CARE affair No.10 Intim
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Da geht<br />
doch was!<br />
Von MARINA STARCEVIC CVIKO<br />
aufgezeichnet von JOHANNA MITSCHERLICH<br />
Foto: BRANKO BIRAC<br />
Nicht intim im Team?<br />
Schwierig, wenn man<br />
sich im Berufsleben<br />
Hals über Kopf verliebt.<br />
Eine Liebesgeschichte<br />
ohne Grenzen.<br />
„Da geht doch was!“ Das habe ich schon mehr als einmal gedacht in meinem<br />
Arbeitsleben, wenn ich so manche Kollegen zusammen sah. Klar, man verbringt die<br />
meiste Zeit des Tages miteinander, man scherzt, geht gemeinsam zum Mittagessen<br />
und lässt sich bei der Betriebsfeier von der gelösten Stimmung mitreißen. Viele Menschen<br />
lernen ihren Partner im beruflichen Umfeld kennen. Theoretisch war mir immer<br />
klar, dass das passieren kann. Nur definitiv nicht mir, da war ich sicher. Als ich<br />
Adnan das erste Mal sah, sprühten auch keine Funken. Es war keine Liebe auf den<br />
ersten Blick, im Gegenteil. „Wer ist dieser Typ? Wie kann jemand nur so laut lachen<br />
und sprechen?“, dachte ich mir, als ich ihn im Hotel Terme in Sarajevo sah. Er saß in<br />
der Lobby auf einer roten Couch, um ihn herum scharrten sich sämtliche Kollegen.<br />
Ich kannte ihn zu dem Zeitpunkt noch nicht, wusste nur, ich werde mit ihm zusammenarbeiten<br />
müssen. Ich war genervt und fragte mich, wie das nur klappen sollte.<br />
Ich arbeite seit über zehn Jahren für <strong>CARE</strong> in Serbien. Nachdem ich lange Zeit<br />
in der Jugendarbeit und im Einsatz gegen den Menschenhandel aktiv war, koordiniere<br />
ich seit 2008 unsere „Young Men Initiative“ in Serbien. Hier geht es darum, fragwürdigen<br />
Männerbildern und Gewalt gegen Frauen und Mädchen entgegenzuwirken. Wir<br />
bilden Jugendleiter und Lehrkräfte aus, damit Themen wie Frieden, Geschlechtergerechtigkeit<br />
und Gewaltfreiheit sowohl in der Freizeit als auch im Schulunterricht nicht<br />
zu kurz kommen. Wir fördern den Frieden und arbeiten daran, ethnische Segregation,<br />
Stereotype und Misstrauen auf dem Balkan zu überwinden. Vielerorts hat der Bürgerkrieg<br />
bis heute tiefe Spuren im Alltag und in den Köpfen der Menschen hinterlassen.<br />
Adnan und ich trafen uns also zusammen mit vielen anderen Kollegen in Sarajevo,<br />
um die Fortschritte und Ausweitung unserer Arbeit in Bosnien und Herzegowina,<br />
Kroatien und Serbien zu diskutieren. Adnan arbeitete als Projektkoordinator für unsere<br />
bosnische Partnerorganisation. Während unseres Treffens an dem Tag fand ich ihn<br />
immer noch laut und für meinen Geschmack erzählte er zu viele Witze, aber ich lernte<br />
ihn dann schnell als Kollegen schätzen. Adnan war enthusiastisch, arbeitete hart, hatte<br />
gute Ideen und man konnte sehr unkompliziert mit ihm zusammenarbeiten. In den<br />
kommenden Monaten koordinierten wir uns sehr stark. Es verging kaum ein Tag, an dem<br />
wir nicht in Kontakt standen. Die „Young Men Initiative“ war für uns nicht nur Arbeit, sie<br />
war auch unser Leben. Wir waren glücklich über die Veränderungen, die wir in unseren<br />
Gemeinden erreichen konnten. Wir diskutierten und lachten viel und konnten einiges<br />
gemeinsam bewegen. Niemals wäre mir jedoch in den Sinn gekommen, dass Adnan<br />
mehr als ein Kollege sein könnte. Ich war Anfang dreißig und hatte zu dem Zeitpunkt<br />
<strong>CARE</strong> <strong>affair</strong> N o. 10 — <strong>Intim</strong><br />
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