframework“<br />
genannt werden. Die Rede ist von dem seit Jahrhun<strong>der</strong>ten<br />
bekannten Tragprinzip, mit dem einzelne, kurze<br />
Holzbalken über eine zimmermannsmäßige Verbindung an<br />
<strong>der</strong>en Enden zu einem Flächentragwerk zusammengesetzt<br />
werden. Die Spannweite dieser so erstellten Tragwerke übersteigt<br />
dabei die Länge <strong>der</strong> verwendeten Einzelelemente um<br />
ein Vielfaches.<br />
Autoren:<br />
Mischa Proll,<br />
Asko Fromm,<br />
Manfred Grohmann,<br />
Holger Schopbach<br />
Die Arbeit zum selfsupportingframework<br />
des Fachbereichs<br />
Architektur <strong>der</strong> <strong>Universität</strong><br />
<strong>Kassel</strong> in Kooperation<br />
mit dem Bundesbildungszentrum<br />
des Zimmerer- und Ausbaugewerbes<br />
in <strong>Kassel</strong> lässt<br />
sich grundsätzlich in zwei<br />
Fel<strong>der</strong> aufteilen. Erstens<br />
wurde durch die stetige Weiterentwicklung<br />
<strong>der</strong> technischen<br />
Hilfsmittel und die hieraus<br />
resultierenden Verän<strong>der</strong>ungen<br />
<strong>der</strong> Entwurfs- und<br />
Planungsprozesse im Baubereich<br />
ein anpassungsfähiges,<br />
intelligentes Tragsystem entwickelt.<br />
Durch den Einsatz einer<br />
eigenständig entwickelten<br />
Applikation können zweisinnig<br />
gekrümmte Geometrien<br />
mit geraden Balken unter Verwendung<br />
gleicher Querschnit -<br />
te nachgebildet werden.<br />
Zum Andreren bedarf es zur<br />
wirtschaftlichen Umsetzung<br />
von Freiformflächen und an<strong>der</strong>er<br />
räumlich komplexer<br />
Geometrien einer durchgehenden<br />
digitalen Prozesskette,<br />
vom Entwurf bis zur Fertigung.<br />
Die Entwicklung parametrischer<br />
Entwurfs- und Planungswerkzeuge<br />
zur interdisziplinären<br />
Kommunikation<br />
von Architekten, Ingenieuren<br />
und den Fertigungsfirmen för<strong>der</strong>t<br />
die Kommunikation und<br />
endet in einem kooperativ optimierten<br />
Tragwerk mit individuellen<br />
Bauteilen, welche zu<br />
eine wirtschaftlicheren Massenfertigung<br />
führen.<br />
Zur Umsetzung des selfsupportingframework<br />
wurde <strong>der</strong><br />
Werkstoff Holz ausgewählt.<br />
Dies geschah zum einen auf<br />
Grund des historischen Bezugs<br />
und <strong>der</strong> positiven Öko -<br />
bilanz des Baustoffes, vor allem<br />
aber auf Grund <strong>der</strong> sehr<br />
guten digitalen Bearbeitungsmöglichkeiten.<br />
Die Verwendung<br />
traditioneller Holz-Holz-<br />
Verbindungen war in den vergangen<br />
Jahren stetig zurückgegangen,<br />
da die in händischer<br />
Arbeit hergestellten,<br />
zimmermannsmäßigen Holzverbindungen<br />
auf Grund <strong>der</strong><br />
gestiegenen Lohnkosten nicht<br />
mehr als zeitgemäß anzusehen<br />
waren. Statt dessen wurden<br />
Holzelemente in großem Umfang<br />
beispielsweise mit Nagelplatten<br />
aus Stahl verbunden.<br />
Durch den mittlerweile weit<br />
verbreiteten Einsatz CNC gesteuerter<br />
Fertigungsmethoden<br />
hat sich die Situation verän<strong>der</strong>t,<br />
so dass die zimmermansmäßen<br />
Verbindungen aktuell<br />
eine Renaissance erleben. Zudem<br />
erlauben es diese Fertigungsmethoden<br />
nun auch,<br />
diese Anschlüsse in vielen<br />
geometrischen Variationen<br />
wirtschaftlich herzustellen.<br />
