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Direkte Demokratie in der Schweiz – Länderbericht ... - servat.unibe.ch

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Bundesrat publizierte Prognose über die zu erwartenden Steuerausfälle hatte si<strong>ch</strong><br />

na<strong>ch</strong>trägli<strong>ch</strong> als grob fals<strong>ch</strong> erwiesen. An<strong>der</strong>s als <strong>in</strong> den Unterlagen, die zuvor<br />

dem Parlament zur Beratung vorlagen (Bots<strong>ch</strong>aft des Bundesrats) fehlte zudem<br />

je<strong>der</strong> H<strong>in</strong>weis darauf, dass die Steuerausfälle <strong>in</strong> wesentli<strong>ch</strong>en Berei<strong>ch</strong>en ni<strong>ch</strong>t<br />

verlässli<strong>ch</strong> abges<strong>ch</strong>ätzt werden können. Insgesamt sah das Geri<strong>ch</strong>t dar<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Irreführung<br />

<strong>der</strong> Stimmbürger, die si<strong>ch</strong> <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> politis<strong>ch</strong>en Re<strong>ch</strong>te als Verletzung<br />

<strong>der</strong> Abstimmungsfreiheit darstellte. Trotz dieser <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis äußerst seltenen<br />

Extremkonstellation lehnte das Geri<strong>ch</strong>t aber e<strong>in</strong>e Wie<strong>der</strong>holung des Urnengangs<br />

ab. Auss<strong>ch</strong>laggebend war, dass die Unternehmen von den Mögli<strong>ch</strong>keiten<br />

des neuen Gesetzes bereits Gebrau<strong>ch</strong> gema<strong>ch</strong>t hatten und <strong>in</strong>sofern ohneh<strong>in</strong> Vertrauenss<strong>ch</strong>utz<br />

genossen. 8<br />

b) Na<strong>ch</strong>zählungspraxis<br />

Das Bundesgeri<strong>ch</strong>tsurteil aus dem Jahre 2009, 9 mit dem die Kriterien für Na<strong>ch</strong>zählungen<br />

geän<strong>der</strong>t wurden, zeigt si<strong>ch</strong> <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en praktis<strong>ch</strong>en Konsequenzen erst<br />

jetzt. Das Geri<strong>ch</strong>t hatte argumentiert, e<strong>in</strong>e Na<strong>ch</strong>zählung sei au<strong>ch</strong> ohne konkrete<br />

H<strong>in</strong>weise auf Verfahrensmängel <strong>in</strong> denjenigen Fällen nötig, <strong>in</strong> denen das Abstimmungsergebnis<br />

außerordentli<strong>ch</strong> knapp ausgegangen sei. Damals g<strong>in</strong>g es um<br />

den politis<strong>ch</strong> äußerst brisanten Ents<strong>ch</strong>eid über biometris<strong>ch</strong>e Pässe. Das Geri<strong>ch</strong>t<br />

war <strong>der</strong> Überzeugung, bei sehr knappen Resultaten stärke die Na<strong>ch</strong>zählung das<br />

Vertrauen <strong>der</strong> Bevölkerung <strong>in</strong> die Ri<strong>ch</strong>tigkeit des Ergebnisses und damit letztli<strong>ch</strong><br />

die demokratis<strong>ch</strong>en Institutionen. Die Argumentation bedeutet glei<strong>ch</strong>zeitig, dass<br />

die Behörden von Amtes wegen e<strong>in</strong>e Na<strong>ch</strong>zählung anzuordnen haben, selbst<br />

wenn niemand Bes<strong>ch</strong>werde gegen das knappe Ergebnis führt.<br />

Die neuen Na<strong>ch</strong>zählungsregeln s<strong>in</strong>d aus f<strong>in</strong>anziellen, statistis<strong>ch</strong>en und praktis<strong>ch</strong>en<br />

Gründen äußerst umstritten. Zunä<strong>ch</strong>st bedeutet e<strong>in</strong>e Na<strong>ch</strong>zählung ohne<br />

konkrete Verfahrensrügen, dass sämtli<strong>ch</strong>e Stimmzettel no<strong>ch</strong>mals dur<strong>ch</strong>gesehen<br />

werden müssen, ni<strong>ch</strong>t nur diejenigen, bei denen <strong>der</strong> Fehler am ehesten vermutet<br />

werden könnte. Statistis<strong>ch</strong> ist zudem e<strong>in</strong>e zweite, genau glei<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong>geführte<br />

Zählung ke<strong>in</strong> nennenswerter Gew<strong>in</strong>n. Ob das erste o<strong>der</strong> das zweite Ergebnis das<br />

ri<strong>ch</strong>tigere ist, lässt si<strong>ch</strong> ohne e<strong>in</strong>e Sti<strong>ch</strong>auszählung ni<strong>ch</strong>t ents<strong>ch</strong>eiden. Für die<br />

These des Bundesgeri<strong>ch</strong>ts von <strong>der</strong> stärkeren Vertrauensbildung könnte hö<strong>ch</strong>stens<br />

spre<strong>ch</strong>en, dass die Auszähler bei e<strong>in</strong>er Na<strong>ch</strong>zählung ohne Zeitdruck und mit<br />

no<strong>ch</strong> größerer Gewissenhaftigkeit ihrer Tätigkeit na<strong>ch</strong>gehen können. Re<strong>in</strong> admi-<br />

8 BGer Urteile 1C_176/2011 und 1C_182/2011 v. 20.12.2011 <strong>–</strong> Unternehmenssteuerreform<br />

II.<br />

9 BGE 136 II 132 E. 2.4.2 S. 139 <strong>–</strong> Na<strong>ch</strong>zählungspraxis.<br />

137

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