Militaer_aktuell_2_2017
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0 1 2 W E L T & S T R A T E G i E<br />
Bleibt die Frage, wie in diesem Fall mit<br />
ausländischen Kämpfern umgegangen<br />
werden soll.<br />
GEKAPERT Im März<br />
brachten Piraten den<br />
Öltanker „Aris 13“<br />
unter ihre Kontrolle.<br />
Wenige Tage später<br />
ließen sie die achtköpfige<br />
Besatzung<br />
aus Sri Lanka wieder<br />
frei, Lösegeld sei laut<br />
der Organisation<br />
Oceans Beyond Piracy<br />
allerdings nicht<br />
bezahlt worden.<br />
Neben der Mission der Afrikanischen<br />
Union (AMISOM) sind auch die USA<br />
in Somalia nachhaltig involviert. Der<br />
Kampf gegen die Terrorgruppe al-Shabaab<br />
wird mit Drohnen und Luftschlägen<br />
geführt. Der Tod eines US-Soldaten<br />
Anfang Mai weist aber auch auf ein<br />
Engagement am Boden hin. Schon wenige<br />
Tage zuvor hatte ein Sprecher von<br />
US AFRICOM gegenüber der Zeitschrift<br />
Newsweek bestätigt, dass etwa<br />
100 Soldaten in Somalia stationiert<br />
sind. Sie haben die Aufgabe, sowohl<br />
die Kräfte der Afrikanischen Union<br />
als auch die somalischen Streitkräfte<br />
auszubilden.<br />
Am Horn von Afrika treten aber auch<br />
neue Akteure auf, die sich aus sicherheitspolitischen<br />
Interessen in dieser<br />
Region engagieren. Ein Beispiel dafür<br />
sind die Vereinigten Arabischen Emirate<br />
(UAE), die neben einem Stützpunkt<br />
in Eritrea auch in der Republik Somaliland<br />
sogar mit Zustimmung der Regierung<br />
in Mogadischu einen Stützpunkt<br />
errichten. Gerade auch wegen der Vielzahl<br />
unterschiedlicher Player wird es<br />
für Somalia keine schnelle Friedens-<br />
Lösungen geben. Selbst bei gutem Willen<br />
aller Beteiligten wird es viele Jahre<br />
dauern, bis ein tragfähiges, stabiles<br />
politisches System errichtet ist, und<br />
dabei muss allen Beteiligten klar sein,<br />
dass es immer wieder zu Rückschlägen<br />
kommen wird. Alternativen dazu haben<br />
sie aber kaum, der nun beschrittene<br />
Weg scheint der einzige Erfolg<br />
versprechende zu sein.<br />
Der Autor ist wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter am IFK mit Forschungsschwerpunkt<br />
Afrika.<br />
„Stabilisierung, Terrorismusbekämpfung und Entwicklung!“<br />
BRIGADIER WALTER<br />
FEICHTINGER ist seit<br />
2002 Leiter des Instituts<br />
für Friedenssicherung und<br />
Konfliktmanagement (IFK)<br />
an der Landesverteidigungsakademie.<br />
Das Wiederaufkommen der Piraterie vor<br />
Somalia verweist auf drei strategische Herausforderungen,<br />
die eine umfassende Problemsicht<br />
erfordern. Dazu gehört erstens<br />
die Notwendigkeit einer nachhaltigen politischen<br />
Transformation fragiler oder gescheiterter<br />
Staaten. Zweitens die differenzierte<br />
Bekämpfung des transnationalen<br />
Terrorismus und drittens Entwicklungskonzepte,<br />
die auch Auswirkungen des Klimawandels<br />
berücksichtigen.<br />
Dieser Befund ist zwar nicht neu, allerdings<br />
offenbart sich im Falle Somalias die gesamte<br />
Problematik. Gerade in Afrika gibt es<br />
mehrere Staaten, deren Problemlagen denen<br />
Somalias gleichen und die hinsichtlich<br />
Migration und Sicherheit für Europa kurz-,<br />
mittel- und langfristig hohe Relevanz haben.<br />
Lehren aus Somalia können daher<br />
auch Lösungsansätze für andere Gebiete<br />
darstellen. Besonders aus europäischer<br />
Perspektive ist zu bedenken, dass die Bekämpfung<br />
der negativen Folgen und Symptome<br />
wie Piraterie und umfangreiche Wanderbewegungen<br />
in Folge wirtschaftlicher<br />
Unterentwicklung und Langzeitkonflikten<br />
auf Dauer sehr kostspielig und letztlich<br />
nicht effektiv sein kann. Der Einsatz gegen<br />
Piraten mag vielleicht noch als „Training“<br />
für das internationale Zusammenwirken<br />
von Marineverbänden von Nutzen sein -<br />
Kernaufgabe wird es aber wohl keine werden.<br />
Der Migrationsdruck kann nur dann<br />
abnehmen, wenn die Lebensverhältnisse<br />
vor Ort den Betroffenen eine Zukunftsperspektive<br />
eröffnen. Migrationskontrolle zu<br />
See und an Land vermag dabei bestenfalls<br />
ein Steuerungs-, aber kein Lösungsmittel zu<br />
sein. Dass dem transnationalen Terrorismus<br />
Rückzugsräume verwehrt oder entzogen<br />
werden müssen, gehört mittlerweile zum<br />
kleinen ABC internationaler Sicherheit.<br />
Staaten wie Somalia oder Libyen und deren<br />
Umgebung nachhaltig zu stabilisieren ist<br />
daher das Gebot der Stunde, so schwierig<br />
es auch sein mag. Denn infolge des rasanten<br />
Bevölkerungszuwachses in Schwellenund<br />
Entwicklungsländern und den negativen<br />
Folgen des Klimawandels werden die<br />
Probleme zunehmen. Eine nur punktuelle<br />
Wahrnehmung würde somit viel zu kurz<br />
greifen, es bedarf großzügiger Entwürfe<br />
und Konzepte, will Europa dieser Herausforderung<br />
gerecht werden.<br />
FOTO S : N A D j A M E i ST E R , P i C T U R E D E S K<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L