Militaer_aktuell_2_2017
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0 5 0 s c h l u s s p u n k t<br />
transformation, rekonstruktion, reinkarnation?<br />
Vom Dilemma Der militärstrategen<br />
Die große Zeit des Sparens ist zwar endlich vorbei, aber reicht die jüngste Budgetaufstockung,<br />
um die rot-weiß-roten Streitkräfte den <strong>aktuell</strong>en Bedrohungsszenarien anzupassen? Militär<br />
Aktuell-Autor Oberst Dieter Muhr meint „Nein, noch nicht“ und plädiert für eine „Reinkarnation“<br />
des Bundesheeres: „Die militärische Landesverteidigung sowie die Methoden und Mittel<br />
des staatlichen Krisenmanagements – also das Bundesheer – müssen neu gedacht werden!“<br />
es ist schon einige Jahre her, da wurde<br />
die transformation des Bundesheeres<br />
ausgerufen. das große Ziel<br />
der Militärstrategen damals war, das<br />
Bundesheer nach dem kalten krieg in ein<br />
sicherheitspolitisches instrument für das<br />
krisenmanagement im ausland auszurichten.<br />
Viele kleine schritte sollten zu<br />
Veränderungen führen, das ganze nannte<br />
sich transformation. sie war die umsetzung<br />
einer strategie, deren Ziele und<br />
Wege klar definiert waren. doch eines<br />
fehlte: die Mittel. logisch, dass diese<br />
transformation bald tot war.<br />
Vor dem hintergrund bescheidender Mittel<br />
musste also eine andere strategie her:<br />
Militärstrategen behielten in der Folge<br />
die aufgabe internationale einsätze bei<br />
und ließen das konventionelle Bundesheer<br />
auf einen „rekonstruktionskern“<br />
zusammenschmelzen. Bei Änderung der<br />
Bedrohungslage würde man daraus über<br />
die rekonstruktion schnell aufwachsen<br />
können, so die hoffnung. die inlandseinsätze<br />
verloren damit an Bedeutung und<br />
das Bundesheer blieb weiter im sparmodus:<br />
Viele der Beschaffungsziele mussten<br />
zeitlich geschoben werden.<br />
„Wir brauchen<br />
einen neuen sicherheitspolitischen<br />
ansatz, der<br />
zukunftsorientiert und<br />
kreativ sein muss!“<br />
so weit, so bekannt. plötzlich kommt das<br />
umfeld Österreichs in Bewegung, von<br />
einer sicherheitspolitischen Zeitenwende<br />
ist die rede, rasante technologische entwicklungen<br />
bringen neue Bedrohungsphänomene<br />
hervor (z. B. cyber). das<br />
Bundesheer soll daher sein krisenmanagement<br />
unvermittelt steigern und<br />
gleichzeitig mit der rekonstruktion beginnen.<br />
doch Militärstrategen müssen<br />
erkennen, wie schwer das ist. erstes problem:<br />
gleichzeitigkeit. einsätze im inund<br />
ausland bewerkstelligen und gleichzeitig<br />
aufwachsen ist schwer machbar.<br />
Zweites problem: Begriff rekonstruktion.<br />
Man will das Bundesheer in einen vormaligen<br />
urzustand zurückversetzen, aber<br />
mit den althergebrachten Mitteln und<br />
Methoden alleine kann man den neuen<br />
Bedrohungen nicht begegnen. rekonstruktion<br />
ist daher kein passendes sicherheitspolitisches<br />
Ziel. drittes problem:<br />
Budget. erste positive schritte sind zwar<br />
gesetzt. doch die nachhaltige, zusätzliche<br />
Finanzierung des Bundesheeres ist<br />
noch nicht sichergestellt. die rekonstruktion,<br />
also das denken in althergebrachten<br />
strukturen zur rückentwicklung, verschnitten<br />
mit der konfrontation mit neuen<br />
akteuren, möglichen neuen gegnern,<br />
neuen phänomenen und dazu noch die<br />
aufgaben im inland – das alles überstrapaziert<br />
das Bundesheer als organisation.<br />
abläufe werden überkompliziert, wo<br />
gerade jetzt klare Zielsetzungen das gebot<br />
der stunde sind. Für seine aufgabenwahrnehmung<br />
braucht das Bundesheer<br />
überproportional viel energie.<br />
Was ist zu tun? ein neuer sicherheitspolitischer<br />
ansatz muss her. er muss zukunftsorientiert<br />
und kreativ sein. die militärische<br />
landesverteidigung sowie die Methoden<br />
und Mittel des staatlichen krisenmanagements<br />
– also das Bundesheer –<br />
müssen neu gedacht werden. geben wir<br />
diesem ansatz ruhig einen passenden<br />
namen: reinkarnation! das Bundesheer<br />
muss über eine vernünftige auslegung<br />
der militärischen landesverteidigung<br />
frisch aus der taufe gehoben werden.<br />
aufgaben müssen klar definiert, aufgabenträger<br />
genannt, vielleicht sogar erst<br />
noch geschaffen werden.<br />
diese reinkarnation muss zu einem Bundesheer<br />
führen, welches auf die neuen<br />
aufgaben ausgerichtet und dafür ausgerüstet<br />
ist. um das zu erreichen, braucht<br />
es eben genau jetzt einen anschub zur<br />
inhaltlichen neuaufstellung mit der<br />
notwendigen Finanzierung: die reinkarnation<br />
eben. dazu wird es die besten<br />
und kreativsten köpfe benötigen. hier<br />
schließt sich der kreis: die aufstellung<br />
des Bundesheeres wird dann wiederum<br />
über einen stetigen Veränderungsprozess,<br />
eine transformation, weitergeführt<br />
werden. nur so wird Österreich zu jedem<br />
Zeitpunkt über ein relevantes instrument<br />
der sicherheitspolitik verfügen.<br />
Foto s : B u n d e s h e e r / h o r st g o r u p, M a r t i n a r B e i t h u B e r<br />
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