... der steirer land ... Ausgabe 02/2017
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war eine sehr gute Köchin und Gärtnerin. Unser<br />
Hausgarten wucherte von Gemüse und mit einfachsten<br />
Mitteln konnte sie wun<strong>der</strong>bare Mahlzeiten<br />
zubereiten. Es wurde auch viel Salat gegessen,<br />
im Frühjahr warteten wir schon darauf, dass <strong>der</strong><br />
„Röhrlsalat“ (Löwenzahn) endlich aufging. Frisch<br />
ausgestochen und klein geschnitten war er, mit<br />
Erdäpfeln vermischt, eine wun<strong>der</strong>bare Kost – und<br />
obendrein gesund. Bereits damals arbeitete eine<br />
Nachbarin von uns für einen Doktor, für diesen<br />
musste sie in den umliegenden Weingärten Unmengen<br />
von Röhrl stechen. Der meinte nämlich<br />
immer: „Wenn die Leut wüssten, wie gesund <strong>der</strong><br />
Röhrlsalat ist, würden sie keinen Doktor mehr<br />
brauchen“. Auch ich lernte das Kochen von <strong>der</strong><br />
Mutter und habe heute noch eine Freude an den<br />
einfachen Speisen von damals. Wenn ich mir hin<br />
und wie<strong>der</strong> Kochrezepte von heute anschaue,<br />
wun<strong>der</strong>e ich mich über alles, was da verkocht<br />
wird. Oft kenne ich die Zutaten nicht einmal und<br />
für manche Gerichte müsste ich auf meine alten<br />
Tage noch einen Sprachkurs machen, damit ich sie<br />
verstehe.<br />
doch hin und wie<strong>der</strong> in einer Nacht- und Nebelaktion<br />
ein Schwein für uns aufarbeiten. Das alles<br />
passierte im Keller, die große Sau wurde aus dem<br />
Stall getrieben und noch in <strong>der</strong> gleichen Nacht<br />
musste alles eingebraten, eingekocht und verarbeitet<br />
werden. Gut im Gedächtnis ist mir geblieben,<br />
wie <strong>der</strong> Vater am nächsten Tag das kleinere<br />
<strong>der</strong> beiden Tiere zur Schlachtung anmeldete und<br />
<strong>der</strong> Ortsbauernführer meinte: „Du host a schon<br />
scheanari ghob.“ Auch Schafe gab es bei uns am<br />
Hof, sie waren eine gute Alternative auf unserem<br />
Speiseplan und ihre Wolle half uns ebenfalls<br />
sehr. Wurden die Tiere geschoren, wuschen wir<br />
die Wolle und ließen sie kartatschen. Unter dem<br />
Kartatschen („Kardieren“) versteht man das Aufrauen<br />
<strong>der</strong> Wolle. Die kardierte Schafwolle wurde<br />
dann von <strong>der</strong> Mutter und einigen an<strong>der</strong>en Frauen<br />
am häuslichen Spinnrad zu Garn versponnen.<br />
So schufen wir selbst eine gute Grundlage dafür,<br />
dass einfache und warme Kleidungsstücke im<br />
Winter gestrickt werden konnten. Meine Mutter<br />
Meinen späteren Mann Alois kannte ich schon<br />
von klein auf, waren doch unsere Höfe nicht allzu<br />
weit voneinan<strong>der</strong> entfernt. Näher gekommen sind<br />
wir uns, als <strong>der</strong> Krieg vorüber war, aber es hat<br />
noch einige Jahre gedauert, bis wir geheiratet haben.<br />
Wir hatten es nicht weit zueinan<strong>der</strong> und eilig<br />
hatten wir es ebenfalls nicht. Meine Eltern waren<br />
froh, dass ich zum Arbeiten daheimblieb, und bei<br />
Alois waren auch noch zwei Schwestern am Hof,<br />
die zuerst unter die Haube gebracht werden mussten,<br />
damit wir überhaupt einen Platz hatten.<br />
So vergingen die Jahre, unsere erste Tochter war<br />
bereits auf <strong>der</strong> Welt, als ich mit 33 Jahren meinen<br />
Alois, er war drei Jahre älter als ich, geheiratet<br />
habe. Es war eine schöne Hochzeit, die wir<br />
im kleinen Rahmen hatten. Gemeinsam wurden<br />
uns 53 wun<strong>der</strong>bare Ehejahre und vier Kin<strong>der</strong> geschenkt,<br />
bis Alois im 89. Lebensjahr seine Augen<br />
für immer schloss. Heute bin ich selber 87 Jahre alt<br />
und wun<strong>der</strong>e mich oft darüber, wie ich überhaupt<br />
so alt geworden bin. Dann denke ich mir, dass die<br />
Kost von damals und die viele Arbeit wohl dafür<br />
verantwortlich sind, denn dadurch hatten wir keine<br />
Zeit, uns krank zu jammern, und wenngleich<br />
wenig da war – gefehlt hat es an nichts und lustig<br />
ist es auch immer gewesen.<br />
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