Nordkurier Ratgeber "Fahrt ins Blaue"
Unsere Ratgeber-Ausgabe für die Region Peene-Müritz.
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SEITE 14 FREITAG, 28. APRIL 2017<br />
CEDEZ LE<br />
PASSAGE<br />
Foto: KAmASIGNS - FotolIA.com; IlluStrAtIoN: © m.StuDIo - FotolIA.com<br />
Von Blaulichtsteuer Bis Promille-Knast<br />
Verrückte Verkehrsregeln<br />
Auf den Straßen europas und weiter entfernt gelten Gesetze, die so manchem deutschen<br />
Autofahrer fremd sind, aber streng bestraft werden. Im schlimmsten Fall droht Verkehrssündern<br />
sogar der Knast. Auf diese kuriosen Vorschriften treffen Sie jenseits der landesgrenze.<br />
VonStefanie Lanin<br />
Österreich<br />
Wer in Österreich nach<br />
einem Unfall die Polizei ruft,<br />
obwohl nur ein Blechschaden<br />
entstanden ist, muss laut<br />
ADAC die „Blaulichtsteuer“<br />
zahlen. Die Unfallmeldegebühr<br />
wird fällig, wenn die<br />
Polizei eigentlich nicht gebraucht<br />
wird und die Beteiligten<br />
einfach ihre Daten austauschen<br />
könnten. Sie beträgt<br />
36 Euro. Muss die Unfallstelle<br />
gesichert werden oder gibt<br />
es Verletzte, muss keine Gebühr<br />
gezahlt werden. Auch<br />
in Brandenburg sollte die<br />
„Blaulichtsteuer“ vor sechs<br />
Jahren eingeführt werden.<br />
Das Innenministerium prüfte<br />
die Einführung, entschied<br />
sich dann aber doch dagegen.<br />
Dänemark<br />
Bevor es auf große oder kleine<br />
<strong>Fahrt</strong> geht, ist in Dänemark<br />
der ausführliche Auto-<br />
Check Pflicht. Funktioniert<br />
das Licht? Die Bremsen? Die<br />
Lenkung? Und ausdrücklich<br />
gefordert: Liegt vielleicht jemand<br />
unter dem Auto und<br />
hält ein Nickerchen? Im<br />
Nachbarland sollten Fahrer<br />
also stets in die Hockegehen,<br />
bevor sie den Motor starten<br />
und einen Blick unters Auto<br />
werfen.<br />
Schweiz<br />
Werauf Schweizer Straßen<br />
rast, muss nicht nur mit großen<br />
Geldstrafen rechnen. Ab<br />
Tempo 71 in einer 30er Zone<br />
oder ab mehr als 200 Kilometern<br />
pro Stunde auf Autobahnen<br />
(hier sind grundsätzlich<br />
120 km/h) erlaubt, droht<br />
Knast. Unter dem Titel „Via<br />
sicura“ (sichere Straße) hat<br />
die Schweiz seit 2013 die Verkehrsregeln<br />
und vor allem die<br />
Strafen verschärft. Dadurch<br />
soll die Zahl der Verkehrsopfer<br />
sinken. Bei Ersttätern<br />
wird die Haftstrafe noch zur<br />
Bewährung ausgesetzt, kann<br />
in schlimmen Fällen aber<br />
auch auf vier Jahre Gefängnis<br />
angehoben werden.<br />
Großbritannien<br />
Auf der Insel gibt es genaue<br />
Anweisungen für spontane<br />
Puller-Pausen unterwegs: Es<br />
darf –anders als in Deutschland<br />
–inder Öffentlichkeit<br />
uriniert werden. Allerdings<br />
nur am Hinterrad des eigenen<br />
Autos, von der Straße<br />
abgewandt mit einer Hand<br />
am Fahrzeug.<br />
Thailand<br />
Niemals oben ohne! In Thailand<br />
darf nicht mit nacktem<br />
Oberkörper gefahren werden,<br />
weder als Mann noch als<br />
Frau. Verstöße kosten allerdings<br />
„nur“ etwa acht Euro.<br />
Frankreich<br />
Hier gelten für Fahranfänger<br />
besondere Regeln: Werseinen<br />
Führerschein noch keine drei<br />
