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RAL 1015 taxi news Heft 1-2014

Freie und unabhängige Zeitschrift für das Taxigewerbe

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W GEWERBEVERTRETUNGEN<br />

Fristgerecht kündigte die Firma Verträge mit<br />

den Taxibetrieben und bot ein neues Preismodell<br />

an. Eine sogenannte „Fairmittlungsgebühr“<br />

soll jetzt den Festpreis pro Auftrag<br />

ersetzen. Bei diesem Modell werden die<br />

Aufträge versteigert. Ursprünglich sollten die<br />

Fahrer bis zu 30 Prozent des Umsatzwertes<br />

bieten, um die begehrten Taxifahrten zu ermy<strong>taxi</strong>:<br />

Auktionshaus für Taxifahrten?<br />

gattern. Nach massiven Protesten aus dem<br />

Taxigewerbe wurde der „Schieberegler“ für<br />

die „Fairmittlungsgebühr“ auf einen Bereich<br />

von 3 bis 15 Prozent zurückgenommen. Die<br />

Absicht, die hinter diesem Ansinnen steht,<br />

ist klar. Die Macher von my<strong>taxi</strong> wissen, dass<br />

es ein Überangebot an Taxen gibt. Deshalb<br />

setzen sie darauf, dass „dümmere“ Taximy<strong>taxi</strong><br />

ist die Marke der Firma Intelligent-<br />

Apps. Diese Firma hat sich als Konkurrent der<br />

traditionellen Funkzentralen im Taxigewerbe<br />

etabliert. Sie verkauft Beförderungsaufträge<br />

an Taxifahrer. Mit dem Einsatz von billiger<br />

moderner Technologie (den sogenannten<br />

Taxi-Apps) und einem neuen Preismodell<br />

(der Bezahlung pro Auftrag) hat die Firma<br />

den Auftragsvermittlungsmarkt aufgemischt.<br />

Der Preis, den die StartUp-Firma für ihre<br />

Vermittlungsdienste forderte, war niedriger<br />

als die Entgelte, die Funkzentralen in Rechnung<br />

stellten. Bis zum 31.01.<strong>2014</strong> verlangte<br />

my <strong>taxi</strong> 0,79 € pro Auftrag. Wenn wir von<br />

einem durchschnittlichen Wert von 15,00 €<br />

pro Vermittlungsauftrag ausgehen, dann belief<br />

sich diese Gebühr folglich auf etwas mehr<br />

als 5 Prozent des Umsatzes. Das reicht My<strong>taxi</strong><br />

beziehungsweise den hinter dieser Firma<br />

stehenden Investoren nun wohl nicht mehr.<br />

fahrer den Schieberegler bis zum Anschlag<br />

aufdrehen, um an die begehrten Aufträge<br />

zu gelangen. Auf diese Weise hoffen sie den<br />

Renditeerwartungen ihrer Investoren gerecht<br />

zu werden. Kickt das nun my<strong>taxi</strong> aus dem<br />

Berliner Markt?<br />

Die BTV vertritt nur drei nichtverhandelbare<br />

Grundpositionen. Kein BTV-Mitglied darf<br />

„Umsatz wegdrücken“, kein BTV-Mitglied<br />

darf Fahrgäste betrügen, und jedes BTV-Mitglied<br />

verpflichtet sich, der Kundschaft saubere<br />

und gepflegte Fahrzeuge anzubieten. Für<br />

alle anderen Probleme versuchen wir die<br />

bestmöglichen Lösungen für unsere Mitglieder<br />

zu fi nden. Häufi g klappt das mit Nachdenken<br />

und Überzeugen, manchmal müssen<br />

wir die Probleme durch Ausprobieren lösen.<br />

Zum Angebot von my<strong>taxi</strong> gibt es im Vorstand<br />

der Berliner Taxivereinigung zwei Positionen,<br />

die ich im Folgenden darstellen werde.<br />

In der Spalte Pro werde ich dafür plädieren,<br />

das neue Vertragsangebot von my<strong>taxi</strong><br />

anzunehmen. Die Contraposition wird von<br />

An dreas Domek und Rainer A. vertreten. Rainer<br />

wirbt für Boykott, Andreas dafür, die Geschäftsbeziehungen<br />

zu my<strong>taxi</strong> einzustellen.<br />

Pro<br />

Ich werde den Vertrag mit my<strong>taxi</strong> verlängern,<br />

nachdem ich die Mitteilung erhalten habe, dass die<br />

Einstellung der Prozente auf dem „Schieberegler“<br />

nur durch mich, den Unternehmer, vorgenommen<br />

werden kann. Alles andere ist für mich nicht verhandelbar,<br />

weil ich schließlich als „Zahlmeister“<br />

für das Begleichen der Rechnungen verantwortlich<br />

bin. 15 Prozent Provision für einen Vermittlungsauftrag<br />

machen für mich jeden beliebigen Auftrag<br />

uninteressant, weil dadurch meine variablen Kosten<br />

auf über 100 Prozent getrieben werden. Wie<br />

wir alle wissen, setzen sich diese variablen Kosten<br />

zusammen aus: 65 Prozent für Lohn und Lohnnebenkosten<br />

