RAL 1015 taxi news Heft 1-2014
Freie und unabhängige Zeitschrift für das Taxigewerbe
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W RECHT & STEUERN<br />
abendliche Auseinandersetzung am Potsdamer<br />
Platz dienen.<br />
Das dortige Szenario ist immer das gleiche:<br />
Die Halte oder irgendeine Rücke ist voll, die<br />
Taxen geraten in Bewegung und die in Massen<br />
den Haltestand anfahrenden Kutscher<br />
wollen auf die Halte. Dies geht aber nicht so<br />
schnell, weil der Halteplatz sich nicht in gleichem<br />
Maße leert, wie die auftragshungrigen<br />
Kutscher auf eben diese Halte rauf wollen.<br />
Ergebnis: Eine Reihe mehr oder weniger zahlreicher<br />
Taxen staut sich außerhalb der Halte<br />
und bleibt in Reih´ und Glied dort stehen, wo<br />
es verboten ist, entweder in zweiter Reihe<br />
oder (verbotenerweise) am Fahrbahnrand.<br />
Wer jetzt einwendet, er sei dort nicht etwa<br />
stehen geblieben, weil er auf die Halte wollte<br />
sondern ausschließlich deshalb, weil er wegen<br />
des vor ihm befi ndlichen Verkehrsstaus<br />
nicht weiter kam, mag damit gehört werden.<br />
Juristisch wendet er nämlich ein, er habe<br />
„verkehrsbedingt“ gehalten, weil erwegen<br />
anderer Fahrzeuge vor ihm wegen anderer<br />
Fahrzeuge nicht weiter kam. Wer allerdings<br />
einwendet, er habe dort gestanden, weil er<br />
auf die Halte wollte, und dies nicht konnte,<br />
weil er wegen anderer vor ihm befindlicher,<br />
ebenfalls die Halte anstrebender Kutscher<br />
warten musste, hat möglicherweise Pech gehabt<br />
und muss im Zweifel die fällige Geldbuße<br />
bezahlen. Er hat dann nämlich – so eine<br />
weit verbreitete Ansicht – nicht „verkehrsbedingt“,<br />
sondern aus „sonstigen“ Gründen gehalten,<br />
die, wie ausgeführt, ein sonst verbotenes<br />
Halten eben gerade nicht rechtfertigen.<br />
Nicht verschwiegen werden soll, dass – wie<br />
bei Juristen und Juristinnen üblich – unter<br />
Umständen auch das genaue Gegenteil vertreten<br />
wird. So gibt es Entscheidungen, die<br />
das Halten in zweiter Reihe oder im Halteverbot<br />
vor der Einfahrt zu Parkhäusern als „verkehrsbedingt“<br />
und somit legal ansehen, wenn<br />
es an der Einfahrt – beispielsweise wegen<br />
Überfüllung des Parkhauses – nicht weiter<br />
geht. Diese Rechtsprechung sollte eigentlich<br />
auch auf Taxihalteplätze anwendbar sein, jedenfalls<br />
kenne ich kein Argument, was dem<br />
widersprechen könnte. Wenn allerdings, wie<br />
von der Polizei immer wieder gern behauptet,<br />
auch noch der fließende Verkehr beeinträchtigt<br />
oder gar „gefährdet“ wird, ist eine<br />
Geldbuße nicht nur wegen falschen Parkens<br />
oder Haltens, sondern möglicherweise auch<br />
wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 StVO fällig,<br />
was den Sünder deutlich teurer kommen<br />
kann und im Extremfall einen Punkteeintragung<br />
in Flensburg nach ziehen kann.<br />
Unzulässig ist Halten in zweiter Reihe<br />
nach der herrschenden, in Berlin<br />
besonders restriktiv gehandhabten<br />
Rechtsprechung immer dann, wenn<br />
in zumutbarer Nähe eine Parklücke<br />
oder andere Abstellmöglichkeit besteht.<br />
An die Zulässigkeit des Verweilens<br />
in zweiter Reihe sind nach<br />
der gängigen Rechtsprechung sehr<br />
strenge Anforderungen zu stellen,<br />
da die Bequemlichkeit des Einzelnen<br />
gegenüber dem Interesse des<br />
fließenden Verkehrs zurückzustehen<br />
hat. Stehen in zweiter Reihe – besonders<br />
bei Verlassen des Fahrzeu-<br />
ANZEIGENANNAHME<br />
Tel. 030 - 26 93 97 0<br />
helga.jaeger@jmzb.de<br />
V&V Verkehrsverlag GmbH<br />
<strong>taxi</strong>-<strong>news</strong>@jaeger-medienzentrum.de<br />
10587 Berlin,<br />
Helmholtzstr. 2-9, Aufgang F Die unabhängige Zeitschrift für das Taxigewerbe in Berlin und Brandenburg<br />
ges – ist jedenfalls immer dann unzulässig,<br />
wenn es den Fließverkehr stark behindert<br />
oder den Fließverkehr gar zur Benutzung<br />
der Gegenfahrbahn zwingt. Um beispielsweise<br />
einen Gebrechlichen aufzunehmen,<br />
darf ausnahmsweise auch in zweiter Reihe<br />
vorübergehend „störend" gehalten werden,<br />
jedoch ebenfalls nicht, wenn beim Halten<br />
durch die Breite des haltenden Fahrzeuges<br />