Ein aktuelles Beispiel für ei-<br />
nen digitalen Holzbau ist die<br />
Dachkonstruktion des im Mai<br />
2010 eröffneten Ablegers des<br />
Centre Pompidou in Metz.<br />
Im vorliegenden Artikel<br />
wird nun anhand des <strong>Selfsupportingframework</strong>s<br />
die Weiterentwicklung<br />
und Überführung<br />
einer traditionellen<br />
Holzverbindung hin zu digitalen<br />
Planungs methoden und<br />
parametrischen Modellen geschil<strong>der</strong>t.<br />
Es werden die Möglichkeiten<br />
aufgezeigt, doppelt<br />
gekrümmte Geometrien unter<br />
Verwendung gleicher Querschnitte<br />
wirtschaftlich zu erstellen.<br />
Historischer Stand <strong>der</strong><br />
Technik<br />
In einer Recherche nach bewährten<br />
und gleichzeitig geometrisch<br />
variabel einsetzbaren<br />
Konstruktionen wurden die<br />
<strong>Kassel</strong>er Studenten Mischa<br />
Proll und Andreas Günther<br />
auf das Prinzip des Hebelstabwerkes<br />
<strong>der</strong> Mandaladächer<br />
„reciprocal frame“ (RF) aufmerksam.<br />
Die erste schriftliche<br />
Dokumentation eines RF<br />
stammte aus dem 12. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />
von einem buddhistischen<br />
Mönch namens Chogen.<br />
Er entwickelte bzw. dokumentierte<br />
ein Prinzip <strong>der</strong> spiralförmigen<br />
Sedimentierung von<br />
Tempeln und Schreinen unter<br />
<strong>der</strong> Verwendung gera<strong>der</strong><br />
Holzbalken. Die Texte und<br />
Abbildungen Chogens, von<br />
dessen Bauten lei<strong>der</strong> keines<br />
erhalten ist, hatten großen<br />
Einfluss auf die RF - Bauten<br />
Abb. 1:<br />
Seiwa Exhibition Hall<br />
6/2010<br />
in China und Japan bis zur<br />
heutigen Zeit.<br />
Ein Beispiel für diese Bauweise<br />
ist die „Seiwa Exhibition<br />
Hall“ von Kazuhiro Ishii,<br />
o<strong>der</strong> die Weiterentwicklung<br />
des einzelnen RF-Systems das<br />
„Toyoson Stonemason Museum“<br />
von Yasufumi Kijima<br />
(1993). Durch die gleichbleibende<br />
Profilstärke entsteht<br />
eine kuppelförmige Struktur,<br />
die Krümmung <strong>der</strong> Kuppel<br />
kann durch den Profilquerschnitt<br />
und die Netzdichte bestimmt<br />
werden.<br />
Auch Leonardo da Vinci<br />
beschäftigte sich im 15 Jh. mit<br />
dem Konstruktionsprinzip des<br />
RF. So sind im Codex Madrid<br />
die ersten Skizzen des Prinzips<br />
eines Einzelsystems mit vier<br />
identischen Hölzern zu finden.<br />
Im später erstellten Codex Atlantico<br />
verbindet Leonardo<br />
einzelne RF-Sys teme zu einem<br />
flächigen Muster. Auch die<br />
Unterschiede in den Mustern
6/2010 –29– Objektbericht<br />
hat Leonardo Da Vinci bereits<br />
herausgearbeitet, er stellte eine<br />
Lösung mit einem viereckigen<br />
und einem dreieckigen RF als<br />
Sys tempunkt dar. Seine Überlegungen<br />
führten zur Skizze<br />
einer temporären Bogenbrücke.<br />
selfsupportingframework<br />
Pavillon<br />
Im Rahmen <strong>der</strong> Diplom -<br />
arbeit von Herrn Proll wurde<br />
ein Pavillon entworfen, <strong>der</strong><br />
das Prinzip <strong>der</strong> RF auf eine<br />
freie Geometrie appliziert. Die<br />
Produktion und Montage dieses<br />
Demonstrationsbauwerkes<br />
erfolgten in enger Kooperation<br />
mit dem Bundesbildungszentrum<br />
des Zimmerer- und<br />
