FOCUS STYLE – April 2017
Der Name des Supplements FOCUS STYLE ist Programm: Unter anderen gingen wir mit SEAT Chefdesigner Alejandro Mesonero-Romanos gemeinsam im neuen SEAT Leon auf Entdeckungstour in Barcelona und trafen Jazz-Musiker Till Brönner zum Gespräch über Smokings und seine Stilvorbilder.
Der Name des Supplements FOCUS STYLE ist Programm: Unter anderen gingen wir mit SEAT Chefdesigner Alejandro Mesonero-Romanos gemeinsam im neuen SEAT Leon auf Entdeckungstour in Barcelona und trafen Jazz-Musiker Till Brönner zum Gespräch über Smokings und seine Stilvorbilder.
- TAGS
- till-broenner
- seat
- fashion
- style
- focus
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
44<br />
SEITEN <strong>FOCUS</strong> <strong>STYLE</strong><br />
Männer · Mode · Interviews<br />
CREATED IN BARCELONA<br />
Mit dem neuen SEAT Leon auf Entdeckungstour<br />
TILL BRÖNNER<br />
über Jazz, Fotografie &<br />
<strong>STYLE</strong><br />
N°1<br />
<strong>April</strong> <strong>2017</strong>
19605FS1704
8<br />
Created in Barcelona<br />
Wie die Metropole den SEAT<br />
Chefdesigner Alejandro<br />
Mesonero-Romanos inspiriert<br />
INHALT<br />
26<br />
Most Wanted<br />
Die besten Rooftop-<br />
Bars und 18 andere<br />
Favoriten für einen<br />
großen Sommer<br />
4<br />
Haltung, bitte!<br />
Erkenne dich selbst:<br />
Sechs Männer<br />
zeigen ihren Stil 20<br />
Hitzewelle<br />
Der Musterplan<br />
für sommerliche<br />
Temperaturen<br />
30<br />
Till Brönner<br />
Der Jazz-Musiker über<br />
Stil vorbilder, seine 15<br />
Smokings und wieso er<br />
gerne schwarz sieht<br />
42<br />
Tom Schilling<br />
Das liebste Accessoire<br />
des Schauspielers<br />
18<br />
Locker im Büro<br />
Smart Casual sollte den Dresscode<br />
verein fachen, leider ist<br />
es nur komplizierter geworden<br />
36<br />
Komplimente machen<br />
Wie man einer Frau richtig<br />
sagt, dass sie einem die Worte raubt<br />
38<br />
Gunst der Stunde<br />
Wieso haben wir ständig das Gefühl,<br />
dass die Zeit nicht reicht?<br />
<strong>FOCUS</strong> <strong>STYLE</strong> 3
<strong>STYLE</strong><br />
MÄNNER<br />
WIE WIR<br />
Gut angezogen ist, wer seinen Stil gefunden hat.<br />
Und ihn selbstbewusst und mit Haltung vertritt. Sechs Männer<br />
erklären, warum sie tragen, was sie tragen.<br />
PROTOKOLLE JULIA CHRISTIAN<br />
„Wer angezogen ist, spricht,<br />
ohne etwas zu sagen“<br />
Johannes Wilde, 33, betreibt die Bar „Central Congress“<br />
in Hamburg: „Mode kann man nicht lernen. Man kann aber<br />
lernen, seine Sinne zu schärfen. Drei gute Stücke machen<br />
beispielsweise noch kein Outfit. Irgendwann weiß man, welches<br />
ausgetauscht gehört. Wer angezogen ist, spricht, ohne etwas<br />
zu sagen. Was genau ich mit meiner Kleidung erzähle,<br />
ist weniger wichtig, aber es muss mit schöner Stimme vorgetragen<br />
sein <strong>–</strong> ohne Schreien und Ausrufezeichen. Mit geht es<br />
im Leben um Schadensminimierung: Es existieren viele hässliche<br />
Sachen und ich habe beschlossen, dass ich so wenig wie<br />
möglich damit zu tun haben möchte. Das Gebot „Form follows<br />
function“ hilft, denn oft sind Dinge, denen man ihre Funktion<br />
ansieht, schöner als übergestaltete. Würdevoll durch den<br />
Sommer zu kommen, gelingt mit einem guten Körpergefühl.“<br />
FOTOS: TIM WENDRICH, LOTTERMANN AND FUENTES<br />
4 <strong>FOCUS</strong> <strong>STYLE</strong>
„Hundert Prozent<br />
authentisch<br />
sein, mehr braucht<br />
man nicht“<br />
James, 45, und David Ardinast, 41, sind<br />
Gastronomen in Frankfurt/M. (u. a.<br />
„Stanley Diamond“). David (r.): „Je älter<br />
ich werde, desto spannender finde ich<br />
ein klassisches Herren-Outfit, das man<br />
modern interpretiert. Und ich freue mich,<br />
wenn Klassiker wie der Rollkragenpullover<br />
plötzlich wieder zum Keypiece der Saison<br />
werden. In der Mode geht es nur um<br />
Haltung. Wenn ich mich wohlfühle, strahle<br />
ich das aus. So funktioniert selbst der<br />
wildeste Look. Einfach hundert Prozent<br />
authentisch sein, mehr braucht man<br />
nicht.“ James (l.): „Die Achtzigerjahre und<br />
deren Sneaker Hype haben uns nachhaltig<br />
geprägt. Auch wenn ich heute auf Hemden,<br />
Trenchcoat oder Sakkos aus besonderen<br />
Stoffen setze, bilden die Schuhe meist<br />
den Akzent. Sich beim Essen vor schreiben<br />
zu lassen, was man tragen soll, ist<br />
überholt. Wir möchten das selbst nicht,<br />
also darf man auch in unser feinstes<br />
Restaurant im Anzug kommen <strong>–</strong> oder wie<br />
frisch aus dem Schwimmbad.“<br />
<strong>FOCUS</strong> <strong>STYLE</strong> 5
<strong>STYLE</strong><br />
„Man muss erkennen, wer man ist“<br />
Nick Trachte, 43, ist der Inhaber des Boxwerks in München: „Mode<br />
besitzt keine Wahrheit. Mein großer Held James Brown sah in Outfits<br />
sensationell aus, die andere zum Clown machen würden. Am Ende<br />
gilt: Man muss erkennen, wer man ist, und dafür eine Form finden. In<br />
Städten wie New York sieht man, dass Mode vor allem Ausdruck und<br />
Kreativität, aber nicht Diktat bedeutet. Dort sitzt der Maßanzugträger<br />
neben dem Punk, ihm gegenüber die Literaturstudentin mit Häkelmütze,<br />
daneben die Upper East Side in Kaschmir, ein Barbesitzer in nostal gischem<br />
Denim und dort der Rapper behangen mit Gold. Ich bin seit jeher der<br />
Denimtyp, auch weil Jeans viel verzeihen und man bequem, aber<br />
gut angezogen ist. Statt in Designerteile oder Trends investiere ich lieber<br />
in ein fair produziertes Kleidungsstück. Das lässt sich heutzutage<br />
relativ einfach recherchieren. Bitte ohne gefährliche Chemikalien, die<br />
sowohl Planeten als auch den eigenen Organismus belasten. Und<br />
bitte Qualität, um unsere Wegwerf-Kultur nicht weiter anzuheizen.“<br />
FOTOS: SEBASTIAN KRAWCZYK, THOMAS HEIMANN, LUKAS KORSCHAN<br />
6 <strong>FOCUS</strong> <strong>STYLE</strong>
„Modern ist, Leichtigkeit<br />
und Disziplin zu vereinen“<br />
Thomas Kröger, 46, hat ein Architekturbüro in Berlin:<br />
„Das perfekte Outfit tritt einen kleinen Schritt hinter<br />
dem Ich zurück, nichts klemmt und man hat darin<br />
alle Freiheiten, die man in dem jeweiligen Moment<br />
braucht. Zu meinem Pullover beispielsweise bin ich<br />
gekommen, ohne danach gesucht zu haben. Nun<br />
lade ich ihn mit möglichst viel Lebenslust auf. Wenn<br />
man Mode mit guter Laune betreibt, kann sie einen<br />
weit pushen. Mein absolutes Universalgenie ist ein<br />
zehn Jahre alter Anzug von Comme des Garçons. Die<br />
Mode des japanischen Modehauses, diese Liebe zur<br />
Kunstfaser und der figurverändernden Form, habe<br />
ich erst in Tokio richtig entdeckt. Man sieht in diesem<br />
Anzug auf elegante Art immer leicht zerknautscht aus<br />
und so funktioniert er bei formalen Anlässen genauso<br />
wie zum Frühstück. Modern ist für mich, Leichtigkeit<br />
und Disziplin zu vereinen, ob in der Mode oder beim<br />
Wohnen. Auch wer seinen Stil gefunden hat, darf nie<br />
das Entdecken verlieren. Es gibt genug Vielfalt, man<br />
kann immer etwas finden, das einen fasziniert.“<br />
„Ein guter Look gelingt, wenn<br />
man um ein herausstechendes Stück<br />
herum leise komponiert“<br />
Lee Stuart, 35, lebt als Creative Consultant und DJ in Berlin:<br />
„Ich habe gerne die Kontrolle über unsere Sekundenwahrnehmung. Mir ist<br />
Kunst wichtig, Kultur und Musik. All das versuche ich, durch ein Outfit zu<br />
kommunizieren. Selbst die Nachrichten beeinflussen, wie ich mich kleide<br />
<strong>–</strong> ich bin wohl sensibel. Ich mag es, eine Hose von Prada zu tragen, aber<br />
nur so, dass man das nicht an dem Label, sondern höchstens an der Verarbeitung<br />
sieht. Ein guter Look gelingt, indem man um ein herausstechendes<br />
Stück herum leise komponiert. Jeder braucht einen guten Regenmantel,<br />
meiner ist von Mackintosh. Den britischen Klassiker trage ich vermutlich bis<br />
in alle Ewigkeit. Im Holländischen gibt es ein Sprichwort: Wer spart, besitzt.<br />
Das ist das Motto für meinen Konsum. Oft verkaufe ich ein paar Teile und<br />
erlaube mir dann, in einen teuren Klassiker zu investieren. Trends? Gibt es<br />
die noch? Spannend ist derzeit, dass Streetwear zu Luxusmode geworden<br />
ist. Louis Vuitton kollaboriert mit Skatemarke Supreme und zig Hip-Hop-<br />
Künstler mit großen Labels. Die vielleicht letzte große Rebellion.“<br />
<strong>FOCUS</strong> <strong>STYLE</strong> 7
8 <strong>FOCUS</strong> <strong>STYLE</strong><br />
DESIGN
UND<br />
PRÄSENTIEREN<br />
CREATED IN<br />
BAR<br />
CEL<br />
ONA<br />
Das Licht, das Klima, die Architektur <strong>–</strong> Kreative<br />
lieben die katalanische Hauptstadt. Für SEAT Chefdesigner<br />
Alejandro Mesonero-Romanos ist die Metropole<br />
am Meer gar der ideale Ort, um Zukunft zu gestalten.<br />
TEXT ANDREA MORALES<br />
FOTOS ANKE LUCKMANN<br />
<strong>FOCUS</strong> <strong>STYLE</strong> 9
INTERVIEW<br />
Barcelona nimmt dich sofort<br />
für sich ein“, sagt Alejandro<br />
Mesonero-Romanos und blickt auf<br />
das Panorama der Stadt, das wie eine<br />
hübsch sortierte Auslage vor ihm liegt.<br />
Klar, er meint damit auch das Meer, das<br />
schöne Wetter und die berühmte Küche.<br />
Doch dem Chefdesigner von SEAT, der<br />
spanischen Automarke mit Sitz vor den<br />
Toren Barcelonas, haben es vor allem die<br />
Gegensätze der Stadt angetan, die man<br />
von dem Restaurant auf dem Hausberg<br />
Montjuïc, in dem er gerade sitzt, schon<br />
erahnen kann. Zusammengewürfelte<br />
