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ADAC Urlaub Mai-Ausgabe 2017, Südbayern

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Kanada Inspiration<br />

Auf dem Vancouver<br />

Lookout steigt die<br />

Vorfreude auf das anstehende<br />

Abenteuer.<br />

Gegen Nachmittag<br />

sind wir in Kanadas Westküstenmetropole<br />

gelandet, jetzt sitzen wir<br />

168 Meter über der Erde im Drehrestaurant<br />

des Wolkenkratzers und<br />

lassen den Blick über das Land<br />

schweifen. Im Westen funkelt die<br />

blaue Salish Sea, im Osten ragen die<br />

dicht bewaldeten Berge der Coast<br />

Mountains in den Himmel. In den<br />

kommenden drei Wochen werden<br />

wir sie überqueren und auf unserem<br />

Roadtrip in die endlose Wildnis von<br />

Alberta und British Columbia eintauchen.<br />

Über 2500 Kilometer Straße<br />

liegen vor uns. Wir werden über<br />

traumhafte Bergpässe fahren, türkise<br />

Seen und tosende Wasserfälle entdecken.<br />

Wir werden Elchen und Bären<br />

begegnen und abends am Lagerfeuer<br />

Lachs grillen und die Stille genießen.<br />

Doch bevor es so weit ist, träumen<br />

wir noch eine letzte Nacht im Hotel.<br />

Fototapeten-<br />

Klassiker<br />

Der Maligne<br />

Lake mit<br />

der Insel<br />

Spirit Island<br />

im Jasper-<br />

Nationalpark<br />

Gut ausgeschlafen geht es am<br />

nächsten Morgen endlich los. Besser<br />

gesagt: erst mal den Camper<br />

abholen und anschließend mit dem<br />

25-Fuß-Geschoss (7,60 Meter) zum<br />

Einkaufen, was sich bis in den Nachmittag<br />

hinzieht. Outdoor-Equipment<br />

wie einen kleinen Gasgrill, Bären-<br />

Abwehrspray und Mückenmittel besorgen<br />

wir uns bei Canadian Tire in<br />

Chilliwack. Steaks, Lachs, Bier und<br />

was man sonst noch an Verpflegung<br />

braucht in den riesigen Supermärkten<br />

und im liquor store im Ort. Wichtig:<br />

Trinkwasser sollte immer an Bord<br />

sein! In Kanada ist das Leitungswasser<br />

oft gechlort, damit lassen sich<br />

nicht mal Nudeln genießbar kochen.<br />

Mit dem V8 über die Berge<br />

Die letzten Häuser der Stadt verschwinden<br />

im Rückspiegel, als wir<br />

im Nieselregen zu unserer ersten kurzen<br />

Etappe starten. Im Radio dudelt<br />

Steely Dans „Reelin’ in the Years“, der<br />

Highway liegt vor uns. Hier machen<br />

wir gleich mal Bekanntschaft mit den<br />

amerikanischen Trucks. Die kleben<br />

einem nämlich frech an der Stoßstange,<br />

wenn man nicht mit den erlaubten<br />

100 Stundenkilometern unterwegs<br />

ist. Auch wenn es schwerfällt, juckelt<br />

man besser nicht ängstlich rechts auf<br />

dem Seitenstreifen – dort liegen nämlich<br />

Metallstücke und alles Mögliche<br />

herum, was schnell einen Plattfuß<br />

verursachen kann. Nach knapp zwei<br />

Stunden steuern wir den nahen<br />

Manning Provincial Park an und<br />

lassen den ersten Abend gemütlich<br />

auf dem campground ausklingen.<br />

Tag zwei begrüßt uns zum Glück<br />

mit strahlendem Sonnenschein. Im<br />

Laufe des Vormittags klettern die<br />

Temperaturen bis an die 30 Grad,<br />

als wir auf flirrendem Asphalt das<br />

Okanagan Valley durchqueren. Souverän<br />

schnurrt unser V8 die Hügel<br />

rauf und runter, das richtige Schalten<br />

geht bereits erstaunlich vertraut<br />

von der Hand. Sind wir gestern noch<br />

durch üppigen Nadelwald gefahren,<br />

präsentiert sich die Landschaft hier<br />