Ausbaugewerbes in <strong>Kassel</strong>.<br />
Der Pavillon sollte die Funktionalität<br />
des entwickelten<br />
Tragsystems nachweisen und<br />
dessen geometrische Variabilität<br />
aufzeigen. Er ist 13,5 m<br />
lang und 5m breit. Betrachtet<br />
man die „design surface“, also<br />
die Oberfläche, welche die Systempunkte<br />
des Pavillons vorgibt,<br />
folgt sie als verschlungenes<br />
Band <strong>der</strong> Wegeführung<br />
des Platzes.<br />
Die design surface ist für<br />
den Pavillon sowohl Dach, als<br />
auch Wand und zeigt den universellen<br />
Anspruch des Konstruktionsprinzips.<br />
Die Anpassung des RF-Sys -<br />
temes an eine freie Geometrie,<br />
auch mit gegenläufiger Krümmung,<br />
wird durch eine an <strong>der</strong><br />
<strong>Universität</strong> <strong>Kassel</strong> im Fachgebiet<br />
„Tragkonstruktion“ durch<br />
die Studenten Andreas Günther<br />
und Mischa Proll entwi -<br />
ckelte Applikation ermöglicht.<br />
Um eine freie Geometrie mathematisch<br />
zu beschreiben,<br />
nutzt die Applikation eine<br />
NURBS Fläche (Freiformfläche)<br />
als „design surface“. Bei<br />
gleich bleiben<strong>der</strong> Profilstärke,<br />
Stablänge und Lage <strong>der</strong> Knoten<br />
auf den Stabachsen bildet<br />
sich die Form einer Kuppel.<br />
Eine Anpassung an eine nicht<br />
lineare Geometrie kann durch<br />
verän<strong>der</strong>liche Parameter geschehen.<br />
Jede Än<strong>der</strong>ung einer<br />
Verbindung zweier Stäbe,<br />
führt zur Än<strong>der</strong>ung aller direkt<br />
anschließenden Verbindungen.<br />
Mit <strong>der</strong> Anpassung<br />
<strong>der</strong> Stablänge, sowie <strong>der</strong> Knotenpunkte<br />
kann die Applikation<br />
das RF-System an eine<br />
freie Geometrie anpassen. Der<br />
gleichbleibende Abstand <strong>der</strong><br />
Mittelachsen aller Verbindungen<br />
wird nicht verän<strong>der</strong>t. Dies<br />
führt zu einer identischen<br />
Profilstärke mit dem Vorteil<br />
einer Fertigung aus gleichen<br />
Elementen bzw. Querschnitten<br />
(Holzbalken, Stahlträgern,<br />
Rundrohren etc.).<br />
Die Anpassungsfähigkeit<br />
des selfsupportingframeworks<br />
an eine freie Geometrie nimmt<br />
mit <strong>der</strong> Anzahl <strong>der</strong> Stäbe an<br />
den Systempunkten ab. Es<br />
werden mindestens drei Stäbe<br />
pro Systempunkt benötigt, um<br />
das Tragwerk zu errichten.<br />
Dadurch hat ein Dreiachsmus -<br />
ter die größtmögliche Anpassung<br />
und wurde als Basis für<br />
das selfsupportingframework<br />
gewählt.<br />
<strong>Das</strong> Programm startet mit<br />
<strong>der</strong> Festlegung <strong>der</strong> Systempunkte<br />
zur Erstellung des selfsupportingframeworks.<br />
Im Anschluss<br />
werden die Krümmungsradien<br />
<strong>der</strong> Fläche ausgelesen<br />
und mit den möglichen<br />
Radien verglichen, die<br />
sich aus dem Verhältnis des<br />
Querschnittes zur Netzdichte<br />
ergeben. Punkte die sich außerhalb<br />
des Bereiches befinden,<br />
werden mit ihren Nachbarpunkten<br />
auf <strong>der</strong> NURBS-<br />
Fläche verschoben, bis die<br />
Krümmungsradien wie<strong>der</strong><br />
durch die Struktur abgebildet<br />
werden.<br />
Bei <strong>der</strong> Wahl des Profils<br />
gibt es keine Einschränkungen,<br />
jede Form ist möglich.<br />