Jahre hat, darf laut ADAC<br />
außerhalb von Ortschaften<br />
nur 80, auf Schnellstraßen<br />
100 und auf Autobahnen<br />
110 Kilometer pro Stunde<br />
fahren. Im Vergleich dazu<br />
gelten für erfahrenere Fahrer<br />
die Tempolimits 90, 110 und<br />
130 Kilometer pro Stunde.<br />
Italien<br />
Werknutscht, muss zahlen:<br />
Das gilt im kleinen Örtchen<br />
Eboli – allerdings nur für<br />
„Küsse und Zärtlichkeiten“,<br />
die innerhalb des Autos ausgetauscht<br />
werden. Zwischen<br />
50 und 500 Euro müssen Pärchen<br />
zahlen, die sich dabei<br />
erwischen lassen. Außerdem<br />
sollte in Italien Alkohol am<br />
Steuer tabu sein. Ab 1,5 Promille<br />
imBlut droht hier laut<br />
ADAC die Zwangsversteigerung<br />
des eigenen Autos.<br />
Eine deutsche Kuriosität<br />
Im Land der Freien Körperkultur<br />
dürfen Mann und Frau<br />
durchaus nackt im eigenen<br />
Wagen unterwegs sein. Denn<br />
das Auto giltals privater Raum,<br />
in dem so einige Freizügigkeiten<br />
genossen werden dürfen,<br />
die in der Öffentlichkeit nicht<br />
erwünscht sind. Aussteigen<br />
dürfenAdamund Evadanntatsächlich<br />
auch nicht,ohne sich<br />
zu bedecken–denn daskönnte<br />
öffentliches Ärgernis erregen<br />
und als solches dann natürlich<br />
auch bestraft werden.<br />
Kontaktzur Autorin<br />
s.lanin@nordkurier.de<br />
Stiefmütterlich: Kinder ohne Sitze und Gurte<br />
Kein Entkommen<br />
mancher Autofahrer<br />
vertraut darauf, dass<br />
Bußgelder, die er sich<br />
im europäischen Ausland<br />
eingefahren hat,<br />
nicht bis nach Hause<br />
verfolgt werden. ein<br />
trugschluss: Innerhalb<br />
der eu kann sogar eine<br />
Zwangsvollstreckung<br />
möglich sein, erklärt<br />
der ADAc. Immerhin:<br />
Wer imAusland gegen<br />
die Verkehrsregeln<br />
verstößt, muss zwar<br />
zahlen, bekommt aber<br />
keine Punkte. Fahrverbote<br />
gelten nur im<br />
jeweiligen land.<br />
Von Frank Wilhelm<br />
Heute ist es eine<br />
Selbstverständlichkeit, dass<br />
die Kle<strong>ins</strong>ten inaufwendigen<br />
Sitzen imPkw ihren Platz<br />
finden. Vornoch nicht allzu<br />
langer Zeit war das<br />
allerdings ganz anders.<br />
NEubraNDENburG. Die Berichte<br />
der Eltern und Großeltern<br />
zum Thema Kindertransport<br />
im Auto müssen für heutige<br />
junge Mütter und Väter abenteuerlich<br />
klingen. Kindersitze<br />
oder gar Sitzschalen waren<br />
bis weit in die 1980er Jahre<br />
hinein kaum gebräuchlich. In<br />
der Regel war für die Kleinen<br />
die Rücksitzbank vorgesehen.<br />
Oft wiesen die Sitze dort noch<br />
nicht einmal einen geeigneten<br />
Haltegurt auf. „Ich habe<br />
meine Kinder hinten mit<br />
auf den Schoß genommen“,<br />
sagt eine Frau, die aus Westdeutschland<br />
stammt und ihre<br />
kleinen Kinder in den 70er<br />
Jahren groß gezogen hat.<br />
Auch in den 80er Jahren war<br />
es selbst in der Auto-Republik<br />
BRD nicht besser um die Sicherheit<br />
für die Kle<strong>ins</strong>ten im<br />
privaten Pkw bestellt.<br />
In der Regel wurde der Kinderwagen<br />
demontiert und das<br />
Oberteil quasi als „Bettchen“<br />
auf den Rücksitz gestellt. Bei<br />
