ME2BE_Campus_Medizin_und_Technik
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Rubrik<br />
THE NØRD TIMES<br />
Thema<br />
K REa TIvwIRTSc H afT<br />
52 53<br />
gut. So konnte ich dort weiter als Zimmermann<br />
arbeiten, Wellenreiten, Skaten <strong>und</strong><br />
Rampen bauen. In Südafrika habe ich auch<br />
das erste Mal mit Beton experimentiert. Zuvor<br />
habe ich immer nur Holz für meine Rampen<br />
verarbeitet.<br />
Was brachte dich zurück in den Norden?<br />
Es war eine Anfrage für den Neubau eines<br />
Skateparks aus Holz in Heikendorf. Da habe<br />
ich sofort zugesagt. Gleich nachdem dieser<br />
fertig war, kam die nächste Anfrage der<br />
Stadt Kiel für ein Betonprojekt unter der<br />
Holtenauer Hochbrücke. Dafür holte ich mir<br />
fachk<strong>und</strong>ige Unterstützer direkt aus meinem<br />
Fre<strong>und</strong>eskreis. Neben dem Architekten<br />
Christian Thomas kannte ich einen Zimmermann<br />
<strong>und</strong> einen Betonbauer. Es gemeinsam<br />
aufzuziehen, bot sich förmlich an, denn neben<br />
dem jeweiligen Handwerk sind die Jungs<br />
auch alle durch <strong>und</strong> durch Skater.<br />
Muss man Skater sein, um gute Rampen<br />
zu bauen?<br />
Ja, das ist schon von großem Vorteil. Viele<br />
Firmen, die Rampen bauen, sind eigentlich<br />
Spielplatzhersteller, <strong>und</strong> das, was sie abliefern,<br />
ist leider oftmals totaler Mist, mit dem<br />
man nichts anfangen kann. Das können wir<br />
besser, dachten wir uns. Als Skater wissen<br />
wir, wie eine Anlage aussehen muss. Seit wir<br />
klein sind, beschäftigen wir uns schließlich<br />
damit. So entstand 2009 Anker Rampen: Aus<br />
der Gelegenheit heraus, einen Skatepark zu<br />
bauen … zusammen mit Leuten, die hoch<br />
motiviert waren, etwas Gutes für Skater<br />
bauen zu wollen. Während dieses besagten<br />
Betonprojektes kam direkt das nächste Angebot,<br />
dann das nächste <strong>und</strong> so fort. Seitdem<br />
sind wir nonstop am Bauen.<br />
Wieso habt ihr den Anker für den Firmennamen<br />
ausgesucht? Steckt da eine tiefere<br />
Bedeutung dahinter?<br />
Eigentlich nicht. Aber wir mussten dem Kind<br />
einen Namen geben. Zufälligerweise hatten<br />
alle Leute, die bei der Gründung mit dabei<br />
waren, einen Anker tätowiert. Da war der<br />
gemeinsame Nenner gef<strong>und</strong>en. Ich glaube,<br />
ich habe auch noch nie in einer Stadt ohne<br />
Hafen gelebt <strong>und</strong> segle, seitdem ich Sechs<br />
bin. Da passt ein maritimes Symbol schon<br />
gut.<br />
Was braucht ein guter Skatepark? Worauf<br />
ist besonders zu achten?<br />
Das ist ein ziemlich komplexes Thema, aber<br />
im Vordergr<strong>und</strong> sollte immer die Funktionalität<br />
stehen. Wir achten sehr darauf, dass<br />
man die Elemente richtig anfahren kann.<br />
Dafür müssen zum Beispiel die Abstände<br />
zwischen den Rampen genau stimmen. Auch<br />
die Neigungswinkel, Höhen <strong>und</strong> Radien müssen<br />
perfekt passen. Manchmal entscheiden<br />
Nuancen darüber, ob ein Park gut wird oder<br />
nicht. Auch die späteren Nutzer sollten immer<br />
in die Planung miteinbezogen werden.<br />
In Workshops versuchen wir, gemeinsam<br />
mit den Jugendlichen, auszuarbeiten, ob<br />
sie eher urbane Elemente wie Treppen oder<br />
Geländer möchten oder doch organische Formen,<br />
die leeren Swimmingpools ähneln. Ist<br />
der Platz dafür da, mischen wir auch beide<br />
Stile.<br />
Wie wird man ein Skaterampenbauer?<br />
Eine klassische Ausbildung gibt es da nicht.<br />
Viele der Jungs fahren seit Jahren Skateboard<br />
<strong>und</strong> sind schon alleine deswegen<br />
Experten, wenn es um Rampen geht. Eine<br />
handwerkliche Ausbildung ist natürlich von<br />