Bei Rundprofilen ermöglicht<br />
<strong>der</strong> Algorithmus, dass durch<br />
die optimale Anpassung die<br />
Rundstäbe aufeinan<strong>der</strong> liegen<br />
und sich nicht verschneiden.<br />
Somit wird kein Rundstab geschwächt<br />
und diese können<br />
selbst als Hohlprofile ihre<br />
volle Tragfähigkeit nutzen.<br />
Bei den rechteckigen Profilen<br />
liegen in den Kontenpunkten<br />
die Außenflächen <strong>der</strong> Profile<br />
nicht eben aufeinan<strong>der</strong>. Um<br />
eine Auflagefläche zu erhalten<br />
werden die Querschnitte durch<br />
Klauen geschwächt, jedoch<br />
nur auf das Minimum, welches<br />
für diese Anordnung <strong>der</strong><br />
Stäbe erfor<strong>der</strong>lich ist.<br />
Statische Berechnung<br />
Nach dem Vorentwurf wurden<br />
die drei streifenförmigen<br />
Auflager auf dem Baufeld mit<br />
Höhenangaben eingemessen.<br />
An diese Achsen wurde das<br />
Tragwerk angepasst, um mit<br />
möglichst geringen Erdarbeiten<br />
die Fundamente herstellen<br />
zu können. Es wurde eine ho-<br />
Abb. 2:<br />
Bogenbrücke aus dem Codex Madrid<br />
von Leonardo da Vinci<br />
Abb. 3:<br />
3D-Modell des selfsupportingframework
Objektbericht<br />
Abb. 4:<br />
Bil<strong>der</strong> vom Aufbau des selfsupportingframework<br />
an <strong>der</strong> <strong>Universität</strong><br />
<strong>Kassel</strong><br />
mogene Struktur aus 180<br />
Holzbalken mit den Abmaßen<br />
10cm x 10cm, Länge ca. 130<br />
cm erstellt. Je<strong>der</strong> dieser Balken<br />
hat einen identischen<br />
Querschnitt, ist jedoch durch<br />
die Anordnung seiner Ausfräsungen<br />
ein Einzelstück. Als<br />
Verbindungselement, auch zur<br />
Aufnahme von Zugkräften in<br />
den Berührungsflächen, wurden<br />
Schrauben mit Doppelgewinde<br />
von SFS-intec gewählt.<br />
–30–<br />
Die einfache und schnelle<br />
Verarbeitung war ein zusätzlicher<br />
Grund für die Wahl dieses<br />
Verbindungsmittels.<br />
<strong>Das</strong> selfsupportingframework<br />
ist ein Stabtragwerk; je<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> einzelnen Balken ist<br />
ein Einfeldträger, mit zwei<br />
Auflagern und drei Verbindungen.<br />
Um einen gleichmäßigen<br />
Kräfteverlauf zu gewährleisten<br />
sind die Fel<strong>der</strong><br />
des Trägers gleich aufgeteilt.<br />
<strong>Das</strong> hexagonale Muster hat<br />
gegenüber allen an<strong>der</strong>n Mustern<br />
den Vorteil, dass sich<br />
zwischen den Sechsecken aussteifende<br />
Dreiecke ergeben.<br />
Zusätzlich durch die Verteilung<br />
<strong>der</strong> Stäbe in drei Spannrichtungen<br />
erhöht sich die<br />
Steifigkeit des Gesamtsystems.<br />
An den Auflagern werden die<br />
Balken horizontal und vertikal<br />
gehalten; zusätzlich aussteifende<br />
Elemente, wie z. B. Diagonalstreben,<br />
können entfallen.<br />
Da das selfsupportingframework<br />
nur aus Balken besteht,<br />
können die Balken mit Stabelementen<br />
abstrahiert werden.<br />
Aufgrund <strong>der</strong> Konzeption des<br />
Tragwerkes haben die Stabachsen<br />
keine direkte Verbindung<br />
untereinan<strong>der</strong>, son<strong>der</strong>n<br />
einen durch die Holzdicke definierten<br />
Abstand. Die Berechnung<br />
<strong>der</strong> vier Verbindungen<br />
pro Stabachse wird mit separaten<br />