Altstadt hier, dort geordnetes Schachbrett<br />
mit langgezogener Diagonale, die<br />
auch das Logo von SEAT inspirierte.<br />
Eine von Palmen gesäumte Promenade,<br />
die bis in ein modernes Hochhausviertel<br />
reicht. „Jedes Barrio hat seinen eigenen<br />
Reiz, seinen eigenen Charakter.“ Immer<br />
gibt es etwas Neues zu entdecken, einen<br />
SOMMER-<br />
LICHT<br />
Je nach Tageszeit<br />
und Lichteinfall<br />
wandeln sich die<br />
Spiegelungen in der<br />
Dachkons truktion des<br />
Flohmarkts Encants.<br />
SEAT Leon ST,<br />
die Kombiversion<br />
an der Promenade<br />
in Barceloneta.<br />
Rechts: am Strand der<br />
Vila Olímpica<br />
kleinen Laden, ein neues Restaurant,<br />
eine Skulptur mitten auf einem öffentlichen<br />
Platz. „Ästhetisch geht es nie nur<br />
in eine Richtung. Die Stadt hält dich<br />
konsequent wach <strong>–</strong> allein das ist unglaublich<br />
inspirierend“, findet er.<br />
Mesonero-Romanos' Familie stammt<br />
aus Madrid. Als jüngster Sohn hielt er<br />
sich wenig an Regeln oder Traditionen.<br />
Er zeichnete am liebsten den ganzen<br />
Tag Rennwagen. Während seine Brüder<br />
Wirtschaft oder Jura für ihre Zukunft<br />
wählten, setzte er sich tatsächlich in<br />
den Kopf, Produkt- und Autodesign zu<br />
studieren. Und er entschied sich für die<br />
katalanische Hauptstadt, verliebte sich<br />
auf der Stelle und kann sich seitdem keinen<br />
besseren Ort zum kreativen Arbeiten<br />
vorstellen.<br />
Barcelona hat schon lange den Ruf einer<br />
Designmetropole. Spätestens seit<br />
den Neunzigern klebt das Label fest an<br />
der Stadt. Vor allem das Grafikdesign<br />
wurde durch die Olympischen Spiele<br />
1992 weltberühmt, als der Katalane Javier<br />
Mariscal das Maskottchen „Cobi“<br />
erfand, das als rentabelste Olympiafigur<br />
aller Zeiten gilt. Noch heute wirkt jedes<br />
Barrio-Plakat besser gestaltet als die<br />
meisten nationalen Werbekampagnen<br />
in Deutschland. Auch architektonisch<br />
schien plötzlich alles möglich, selbst<br />
die Fernseh- und Telekommunikationstürme<br />
wurden von Norman Foster und<br />
Santiago Calatrava entworfen.<br />
Die Leute waren plötzlich stolz auf ihre<br />
Stadt. Überall bewegte sich etwas, der<br />
Aufbruch beflügelte die Sinne. „Barcelona,<br />
mach dich hübsch“, so hieß die Kampagne<br />
der Stadtverwaltung dieser Zeit.<br />
10 <strong>FOCUS</strong> <strong>STYLE</strong>
DESIGN<br />
Die vor allem auch als Aufruf an die Einwohner<br />
verstanden wurde. Viel davon<br />
ist im Touristenstrom der letzten zehn<br />
Jahre verloren gegangen. Sagen die einen.<br />
Nach London und Paris ist Barcelona<br />
die am dritthäufigsten bereiste Stadt<br />
Europas, die Besucherzahlen haben<br />
sich seit Anfang der Neunziger verzehnfacht.<br />
Immer wieder gibt es Proteste<br />
gegen zu viele „Turistas“, weil die Leute<br />
genug davon haben, in einem durchgehend<br />
geöffneten Freilichtmuseum zu<br />
leben. Doch es gibt auch Stimmen, die<br />
glauben, dass genau diese Entwicklung<br />
die Stadt erneut wachgerüttelt hat.<br />
Die Einwohner setzen sich wieder mehr<br />
für ihre Viertel, ihre Stadt und für das<br />
Gemeinwohl ein. Nachbarschaftsverbände<br />
werden intensiv gepflegt. Aktuell<br />
gibt es große Diskussionen, dass die<br />
Mieten erschwinglich bleiben sollen.<br />
Im Vergleich zu anderen Großstädten<br />
ist Barcelona noch immer günstig,<br />
auch deshalb gibt es hier so viele junge<br />
Inspiration<br />
WER VIEL SIEHT,<br />
HAT VIELE<br />
ASSOZIATIONEN<br />
IM KOPF<br />
Künstler und Kreative. Das erste, was<br />
Mesonero-Romanos neuen Mitarbeitern<br />
im Designstudio mit auf den Weg<br />
gibt: „Nicht zu viel Zeit im Atelier, lieber<br />
mehr Zeit auf der Straße verbringen.<br />
Wer viel sieht, hat viele Assoziationen<br />
im Kopf.“<br />
Immer, wenn er durch die Barrios El<br />
Born oder Raval laufe, die jungen Viertel<br />
der Stadt, habe wieder irgendwo<br />
ein neues Atelier aufgemacht, in dem<br />
irgendwer Stoffe, Möbel oder Porzellan<br />
entwirft und verkauft. Aus einer Vase,<br />
die einem ins Auge fällt, entstehe dann<br />
vielleicht ein Impuls, ein Denkanstoß,<br />
für eine neue Form. „Die Tradition Barcelonas<br />
liegt eher im Handwerklichen,<br />
nicht in der Technologie“, sagt Mesonero-Romanos.<br />
„Wir haben durch unsere<br />
romanischen Wurzeln, die klassische<br />
Bildhauerei, sicher ein größeres Gespür<br />
für Proportionen mitbekommen.“<br />
Nicht zu vergessen: das Licht, einer der<br />
wichtigsten Einflüsse der mediterranen<br />
<strong>FOCUS</strong> <strong>STYLE</strong> 11
Kunst am Meer:<br />
Würfelskulptur<br />
am Strand von<br />
Barceloneta<br />
Region. „Keine Fläche entsteht hier,<br />
ohne dass wir daran denken, wie sich<br />
das Licht darin bricht.“ Spektakulär ist<br />
etwa das Dach des Flohmarkts Encants<br />
bei der PlaÇa de les Glòries, eine gewellte<br />
silberne Folie, die im gleißenden<br />
Sonnenlicht über dem offenen, mehrstöckigen<br />
Areal schwebt. Auch deshalb<br />
würden Spanier nie so runde Autos bauen<br />
wie Engländer, bei denen Licht keine<br />
große Rolle spielt, sagt der Designer.<br />
„Wir hingegen denken immer an Linien<br />
und Kanten und wie sie mit der Sonne<br />
interagieren.“<br />
Auch das Licht im Raum und welche<br />
Atmosphäre es erzeugt, hat für eine<br />
aufstrebende Generation von Interiordesignern<br />
an Bedeutung gewonnen,<br />
allen voran Lázaro Rosa-Violán, der<br />
zahlreiche Boutiquen, Hotels und Restaurants<br />
in Barcelona entworfen hat<br />
und längst weltweit gefragt ist. Die von<br />
ihm gestalteten Restaurants „El Nacional“<br />
auf dem Prachtboulevard Paseo de<br />
Gràcia oder das „Boca Grande“ gehören<br />
nicht zufällig zu den Lieblingsrestaurants<br />
des Chefdesigners. Es sind Orte so<br />
eklektisch wie die Stadt selbst. Trotz<br />
einiger guter Galerien und berühmter<br />
Museen von Picasso bis Miró ist die<br />
Stadt weit davon entfernt, Kunst- Mekka<br />
zu sein. Große Marken wie Desigual und<br />
Kein öffentlicher Platz,<br />
der nicht auch Treffpunkt<br />
ist <strong>–</strong> wie die Wiese an<br />
der Plaça l‘Ictíneo (u.).<br />
Rechts SEAT Leon ST mit der<br />
Ausstattung Xcellence,<br />
Farbe Boheme Purple<br />
Mango stammen aus der Region, aber<br />
deshalb spricht niemand von Barcelona<br />
als Modemetropole. Es gibt von allem<br />
ein bisschen, was durchaus von Vorteil<br />
sein kann. „Die Stadt ist nicht zu abgehoben“,<br />
findet Mesonero-Romanos, „sie<br />
gewährt dir noch überall Zutritt.“ In anderen<br />
Städten wie Paris oder London<br />
seien die Hürden dazuzugehören viel<br />
größer, die Codes viel komplizierter. Der<br />
Spanier hat selbst in beiden Städten gelebt,<br />
nach seinem Studium in Barcelona<br />
bekam er ein Stipendium am Royal College<br />
of Art in London. Später arbeitete er längere<br />
Zeit in Paris und Südkorea, bevor er<br />
vor sieben Jahren als Chefdesigner von<br />
SEAT nach Barcelona zurückkam. Die<br />
Lebensqualität, die man hier genieße,<br />
12 <strong>FOCUS</strong> <strong>STYLE</strong>
DESIGN<br />
Design<br />
POBLENOU - EIN<br />
LABOR FÜR<br />
DAS GUTE LEBEN<br />
IN DER STADT<br />
In Poblenou haben<br />
sich Start-up-<br />
Unternehmen und<br />
viele Designer<br />
niedergelassen,<br />
auch in dem spektaklären<br />
Media-<br />
Tic-Gebäude mit der<br />
fluoreszierenden<br />
Außenhülle<br />
sei nicht nur zum Leben wichtig, sondern<br />
vor allem zum Arbeiten. „Glücklichere<br />
Menschen können sich schönere<br />
Dinge ausdenken“, sagt Alejandro Mesonero-Romanos.<br />
„Wenn dein Umfeld<br />
dich nicht inspiriert, wo sollen die Ideen<br />
dann herkommen?“ Womöglich gehört<br />
der SEAT Chefdesigner auch deshalb zu<br />
den besten seines Fachs.<br />
Bei Konzepten für gutes Leben im urbanen<br />
Raum werde Barcelona in den<br />
nächsten Jahren ganz vorne mit dabei<br />
sein, sagt der Designer. Poblenou, das<br />
alte Industrieviertel rund um Jean Nouvels<br />
unübersehbaren Wolkenkratzer<br />
Torre Agbar, hat sich bereits als eine Art<br />
Künstler-Enklave und „New Technology<br />
Hub“ etabliert. Viele junge Architekten<br />
sitzen hier, Designbüros, Start-ups, Medienunternehmen.<br />
Besonders bekannt<br />
ist das Media-Tic-Gebäude mit seiner<br />
fluoreszierenden grünen Außenhülle<br />
voller Luftkissen, die mithilfe von Sensoren<br />
die Luftverteilung regeln. An heißen<br />
Tagen werden UV-Strahlen blockiert, an<br />
bedeckten sorgen sie für mehr Lichteinfall.<br />
Um das Gebäude herum wurde<br />
über mehrere Straßenzüge vor einigen<br />
Monaten die erste „Supermanzana“ der<br />
Stadt geschaffen: Eine über mehrere<br />
Blocks nahezu komplett verkehrsberuhigte<br />
Zone, die nach und nach umgestaltet<br />
und begrünt wird. Die Ansätze<br />
sind da, um „die Stadt den Menschen<br />
zurückzugeben“, sagt der Designer. Genau<br />
darum werde es in den Mobilitätskonzepten<br />
der Zukunft schließlich gehen:<br />
smarte Lösungen für Fortbewegung und<br />
gleichzeitig mehr Lebensqualität.<br />
In gewisser Weise folgt Barcelona auch<br />
hier seiner Tradition: Als der katalanische<br />
Architekt Ildefons Cerdà Mitte des<br />
19. Jahrhunderts das schachbrettförmige<br />
Eixample-Viertel entwarf, hatte er<br />
eine demokratische Vision für die Stadt<br />
im Kopf. Die geraden Achsen waren sein<br />
Mobilitätskonzept für den damaligen<br />
