Perspektive Nr. 59 Frühjahr 2017
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FernUni <strong>Perspektive</strong> Seite 3<br />
Interdisziplinäres Kolloquium<br />
Europäische Governance in der Krise<br />
Welche Methoden und Instrumente<br />
wirtschaftspolitischer Steuerung<br />
können die Folgen der Krise<br />
der Europäischen Union nachhaltig<br />
bekämpfen und dem Auseinanderdriften<br />
der Volkswirtschaften<br />
und der nationalen Wirtschaftspolitiken<br />
entgegenwirken? Transferoder<br />
Ausgleichsleistungen? Für regionsspezifische<br />
Ansätze? Um „Europäische<br />
Governance in der Krise“<br />
ging es bei der Jahrestagung des<br />
Dimitris-Tsatsos-Instituts für Europäische<br />
Verfassungswissenschaften<br />
(DTIEV) der FernUniversität in Hagen.<br />
Das interdisziplinäre Kolloquium<br />
„Patentrezept oder Antworten<br />
nach Maß? Historische, ökonomische<br />
und juristische Aspekte Europäischer<br />
Governance in der Krise“<br />
des Dimitris-Tsatsos-Instituts fand<br />
dieses Mal gemeinsam mit der Università<br />
del Salento (Lecce) und der<br />
Group of Lecce statt.<br />
„Ist es wirklich sinnvoll, für einen<br />
großen und heterogenen Wirtschaftsraum<br />
wie die EU generelle<br />
Konzepte festzuschreiben und für<br />
deren strikte Anwendung in allen<br />
Regionen zu sorgen?“, fragte der<br />
Direktor des Instituts, Prof. Dr. Peter<br />
Brandt, in seiner Eröffnungsrede.<br />
„Der Brexit hat wohl dem letzten<br />
Optimisten verdeutlicht, dass<br />
das europäische Einigungsprojekt in<br />
eine tiefe Krise geraten ist.“ Schon<br />
die ablehnenden Voten zum Verfassungsvertrag<br />
in Frankreich und<br />
in den Niederlanden vor rund einem<br />
Jahrzehnt hätten gklar ezeigt,<br />
dass die Legitimität EU-Europas für<br />
einen großen Teil der Bürgerinnen<br />
Einer der Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, die sich an der engagierten Diskussion aus der Sicht ihrer jeweiligen Fachrichtung<br />
beteiligten.<br />
und Bürger aus unterschiedlichen<br />
Gründen im Schwinden begriffen<br />
war. Es ging, so Brandt weiter, dabei<br />
nicht allein um nationalistische<br />
Affekte: „Man durfte schon damals<br />
fragen, ob die Art und Weise,<br />
wie die EU-Institutionen darauf reagiert<br />
haben, angemessen war. Dabei<br />
sind gerade wir im DTIEV uns<br />
bewusst, wie doppelbödig manche<br />
nationalstaatliche, nicht zuletzt<br />
deutsche Politiker operieren, indem<br />
sie in Brüssel mit durchsetzen, was<br />
sie dann zuhause als EU-Oktroi kritisieren,<br />
wenn es unpopulär zu sein<br />
scheint.“<br />
Interdisziplinarität<br />
selten praktiziert<br />
„Interdisziplinarität wird oft beschworen<br />
und selten praktiziert“,<br />
betonte Brandt. Unterschiedliche<br />
Denktraditionen, methodische Zugänge<br />
und Fachkulturen erschweren<br />
jedoch selbst benachbarten<br />
Wissenschaftsdisziplinen die Zusammenarbeit.<br />
So etwa, wenn es<br />
um die Problematik der Verfassungsstaatlichkeit<br />
geht. Vor allem<br />
Rechts-, Politik- und Geschichtswissenschaft<br />
befassen sich aus unterschiedlichen<br />
Blickwinkeln mit der<br />
Entstehung, der rechtlichen Regelung<br />
und der Funktionsweise konstitutioneller<br />
politischer Ordnungssysteme,<br />
mit Verfassungsrecht und<br />
Verfassungswirklichkeit.<br />
Das Verhältnis zwischen Nationalstaaten<br />
und EU werde selbst dann<br />
kompliziert bleiben, wenn es gelinge,<br />
die „Gemeinschaft der Staaten“<br />
durch eine weitergehende Mitwirkung<br />
der Völker beziehungsweise<br />
der Bürgerinnen und Bürger Europas<br />
zu ergänzen. Das gelte auch<br />
für die europäische Governance in<br />
der Krise.<br />
Prinzip des Wettbewerbs<br />