Stäben dargestellt, die<br />
die Verbindungen <strong>der</strong> Balken<br />
untereinan<strong>der</strong> darstellen. Um<br />
eine optimale Ausnutzung <strong>der</strong><br />
Balken und <strong>der</strong>en Verbindungen<br />
im Gesamttragwerk zu ermitteln,<br />
wurden die Balkenstärke,<br />
die Netzdichte, das<br />
Muster o<strong>der</strong> die Leitgemometrie,<br />
und somit das Gesamtsystem<br />
<strong>der</strong> vorhandenen Beanspruchung<br />
angepasst. Die<br />
Netzdichte kann dabei auch<br />
nur bereichsweise verän<strong>der</strong>t<br />
werden, um partiell den Ausnutzungsgrad<br />
<strong>der</strong> einzelnen<br />
Balken anzugleichen. Somit<br />
fließt die Kräfteverteilung des<br />
Stabwerkes automatisiert und<br />
sichtbar in die Gestaltung des<br />
Flächentragwerkes ein.<br />
Im Fall des selfsupportingframework<br />
wurden von dem<br />
Programm neben den Daten<br />
für das Rechenmodell auch<br />
sämtliche Winkel zwischen<br />
6/2010<br />
den Holzbalken und den Verbindungsmitteln<br />
ermittelt. Die<br />
in <strong>der</strong> Zulassung des Schraubenherstellers<br />
angegebenen<br />
Nachweisverfahren berücksichtigten<br />
die Ausrichtung <strong>der</strong><br />
Schraube zur Holzfaser und<br />
dessen Einschraubtiefe. Mit<br />
den vorhandenen Spannungen<br />
aus dem Stabwerksprogramm<br />
konnte die Standsicherheit<br />
<strong>der</strong> insgesamt 324<br />
Verbindungen nachgewiesen<br />
werden. Dabei müssen die<br />
Verbindungsmittel ausschließlich<br />
Zugkräfte aufnehmen,<br />
alle Druckkräfte werden durch<br />
die Klauenverbindungen in<br />
den Balken abgeleitet.<br />
Zur Fertigung <strong>der</strong> Stabelemente<br />
im Bundesbildungszentrum<br />
des Zimmerer- und<br />
Ausbaugewerbes erstellte die<br />
Applikation von jedem <strong>der</strong><br />
180 Balken ein geschlossenes<br />
Polygonnetz, welches die<br />
CAM Software <strong>der</strong> Abbundmaschine,<br />
einer Hundegger<br />
K2i, in einen Maschinencode<br />
umwandelte. Die eigentliche<br />
Produktion <strong>der</strong> Stäbe und<br />
auch <strong>der</strong> Aufbau wurden von<br />
11 Auszubildenden des Zimmererhandwerkes<br />
mit Zimmerermeister<br />
Jens Volkmann mit<br />
großem Engagement durchgeführt.<br />
Während des Aufbaus leis -<br />
teten die angehenden Zimmerleute<br />
hervorragende Arbeit.<br />
Es wurden zu Baubeginn<br />
je drei Stäbe zu einem Modul<br />
am Boden zusammengesetzt<br />
und anschließend ausgehend<br />
von den drei Fußpunkten<br />
nacheinen<strong>der</strong>, wie ein dreidimensionales<br />
Puzzle, zusammengesetzt.<br />
Durch das Erstellen<br />
eines Lehrgerüstes, welches<br />
exakt an das Gelände<br />
angepasst war, wurde das<br />
Aufstellen erleichtert. Die<br />
hohe Präzision <strong>der</strong> CNC gesteuerten<br />
Fertigungstechnik<br />
führte zum passgenauen Zusammensetzen<br />
aller Hölzer.<br />
Der selfsupportingframework<br />
Pavillon wurde innerhalb von<br />
zweieinhalb Tagen erstellt.<br />
Nach entfernen des Lehrgerüs -<br />
tes senkte sich <strong>der</strong> Pavillon<br />
um lediglich 12 mm im Maximum.<br />
Dies ist neben <strong>der</strong> Passgenauigkeit<br />
<strong>der</strong> Fertigung<br />
auch <strong>der</strong> Sorgfalt bei <strong>der</strong><br />
Montage zu verdanken.