Kutschenverkehr. Außerdem sollten die<br />
Innenhöfe begrünt werden. „Er war seiner<br />
Zeit weit voraus“, sagt Mesonero-<br />
Romanos. „Der Gemeinschaftsgedanke<br />
war immer wichtig hier.“ Nur die Grünflächen<br />
hat es dann doch nie gegeben.<br />
Deshalb flüchten die Einwohner der<br />
Stadt regelmäßig, wenn ihnen der Lärm<br />
oder die Enge zu viel wird, in den nahegelegenen<br />
Badeort Sitges oder eben auf<br />
den Hausberg Montjuïc. „Ich schaue<br />
mir Barcelona, so oft es geht, von oben<br />
an“, sagt Mesonero-Romanos. „Es rückt<br />
die Dinge wieder in die richtige Perspektive.<br />
Was gerade noch ein riesiges<br />
Problem war, ist plötzlich keines mehr.“<br />
Was dabei sofort auffällt: Wie klein diese<br />
1,5-Millionenstadt im Grunde ist.<br />
Vorne das Meer, hinten die Bergkette<br />
Collse rola <strong>–</strong> viel Platz zur Ausdehnung<br />
bleibt nicht. Mesonero hat lange Zeit<br />
in Gràcia gewohnt, dann im oberen Teil<br />
der Stadt, bis er mit seiner Familie doch<br />
nach draußen zog, nach Sant Cugat,<br />
eine halbe Autostunde vom Stadtzentrum<br />
entfernt, um mehr Platz <strong>–</strong> auch für<br />
seine Oldtimer <strong>–</strong> zu haben. „Im Grunde<br />
wohne ich auf einer Garage“, scherzt der<br />
Chefdesigner.<br />
<strong>FOCUS</strong> <strong>STYLE</strong> 13
INTERVIEW<br />
Alejandro Mesonero-Romanos<br />
ICH SEHE MIR DIE<br />
STADT OFT<br />
VON OBEN AN.<br />
DAS RÜCKT<br />
DIE DINGE IN DIE<br />
RICHTIGE<br />
PERSPEKTIVE<br />
14 <strong>FOCUS</strong> <strong>STYLE</strong>
DESIGN<br />
STADT<br />
MIT<br />
Pool mit Aussicht:<br />
die Dachterrasse des „Soho House“<br />
STIL<br />
ROOFTOP-BARS,<br />
RESTAURANTS<br />
UND SCHÖNE INTERIEUR-<br />
LÄDEN: BARCELONA<br />
ÜBERZEUGT MIT DESIGN<br />
IN BESTFORM<br />
1. LEBENSGEFÜHL<br />
Für Barcelona braucht es keine langsame<br />
Annäherung, keinen zweiten<br />
Blick <strong>–</strong> der Reiz dieser Metropole erschließt<br />
sich sofort. In den kleinen<br />
Gassen der Altstadt, auf den großen<br />
Boulevards mit Prachtbauten,<br />
in Restaurants, deren Chefs einmal<br />
bei Ferran Adrià gelernt haben, und<br />
natürlich: am Meer, unter Palmen.<br />
Spätestens da ist jedem klar, warum<br />
diese Stadt eines der bestbesuchten<br />
Ziele Europas ist: Barcelona hat alles.<br />
Ehrlich Kultur interessierte kommen<br />
hier genauso auf den Geschmack wie<br />
hemmungslose Hedonisten. Und spätestens<br />
ab Ende <strong>April</strong> kann man auch<br />
abends auf den Terrassen sitzen, ohne<br />
mit dem Heizpilz zu schummeln.<br />
Klassiker:<br />
Tapas müssen<br />
sein,<br />
wie hier im<br />
„Pla“,einem<br />
der besten<br />
Restaurants<br />
der Stadt<br />
Noch ein Vorteil: Die katalanische<br />
Metropole ist nicht besonders groß.<br />
Fast alles Sehenswerte im Zentrum<br />
kann man zu Fuß erreichen; oder mit<br />
dem Fahrrad, wenn man keinen Wert<br />
auf lückenlose Fahrradwege legt. Je<br />
weiter nach unten Richtung Strand<br />
es geht, desto lockerer, aber auch touristischer<br />
wird die Atmosphäre. Gute<br />
Restaurants gibt es hier trotzdem<br />
noch, es sind nur nicht unbedingt<br />
die, die am lautesten auf sich aufmerksam<br />
machen. Viele traditionelle<br />
Lokale kommen eher schmucklos<br />
daher. Die Einheimischen gehen am<br />
liebsten mittags essen und bestellen<br />
dann ein günstiges „Menú del día“<br />
aus Vorspeise, Hauptgang, Nachtisch,<br />
Wein und Café, und das alles<br />
bitte möglichst oberhalb der Gran<br />
Via, der großen Straße.<br />
Für Barceloner<br />
fängt die eigentliche<br />
Stadt nämlich erst<br />
dort an. Trotzdem<br />
wird sie auch ihnen<br />
manchmal zu viel.<br />
Denn Barcelona<br />
ist alles <strong>–</strong> nur nicht<br />
leise. Wohin sie<br />
dann flüchten? Auf<br />
die Terrassen, in die<br />
Innenhöfen oder auf<br />
die Dächer der Stadt.<br />
Raffiniert:<br />
eingelegtes<br />
Gemüse als<br />
Tapas im<br />
„Dos Pebrots“<br />
Wer kein eigenes hat, setzt sich auf<br />
eine der immer zahlreicher werdenden<br />
Rooftop-Bars der großen Hotels,<br />
die sind nämlich nicht nur für Gäste<br />
geöffnet.<br />
2. AUSGEHEN,<br />
NACHTLEBEN<br />
An Tapas führt in Barcelona kein Weg<br />
vorbei, gute zu finden wird immer<br />
schwieriger. Zu den Klassikern gehören<br />
das Pla (c/ Bellafila 5), das Cal Pep<br />
(Plaça de les Olles 8) mit notorischer<br />
Schlange davor, oder Stände wie<br />
Pinotxo oder Universal in der berühmten<br />
Markthalle La Boqueria.<br />
Neu und moderner sind das Dos<br />
Pebrots (c/ del Dr. Dou 19) und die<br />
Quillo Bar (c/ Rec Comtal 2). Doch<br />
wer nur bei Calamares und Croquetas<br />
bleibt, verpasst die echte katalanische<br />
Küche. Das Gresca (c/ Provença 230)<br />
ist ein Favorit der Spitzenköche, das<br />
Boca Grande (Passatge de la Concepció<br />
12), serviert vor allem Fisch und Paella.<br />
Im Martinez (Carretera de Miramar<br />
38) auf dem Hausberg Montjuïc<br />
bekommt man obendrein einen der<br />
<strong>FOCUS</strong> <strong>STYLE</strong> 15
DESIGN<br />
Lichtgestalten:<br />
Im Razzmatazz legen<br />
bekannte DJs auf<br />
3. DESIGN<br />
schönsten Panoramablicke dazu. El<br />
Born hat sich in den letzten Jahren<br />
zum Szene-Ausgehviertel entwickelt<br />
mit Bars wie Super Super (c/ Calders 8)<br />
oder Paradiso (c/ Rera Palau 4). Einheimische<br />
sind eher im Viertel Raval<br />
oder dem angrenzenden Poble Sec<br />
unterwegs, in Läden wie dem 33/45<br />
(c/ Joaquín Costa 4) oder im La Mama<br />
y La Papa. Die besten Cocktails gibt<br />
es ab sofort im Servicio Continuo<br />
(Avinguda Diagonal 353), der Bar des<br />
bekannten katalanischen Fotografen<br />
Nacho Alegre.<br />
Gute Clubs sind rar, Klassiker wie<br />
Apolo (c/ Nou de la Rambla 113) und<br />
Razzmatazz (c/ Almogàvers<br />
122) mit<br />
ihren verschiedenen<br />
„Salas“<br />
gehören<br />
immer noch<br />
zum Besten,<br />
was die Nacht<br />
zu bieten hat.<br />
Überall Gaudí:<br />
Die Casa Batlló<br />
ist eines der<br />
Meisterwerke<br />
des berühmten<br />
Architekten<br />
Hipster-Paradies:<br />
der Palo Alto<br />
Market mit seinen<br />
Streetfood-Trucks<br />
Barcelona pflegt seinen guten Ruf<br />
als Metropole mit Gespür für schöne<br />
Gestaltung. Vor allem interessante<br />
Möbel- und Interieurläden sind in fast<br />
jedem Viertel zu finden. Wer die kleinen<br />
Straßen der Altstadt durchforstet,<br />
stößt immer wieder auf versteckte<br />
Ateliers, in denen Porzellan, Leuchten<br />
oder Stoffe entworfen werden. Der bekannte<br />
Inneneinrichter Jaime Beriestain<br />
(c/ Pau Claris 167) ergänzte sein<br />
Geschäft nebenan um ein <strong>–</strong> natürlich <strong>–</strong><br />
umwerfend dekoriertes Restaurant. In<br />
Gràcia und Poblenou haben viele Vintage-Stores<br />
eröffnet, etwa Noak Room<br />
(c/ Roc Boronat 69) für skandinavisches<br />
Design. Alle paar Wochen findet<br />
in der Nähe außerdem der Palo Alto<br />
Market statt, mit Ständen lokaler Designer,<br />
Händlern und Streetfood-Trucks<br />
auf einem ehemaligen Fabrikgelände.<br />
Das Talent für gute Räume macht sich<br />
auch bei den Hotels der Stadt bemerkbar.<br />
Neben dem gewohnt stylishen<br />
Soho House (Plaça del Duc de Medinaceli<br />
4) mit schöner Dachterrasse ist die<br />
Casa Bonay (Gran Via 700) einer der<br />
jüngsten Neuzugänge: Hier stimmt<br />
von der Tapete in der Lobby-Toilette<br />
bis zum Nachtisch alles. Das Brummell<br />
(c/ Nou de la Rambla 174) in<br />
Poble Sec gehört einem Österreicher,<br />
was es weniger spanisch, aber nicht<br />
minder charmant macht.<br />
Die Kunstszene in Barcelona ist eher<br />
klein, ein Besuch der Side Gallery<br />
(c/ Enric Granados 82) lohnt sich jedoch<br />
immer, ebenso ein Abstecher<br />
zur Galería Miquel Alzueta (c/ Sèneca<br />
9-11), allein schon weil sie in einer<br />
ehemaligen, 500-Quadratmeter-großen<br />
Fabrikhalle untergebracht ist.<br />
Wem die Schlange am Picasso-Museum<br />
zu lang ist, der fährt auf den<br />
Hausberg Montjuïc in die Fundació<br />
Joan Miró oder ins Macba, dem Museum<br />
für zeitgenössische Kunst, das<br />
in einem Bau mit langen Rampen von<br />
Richard Meier untergebracht ist. Architekturliebhaber<br />
kommen in dieser<br />
Stadt ohnehin nicht zu kurz. Neben jeder<br />
Menge Gaudí-Bauten gibt es den<br />
Mies-van-de-Rohe-Pavillon der Weltausstellung<br />
von 1929 zu besichtigen,<br />
das naturwissenschaftliche Museu<br />
Blau wurde von Herzog & de Meuron<br />
entworfen und ist außerdem ein perfekter<br />
Ort für Kinder, falls doch einmal<br />
schlechtes Wetter sein sollte.<br />
Der bekannteste Einkaufsboulevard<br />
der Stadt heißt Passeig de Gràcia. Abseits<br />
der großen Ladenketten findet<br />
man in El Born oder in den Nebenstraßen<br />
in Eixample immer wieder<br />
kleinere, schön gestaltete Shops. Gute<br />
Menswear bieten etwa La Comercial<br />
(c/ Rec 73), Noténom (c/ Pau Claris<br />
159) und Wer-Haus (c/ Aragó 287).<br />
16 <strong>FOCUS</strong> <strong>STYLE</strong>
GUIDE<br />
Was Sie<br />
tragen<br />
können ...<br />
Ein schönes<br />
Jackett ist die<br />
perfekte Basis.<br />
Ein Hemd<br />
passt immer<br />
besser als<br />
ein Shirt.<br />
Farbige<br />
Chinos sind<br />
akzeptabel.<br />
Sie dürfen<br />
auch hellere<br />
Farben und<br />
Muster tragen.<br />
Schnürschuhe<br />
sind stilvoller<br />
als Slipper.<br />
... und was<br />
nicht geht:<br />
Blousons,<br />
Lederjacken und<br />