Vorteil, aber viele haben sich ihr Können bei<br />
der Arbeit angeeignet. Betonbauer, Zimmermänner,<br />
Schweißer sind im Team. Und ein<br />
paar Allro<strong>und</strong>-Handwerker, die alles können.<br />
Man darf aber nicht vergessen, dass es ein<br />
richtiger Knochenjob ist. Das Team reist<br />
für die Aufträge durch ganz Europa. Mehrere<br />
Wochen am Stück verbringen sie dann<br />
in der jeweiligen Stadt. An Tagen, an denen<br />
zum Beispiel der Beton angeliefert wird, arbeiten<br />
sie 10–12 St<strong>und</strong>en auf der Baustelle.<br />
Danach fällt man nur ins Bett. Und am<br />
nächsten Tag geht es schon wieder weiter.<br />
Die Wintermonate haben wir hingegen frei,<br />
weil wir keinen Beton bauen können, wenn<br />
Schnee liegt. Diese Zeit verbringen viele in<br />
Südafrika oder Spanien. Mit diesem unregelmäßigen<br />
Leben muss man in der Branche<br />
zurechtkommen. Das kann nicht jeder.<br />
Bist du noch persönlich auf den Baustellen<br />
unterwegs?<br />
Leider nicht mehr so viel, wie ich gerne würde.<br />
Wir haben eine Bürokraft, die hält mir<br />
zum Glück den Rücken frei. Sie regelt den<br />
täglichen E-Mail-Verkehr, nimmt die Anrufe<br />
entgegen <strong>und</strong> bereitet die Buchhaltung<br />
„Manchmal entscheiden Nuancen<br />
darüber, ob ein Park gut wird<br />
oder nicht“<br />
vor. Ich pendele zwischen Büro, Baustellen<br />
<strong>und</strong> K<strong>und</strong>enterminen. Mein Ziel ist es, das<br />
gesamte Jahr so zu planen, dass mein Team<br />
gut zu tun hat. Bisher klappt das ganz gut.<br />
Das nächste Projekt ist bereits in Planung<br />
<strong>und</strong> das darauffolgende auch. Damals hätte<br />
ich mir nicht vorstellen können, eine Firma<br />
zu leiten. Aber mir gefällt der Gedanke sehr,<br />
dass wir alle genau das machen, wofür unser<br />
Herz schlägt, nämlich richtig gute Skateparks<br />
bauen. Wenn wir damit unsere Miete<br />
<strong>und</strong> das Essen auf dem Tisch zahlen können,<br />
umso besser.<br />
Was war dein bisheriger Höhepunkt beim<br />
Rampenbau?<br />
Das schönste Referenzprojekt ist die Anlage<br />
in Köln, die wir vergangenes Jahr gebaut haben.<br />
Sie wurde von Rune Glifberg konzipiert,<br />
einem bekannten Profiskater aus Dänemark,<br />
der ein absolutes Kindheitsidol von mir gewesen<br />
ist. Ihn zu treffen <strong>und</strong> mit ihm gemeinsam<br />
an diesem Projekt zu arbeiten, war<br />
schon besonders. Es war mit Abstand unser<br />
bisher größtes, aber auch anstrengendstes<br />
Projekt. Die viele Arbeit hat sich meiner<br />
Meinung nach sehr gelohnt. Der Skatepark<br />
ist wirklich besonders gut geworden. Ich<br />
glaube aber, dass unser Höhepunkt noch vor<br />
uns liegt. Wir entwickeln uns ständig weiter,<br />
verbessern die Materialien <strong>und</strong> versuchen,<br />
kommende Projekte noch perfekter zu machen.<br />
Was gefällt dir an Kiel?<br />
Ich glaube, ich musste erst eine Zeit lang<br />
weg sein, um die Stadt wieder schätzen zu<br />
lernen. Wer nicht in einer Großstadt aufwächst,<br />
kann irgendwann den Punkt erreichen,<br />
an dem er eine Stadt einfach satt hat.<br />
So war es bei mir. Jedes Mal aber, wenn ich<br />
zurückgekommen bin, fühlte es sich schnell<br />
wieder nach Heimat an. Mittlerweile lebe ich<br />
total gerne hier. Ich liebe die Nähe zum Wasser.<br />
Ich kann morgens mit dem H<strong>und</strong> an den<br />
Strand oder kurz vor der Arbeit Schwimmen<br />
gehen. In der Stadt finde ich fast alles, was<br />
mir wichtig ist. Und wenn nicht, dann muss<br />
ich nicht weit fahren, um etwas zu finden.<br />
Ich finde Kiel ist die richtige Mischung aus<br />
Großstadt <strong>und</strong> Provinz.<br />
TEXT Katharina Grzeca<br />
FOTOS Anker Rampen