6/2010 –31– Objektbericht/Fortbildung<br />
Fazit<br />
Die vollständige Parametrisierung<br />
des „reziprocal frames“<br />
erlaubt den Bau von nahezu<br />
beliebig geformten Flächen.<br />
Durch automatisierte Übergabe<br />
<strong>der</strong> Daten direkt an ein<br />
Stabwerksprogramm kommen<br />
die jeweiligen Strukturen analysiert<br />
und gegebenenfalls<br />
durch eine Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />
Parameter optimiert werden.<br />
Mit Hilfe dieser Plattform<br />
konnten Än<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> beteiligten<br />
Architekten, Ingenieure<br />
und <strong>der</strong> ausführenden<br />
Zimmerer schnell auf ihre Ef-<br />
Zunächst stellte Prof. Dr.<br />
Karl Robl, ZDB-Hauptgeschäftsführer,<br />
in seinem Einführungsvortrag<br />
dar, dass die<br />
Fachkräftesicherung das beherrschende<br />
Thema <strong>der</strong> nächsten<br />
Jahre und Jahrzehnte<br />
sein wird. Er machte deutlich,<br />
dass die Attraktivität des Zimmererberufes<br />
gesteigert werden<br />
muss, um dem Rückgang<br />
<strong>der</strong> Auszubildenden am Bau,<br />
insbeson<strong>der</strong>e im Holzbau, entgegen<br />
zu wirken. Dazu zählt<br />
fektivität zur Kosten- und<br />
Materialersparnis überprüft<br />
werden. Die ebenfalls in die<br />
digitale Prozesskette integrierte<br />
CNC gesteuerte Abbundmaschine<br />
machte es<br />
schließlich möglich, dass es<br />
trotz <strong>der</strong> großen Anzahl unterschiedlicher<br />
Verbindungen<br />
möglich war, die Gesamtgeometrie<br />
bis unmittelbar vor <strong>der</strong><br />
Fertigung zu verän<strong>der</strong>n. Der<br />
geringe Bearbeitungsaufwand<br />
und <strong>der</strong> minimale Verschnitt<br />
<strong>der</strong> Balken hat die Kosten zur<br />
Erstellung einer freien Geometrie<br />
erheblich reduziert.<br />
Durch dieses Demonstrations-<br />
bauwerk wird das Potenzial<br />
des nachwachsenden Baustoffes<br />
Holz auch zum Bau von<br />
zweisinning gekrümmten Flächen<br />
unter Verwendung digitaler<br />
Planungsmethoden weiter<br />
verdeutlicht. �<br />
Projekt Team<br />
Universitat <strong>Kassel</strong>,<br />
Fachbereich Architektur<br />
Fachgebiet Tragkonstruktion:<br />
Prof. Dipl.-Ing. M. Grohmann,<br />
Dipl.-Ing. A. Fromm, Dipl.-<br />
Ing. M. Proll, A. Gunther<br />
Fachgebiet Digitale Entwurfstechniken:<br />
Dipl.-Ing. K. Wiertelarz<br />
Abb. 5:<br />
<strong>Das</strong> <strong>Selfsupportingframework</strong> an <strong>der</strong><br />
<strong>Universität</strong> <strong>Kassel</strong><br />
Bundesbildungszentrum des<br />
Zimmerer- und Ausbaugewerbes<br />
Dr.-Ing. H. Schopbach, Zimmerer-<br />
und Dachdeckermeister<br />
J. Volkmann, Dipl.-Ing. H.<br />
Neuenhagen<br />
Sponsoren<br />
SFS intec<br />
Stahlbau Lamparter<br />
Säge- und Hobelwerk<br />
Oberweser<br />
Offensive Aufstiegsqualifizierung von Holzbau Deutschland<br />
Auf dem Berufsbildungskongress am 21. Oktober 2010 in <strong>Kassel</strong><br />
hat Holzbau Deutschland – Bund Deutscher Zimmermeister<br />
die „Offensive Aufstiegsqualifizierung“ gestartet. <strong>Das</strong> zugrunde<br />
liegende zentrale Ziel ist die Sicherung von qualifizierten<br />