Anoraks können<br />
Sie gerne am<br />
Wochenende<br />
tragen.<br />
T-Shirts und<br />
Hoodies gehen<br />
nur, wenn<br />
Sie Facebook<br />
leiten.<br />
Kurze Hosen sind<br />
etwas für den<br />
Strand, aber nicht<br />
fürs Büro.<br />
Turnschuhe und<br />
Stiefel nein,<br />
Edel-Sneaker ja.<br />
Nur zum<br />
Wandern trägt<br />
man Rucksack,<br />
nicht für den<br />
Aufstieg im<br />
Unternehmen.<br />
WIE<br />
ENTGEHE ICH<br />
DER SMART<br />
CASUAL FALLE<br />
?<br />
FOTO: BEN WATTS/TRUNK ARCHIVE<br />
18 <strong>FOCUS</strong> <strong>STYLE</strong>
HOW<br />
TO<br />
Jeroen van Rooijen ist Stilkritiker und hat mehrere Modebücher<br />
Die Idee war gut: Smart Casual, ein noch junger<br />
Dresscode, war eigentlich dazu gedacht, die strengen<br />
Regeln der Businesskleidung zu lockern.<br />
Tatsächlich ist damit für viele Männer aber einiges<br />
komplizierter geworden.<br />
TEXT JEROEN VAN ROOIJEN<br />
Was Businesskleidung ist, weiß fast jeder, auch wenn er<br />
selbst etwas anderes trägt: Anzug, Hemd und Krawatte,<br />
dazu elegante Schnürschuhe. Was Freizeitbekleidung ist,<br />
muss auch kaum jemandem erklärt werden: Jeans, T-Shirt,<br />
Pull over, Sneaker. Der beliebte Hybrid-Dresscode Smart Casual<br />
schlägt einen Mittelweg zwischen Business- und Freizeitkleidung<br />
vor <strong>–</strong> und verbindet so das Nützliche mit dem Angenehmen.<br />
Mit diesem entspannteren Look wollen sich auch<br />
traditionelle Unternehmen ein bisschen New-Economy-Flair<br />
geben. So kann man ohne Umziehen vom Meeting zum After-<br />
Work-Drink wechseln. Doch in Wahrheit vereinfacht Smart<br />
Casual für viele Männer wenig, im Gegenteil: Es wird nur noch<br />
unübersichtlicher.<br />
Denn wo verläuft der schmale Grat, der den Smart-Casual-<br />
Könner vom Stümper unterscheidet? Handelt es sich bei Smart<br />
Casual um „verdünnte“ Businesskleidung? Oder eher um veredelte<br />
Freizeitgarderobe? Genaue Vorgaben gibt es, wie meistens<br />
in der Mode, nicht. Wer im Netz sucht, stößt auf Hunderte<br />
sich teilweise widersprechende Empfehlungen. Smart Casual<br />
kommt deshalb oft dort zur Anwendung, wo die klassische<br />
Ordnung nicht mehr ganz passend erscheint.<br />
Das zeigt schon die Bezeichnung selbst: smart, also schlau,<br />
bezieht sich auf den legeren Look der zeitgenössischen „Brainworkers“.<br />
Man will so clever und Erfolg versprechend wie die<br />
Technik-Nerds aus dem Start-up aussehen. Wie einer, der Kraft<br />
seiner Ideen nach ganz oben kommt, nicht wegen seines<br />
teuren Anzugs. Casual bedeutet: der Situation angepasst.<br />
Also zurückhaltend, unaufgeregt und moderat.<br />
Wenn Smart Casual gefragt ist, trägt man also ein unauffällig<br />
entspanntes Universal-Outfit. Es funktioniert gleichermaßen<br />
fürs Date, den informellen Empfang wie das unerwartete Beförderungsgespräch<br />
beim Chef. Doch Vorsicht: Smart Casual<br />
gehört noch immer zu den Dresscodes fürs Office, nicht zu jenen<br />
für den Garten, Club oder Strandspaziergang.<br />
Wer einen Anzug trägt, lässt die Krawatte weg und den obersten<br />
Kragenknopf offen. Statt dunkler Schnürer können dazu<br />
auch hellere Schuhe oder solche aus Wildleder kombiniert<br />
werden. Besser als ein Anzug ist jedoch die Kombination aus<br />
Hose und Jackett. Das zeitgenössische Sakko ist recht körpernah<br />
geschnitten und weich verarbeitet. Anstelle klassischer<br />
Hosen können auch Chinos oder dunkle Jeans (ohne Abrieb<br />
oder extreme Waschungen) getragen werden.<br />
Zum Hemd (mit langen Ärmeln) gibt es wenig Alternativen. Ein<br />
T-Shirt ist ebenso zu wenig smart wie ein Sweatshirt oder<br />
Hoodie (das können weiterhin gerne die Nerds tragen, also<br />
Mark Zuckerberg, oder CEOs, die gerne Mark Zuckerberg<br />
wären). An Sommertagen kommt höchstens noch ein feines<br />
Polo shirt infrage, im Winter ein dunkler Rolli, allenfalls auch<br />
eine nicht gemusterte, hochwertige Strickjacke. Wie beim Business<br />
Outfit auch kommt es auf die Accessoires an: ein guter<br />
Gürtel und darauf abgestimmte Schuhe sind ein Muss. Die<br />
Schuhe sollten geschnürt sein, es sind aber auch edle Sneaker,<br />
Loafer und Mokassins denkbar. Flipflops und Sandalen gehen<br />
nur, wenn sie schon innerlich gekündigt haben (Ausnahme:<br />
siehe Zuckerberg).<br />
Im Gegensatz zum Business Outfit darf man bei Smart Casual<br />
zu helleren Farben und etwas lebendigeren Materialien greifen.<br />
Es sind Karos denkbar, ein feines Webmuster oder auch<br />
griffig strukturierte Stoffe mit etwas rustikalerem Charakter.<br />
Und bitte: Krawatte zu Smart Causal nur dann tragen, wenn<br />
man sehr stil- und trittsicher ist, sonst sieht’s zögerlich und<br />
unentschlossen aus <strong>–</strong> nicht casual und schon gar nicht smart.<br />
geschrieben, darunter das Nachschlagewerk „Der Dresscode“.<br />
<strong>FOCUS</strong> <strong>STYLE</strong> 19
MODE<br />
In der Wildnis helfen Camouflage-Looks, unsichtbar zu bleiben. In der Stadt bewirken<br />
gemusterte Shirts und Shorts das Gegenteil: ungeteilte Aufmerksamkeit.<br />
Und sommerliche Stoffe und Schnitte leisten Beistand bei tropischen Temperaturen.<br />
FOTOS MARCUS PAARMANN<br />
STYLING GINA D.P. PIEPER<br />
20 <strong>FOCUS</strong> <strong>STYLE</strong>
Wendebomberjacke,<br />
Shirt und Hose<br />
HERMÈS, Gürtel<br />
TIGER OF SWEDEN<br />
Linke Seite<br />
Sweater ETRO<br />
<strong>FOCUS</strong> <strong>STYLE</strong> 21
MODE<br />
Jacket TIGER OF SWEDEN,<br />
Shirt WOODWOOD, Hose<br />
SALVATORE FERRAGAMO,<br />
Schuhe LUDWIG REITER<br />
22 <strong>FOCUS</strong> <strong>STYLE</strong>
MODE<br />
Mantel und Hose<br />
JIL SANDER, Neckholdertop<br />
TIGER OF SWEDEN,<br />
Gürtel DOLCE&GABBANA<br />
Anzug und Tasche<br />
HUGO BOSS,<br />
Shirt LACOSTE,<br />
Sonnenbrille<br />
ALEXANDER MCQUEEN<br />
<strong>FOCUS</strong> <strong>STYLE</strong> 23
MODE<br />
V-Neck Top<br />
MICHAEL KORS,<br />
Uhr TIFFANY&CO.<br />
Jacket<br />
ERMENEGILDO<br />
ZEGNA, Shirt<br />
und Hose<br />
HUGO BOSS,<br />
Sonnenbrille von<br />
VIU EYEWEAR<br />
24 <strong>FOCUS</strong> <strong>STYLE</strong>
Jacket MICHEAL KORS<br />
Shirt FENDI,<br />
Shorts CARHARTT,<br />
Gürtel DOLCE & GABBANA<br />
Vielen Dank an<br />
den Botanischen Garten<br />
in München.<br />
Grooming von Alexander<br />
Hofmann c/o Agentur<br />
Uschi Rabe mit Produkten<br />
von Iles Formula,<br />
Model Maximilian Wefers<br />
c/o Talents, Foto assistent<br />
Vincenzo Buscemi<br />
<strong>FOCUS</strong> <strong>STYLE</strong> 25
MANUAL<br />
DIE AUSSICHT DER STARS<br />
Einen der besten Blicke über Los Angeles bietet das Rooftop-<br />
Restaurant des Hotels „Mama Shelter“, gleich beim Walk of Fame.<br />
Auch in Deutschland gibt es Bars, bei denen nicht nur der<br />
Anspruch hoch ist: etwa die „Monkey Bar“ im 10. Stock. des<br />
„25hours Hotel Bikini Berlin“, die „Long Island Summer Lounge“<br />
auf dem Parkhaus der Börse in Frankfurt/M. oder die „Blue Spa<br />
Bar“ auf dem Bayerischen Hof in München. mamashelter.com<br />
WALD-MEISTER<br />
„He Wood“ ist eine Hommage an die Wälder<br />
Kanadas, der Heimat der Mode-Zwillinge<br />
Dean und Dan Caten alias Dsquared2.<br />
Zum zehnten Jubiläum spendierten sie<br />
dem Duft ein frisches Outfit, die Noten von<br />
Zedernholz, Silbertanne, Zitrone und Ingwer<br />
bleiben gleich. 150 ml Eau de Cologne, ab<br />
Mai, circa 88 Euro, dsquared2.com<br />
FÜR NETZWERKER<br />
Vorbei die Zeiten, in denen man in Cafés<br />
nach dem WLAN fragen und Passwörter<br />
auf Servietten kritzeln musste. Wiffinity<br />
listet alle Hotspots in der Nähe auf <strong>–</strong> mit<br />
den Zugangsdaten. Gratis, wiffinity.com<br />
MIT HOLZSCHNITT<br />
Löchrige Plastikschläger machen Strandtennis<br />
zum eher peinlichen Zeitvertreib. Viel besser:<br />
das „Leblon Beach Bat Set“ von Frescobol<br />
Carioca einpacken, das in Brasilien von Hand<br />
gefertigt wird. Eine dicke Harzschicht sorgt<br />
dafür, dass die Holzoberfläche frei von Sand<br />
bleibt. Circa 180 Euro, frescobolcarioca.com<br />
FIT WIE EIN TARNSCHUH<br />
Die schlicht-schönen Schnürboots von<br />
Hunter mit dezentem Camouflage-Print<br />
sind aus wasserabweisendem Canvas<br />
gefertigt und machen auf Wüsten safari<br />
ebenso viel her wie im Großstadtdschungel.<br />
Circa 185 Euro, hunterboots.com<br />
FOTOS: JB LACROIX/WIREIMAGE (1)<br />
26 <strong>FOCUS</strong> <strong>STYLE</strong>
OST<br />
WANTED<br />
W<br />
19 Favoriten für einen<br />
unvergesslichen Sommer<br />
INSTAGRAM 1.0<br />
Künstler und Fotografen wie Andy Warhol<br />
oder Ansel Adams schworen auf die<br />
Polaroid SX-70 und ihren zeitlosen<br />
Look. Impossible Project lässt die Sofortbild-Kamera<br />
nun wieder aufleben. Fehlt<br />
nur noch der passende Soundtrack<br />
zur Schnappschuss-Session. Vielleicht<br />
ein wenig Disco à la Studio 54? Circa<br />
130 Euro, eu.impossible-project.com<br />
KÖNIGSWELLEN<br />
Sie hätten gerne Locken<br />
wie die von „Game of Thrones“-Held<br />
Kit Harington?<br />
Mit der „Curl Up“-Serie von<br />
KMS ist das ganz einfach:<br />
sprühen, kneten, fertig.<br />
Jetzt noch das Schwert umgeschnallt<br />
und los geht’s.<br />
„Perfecting Lotion“, circa<br />
29 Euro, kmshair.com<br />
EASY RIDER<br />
Wenn jemand weiß, wie man<br />
stilvoll cruist, dann sind das<br />
Kalifornier. Electra aus der<br />
Nähe von San Diego baut<br />
feine Fahrräder wie<br />
das „Ticino 20 D“, die<br />
nicht nur gut aussehen,<br />