+ 21 Prozent für variable Kosten wie<br />

Treibstoff, Instandhaltung, Reparatur, Wertverzehr<br />

und Pfl ege der Fahrzeuge. 15 Prozent Vermittlungsgebühr<br />

steigern die Kosten folglich auf 101<br />

Prozent, ohne dass ich feste Kosten bezahlt oder<br />

irgendeinen Gewinn erzielt habe. Ich werde den<br />

„Schieberegler“ auf 3 Prozent einstellen.<br />

Das senkt meine Kosten für my<strong>taxi</strong>-Aufträge für<br />

die kürzeren Fahrten und treibt meine variablen<br />

Kosten (einschließlich der Lohnkosten) auf „nur“<br />

89 Prozent des Umsatzes hoch. Meine Fahrer wissen,<br />

dass es nur möglich ist, höhere Prozentsätze<br />

zu bieten, wenn ich die Löhne senke. Das wollen<br />

sie nicht. Wenn sich ausreichend viele rationale<br />

Unternehmer im „Auktionshaus my<strong>taxi</strong>“ einfinden,<br />

dann könnte das die Preise auf betriebswirtschaftlich<br />

vernünftigem Niveau halten. Ich hoffe, dass<br />

solches Verhalten im gesamten Gewerbe ein Signal<br />

setzt. Dieses Signal lautet: Lasst die Kirche im Dorf.<br />

Ein bankrotter Taxiunternehmer nützt niemandem.<br />

Nur wer mitmacht, hat vielleicht eine Chance, etwas<br />

zu verändern. Wer sich verweigert, ist einfach<br />

draußen.<br />

Richard Leipold<br />

Contra<br />

Liebe Kollegen, mein Vorschlag zum Thema my<strong>taxi</strong> ist ein Boykott von my<strong>taxi</strong>,<br />

bis sie von ihren überzogenen Vorstellungen wieder abgehen. Ein Boykott hat meiner<br />

Meinung nach den Vorteil, dass wir zeigen, dass wir weiter durchaus an einer<br />

Zusammenarbeit interessiert sind. Aber my<strong>taxi</strong> gefährdet seine Kundenbasis, und<br />

die wissen, wie teuer es wird, verlorene Kunden wieder zu gewinnen. Außerdem<br />

haben wir in diesem Fall die Möglichkeit, Kollegen die sich nicht beteiligen, per App<br />

zum Gespräch zu bitten.<br />

Mit kollegialem Gruß Rainer A.<br />

Die Geschäftsleitung von my<strong>taxi</strong> will nur unser Bestes. Na klar, unser Geld. O.k.,<br />

karitativ tätig sind die traditionellen Funkgesellschaften, Taxi.eu und verschiedene<br />

andere Taxi-App-Anbieter auch nicht. Aber so scham- und rücksichtslos wie die von<br />

Risikokapitalgebern angetriebenen, gewerbefremden MyTaxler sind die bei Weitem<br />

nicht. Ein Hermann Waldner z. B. hat selbst als kleiner Taxiunternehmer angefangen<br />

und weiß, wie das Taxigewerbe tickt und wie (wenig) wir verdienen, und dass man<br />

eine schlanke Milchkuh melken kann, aber ihr tunlichst nicht auf Dauer das Blut abzapfen<br />

sollte. Es ist gut, dass my<strong>taxi</strong> zu einer Zeit sein einnehmendes Wesen zeigt,<br />

wo es noch nicht annähernd marktbeherrschend ist. Denn da können wir ihnen noch<br />

entgegentreten und dem Versteigern von Fahraufträgen eine deutliche Absage erteilen.<br />

Jeder muss sich überlegen, wie er das tut, und was er damit erreicht. Stellt man<br />

seinen Provisionsregler auf 3% Prozent (und nicht höher), was würde man erreichen?<br />

Jedenfalls keine Änderung des Versteigerungsprinzips.<br />

Auch wenn man selbst und vielleicht viele andere nur 3% bieten, ist es nur eine<br />

Frage der Zeit, bis das aus dem Ruder läuft. 3% wird nicht auf Dauer funktionieren.<br />

Und darauf bauen die my<strong>taxi</strong>-Strategen, wenn sie ein solches Verhalten derzeit<br />

propagieren. Und my<strong>taxi</strong> wird später vielleicht so mächtig an Kundenaufträgen sein,<br />

dass wir gezwungen sein könnten, beim Höherbieten mitzusteigern, koste es was<br />

es wolle... Diese „Kundenmächtigkeit“ erlangen sie natürlich nur, wenn wir weiter<br />

mitmachen – niemals ohne uns. Denn wenn die Kundschaft die App drückt, und es<br />

kommt kein Taxi, dann hat my<strong>taxi</strong> ein echtes Problem. Und deswegen gibt’s nur eins:<br />

kein Bieterkampf Taxifahrer gegen Taxifahrer, keine Bedienung von my<strong>taxi</strong>-Aufträgen.<br />

Dann wird my<strong>taxi</strong> lernen: Fairsteigerung geht gar nicht.<br />

Andreas Domek<br />

22 <strong>taxi</strong> <strong>news</strong> 1/<strong>2014</strong>

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