Fach- und Führungskräften.<br />
eine lebenslange Weiterbildung<br />
mit Aufstiegschancen<br />
wie dem Erwerb des Meistertitels,<br />
aber auch Studienmöglichkeiten<br />
im Anschluss an<br />
die Berufsausbildung.<br />
Karl Hoffmeister, Vorsitzen<strong>der</strong><br />
des Berufsbildungsausschusses,<br />
sowie Dieter Kuhlenkamp<br />
von Holzbau<br />
Deutschland, stellten die<br />
„Offensive Aufstiegsqualifizierung“<br />
als Antwort auf die<br />
Entwicklungen <strong>der</strong> vergange-<br />
nen Jahre dar, in denen das<br />
Niveau <strong>der</strong> Fortbildungen insbeson<strong>der</strong>e<br />
bei <strong>der</strong> Meisterprüfung<br />
durch den Wegfall <strong>der</strong><br />
Berufspraxis sowie <strong>der</strong> Aufweichung<br />
<strong>der</strong> Bestehensregelung<br />
(30%-Grenze) abgebaut<br />
wurde.<br />
Die „Offensive Aufstiegsqualifizierung“<br />
von Holzbau<br />
Deutschland umfasst den folgenden<br />
Maßnahmenkatalog.<br />
Verbandseigene Qualifikationen<br />
anerkannt von<br />
Holzbau Deutschland<br />
Ausgehend von den bestehenden<br />
Fortbildungen wurden<br />
Kernanfor<strong>der</strong>ungen festgelegt,<br />
die für eine zusätzliche Aner-<br />
kennung durch Holzbau<br />
Deutschland nachgewiesen<br />
werden müssen.<br />
Anerkennung von Bildungseinrichtungen<br />
im<br />
Zimmererhandwerk durch<br />
Holzbau Deutschland<br />
Zur Realisierung <strong>der</strong> gefor<strong>der</strong>ten<br />
Qualitätsstandards hat<br />
Holzbau Deutschland ein freiwilligesAnerkennungsverfahren<br />
für Bildungseinrichtungen<br />
im Zimmererhandwerk eingerichtet,<br />
um die Qualität in <strong>der</strong><br />
Fort- und Weiterbildung zu<br />
steigern und eine bessere Vergleichbarkeit<br />
von Bildungsstätten<br />
zu schaffen. Die notwendige<br />
Zertifizierung wurde
Fortbildung<br />
Jens Volkmann, Dr. Holger Schopbach<br />
und Helmhard Neuenhagen präsentieren<br />
Ergebnisse des Komzet-Leitantrages<br />
von Martin Paul Gorchs, Landesinnungsverband<br />
des Bayerischen<br />
Zimmererhandwerks,<br />
erläutert.<br />
Eine wesentliche Kernanfor<strong>der</strong>ung<br />
ist die Einhaltung des<br />
neuen bundeseinheitlichen<br />
Rahmenlehrplans zur Vorbereitung<br />
auf die Meisterprüfung<br />
im Zimmererhandwerk,<br />
<strong>der</strong> für die Teile I und II insgesamt<br />
1450 Stunden vorsieht.<br />
Helmhard Neuenhagen,<br />
Geschäftsführer im Bundesbildungszentrum<br />
des Zimmererund<br />
Ausbaugewerbes, stellte<br />
die wesentlichen Eckpunkte<br />
des in <strong>Kassel</strong> entwickelten<br />
Lehrplans vor.<br />
Anzeige<br />
Aufgabensammlung für<br />
die Meisterprüfung im<br />
Zimmererhandwerk<br />
Um das Niveau von Meis -<br />
terprüfungen auf <strong>der</strong> Grundlage<br />
des bundeseinheitlichen<br />
Rahmenlehrplans zu sichern<br />
und den Prüfungsausschüssen<br />
Hilfe bei <strong>der</strong> Erstellung von<br />
Prüfungsaufgaben zu geben,<br />
wird im Sommer 2011 sowie<br />
2012 jeweils eine Aufgabensammlung<br />
für die Meisterprüfung<br />
im Zimmererhandwerk<br />
veröffentlicht. Verantwortlich<br />
für die Erstellung zeichnen<br />
das Bundesbildungszentrum<br />
<strong>Kassel</strong> sowie das Zimmerer-<br />