die „andere“ Straßenseite mitbenutzt wird.<br />
Dies wird gerade bei Taxen äußerst konkret,<br />
wenn der Taxifahrer oder die Taxifahrerin sein<br />
oder ihr Fahrzeug längere Zeit verlassen hat<br />
und das Fahrzeug während der Abwesenheit<br />
Polizeibeamten oder Polizeibeamtinnen auffällt,<br />
die dann Anlass zum Einschreiten sehen,<br />
was dann die Rechtsmaschinerie in Gang<br />
setzt und über Bußgeldbescheid und Einspruchsverfahren<br />
beim AG Tiergarten endet.<br />
Hier erläutern die ermittelnden Polizeibeamten<br />
und Polizeibeamtinnen regelmäßig, dass<br />
sie das beanstandete Fahrzeug „längere Zeit<br />
beobachtet“ hätten und nur deshalb eingeschritten<br />
seien, weil ihnen keine Ladetätigkeit<br />
„aufgefallen“ sei. „Selbstverständlich“<br />
wären sie niemals eingeschritten, wenn sie<br />
auch nur einen Hauch von einem Anhaltspunkt<br />
für eine Ladetätigkeit festgestellt hätten.<br />
Denn schließlich haben sie, die Polizistinnen<br />
und Polizisten, nichts davon, so eben mal aus<br />
der Luft gegriffene Anzeigen zu schreiben.<br />
„Selbstverständlich“ wird in aller Regel dann<br />
auch noch eine „erhebliche“ Behinderung<br />
Dritter festgestellt.<br />
Wer sich dann trotzdem gegen eine seiner<br />
Meinung nach unberechtigte Anzeige wehren<br />
will, hat in aller Regel schlechte Karten.<br />
Die Richter und Richterinnen an dem in ganz<br />
Berlin für Verkehrsordnungswidrigkeiten zuständigen<br />
Amtsgericht Tiergarten begegnen<br />
derartigen Einsprüchen nämlich regelmäßig<br />
Andreas Just<br />
Rechtsanwälte und Notarin<br />
Berlin<br />
Beratung in der Persiusstraße 7:<br />
Donnerstag von 15.00 - 16.00 Uhr<br />
oder nach Vereinbarung<br />
Tel. 217 78 68 oder 20 20 21 312<br />
äußerst reserviert und fragen die Polizeibeamten<br />
und Polizeibeamtinnen regelmäßig,<br />
ob denn in der Nähe irgendwo eine zumutbare<br />
Abstellmöglichkeit gewesen wäre. Die<br />
Polizeibeamten und Polizeibeamtinnen antworten<br />
dann ebenso regelmäßig, dass dies<br />
„selbstverständlich“ der Fall gewesen wäre,<br />
denn „selbstverständlich“ hätten sie, da sie<br />
ja schließlich nicht auf das Anzeigenschreiben<br />
aus sind, sonst keine Anzeige geschrieben.<br />
Wer dann nicht schleunigst seinen Einspruch<br />
zurücknimmt, muss zumindest mit einer Bestätigung<br />
des in der Regel punktefreien Bußgeldbescheides<br />
rechnen.<br />
Manche Richterinnen und Richter lieben es<br />
allerdings, wenn sie in solchen Fällen schon<br />
ein Urteil schreiben müssen, wegen „besonderer<br />
Uneinsichtigkeit“ des Einspruchsführers<br />
oder der Einspruchsführerin oder<br />
„besonderer Behinderung des Mitverkehrs“<br />
die Geldbuße auf mindestens 40,00 Euro,<br />
dann verbunden mit einem Punkt in Flensburg,<br />
anzuheben. Diese Folge ist fast sicher,<br />
wenn der Einspruchsführer oder<br />
die Einspruchsführerin bereits<br />
Eintragungen in Flensburg aufweist.<br />
Ein KBA-Auszug wird bei<br />
derartigen Verfahren immer beigezogen.<br />
Wer dann das Amtsgericht Tiergarten völlig<br />
frustriert verlässt, kann meist damit rechnen,<br />
ein weiteres „Knöllchen“ am seinem<br />
Fahrzeug vorzufi nden, weil in der dortigen<br />
Umgebung – natürlich zum Schutze des<br />
fließenden Verkehrs, des Grundwassers, der<br />
Fußgängerinnen und Fußgänger, der Einsatzfahrzeuge<br />
der Polizei, der Behinderten, des<br />
Baumbestandes, der Kinder, der Brückentraglast,<br />
der Radfahrerinnen und Radfahrer, der<br />
BVG, der ruhebedürftigen Bürgerinnen und<br />
Bürger und was sonst noch so schützenswert<br />
ist – die erlaubten Parkmöglichkeiten auf<br />
ein Minimum reduziert wurden,<br />
und der Einspruchsführer bzw. die<br />
Einspruchsführerin „irgendwo“, nur<br />
leider nicht da, wo es erlaubt ist,<br />
geparkt hat.<br />
Wie es dann weitergeht? Siehe<br />
oben!<br />
Dass Ihnen trotz aller Widrigkeiten<br />
auch im Jahre <strong>2014</strong> immer und zu<br />
jeder Zeit eine passende und vor<br />
allem legale Abstellmöglichkeit für<br />
Ihr Fahrzeug zur Verfügung steht,<br />
wünscht Ihnen von Herzen Ihr<br />
Rechtsanwalt Andreas Just<br />
6 <strong>taxi</strong> <strong>news</strong> 1/<strong>2014</strong>