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MALTESERÖSTERREICH<br />
UND PLÖTZLICH IST MAN<br />
„OHNE GEIST“<br />
Demenz kann jeden treffen. Umso wichtiger ist zu wissen, wie man „im Fall des Falles“ damit umgeht, wo es Hilfe für<br />
Betroffene und Angehörige gibt, und wie man den Krankheitsverlauf zwar nicht stoppen, aber günstig beeinflussen kann.<br />
Von Susanne Wick<br />
Laut der Österreichischen Alzheimer Gesellschaft leiden<br />
etwa 100.000 Österreicher/innen an einer dementiellen<br />
Erkrankung. Bis zum Jahr 2050 soll die Zahl auf etwa<br />
230.000 Personen steigen. <strong>Die</strong> am häufigsten auftretende<br />
Form ist die Alzheimer-Erkrankung, die für 60 bis 80<br />
Prozent der Demenzen verantwortlich ist, gefolgt von<br />
der Vaskulären Demenz, der Frontaltemporalen Demenz<br />
und der Lewy-Körperchen-Demenz. Demenzerkrankungen<br />
betreffen mehrheitlich Menschen im dritten Lebensabschnitt,<br />
bestimmte Formen der Demenz können allerdings<br />
bereits wesentlich früher auftreten.<br />
So liest sich die trockene Statistik. Dahinter stecken<br />
Einzelschicksale von Menschen, die – hört man ihre Geschichten<br />
– zutiefst betroffen machen. Nehmen wir zum<br />
Beispiel Frau F., 79 Jahre alt. Sie erklärt ihrem Mann,<br />
sie müsse jetzt nach Hause, denn ihre Mutter warte mit<br />
dem Essen auf sie. <strong>Die</strong> Mutter ist bereits vor 30 Jahren<br />
verstorben. Oder Herr B., 82 Jahre alt. Er steht immer<br />
häufiger in der Nacht auf, zieht sich verschiedene Kleidungsstücke<br />
an, steckt Gläser und andere Gegenstände<br />
in seine Taschen und erklärt seiner Frau, er müsse jetzt<br />
auf die Universität. Oder Frau W., 77 Jahre alt. Sie verlässt<br />
ohne adäquate Bekleidung zu Fuß ihr Haus und wird<br />
zehn Kilometer davon entfernt auf der Landstraße von<br />
einem aufmerksamen Autofahrer angesprochen. Sie war<br />
auf dem Weg zum Bauern, um Milch zu holen. Den Hof<br />
gibt es seit 20 Jahren nicht mehr.<br />
Verlust bereits erworbener Fähigkeiten<br />
<strong>Die</strong> Demenz ist ein Zustand, bei dem allmählich immer<br />
mehr Nervenzellen und Nervenkontakte zugrunde gehen.<br />
Es kommt zum Abbau der kognitiven, emotionalen<br />
und sozialen Fähigkeiten, was zu einer Beeinträchtigung<br />
der sozialen und beruflichen Kompetenzen führt. Betroffen<br />
sind vor allem das Kurzzeitgedächtnis, das Denkvermögen,<br />
die Sprache, die Motorik und schließlich die<br />
ganze Persönlichkeit. Das Entscheidende bei dementiellen<br />
Erkrankungen ist der Verlust von bereits erworbenen<br />
Fähigkeiten.<br />
Erstes Anzeichen von Demenz ist Vergesslichkeit. Zwar<br />
ist es zunächst normal, dass die körperliche und geistige<br />
Leistungsfähigkeit im Alter abnehmen. Das Gehör wird<br />
DIAGNOSE UND UNTERSTÜTZENDE MASSNAHMEN<br />
<strong>Die</strong> Abklärung einer Demenzerkrankung basiert auf<br />
klinisch-neurologischen Befunden, Zusatzuntersuchungen<br />
der Blut- und Liquor-Analysen sowie CT/<br />
MRT- und PET-Untersuchungen.<br />
Es gibt bis heute kein Medikament, das präventiv eingesetzt<br />
werden kann, und keine Therapie, die die Alzheimer-Erkrankung<br />
heilen kann. Bei Früherkennung kann<br />
jedoch ein rechtzeitiger Therapiebeginn die Prognose<br />
günstig beeinflussen. So gibt es Arzneimittel, die den<br />
Krankheitsverlauf verzögern und die geistige Leistungsfähigkeit<br />
für eine begrenzte Zeit stabilisieren. Außerdem<br />
können unterstützende Maßnahmen wie Physiotherapie,<br />
Logopädie und Ergotherapie dabei helfen, die<br />
Selbstständigkeit und Alltagsfähigkeiten zu erhalten.<br />
Musiktherapie, Kunsttherapie, Erinnerungsarbeit, tiergestützte<br />
Therapie, Sport und eine gesunde Ernährung<br />
mit viel Obst und Gemüse wirken sich ebenfalls positiv<br />
auf den Allgemeinzustand aus.<br />
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DIE MALTESER 1/2<strong>01</strong>7