Ausbildungszentrum Biberach.<br />
Dr. Holger Schopbach sowie<br />
Maximilian Schnei<strong>der</strong> stellten<br />
am Nachmittag des Kongresses<br />
einen Zwischenstand <strong>der</strong><br />
Bearbeitung vor.<br />
Unterstützung von<br />
Meisterschülern und<br />
Meisterschulen<br />
Holzbau Deutschland unterstützt<br />
Meisterschüler und<br />
Meisterschulen durch einen<br />
–32–<br />
zeitlich befristeten Zugang zu<br />
den Mitglie<strong>der</strong>informationen<br />
in <strong>der</strong> BDZ-Infoline, wo u. a.<br />
Merkblätter, Informationen<br />
aus den Bereichen Technik,<br />
Unternehmensführung sowie<br />
Marketing und die Fachregeln<br />
zu finden sind. Hierüber informierte<br />
Dieter Kuhlenkamp<br />
von Holzbau Deutschland.<br />
Ausführliche Informationen<br />
zur Offensive Aufstiegsqualifizierung<br />
unter www.holzbaudeutschland.de.<br />
Leitantrag Kompetenzzentrum<br />
des Zimmererund<br />
Holzbaugewerbes<br />
Im Rahmen des Berufsbildungskongresses<br />
stellte das<br />
Bundesbildungszentrum des<br />
Zimmerer- und Ausbaugewerbes<br />
die Ergebnisse seines<br />
Leitantrages zur Anerkennung<br />
als Kompetenzzentrum<br />
(Komzet) des Zimmerer- und<br />
Holzbaugewerbes vor. Hierzu<br />
referierten Jens Volkmann,<br />
Dr. Holger Schopbach sowie<br />
Helmhard Neuenhagen.<br />
Im Teil I des Antrages wurden<br />
in 4 verschiedenen Modu-<br />
6/2010<br />
len (CAD- und CNC-Technik,<br />
Konstruktionsplanung mit<br />
condetti, Dachdeckungen für<br />
Zimmerer sowie Ingenieur-<br />
Holzbau) Schulungsunterlagen<br />
für die Lehrlingsausbildung<br />
erarbeitet.<br />
Im Teil II wurde Methoden<br />
erarbeitet, um die zunehmend<br />
anspruchsvolleren Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
<strong>der</strong> Normen, insbeson<strong>der</strong>e<br />
DIN 1052, benutzerfreundlich<br />
aufzubereiten.<br />
Hierfür wurden zahlreiche<br />
Zeichnungen und Animationen<br />
erstellt, die in Mustervorträgen<br />
eingebunden wurden.<br />
Ergänzend wurden, in Zusammenarbeit<br />
mit <strong>der</strong> Uni <strong>Kassel</strong><br />
sowie <strong>der</strong> TU München, Versagensmechanismen<br />
von Holz<br />
und seinen Verbindungsmittel<br />
in Filmen dokumentiert, umfangreiche<br />
Bildkataloge zur<br />
Holzrahmenbauweise sowie<br />
eine Formelsammlung zur Bemessung<br />
erstellt.<br />
Teil III beschäftigte sich mit<br />
<strong>der</strong> Entwicklung eines Informationspools<br />
mit Lehrgangskonzepten<br />
und Schulungsunterlagen<br />
zur Einbindung mo<strong>der</strong>ner<br />
CNC-Techniken in den<br />
Holzbau, Teil IV mit <strong>der</strong> Entwicklung<br />
eines internationalen,<br />
modularen Holzbaulehrgangs.<br />
Nahezu alle erstellten Aufgaben<br />
stehen als pdf-Datei<br />
kostenlos im Download-Bereich<br />
des Bundesbildungszentrums<br />
(www.bubiza.de) bzw.<br />
unter www.holzbau-kompetenzzentren.de<br />
zur Verfügung.<br />
Lauffähige Vorträge, Bil<strong>der</strong><br />
und Animationen in hoher<br />
Auflösung etc. können gegen<br />
eine geringe Gebühr (zwischen<br />
20,– und 35,– Euro)<br />
beim Bundesbildungszentrum<br />
angefor<strong>der</strong>t werden. �