deutlich karger. Das Okanagan-Tal<br />

liegt eingebettet zwischen den Coast<br />

Mountains und den Rocky Mountains<br />

im Westen. Die Kessellage<br />

sorgt für ein trockenes Klima, das<br />

Weinreben, Obstbäume und sogar<br />

Kakteen gedeihen lässt. Wir beschließen,<br />

den nächsten Stopp am Ufer des<br />

riesigen Okanagan Lake einzulegen.<br />

Die sanften Berge erinnern hier fast<br />

an die oberitalienischen Seen. Einer<br />

indianischen Legende nach soll in<br />

dem Gewässer das Seeungeheuer<br />

Ogopogo leben. Was<br />

uns natürlich nicht davon<br />

abhält, ins 20 Grad warme<br />

Wasser zu springen. Eine<br />

willkommene Erfrischung<br />

nach der schweißtreibenden<br />

Tour. Am Abend erfahren wir,<br />

dass unser Platznachbar aus Hamburg<br />

kommt (wie überhaupt viele<br />

Deutsche hier unterwegs sind) und<br />

die Tour von Calgary nach Vancouver<br />

fährt. „Ihr habt das Schönste noch<br />

vor euch“, erzählt er bei einem Bier<br />

am Lagerfeuer. „Steht früh auf und<br />

lasst euch Zeit.“ Das werden wir.<br />

Bloß nicht am Gleis campen<br />

Tatsächlich erleben wir Kanada in<br />

den kommenden Tagen wie aus dem<br />

Bilderbuch. Bevor wir in die Rocky<br />

Mountains mit ihren traumhaften<br />

Nationalparks Banff und Jasper hinaufschnaufen,<br />

geht es aber erst mal<br />

an die Tankstelle. Wer sich an der<br />

Zapfsäule fragt, ob die Spritleitung<br />

Camper-<br />

Romantik<br />

Abends gibt es<br />

frisch gefangenen<br />

Lachs vom<br />

Grill. Achtung:<br />

Man braucht<br />

eine „fishing<br />

licence“<br />

vielleicht ein<br />

Leck hat: Eher<br />

nicht, wir sind schließlich mit einem<br />

potenten Fünf-Liter-Benziner unterwegs,<br />

nicht mit einem sparsameuropäischen<br />

130-PS-Diesel. Und<br />

der schluckt locker seine 25 Liter auf<br />

100 Kilometern. Die Landschaft und<br />

die Magie des Fahrens lassen einen<br />

den Schreck aber schnell vergessen.<br />

Richtung Revelstoke, dem Tor zu<br />

den Rockies, weisen Straßenschilder<br />

mit ausgesägten Hirschen und Grizzlybären-Skulpturen<br />

an den Ortseingängen<br />

bereits darauf hin, dass wir<br />

nun in wilderem Terrain unterwegs<br />

sind. Die mächtige nordamerikanische<br />

Gebirgskette ragt in Kanada<br />

knapp 4000 Meter in den Himmel<br />

und war lange ein kaum überwindbares<br />

Hindernis. Erst Ende des<br />

19. Jahrhunderts eröffnete die Canadian<br />

Pacific Railway ihre Eisenbahnlinie<br />

über den Kicking-Horse-Pass<br />

und verband British Columbia mit<br />

den östlichen Provinzen. Die Strecke<br />

war derart steil, dass die Züge talwärts<br />

nur mit zehn Stundenkilometern<br />

fahren durften und dennoch<br />

reihenweise entgleisten. Erst 1909<br />

wurde die gefährliche Passage durch<br />

den Bau der Spiral Tunnel entschärft,<br />

aber dazu gleich mehr.<br />

Das Städtchen Revelstoke ist noch<br />

heute ein wichtiger Eisenbahnknotenpunkt,<br />

was für Camper durchaus<br />

nicht unwichtig zu wissen ist. Denn<br />

kanadische Züge sind erstens furchtbar<br />

laut und lassen das Signalhorn<br />

an jedem Bahnübergang ertönen.<br />

Zweitens überträgt der Boden die<br />

Vibrationen, dass auf gleisnahen<br />

Lake Louise Der Gletschersee ändert seine Farbe von blau bis milchig grün, je nach Steinmehl-Konzentration des Schmelzwassers<br />

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