sondern mit<br />
einer patentierten<br />
Rahmengeometrie<br />
die Verspannungen<br />
in Schultern,<br />
Rücken und Beinen<br />
reduzieren. Circa 1500<br />
Euro, electrabike.com<br />
<strong>FOCUS</strong> <strong>STYLE</strong> 27
MANUAL<br />
MASSAGETIERHALTUNG<br />
Mit ihrem „Kabier Beef“ liefern die<br />
Appenzeller Landwirte Sepp und<br />
Magdalena Dähler die bewusst nachhaltige<br />
Antwort auf das von Gourmets<br />
weltweit verehrte Kobe-Rind. Neben<br />
ihrem Grundfutter erhalten die Tiere als<br />
besonderes Schmankerl Bierhefe und<br />
Weizenkleie und werden wie ihre Artgenossen<br />
in Japan natürlich auch<br />
mehrmals täglich von Hand massiert <strong>–</strong><br />
mit Schweizer Rapsöl. kabier.ch<br />
HIPSTER-DECKEL<br />
„Classon“ vom US-Start-up Brooklyness<br />
ist der Tesla unter den Radhelmen: In<br />
dem futuristischen Design stecken unter<br />
anderem Blinker, die per Geste aktiviert<br />
werden, sowie zwei Kameras, die mit einem<br />
LED-Signal vor Fahrzeugen im toten<br />
Winkel warnen. Nur der Autopilot fehlt.<br />
Circa 150 Euro, brooklyness.com<br />
MESSEN IN ACTION<br />
Die „Forerunner 935“ von Garmin misst<br />
nicht nur per GPS und zig anderen Sensoren<br />
(u.a. Herzfrequenz, Schrittlänge, Barometer)<br />
die Trainingserfolge beim morgendlichen<br />
Joggen. Dank der Wechselarmbänder<br />
aus sportlichem Silikon oder elegantem<br />
Leder begleitet die wasserdichte<br />
Uhr ihren Träger auch bis ins Büro.<br />
Circa 550 Euro, garmin.com<br />
SOMMERTAGSTRAUM<br />
Das Festival „A Summer’s Tale“ in der<br />
Lüneburger Heide ist so entspannt wie<br />
familiär. Hier kann man einen Plattdeutsch-Crashkurs<br />
machen, Vinyasa-Yoga<br />
lernen oder Lesungen von Heinz<br />
Strunk und Rocko Schamoni besuchen.<br />
Achja, Bands wie Franz Ferdinand, die<br />
Pixies und PJ Harvey gibts auch zu sehen.<br />
2.-5. August, asummerstale.de<br />
BESSER-BURGER<br />
Gemüse ist unser Fleisch: Die<br />
Jackfruit hat das Zeug zum<br />
neuen Food-Star, nicht nur für<br />
Veganer. Mit ihrer fleischigen,<br />
der Ananas ähnlichen Konsistenz,<br />
kommt die riesige Frucht<br />
mit der noppigen Schale nicht<br />
nur der BBQ-Spezialität Pulled<br />
Pork ziemlich nahe, sie ist auch<br />
reich an Ballaststoffen, Kalzium<br />
und Magnesium. Zum Würzen<br />
der Artocarpus heterophyllus<br />
eignen sich aromatische<br />
Mischungen wie Garam Masala.<br />
POOL-POSITION<br />
Der kleine Bluetooth-Lautsprecher „Wonderboom“<br />
von Ultimate Ears sorgt nicht nur bis<br />
zu zehn Stunden lang ohne Kabel für Sound,<br />
er ist auch noch wasserdicht und damit die<br />
ideale Begleitung für den Pool. Und klingt so<br />
gut, als hätte jemand heimlich eine Band darin<br />
versteckt. Circa 100 Euro, ultimateears.com<br />
PLACEBO-EFFEKT<br />
Alkoholfreie Cocktails sind längst keine Warm duscher-<br />
Ausrede mehr. Und langweilig schon gar nicht. Beim<br />
Mixen der sogenannten Mocktails (mock = engl.<br />
hier für Pseudo- oder Schein-) wandert für Klassiker<br />
wie den Moscow Mule oder Gin Tonic keinerlei Sprit<br />
in den Shaker. Alle übrigen Zutaten kombiniert ein<br />
guter Barkeeper zu einem Drink, der dem Original bis<br />
auf Salzrand und Maraschino-Kirsche gleicht.<br />
FOTOS: IZTOK GRILC/GETTY IMAGES (1), EAT-THIS.ORG/JÖRG MAYER & NADINE HORN (1), AXEL SCHILLING (1), STOCKFOOD (1)
TIERISCH GUT<br />
Dass Joko Winterscheidt eine coole Socke<br />
ist, hat er oft bewiesen. Passenderweise ist<br />
der Moderator auch Investor beim Sockenlabel<br />
Jungfeld. Die neue Ethnokollektion<br />
des deutschen Herstellers sorgt mit wilden<br />
Mustern wie beim orange-schwarzen Modell<br />
„Luis“ für Urlaubsstimmung (zirka 14 Euro).<br />
Für unsere Leser gibt es die edlen Socken<br />
mit 15 Prozent Rabatt. jungfeld.com/focus<br />
SPRINGENDE IDEE<br />
Mit der „Smart Rope“ von Tangram wird Seilspringen<br />
zum Hightech-Sport, denn mittels<br />
Bluetooth-Verbindung kann etwa die Anzahl<br />
der Sprünge auf der dazugehörigen App<br />
verfolgt werden. Im „Competition“-Modus<br />
kann man sich außerdem mit seinem<br />
Trainings-Kumpel messen oder mit Seilspringern<br />
auf der ganzen Welt vergleichen.<br />
Circa 100 Euro, tangramfactory.com<br />
CRAFT-BRILLEN<br />
Das kalifornische Label<br />
Dita, gegründet 1995 von<br />
den Freunden John Juniper<br />
and Jeff Solorio, geht keine<br />
Kompromisse ein. Hinter<br />
einem Gestell stecken bis zu<br />
320 Produktionsschritte.<br />
Der Stil vereint den Glamour<br />
des alten Hollywood<br />
mit dem rauen Charme der<br />
frühen industriellen Revolution.<br />
Das Modell „Mach-<br />
Five“ überzeugt etwa mit<br />
einem goldenem Gestell<br />
aus hochwertigem Titan,<br />
Antireflexbeschichtung und<br />
markanten Meshdetails.<br />
Circa 1050 Euro, dita.com<br />
SEINE HAUT RETTEN<br />
Das UV-Pflaster von La Roche Posay verrät,<br />
wann nachgecremt werden sollte oder ein<br />
Rückzug in den Schatten nötig ist. Auf die<br />
Haut geklebt, verändert es je nach Intensität<br />
der Strahlung seine Farbe, und eine App gibt<br />
nähere Auskunft. Der Clou: Beim Kauf eines<br />
Sonnenschutzproduktes der Marke gibt’s das<br />
„Kleberli“ kostenlos dazu. larocheposay.de<br />
<strong>FOCUS</strong> <strong>STYLE</strong> 29
Total Look<br />
POLO RALPH LAUREN<br />
30 <strong>FOCUS</strong> <strong>STYLE</strong>
INTERVIEW<br />
“<br />
PERFEKTION<br />
ist mir<br />
SUSPEKT<br />
“<br />
Till Brönner ist Deutschlands erfolgreichster Jazz-Musiker<br />
und er trifft auch in der Mode den richtigen Ton. Ein Gespräch<br />
über Cary Grant, offene Hemden und Smokings<br />
INTERVIEW PHILIP REICHARDT<br />
FOTOS CHRISTIAN BORTH<br />
Einen Moment noch“, bittet er und<br />
tatsächlich, es dauert nur wenige<br />
Augenblicke, dann ist Till Brönner zurück.<br />
Der 45-Jährige hat sich umgezogen<br />
und trägt nun wieder die Kleidung, in der<br />
er am späten Vormittag im Fotostudio<br />
erschienen ist: schwarze Jeans, schwarzes<br />
T-Shirt, schwarzes Jackett, schwarze<br />
Chelsea-Boots, um das Handgelenk eine<br />
Fliegeruhr und ein paar Armbänder.<br />
Das weiße Ledersofa, das für das Interview<br />
bereitsteht, meidet er, stattdessen<br />
nimmt Brönner Platz auf einem niedrigen,<br />
weißen Sideboard. So kann er dem<br />
Interviewer direkt gegenübersitzen und<br />
Augenkontakt halten.<br />
<strong>FOCUS</strong> <strong>STYLE</strong> Herr Brönner, auf den<br />
Covers Ihrer letzten Alben sind Sie in<br />
einem Breitcordjackett, in Unterhemd,<br />
Smoking, T-Shirt, Jeanshemd, schwarzem<br />
Mantel und im Anzug zu sehen. Auf<br />
Ihrer neuen Platte „The Good Life“ tragen<br />
Sie einen Pullover. Was ist da los?<br />
TILL BRÖNNER Mir macht es einfach<br />
Spaß, in Rollen zu schlüpfen, das ist<br />
auch ein Spiel. Pullover trage ich eigentlich<br />
selten, schon gar nicht im Sommer.<br />
Dass ich auf dem Cover von „The Good<br />
Life“ im Pullover zu sehen bin, ist der<br />
entspannten, warm swingenden, fast<br />
schon kaminartigen Stimmung des<br />
Albums geschuldet. Im Wesentlichen<br />
aber ist mein Stil eher dunkel.<br />
Auf der Bühne tragen Sie meist einen<br />
Anzug und ein offenes Hemd. Ist dieser<br />
Look der beste Ausdruck Ihrer Musik?<br />
Auf der Bühne fühle ich mich im<br />
schwarzen Anzug am wohlsten, wenngleich<br />
ich immer darauf achten muss,<br />
eine bestimmte Sakkolänge nicht<br />
zu unterschreiten <strong>–</strong> ich halte ja immer<br />
die Arme hoch. Sonst sehe ich aus<br />
wie jemand, der gerade versucht, sein<br />
Handgepäck zu verstauen. Ein Anzug ist<br />
auch deshalb auf der Bühne die beste<br />
Wahl, weil ich mich darin auch ein bisschen<br />
verstecken kann.<br />
Wovor denn?<br />
Kleidung sollte nicht von dem ablenken,<br />
was ich auf der Bühne tue. Dort geht es<br />
allein um die Musik. Wie in der Musik<br />
bin ich auch in Stilfragen auf der Suche<br />
nach Zeitlosigkeit. Ein Anzug ist einfach<br />
durch nichts zu schlagen, ein schmal<br />
oder halbwegs passförmig geschnittener<br />
erst recht nicht. Mein Traum ist, im<br />
Leben mit vier Anzügen, zehn weißen<br />
Hemden und vier Paar Schuhen auszukommen.<br />
Und einem Paar Turnschuhe.<br />
Erinnern Sie sich an Ihren ersten Anzug?<br />
Nein, aber an ein grünes Samtsakko,<br />
eine Art Raucherjacke. Ein Cousin hat es<br />
mir vermacht, da war ich ungefähr acht<br />
Jahre alt. Ich habe es aufgetragen und<br />
war fasziniert davon, wie es schimmerte.<br />
Anzüge und Uniformen haben mich<br />
damals schon sehr beeindruckt. Wie die<br />
Musiker in den Zwanziger- und Dreißigerjahren<br />
in weißen Smokings mit Fliege<br />
auf der Bühne saßen, das hat mich mindestens<br />
so sehr in den Bann gezogen wie<br />
der Klang der Trompete selbst.<br />
Unterscheidet sich der Style des<br />
Bühnen-Brönners von dem privaten?<br />
Mittlerweile nicht mehr so sehr. Wenn<br />
ich auf Tour bin, komme ich sehr häufig<br />
in Situationen, in denen fotografiert<br />
wird. Irgendwann habe ich beschlossen,<br />
mich davon nicht mehr stressen zu<br />
lassen. Und setze seither auf Reisen ganz<br />
auf Schwarz, damit ich auf Fotos nicht<br />
aussehe, als ob ich was verwechselt hätte.<br />
Casual-Stil finde ich viel schwieriger.<br />
Man muss immer darauf achten: Passt<br />
der Sneaker zur Hose und die Jacke zum<br />
<strong>FOCUS</strong> <strong>STYLE</strong> 31
INTERVIEW<br />
Schal? Harmonieren die Farben oder<br />
