Besser Schulsozialarbeit - GEW Landesverband Bayern
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Etablierung und Qualifizierung<br />
Gegenüber diesem Zustand hat sich die Situation heute<br />
grundlegend und umfassend gewandelt. Es gibt heute<br />
n in allen Bundesländern Programme zur <strong>Schulsozialarbeit</strong>,<br />
oft, wie auch in <strong>Bayern</strong>, mit einer klaren Schwerpunktsetzung<br />
in der Jugendsozialarbeit. Sie haben den<br />
Ausbau der <strong>Schulsozialarbeit</strong> wesentlich befördert. Neben<br />
den Hauptschulen und Schulen mit Hauptschulbildungsgängen<br />
hat die <strong>Schulsozialarbeit</strong> zunehmend auch<br />
die beruflichen Schulen und die Grundschulen sowie in<br />
Einzelfällen auch schon die Gymnasien erreicht;<br />
n eine umfangreiche Forschung, die auch die Wirkungen<br />
von <strong>Schulsozialarbeit</strong> in den Blick zu nehmen begonnen<br />
hat (Speck/Olk 2010);<br />
n die <strong>Schulsozialarbeit</strong> als Thema in unterschiedlichen Studiengängen<br />
an Hochschulen und Universitäten;<br />
n eine Konzeptentwicklung, die insbesondere mit ihrer<br />
Betonung der Bedeutung von Sozialraumbezügen anschlussfähig<br />
ist für aktuelle Entwicklungen im Bildungswesen<br />
wie die lokalen Bildungslandschaften (Bolay 2010),<br />
und<br />
n last not least eine spürbare Entspannung in der Frage<br />
der Finanzierung der <strong>Schulsozialarbeit</strong>, indem der Bund<br />
im Rahmen des Bildungspakets seine Zuschüsse zu den<br />
sozialen Leistungen der Kommunen für Heizung und<br />
Wohnung von Hartz-IV-EmpfängerInnen in der Erwartung<br />
erhöht hat, dass diese Mittel von den Kommunen<br />
für den Ausbau der <strong>Schulsozialarbeit</strong> genutzt werden.<br />
Wer die Geschichte der <strong>Schulsozialarbeit</strong> in den Bundesländern<br />
in den vergangenen Jahrzehnten verfolgt hat,<br />
weiß, dass der Streit um die Finanzierung die Entwicklung<br />
in vielen Ländern, auch in <strong>Bayern</strong>, über Jahrzehnte<br />
schwer belastet hat. Die Entspannung in diesem Konflikt<br />
scheint eine der wichtigsten Voraussetzungen dafür<br />
zu sein, dass sowohl aufseiten der Schulentwicklung wie<br />
auch aufseiten der Jugendhilfe der Blick frei wird für die<br />
Wahrnehmung des tatsächlich vorhandenen Bedarfs.<br />
Schnittstelle zwischen Jugendhilfe und Schule<br />
Entscheidend für die Weiterentwicklung aber wird sein,<br />
dass es endlich gelingt, die <strong>Schulsozialarbeit</strong> zu einer Schnittstelle<br />
in den Beziehungen zwischen Jugendhilfe und Schule<br />
zu entwickeln, deren zentrale Aufgabe darin liegt, die Zielgruppe<br />
der Jugendsozialarbeit, nämlich diejenigen »jungen<br />
Menschen, die zum Ausgleich sozialer Benachteiligungen<br />
oder zur Überwindung individueller Beeinträchtigungen in<br />
erhöhtem Maße auf Unterstützung angewiesen sind« (SGB<br />
VIII § 13), in den Schulen wahrzunehmen und dafür zu sorgen,<br />
dass für sie alle Leistungen der Jugendhilfe frühzeitig<br />
und bedarfsgerecht verfügbar gemacht werden. Angesichts<br />
der bisherigen Prioritäten für die Einrichtung der <strong>Schulsozialarbeit</strong><br />
an Schulen, die dazu geführt haben, dass sie vor<br />
allem dort eingerichtet wird, wo junge Menschen mit sozialen<br />
Benachteiligungen oder individuellen Beeinträchtigun-<br />