einer Vollbremsung war das<br />
Unglück so programmiert.<br />
Dabei wurde weltweit der<br />
erste Kindersitz fürs Auto<br />
bereits 1963 entwickelt und<br />
gebaut. Die bayerische Firma<br />
Storchenmühle mit Sitz<br />
in Marktleugast gilt als der<br />
Pionier in Sachen Kindersitz.<br />
Der Erstling namens „Nikki“<br />
wird mittlerweile als Rarität<br />
gehandelt. Auf der Verkaufsplattform<br />
„ebay“ wurde kürzlich<br />
ein Original für sagenhafte<br />
240 Euro feilgeboten.<br />
Und wie sah es im Osten<br />
Deutschlands aus? Die Berichte<br />
vom Transport der Kinder in<br />
Trabant, Wartburg und Skoda<br />
klingen ähnlich wie aus dem<br />
Westen.<br />
Im Osten kostete er ein<br />
Zehntel des Monatsgehalts<br />
Allerdings war es natürlich für<br />
Trabi-Fahrer deutlich schwerer<br />
als für Mercedes-Chauffeure,<br />
das sperrige Oberteil<br />
des Kinderwagens durch die<br />
Beifahrertür auf den Rücksitz<br />
zu wuchten. Trotzdem: Auch<br />
in der DDR gab es bereits<br />
einen Kindersitz. Voreinigen<br />
Jahren bot ein Internet-Nutzer<br />
namens „Oevi“ seinen „Autokindersitz<br />
original DDR“ an,<br />
mit der Bezeichnung „AKS<br />
02“. Montiert im Jahr 1983<br />
–ausgerechnet im Volkseigenen<br />
Betrieb (VEB) Fahrzeugund<br />
Jagdwaffenwerk Suhl.<br />
Der Einzelhandelsverkaufspreis<br />
(EVP) betrug einheitlich<br />
127 Mark, was bei einem<br />
durchschnittlichen Bruttolohn<br />
von etwas mehr als<br />
Der allerersteKindersitz„Nikki“<br />
von1963. Foto:StorcHeNmüHle<br />
1000 Mark für einen Produktionsarbeiter<br />
nicht unerheblich<br />
war. Ein Sitz aus<br />
DDR-Fabrikation kann im<br />
Zweirad-Museum Dargen auf<br />
Usedom besichtigt werden.<br />
Trotz vieler Opfer wurde<br />
es erst 1993 sicherer<br />
Der laxe Umgang mit den<br />
Kindern im Auto forderte in<br />
Ost und West viele Opfer. Vor<br />
der Deutschen Einheit starben<br />
in der DDR pro Jahr etwa<br />
30 Kinder in Pkw, weil sie<br />
nicht ausreichend gesichert<br />
waren, berichtete das Magazin<br />
„Der Spiegel“ Anfang der 90er<br />
Jahre. Der Westen Deutschlands<br />
war deutlich besser motorisiert,<br />
sodass es auch mehr<br />
Unfälle und mehr Opfer gab.<br />
1986 starben 90 Kinder als Insassen<br />
bei Autounfällen. Vier<br />
Jahre später waren es bereits<br />
140. Und doch gab es bis 1992<br />
in Gesamtdeutschland noch<br />
nicht einmal eine in der Straßenverkehrsordnung<br />
(StVO)<br />
geregelte Gurtpflicht für<br />
Kinder unter 12 Jahren.<br />
Den Durchbruch in Sachen<br />
Kinder-SicherheitimAuto gab<br />
es erst imJahr 1993. Seitdem<br />
ist im Paragraf 12 der StVOvorgeschrieben:<br />
„Kinder bis zum<br />
vollendeten 12. Lebensjahr,die<br />
kleiner als150 cm sind,dürfen<br />
in Kraftfahrzeugenauf Sitzen,<br />
für die Sicherheitsgurte vorgeschrieben<br />
sind, nur mitgenommen<br />
werden, wenn Rückhalteeinrichtungenfür<br />
Kinder<br />
benutztwerden.“Mittlerweile<br />
ist der Kindersitz für Eltern<br />
eher eine Frage der Sicherheitswünsche<br />
und des Geldes.<br />
Zwischen 30 und 450 Euro ist<br />
alles machbar.<br />
Kontaktzum Autor<br />
f.wilhelm@nordkurier.de