ist es nicht doch too much? Schon sind<br />
zehn Minuten rum, auf die ich nicht<br />
verzichten möchte.<br />
Gibt es ein Lieblingskleidungsstück?<br />
Der Smoking, davon habe ich 15 Stück<br />
zu Hause. Besser als mit einem Smoking<br />
kann ein Mann nicht angezogen sein,<br />
auch nicht maskuliner. Zugleich überlässt<br />
er der Frau neben sich die Bühne.<br />
Wann haben Sie den Smoking für sich<br />
entdeckt?<br />
Auf Reisen in Amerika. Dort wird<br />
der Smoking sehr strikt und konsequent<br />
getragen. Wenn auf einer Einladung<br />
Till Brönner<br />
TALENT<br />
KANN MAN<br />
IN DEN<br />
AUGEN SEHEN<br />
„Black Tie“ steht, erscheinen die Männer<br />
auch alle entsprechend. In Deutschland<br />
wird man dagegen in einem Smoking<br />
schnell für overdressed gehalten. Ganz<br />
krass ist das in Berlin. Da gehen Männer<br />
tatsächlich in Straßenklamotten auf<br />
die Bühne und bedanken sich für einen<br />
Lebenswerk-Preis. Das kann man machen,<br />
aber ich finde, mit Kleidung kann<br />
man sich selbst und einer Veranstaltung<br />
eine Form von Wertigkeit verleihen.<br />
Besitzen Sie noch ein anderes Kleidungsstück,<br />
das Ihre Stimmung hebt?<br />
Ich habe einen handgefertigten<br />
Kaschmirmantel zu Hause. Wenn ich<br />
den trage, fühle ich mich, als ob mich<br />
32 <strong>FOCUS</strong> <strong>STYLE</strong>
nichts umwerfen könne. Mittlerweile<br />
spielt das Gefühl, welchen Stoff ich<br />
am Leib trage, eine viel größere Rolle,<br />
früher war ich da unempfindlicher.<br />
Und hochwertige Wollstoffe reinigen<br />
sich ja sogar selbst, wenn man sie<br />
gut behandelt.<br />
Wer hat Ihren Stil denn am stärksten<br />
beeinflusst?<br />
Wie wahrscheinlich auch andere Männer<br />
hat Cary Grant mich wahnsinnig<br />
beeindruckt. Es gibt diesen schönen<br />
Satz von ihm: „Everybody wants to<br />
be Cary Grant! Even I want to be Cary<br />
Grant!“ So auszusehen, als ob man<br />
sich nur mal was übergeworfen hat,<br />
das ist beachtlich. Häufig habe ich mir<br />
die Frage gestellt: „How would he have<br />
done it?“<br />
Heute auch noch?<br />
Nicht mehr so oft. Zurzeit steht eher das<br />
Gefühl im Vordergrund, so auszusehen,<br />
als ob ich mir nicht zu viele Gedanken<br />
gemacht hätte. Totale Perfektion, das<br />
sieht man sofort, das ist mir etwas<br />
suspekt. So einen Mini-Bruch darf es<br />
schon geben. Übrigens: Ich bin notorischer<br />
Krawattensammler. Ich habe<br />
Hunderte von Krawatten, wenn nicht<br />
sogar noch mehr.<br />
Man sieht Sie aber selten damit.<br />
Ich träume davon, eines Tages mit der<br />
perfekten Krawatte aus dem Haus<br />
zu gehen. Aus Gründen, die ich selbst<br />
nicht wirklich kenne, entscheide ich<br />
mich am Ende immer doch dagegen<br />
und für das offene Hemd.<br />
Outfit privat,<br />
Uhr TOP GUN<br />
IWC<br />
Anzug<br />
EDUARD<br />
DRESSLER,<br />
Shirt<br />
BALMAIN<br />
Interessieren Sie sich für Modetrends?<br />
Ob Hosen jetzt lang getragen werden<br />
oder nicht? Ob Stoffe jetzt eher erdfarben<br />
sind oder ob es gerade richtig<br />
bunt wird? Ja, ich verfolge das, manche<br />
Sachen sind gar nicht zu ignorieren.<br />
Am meisten interessiert mich, wenn<br />
etwas wiederkehrt. In der Musik, in der<br />
Kunst ist es schwierig, etwas auszumachen,<br />
das nicht in irgendeiner Form<br />
schon mal existiert hat. Die Wiedererkennbarkeit<br />
ist heute das, was früher<br />
die Innovation war.<br />
Hören Sie auf modische Ratschläge?<br />
Wenn sie von Menschen kommen, die<br />
es ernst und gut mit mir meinen, auf<br />
jeden Fall. Dann muss ich mir überlegen:<br />
Bin ich das oder bin ich das nicht?<br />
Aber es trauen sich nicht so viele Leute,<br />
mir etwas zu sagen. Umso mehr sollte<br />
man hinhören, wenn es mal einer tut.<br />
Was ist das Wichtigste an Schuhen?<br />
Bei Plattfüßen, wie ich sie habe, ist es<br />
wichtig, dass ein Schuh nicht nach zwei<br />
Wochen schon platt ist. Sondern dass<br />
er einen Rahmen und eine Form hat,<br />
die auch Wind, Wetter und Reisen übersteht.<br />
Und er muss reparabel sein.<br />
Sie sind jetzt wieder auf Tour, ständig unterwegs.<br />
Was macht ein gutes Hotel aus?<br />
Viele Hotels tun so, als hätten sie sich<br />
Gedanken gemacht, was Reisende<br />
brauchen. Doch das ist oft nicht der Fall.<br />
Zugleich wollen Hotels einem auch<br />
immer zeigen, wo es technisch hingeht<br />
in den nächsten Jahren. Das Schlimmste<br />
ist, wenn ich den elektrischen Schaltplan<br />
studieren muss, um herauszufinden,<br />
wie in meinem Hotelzimmer das<br />
Licht an- und ausgeht. Wärme ist für<br />
mich ganz wichtig. In ein kaltes Zimmer<br />
zu kommen, das nicht schnell warm<br />
wird, das ist grausam. Ansonsten schätze<br />
ich guten Zimmerservice. Hotels könnten<br />
eine Menge Geld machen, wenn Sie<br />
einen Zwei-Stunden-Wäsche-Service<br />
anbieten würden. Alles andere finde ich<br />
nicht so entscheidend.<br />
Welche Häuser sind Ihre Favoriten?<br />
Es gibt Hotelketten, die einfach funktionieren.<br />
Da habe ich gar kein Problem<br />
<strong>FOCUS</strong> <strong>STYLE</strong> 33
INTERVIEW<br />
Pullover RALPH<br />
LAUREN, Hose<br />
JIL SANDER<br />
wenig Übung wir darin haben, den Blick<br />
zu halten, wenn wir uns mit Menschen<br />
unterhalten. Meine Porträts fokussieren<br />
auf die Augen. Talent kann man in den<br />
Augen sehen, das ist meine These. Manche<br />
scheuen diese Nähe natürlich, das<br />
kommt vor. Generell stehle ich den Menschen<br />
vor meiner Kamera aber nicht viel<br />
Zeit. Ich sage, wir machen sechs Shots,<br />
sie können quasi mitzählen. Dann liegt<br />
es an mir, was ich daraus mache.<br />
Zu Frauen halten Sie in Ihren Porträts<br />
deutlich mehr Abstand.<br />
Zum einen geschieht das aus Höflichkeit.<br />
Zum anderen finde ich Frauen in ihrer<br />
Gänze auch faszinierender. Das Inszenieren<br />
von Bildern, eine Situation zu<br />
kreieren wie in der Fashion-Fotografie,<br />
interessiert mich immer mehr.<br />
damit. Ein Hotel, das wirklich heraussticht,<br />
ist „Das Stue“ in Berlin, ein Gebäude,<br />
dessen Substanz ungewöhnlich<br />
luxuriös ist, so was kann man gar nicht<br />
mehr bauen heutzutage. In L.A. das<br />
„Shutters on the Beach“. Und natürlich<br />
mag ich auch den „Bayerischen Hof“ in<br />
München mit seinem Jazz-Club im Haus.<br />
Gelegentlich tauschen Sie die Trompete<br />
auch gegen eine Kamera ...<br />
… ja, das Fotografieren nimmt mich<br />
mittlerweile sehr in Beschlag. Meine<br />
Kamera, meine Leica, habe ich immer<br />
dabei.<br />
Sie haben viele berühmte Kollegen porträtiert<br />
wie Lenny Kravitz, Quincy Jones,<br />
Jamie Cullum oder Gregory Porter. Das<br />
sind Schwarz-Weiß-Aufnahmen, in denen<br />
Sie den Musikern sehr, sehr nahe kommen.<br />
Was fasziniert Sie an Gesichtern?<br />
Damit angefangen Künstler zu porträtieren<br />
habe ich, weil ich Gelegenheit<br />
dazu hatte. Sie waren quasi meine ersten<br />
Opfer. Dass ich ihnen als Kollege gegenüber<br />
trat, schuf ein Grundvertrauen.<br />
Wann steht man schon mal so dicht<br />
vor jemandem und kann die Linien<br />
studieren, die das Leben in ein Gesicht<br />
gezeichnet hat? Es ist erstaunlich, wie<br />
JAZZ LEBEN<br />
23 Jahre war Till<br />
Brönner alt, als er sein<br />
erstes Album aufnahm.<br />
17 weitere folgten, zuletzt<br />
erschien 2016 „The Good<br />
Life“. Inzwischen ist<br />
Brönner, 45, als<br />
Trompeter international<br />
anerkannt und auch<br />
jenseits der Bühne<br />
gefragt. Als Produzent, als<br />
Juror im Fernsehen<br />
(X Factor), als Professor<br />
an der Musikhochschule in<br />
Dresden oder als Fotograf<br />
(Faces of Talent).<br />
Bis in den Herbst ist<br />
Brönner auf Tour.<br />
Auf Ihrer Webseite erwähnen Sie den<br />
Moment, als Sie sich der Ähnlichkeit<br />
von Jazz und Fotografie bewusst wurden.<br />
Worin besteht die?<br />
Im Jazz gibt es diesen Moment, in dem<br />
nicht klar ist, was als Nächstes passieren<br />
wird, ein Moment völliger Nacktheit, gepaart<br />
mit dem Willen, etwas zu kreieren.<br />
Das gibt es auch in der Fotografie. Auf<br />
der Bühne und mit der Kamera muss<br />
ich immer einen Plan B haben und für<br />
möglich halten, dass am Ende etwas<br />
anderes herauskommt, als geplant. Aus<br />
den Fehlern, die ich mache, muss ich<br />
etwas schaffen, das nicht so klingt wie<br />
ein Fehler. Manchmal mache ich denselben<br />
Fehler bewusst ein zweites Mal.<br />
Beim ersten Mal ist er mir unterlaufen,<br />
beim zweiten Mal mache ich ihn extra,<br />
damit der erste Sinn bekommt. Auch in<br />
der Fotografie entstehen manchmal aus<br />
Irrtümern wunderbare Aufnahmen.<br />
Sie leben in Los Angeles und Berlin, sind<br />
den ganzen Sommer über auf Tournee:<br />
Wie kommen Sie zur Ruhe?<br />
Auf Reisen habe ich immer mein spezielles<br />
Didgeridoo bei mir. Ich brauche<br />
es, um damit abends runterzukommen,<br />
das ist für mich wie Meditation. Und<br />
wenn ich am nächsten Morgen aufstehe,<br />
habe ich dieses Gefühl: „Mal sehen, was<br />
der Tag bringt. Ich bin bereit!“<br />
34 <strong>FOCUS</strong> <strong>STYLE</strong>
Till Brönner<br />
AUS FEHLERN,<br />
DIE ICH<br />
MACHE, MUSS<br />
ICH<br />
ETWAS NEUES<br />
SCHAFFEN<br />
Anzug EDUARD<br />
DRESSLER,<br />
Shirt BALMAIN<br />
STYLING Gina D. P. Pieper<br />
GROOMING Alexander<br />
Hofmann c/o Uschi Rabe mit<br />
Produkten von Iles Formula<br />
<strong>FOCUS</strong> <strong>STYLE</strong> 35
GUIDE<br />
Ziel<br />