5 DDS Januar/Februar 2012<br />
gen in den Schulen überrepräsentiert sind, sollte man nicht<br />
davon ausgehen, dass die sozialpädagogischen Fachkräfte in<br />
den Schulen diesen Hilfebedarf mit ihren Mitteln befriedigen<br />
können. Vielmehr muss die Vermittlung von Leistungen<br />
der Jugendhilfe durch die Kooperation mit den AkteurInnen<br />
der Jugendhilfe im sozialen Umfeld der Schule ein Schwerpunkt<br />
ihres Arbeitsauftrags in den Schulen sein. Nur wenn<br />
solche Kooperationen Routine werden, kann man erwarten,<br />
dass sie überhaupt genutzt werden, denn wenn sie für jeden<br />
Einzelfall erst neu etabliert werden müssen, ist der Aufwand<br />
so groß, dass sie unterbleiben.<br />
Dass mit einem solchen Ansatz der <strong>Schulsozialarbeit</strong><br />
auch Geld gespart werden kann, zeigt eine Studie aus Karlsruhe.<br />
Hier hat man in einem Stadtteil, der eher als besonders<br />
belastet gilt, systematisch und ernsthaft die Sozialraumbezüge<br />
der <strong>Schulsozialarbeit</strong> ausgestaltet, um genau das wirksam<br />
leisten zu können, was oben beschrieben ist. Im Ergebnis<br />
wurden in diesem Stadtteil erhebliche Beträge für die Hilfen<br />
zur Erziehung eingespart. Die wenig aufwendigen Leistungen<br />
der Jugendhilfe wie die Beratungsleistungen des Allgemeinen<br />
Sozialdienstes wurden wesentlich häufiger und wirksamer<br />
genutzt, während die teuren Hilfen deutlich seltener in<br />
Anspruch genommen werden mussten (Niederbühl 2010).<br />
Jugendsozialarbeit an Schulen braucht die<br />
Vernetzung<br />
Angesichts zunehmender Anteile von Kindern, deren<br />
Bildungschancen durch Armut in ihren Lebensverhältnissen<br />
wesentlich beeinträchtigt sind, liegt hier die größte Herausforderung<br />
für die Zusammenarbeit von Jugendhilfe und<br />
Schule in der nahen Zukunft. <strong>Schulsozialarbeit</strong> kann dafür<br />
ein wichtiges Instrument sein. Das bayerische Programm<br />
»Jugendsozialarbeit an Schulen« setzt die richtigen Schwerpunkte.<br />
Für die Einlösung seines Anspruchs bedarf es jedoch<br />
des Ausbaus von Vernetzungsstrukturen zwischen Jugendhilfe<br />
und Schule auf der kommunalen Ebene, in denen<br />
die Jugendsozialarbeit an Schulen die Funktion<br />
einer Schnittstelle wahrnimmt.<br />
von Hermann Rademacker<br />
Dipl. Päd.<br />
Bis zum Eintritt in den Ruhestand 2001 wissenschaftlicher Referent beim<br />
Deutschen Jugendinstitut. Seitdem arbeitet er freiberuflich zu den Themen<br />
Jugendhilfe und Schule, Übergang Schule-Beruf und Schulabsentismus.<br />
Literatur<br />
Bolay, Eberhard; Gutbrod, Heiner; Ahmed, Sarina (2010): Wirkungen einer sozialraumverankerten<br />
<strong>Schulsozialarbeit</strong>. In: Speck, Karsten; Olk, Thomas (Hrsg.): Forschung<br />
zur <strong>Schulsozialarbeit</strong>. Weinheim, Juventa, S. 183-195<br />
Raab, Erich; Rademacker, Hermann; Winzen, Gerda (1987): Handbuch <strong>Schulsozialarbeit</strong>.<br />
Konzeption und Praxis sozialpädagogischer Förderung von Schülern.<br />
München, DJI<br />
Niederbühl, Reinhard (2010): Wirksamkeit und Effizienz von <strong>Schulsozialarbeit</strong>. In:<br />
Speck, Karsten; Olk, Thomas (Hrsg.): Forschung zur <strong>Schulsozialarbeit</strong>. Weinheim,<br />
Juventa, S. 297-308<br />
Speck, Karsten; Olk, Thomas (Hrsg.) (2010): Forschung zur <strong>Schulsozialarbeit</strong>.<br />
Weinheim, Juventa, S. 183-195