In ihrem Eröffnungspaneel „Strukturvielfalt<br />
und wirtschaftliches<br />
Gleichgewicht in einer Währungsunion“<br />
schilderte Prof. Dr. Mechthild<br />
Schrooten, Volkswirtschaftlerin<br />
an der Hochschule Bremen, die<br />
Entwicklung der EU und ihre Wandlung<br />
zu einer „Rendite-orientierten<br />
Volkswirtschaft“. Wenn das „Prinzip<br />
des Wettbewerbs“ gelte, sei<br />
es selbstverständlich, dass „Europa<br />
auseinanderfliegt“, so die Volkswirtschaftlerin,<br />
„weil es im Wettbewerb<br />
nur Gewinner und Verlierer<br />
gibt. Es wird langsam deutlicher,<br />
dass Solidarität wichtiger ist!“<br />
Es lag in der Natur der Sache, dass<br />
ihr Vortrag bei den Wissenschaftlerinnen<br />
und Wissenschaftlern, die<br />
verschiedene Disziplinen vertraten,<br />
nicht auf ungeteilte Zustimmung<br />
stieß. Auf ungeteiltes Interesse aber<br />
auf jeden Fall.<br />
Da<br />
Prof. Mechthild Schrooten referierte über die Entwicklung der EU zu einer<br />
„Rendite-orientierten Volkswirtschaft.“<br />
Binationales Promotionsabkommen<br />
Fuß im thailändischen Bildungsmarkt<br />
Die FernUniversität in Hagen und die<br />
King Mongkut‘s University of Technology<br />
North Bangkok (KMUTNB)<br />
haben ein binationales Promotionsabkommen<br />
unterzeichnet. Die Dekane<br />
der Fakultät für Mathematik<br />
und Informatik der FernUniversität<br />
in Hagen, Prof. Dr. Jörg Desel, und<br />
der Faculty of Information Technology<br />
der KMUTNB, Assoc. Prof. Dr.<br />
Phayung Meesad, tauschten die von<br />
ihnen, der Rektorin der deutschen<br />
und dem Präsidenten der Bangkoker<br />
Universität unterzeichnete Erweiterung<br />
des bereits seit 2008<br />
bestehenden Kooperationsvertrages<br />
aus. Statt der bisher notwendigen<br />
Einzelfallentscheidungen in<br />
Von Seiten der FernUniversität nahmen unter anderem Dekan Prof. Jörg Desel (Mitte), Prof. Herwig Unger (rechts neben dem<br />
Dekan) und Prof. Wolfgang Halang (3.v.li.) am Vertragaustausch teil.<br />
beiden Hochschulen darüber, ob<br />
eine Doktorandin oder ein Doktorand<br />
aus Thailand den Doktorgrad<br />
dort und in Deutschland erreichen<br />
können soll, ist dies nun generell geregelt.<br />
Der bürokratische Aufwand<br />
reduziert sich dadurch erheblich.<br />
Lob des DAAD<br />
Lob kam vom Leiter des Informationszentrums<br />
des Deutschen Akademischen<br />
Austauschdienstes (DAAD)<br />
in Bangkok: „Binationale Promotionen<br />
kommen hier bisher kaum vor.<br />
Und wenn doch, dann ad hoc auf<br />
der Basis von Einzelvereinbarungen.<br />
In der Regel streben die Studierenden<br />
ausschließlich einen deutschen,<br />
europäischen oder amerikanischen<br />
Abschluss an. Thailändische<br />
Bildungseinrichtungen, Ministerien<br />
und Stipendiengeber haben dagegen<br />
einheimische Abschlüsse im Fokus.<br />
Insofern ist das Abkommen mit<br />
der KMUTNB bemerkenswert, denn<br />
damit bekommt die FernUniversität<br />
einen Fuß in den thailändischen Bildungsmarkt,<br />
nach dem viele deutsche<br />
Unis händeringend suchen.“<br />
Prof. Desel ergänzt: „Dass wir mit<br />
unserem Engagement dort richtig<br />
liegen, wird nicht zuletzt durch<br />
zahlreiche Kooperationen anderer,<br />
auch sehr renommierter Hochschulen<br />
dort belegt. Wir leisten mit unserer<br />
Vereinbarung Pionierarbeit.“<br />
Unterstützt wird das Projekt der Hagener<br />
Fakultät für Mathematik und<br />
Informatik nicht nur vom DAAD,<br />
sondern auch von der Deutschen<br />
Botschaft in Bangkok.<br />
In der thailändischen Hauptstadt<br />
wird ein Kontaktpunkt für die administrative<br />
Unterstützung der erweiterten<br />
Zusammenarbeit sowie<br />
als Anlaufstelle für Interessierte und<br />
zur Betreuung von Promovierenden<br />
zuständig sein.<br />
Da