Es gibt Frauen, denen sollten Sie keine Komplimente<br />
machen: der besten Freundin der eigenen Frau,<br />
Schülerinnen, Auszubildenden, Hotpants-Trägerinnen<br />
und Frauen, die Ihre Tochter sein könnten.<br />
Courage<br />
Ein Satz wie „Sie<br />
sind hart näckig,<br />
fachlich brillant<br />
und sehen auch<br />
noch gut aus“<br />
sollte ein Selbstläufer<br />
sein. Ist<br />
er aber nicht. Als<br />
Barack Obama<br />
die Generalstaatsanwältin<br />
Kamala Harris<br />
so ansprach, gab<br />
es sofort eins<br />
auf den Deckel <strong>–</strong><br />
allerdings nicht<br />
von ihr. Lassen<br />
Sie sich nicht<br />
entmutigen!<br />
Tonlage<br />
Nicht übertreiben!<br />
Ist eine<br />
Frau normal<br />
gekleidet, ist ein<br />
„Du siehst heute<br />
aber gut aus“ angemessen,<br />
Hat<br />
sie sich offensichtlich<br />
gestylt,<br />
ist so etwas wie<br />
„fantastisch“<br />
durchaus erlaubt.<br />
Körper<br />
Busen, Beine, Po:<br />
Es ist die Ironie<br />
des Jahrtausends,<br />
dass ganze<br />
Industrien davon<br />
leben, dass<br />
Frauen irgend wie<br />
„heißer“ aussehen<br />
<strong>–</strong> und dass<br />
das Resultat<br />
dann aber nicht<br />
thematisiert werden<br />
soll. Trotzdem:<br />
Benennen<br />
Sie nichts, was<br />
Sie nicht auch<br />
anfassen dürfen.<br />
Elan<br />
„Du hast so<br />
schöne Augen.“<br />
Nein, nein, und<br />
nochmals nein.<br />
Ein bisschen anstrengen<br />
müssen<br />
Sie sich schon,<br />
damit das Kompliment<br />
ernst<br />
genommen wird.<br />
WIE<br />
MACHE ICH<br />
EINER FRAU EIN<br />
KOMPLIMENT<br />
?<br />
Standpunkt<br />
Ja, Sie können auch fremden<br />
Frauen Komplimente machen.<br />
Aber bitte nicht, wenn Sie<br />
gerade neben ihnen in der Tram<br />
eingeklemmt sind.<br />
Esprit<br />
Wer auf Nummer<br />
sicher gehen will,<br />
sagt etwas Nettes<br />
über den Charakter<br />
oder den<br />
Esprit: Etwas wie<br />
„Du hast so viel<br />
Witz, ich kenne<br />
niemanden, der<br />
so geistreich ist<br />
wie du!“ geht eigentlich<br />
immer.<br />
Schauen Sie<br />
der Frau in die<br />
Augen und reden<br />
Sie in Zimmerlautstärke.<br />
FOTO: GRACE HUANG AT BLOOD & CO<br />
36 <strong>FOCUS</strong> <strong>STYLE</strong>
HOW<br />
TO<br />
Gut, es erfordert Gespür,<br />
den richtigen Ton<br />
und den passenden Moment.<br />
Aber deshalb, liebe<br />
Männer, solltet Ihr nicht<br />
komplett darauf verzichten,<br />
uns zu sagen, was<br />
Ihr so an uns schätzt.<br />
TEXT HENRIETTE KUHRT<br />
Wenn es eine Rote Liste für bedrohte Tugenden gäbe,<br />
dann stünde das Kompliment ganz oben: Es ist vom<br />
Aussterben bedroht. Verschwunden aus den Straßen, den Cafés,<br />
den Restaurants, erst recht aus den Unternehmen, Universitäten<br />
und allen Orten, an denen Hierarchie und Macht eine<br />
Rolle spielen. Es hat sich aus dem deutschen Alltag zurückgezogen,<br />
vermutlich ist es sogar ein globales Phänomen.<br />
Ich verstehe ja, dass Männer sich zurückhalten. Das Kompliment<br />
wurde von seinem ungewaschenen Halbbruder, dem<br />
Herrenwitz, in Sippenhaft genommen. Doch während Anzüglichkeiten<br />
(„Sie können ein Dirndl auch ausfüllen“) zu recht<br />
aus dem Katalog der akzeptablen Verhaltensweisen geflogen<br />
ist, vermisse ich das Alltagskompliment sehr. Doch bei den<br />
Männern hat sich das sehr amerikanische Motto „Better safe<br />
than sorry“ durchgesetzt, und jetzt sind wir Frauen vielleicht<br />
safe, aber leider auch sorry.<br />
Stattdessen wurde das Kompliment von der Streberwährung<br />
Lob ersetzt, oder noch schlimmer, von seinem passiv-aggressiven<br />
Zwilling, dem Feedback. Da wird nicht mehr über Schönheit<br />
oder Charme geredet oder wie die Haare in der Sonne<br />
leuchten. Stattdessen wird Leistung bewertet, Erfolg, erfüllte<br />
Pflicht. So eine Ansprache im Stil eines Mitarbeitergesprächs<br />
hat mit einem echten Kompliment so viel zu tun wie ein<br />
Low-Carb-Eiweißbrot mit einer neapolitanischen Pizza. Man<br />
kann sich eine Weile schönreden, dass so eine Äußerung auch<br />
irgendwie ihren Zweck erfüllt, aber glücklich, so richtig innerlich<br />
strahlend wie eine sorgsam überlegte Liebenswürdigkeit,<br />
macht das eben nicht.<br />
Weil Männer Frauen keine Komplimente mehr machen, müssen<br />
Frauen sich jetzt gegenseitig aushelfen: „Hübsches Kleid!“,<br />
„Neue Frisur?“, „Gut siehst du aus!“ <strong>–</strong> so tiriliert es in jeder<br />
Damenrunde, jedes neue Profilbild bei Facebook wird vor<br />
allem von Freundinnen beklatscht. Kein Wunder, dass es in<br />
den sozialen Netzwerken von Katzenbildern und Einhörnern<br />
nur so wimmelt: In einer Welt, in der man nicht mehr auf<br />
männ liche Aufmerksamkeit hoffen kann, werden eben neue<br />
Symbole der Zusammengehörigkeit gefunden, die Männer<br />
völlig außen vor lassen.<br />
Das hat zur Folge, dass Frauen schnell überfordert sind, wenn<br />
ihnen denn mal geschmeichelt wird. Statt einem „Danke!“ werden<br />
Komplimente sofort kleingeredet, relativiert oder von sich<br />
gewiesen. Das hier soll ein schönes Kleid sein? Dabei war das<br />
total billig, und alt ist es auch noch!<br />
Viel schwerer wiegt aber, dass Frauen wirklich Probleme haben,<br />
auf Entgleisungen souverän zu reagieren. Einen landesweiten<br />
Skandal zu entfachen und eine Rufmordkampagne zu<br />
starten, erscheint mir eher übertrieben, sich bei Twitter zu beschweren,<br />
ineffizient. Die meisten Frauen beantworten ein<br />
schlechtes Kompliment mit einem schiefen Lächeln und einem<br />
Geräusch, das etwa so klingt: „Hmjjj“. Ein klarer Satz wie „Ihr<br />
Kommentar ist unangemessen“ oder „Das führt in die falsche<br />
Richtung“ kommt viel zu selten, dabei wäre eine direkte Reaktion<br />
an dieser Stelle wirklich einmal wünschenswert.<br />
Es ist aber auch schwierig, gute Komplimente zu machen: Was<br />
die eine Frau erfreut, mag der anderen zu weit gehen <strong>–</strong> und was<br />
vom einen Mann angemessen erscheint, ist vom anderen übergriffig.<br />
Manchmal kommt es einfach auf den richtigen Moment<br />
an, auf den Zusammenhang, auf die Tonlage oder auch nur<br />
darauf, dass der Absender das richtige Aftershave benutzt. Kein<br />
Wunder, dass Männern das Risiko einfach zu groß ist, etwas<br />
Falsches zu sagen.<br />
Aber das kann doch nicht der Grund dafür sein, dass wir das<br />
Aussterben des Kompliments so widerstandslos hinnehmen.<br />
Es sind nun wirklich genug Missgunst, schlechte Manieren und<br />
Unfreundlichkeit im Umlauf, da sind Männer gefragt, die die<br />
Stimmung der Frauen wenigstens etwas aufhellen. Das klingt<br />
nach wenig, ist aber viel. „Happy wife, happy life“, heißt es so<br />
schön. Das gilt auch für die Kollegin, die Nachbarin, die Politesse<br />
und für die Frau von der Reinigung <strong>–</strong> glauben Sie mir, das<br />
gute Karma kommt irgendwann wieder zu Ihnen zurück.<br />
Wem das zu esoterisch klingt, der kann sich an die Hirnforschung<br />
halten: Sie kommt nämlich zu dem Ergebnis, dass<br />
Komplimente das gleiche Hirnareal wie eine Gehaltserhöhung<br />
oder sexuelles Vorspiel stimulieren, wie man am Neuroscience<br />
Center der Universität Zürich herausgefunden hat. Ein Miniorgasmus<br />
fürs Gehirn, besser geht es ja wohl nicht! Und der<br />
Urheber des Kompliments stünde am Ende auch gut da: In der<br />
Komplimentwüste Deutschland hat jeder galante Mann sofort<br />
ein Alleinstellungsmerkmal, und zwar als Freund der Frauen.<br />
Sie könnten als kultureller Botschafter auftreten, für eine neue<br />
Männlichkeit, souverän, charmant, mutig. Sie sind so ein<br />
Supertyp, Sie können das!<br />
Henriette Kuhrt ist Stilkolumnistin der NZZ am Sonntag.<br />
<strong>FOCUS</strong> <strong>STYLE</strong> 37
CHANGE<br />
ACH,<br />
DU<br />
LIEBE<br />
ZEIT!<br />
INTERVIEW CHRISTOPH HENN<br />
ILLUSTRATION JÖRN KASPUHL<br />
38 <strong>FOCUS</strong> <strong>STYLE</strong>
Wir haben mehr freie Zeit als<br />
je zuvor und trotzdem<br />
das Gefühl, nur noch durchs<br />
Leben zu hetzen.<br />
Woran liegt das? Und wie finden<br />
wir die Stunden und Tage,<br />
die uns fehlen?<br />
Antworten einer Expertin<br />
<strong>FOCUS</strong> <strong>STYLE</strong> Frau Budras, sagen Sie schnell: Wie viel Zeit<br />
haben Sie für unser Interview?<br />
CORINNA BUDRAS So viel Zeit, wie Sie brauchen. Am besten<br />
wir geben unserem Gespräch seine natürliche Länge. Wann<br />
immer es geht, verzichte ich auf zeitliche Beschränkungen.<br />
Dann können wir uns ja entspannen. Sie und Ihr Mann Pascal<br />
Fischer haben sich für das Buch „Wer hat an der Uhr gedreht?“<br />
intensiv mit Zeit beschäftigt. Ist dieses Gefühl, ständig zu wenig<br />
davon zu haben, ein neues Phänomen?<br />
Tatsächlich gab die allgemeine Klage darüber in unserem<br />
Umfeld den Impuls für dieses Buch. Aber wir fanden schnell<br />
heraus, dass Zeitnot und die Endlichkeit des Lebens die<br />
Menschheit seit jeher umtreiben. Schon Seneca schreibt über<br />
viel beschäftigte Anwälte und Redner im antiken Rom, die<br />
durch den Tag hetzen und ihr Leben auf den Ruhestand<br />
verschieben. Später hat die Synchronisierung der Zeit nach der<br />
Einführung der Uhr am Ende des 19. Jahrhunderts die Menschen<br />
extrem verängstigt. Sie fühlten sich durch die auf einmal<br />
überall einheitliche Zeit tyrannisiert und bevormundet.<br />
Aber haben wir nicht tatsächlich weniger freie Zeit als unsere<br />
Vorfahren?<br />
Im Gegenteil: Wir haben so viel Zeit wie nie zuvor. Ein Kind,<br />
das jetzt bei uns geboren wird, hat eine durchschnittliche<br />
Leben serwartung von mehr als 90 Jahre. Die heutigen Rentner<br />
haben nach dem Berufsleben meist sehr viel Zeit, in der es<br />
ihnen sehr gut geht. Und auch die Arbeitszeiten sind heute<br />
verhältnismäßig kurz. Noch in den Fünfziger- und Sechzigerjahren<br />
arbeiteten unsere Großeltern jeden Samstag. Zugleich<br />
<strong>FOCUS</strong> <strong>STYLE</strong> 39
CHANGE<br />
sind die Urlaubszeiten von einst zwei auf heute fünf bis sechs<br />
Wochen pro Jahr angewachsen. Und wir können Auszeiten wie<br />
Sabba ticals oder Elternzeit nehmen.<br />
automatisch Prioritäten. Und ich beherzige eine simple<br />
Grundregel: das Wichtigste zuerst, wenn man noch frisch und<br />
motiviert ist.<br />
Wieso haben dann so viele Menschen das Gefühl, dass ihnen für<br />
nichts mehr Zeit bleibt?<br />
Der Widerspruch lässt sich vor allem damit erklären, dass heute<br />
viel mehr gleichzeitig passiert als früher. Karriere und Familie<br />
laufen häufiger parallel, bei vielen Menschen kommt noch Weiterbildung<br />
oder die Pflege der Eltern<br />
hinzu. Auch im Alltag ist Gleichzeitigkeit<br />
allgegenwärtig: Wenn unsere Großeltern<br />
einst zum Arbeiten aufs Feld gingen, waren<br />
sie nur dort. Heute nimmt man sein<br />
Smartphone mit ins Büro und ist mit allen<br />
verbunden. Ich habe als Kind meinen<br />
Vater praktisch nie in der Arbeit angerufen.<br />
Meine Tochter macht das ganz<br />
selbstverständlich mehrmals am Tag.<br />
Ist das denn ein Problem?<br />
Mit dieser Gleichzeitigkeit kommen wir<br />
erstaunlich schlecht klar. Es ist neurologisch<br />
erforscht, dass wir Schwierigkeiten<br />
haben, schnell zwischen verschiedenen<br />
Aufgaben zu wechseln.<br />
Multitasking stresst uns?<br />
Auch ich habe mich gegen diese Erkenntnis gesträubt, aber<br />
unser Gehirn ist für Multitasking eigentlich nicht geeignet. Es<br />
scheint nur, als würde es funktionieren. Tatsächlich erledigt unser<br />
Gehirn eins nach dem anderen, ohne dass wir es merken. Es<br />
ist deshalb besser, wenn man sich auf eine Sache konzentriert,<br />
dann beendet man sie schneller: also keine ankommenden<br />
E-Mails öffnen, während man etwas schreibt.<br />
Die E-Mail ist ein Beispiel für das, was heute viel schneller geht.<br />
Sparen wir so nicht jede Menge Zeit?<br />
Doch, weite Teile der Technik sind ein Effizienz-Segen. Nur:<br />
Vieles geht zwar schneller, doch dafür sind neue Aufgaben hinzugekommen.<br />
Früher hatten Briefe meist relevanten Inhalt und<br />
eine Botschaft. Heute werden unzählige Beruhigungsmails geschickt,<br />
die beispielsweise nur den Erhalt einer anderen E-Mail<br />
bestätigen. Das ist oft komplett überflüssig, kostet aber immer<br />
Zeit. Wer die Verschwendung eingesparter Zeit verhindern will,<br />
sollte regelmäßig innehalten und sich fragen: Was mache ich<br />
eigentlich gerade? Auch vom unterschwelligen Druck, immer<br />
sofort zu reagieren, muss man sich bewusst frei machen.<br />
Corinna Budras<br />
VIELE BRAUCHEN<br />
DAS GEFÜHL,<br />
BESCHÄFTIGT ZU<br />
SEIN FÜR IHR<br />
WOHLBEFINDEN<br />
Das klingt sehr einfach.<br />
Es gibt natürlich auch aufwendigere Veränderungen. Für unser<br />
Buch trafen wir etwa eine Filmemacherin aus Kalifornien,<br />
die sehr viel mit sozialen Medien arbeitet. Dennoch schaltet<br />
sie inzwischen Handy und Internet jeden Freitagabend für<br />
24 Stunden ab, um die Zeit voll für ihre<br />
Familie oder Freunde zu nutzen. Auch<br />
Achtsamkeit ist ein gutes Mittel, also<br />
das Lenken der Aufmerksamkeit weg<br />
von den Wirrungen des Tages hin auf<br />
den eigenen Körper und den Atem.<br />
Neurowissenschaft liche Studien zeigen,<br />
dass sich schon nach acht Wochen<br />
zehn- bis 15-minütigem Achtbarkeitstrainings<br />
pro Tag im Gehirn<br />
Veränderungen einstellen, die Ausgeglichenheit<br />
fördern!<br />
Könnte es auch helfen, die an sich reichliche<br />
Freizeit sinnvoller zu nutzen?<br />
Klar. Viele Deutsche nutzen ihre Freizeit<br />
laut Studien nicht für die Dinge,<br />
die sie wirklich gern tun würden. Sie<br />
nehmen etwa Einladungen an, auf die<br />
sie eigentlich keine Lust haben. Und bei vielen Menschen ist<br />
die Freizeit ähnlich durchgetaktet wie der Job.<br />
Weil sie immer etwas zu tun haben wollen?<br />
Tatsächlich ist der volle Termin kalender heute ein Statussymbol.<br />
Viele brauchen das Gefühl, beschäftigt zu sein, für ihr<br />
Wohlbefinden. Aber wenn auf einer To-do-Liste alles die gleiche<br />
Form annimmt <strong>–</strong> Präsentationen wie Geburtstage von<br />
Freunden <strong>–</strong> dann läuft etwas verkehrt. Wenn man zurücktritt<br />
und sich bewusst macht, dass schöne Dinge nur noch zu weiteren<br />
Punkten auf der Pflicht liste mutiert sind, kann man das<br />
relativ leicht korrigieren. Und falls ich erkenne, dass ein Freizeittermin<br />
sich doch wie eine Pflichtaufgabe anfühlt, sollte ich<br />
meine Zeit damit nicht mehr verschwenden.<br />
Was halten Sie grundsätzlich für die größten Zeitfresser??<br />
Viele sagen: soziale Medien, Kinder, Arbeit. Aber gerade das<br />
sind keine Zeitfresser, denn man kriegt dabei etwas zurück.<br />
Für mich sind Pendeln und Haushalt Zeitverschwendung. Ich<br />
bin deshalb auch schmutztoleranter geworden.<br />
Wie geht das? Wie gehe ich „gut“ mit meiner Zeit um?<br />
Mir persönlich hat allein schon die Beschäftigung mit der Zeit<br />
geholfen, nicht mehr so orientierungslos durch die Welt zu<br />
rasen. Ich meide inzwischen Gleichzeitigkeit wie die Pest. Ich<br />
versuche, die Dinge hintereinander zu erledigen, so setze ich<br />
Christoph Henn sprach länger als eine Stunde mit<br />
Corinna Budras. Weil das Gespräch gekürzt und<br />
verdichtet wurde, benötigen Sie zum Lesen nur rund<br />
fünf Minuten <strong>–</strong> und haben viel Zeit gespart.<br />
40 <strong>FOCUS</strong> <strong>STYLE</strong>
1<br />
8<br />
2<br />
7<br />
RUNDE<br />
ACHT<br />
Gunst der Stunde:<br />
Neue Chronographen<br />
und Smartwatches<br />
3<br />
6<br />
4<br />
5<br />
1 TUTIMA GLASHÜTTE Die Saxon One Chronograph Royal Blue hält dank einer Gangreserve<br />
48 Stunden lange durch. Circa 4.900 Euro, tutima.com<br />
2 AUDEMARS PIGUET Das Gehäuse des Royal Oak Chronograph ist aus 18 Karat Roségold, das Armband<br />
aus Alligatorleder. Circa 37.500 Euro, audemarspiguet.com<br />
3 JAEGER LECOULTRE In der Geophysic Tourbillon Universal Time ist erstmals ein<br />
Tourbillon in eine Weltzeituhr integriert. Preis auf Anfrage, jaeger-lecoultre.com<br />
4 GLASHÜTTE ORIGINAL Das Modell Tangerine aus der Sixties Iconic Square Collection ist eine Hommage an die farbenfrohen<br />
1960er und auf 25 Stück limitiert. Circa 8.100 Euro, glashuette-original.com<br />
5 HUBLOT Die MP-09 Tourbillon Bi-Axis aus Titan ist mit dem ersten mehrachsigen<br />
Tourbillon der Marke ausgestattet. Circa 167.000 Euro, hublot.com<br />
6 BREITLING Die Colt Skyracer gibt sich kernig: Das Gehäuse ist aus „Breitlight“ gearbeitet und leichter<br />
als Titan. Circa 1.990 Euro, breitling.com<br />
7 MONTBLANC Mit dem Modell Summit nimmt Montblanc erstmals Anlauf auf<br />
den Smartwatch-Gipfel. Circa 890 Euro, montblanc.com<br />
8 TISSOT Die T-Touch Expert Solar II T110 kommt ohne Batterie aus. 20 Funktionen, u. a. ein Höhen- und Luftdruckmesser,<br />
lassen sich per Druck aufs Saphirglas starten. Circa 890 Euro, tissotwatches.com<br />
<strong>FOCUS</strong> <strong>STYLE</strong> 41
ESSENTIALS<br />
NUR DAS<br />
NÖTIGSTE<br />
Im karierten<br />
„Holdall Week end<br />
Bag“ von Ben<br />
Sherman transportiert<br />
Schilling, 35,<br />
u.a. Drehbücher<br />
und ein Autogramm<br />
von Roger Federer<br />
T O M<br />
SCHILLING<br />
UND SEIN<br />
WEEKENDER<br />
AB MAI GEHT DER SCHAUSPIELER<br />
MIT BAND AUF TOUR. WENN ER<br />
UNTERWEGS IST, SPIELT DIE HAUPT-<br />
ROLLE IMMER: SEINE REISETASCHE.<br />
„ICH REISE AM LIEBSTEN mit reduziertem<br />
Gepäck, das spart Zeit und Sorgen. Für diesen<br />
karierten Weekender habe ich eine Vorliebe,<br />
wahrscheinlich weil er so angelsächsisch ist. In<br />
Großbritannien sieht jeder durchschnittliche<br />
Banker und jedes Street Kid besser aus als bei<br />
uns. In der Tasche habe ich nur ein Drehbuch,<br />
einen Notizblock, ein Autogramm von Roger<br />
Federer, ich bin ein riesiger Tennisfan, ein<br />
paar Magazine, Stifte, Unterhose und Socken<br />
und ein Buch. Wahrscheinlich aus Faulheit trage<br />
ich dazu meistens Anzug. Der kommt abends<br />
auf den Herrendiener, sodass ich ihn am nächsten<br />
Morgen direkt wieder anziehen kann. So<br />
geht das eine Woche, bis er in die Reinigung<br />
muss. Egal ob Anzug, Jogginghose oder Bomberjacke<br />
<strong>–</strong> ich wähle mein Outfit selten dem Anlass<br />
entsprechend. Nicht um zu provozieren,<br />
sondern um mich abzugrenzen. Schon als Kind<br />
hatte ich Freude an Schönheit und wollte Maler<br />
werden. Nun also Schauspieler, der Sinn fürs<br />
Sehen ist geblieben. Man braucht für guten Stil<br />
nicht viel Geld, sondern nur ein gutes Auge.“<br />
<strong>–</strong> Das Album „Vilnius“ von „Tom Schilling & The Jazz Kids“ ist gerade<br />
erschienen. Tourdaten unter fb.com/TomSchillingAndTheJazzKids<br />
PROTOKOLL: JULIA CHRISTIAN; FOTO: ALEXANDRA KINGA FEKETE<br />
42 <strong>FOCUS</strong> <strong>STYLE</strong>
<strong>FOCUS</strong> <strong>STYLE</strong> 43
44 <strong>FOCUS</strong> <strong>STYLE</strong><br />
shop online I www.brax.com