Thema - Evangelische Kirchengemeinde
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GEISTREICH<br />
Ökonomischer Gottesdienst?<br />
Beim Einkaufen, irgendwo zwischen Gemüse-<br />
und Käseteheke spricht mich jemand<br />
freundlich von der Seite an: „Entschuldigung,<br />
Sie sind doch der neue Pfarrer von<br />
der Friedenskirche. Ich wollte Sie nur mal<br />
kurz fragen wegen dem Gottesdienst am<br />
kommenden Sonntag. Also, der ist doch<br />
ökonomisch, oder? Da kommen die Katholiken<br />
doch auch, nicht wahr?“<br />
Dass Jemand „ökumenisch“ meint, aber<br />
„ökonomisch“ sagt kommt immer mal vor<br />
und verwundert mich darum nicht mehr<br />
wirklich. Als ich aber Minuten später an<br />
der Kasse stehe, meinen Geldbeutel zücke<br />
und dabei überschlage ob meine „ökonomischen<br />
Reserven“ in der Börse für den<br />
aktuellen Einkauf ausreichen, kommt mir<br />
auf einmal die Frage: Was wäre denn<br />
und was würde ich denn antworten, wenn<br />
jemand wirklich und tatsächlich von mir<br />
wissen wollte, ob der Gottesdienst am vergangenen<br />
oder am kommenden Sonntag<br />
„ökonomisch“ ist. Ob also Aufwand und<br />
Ertrag in einem vernünftigen und angemessenen<br />
Verhältnis zueinander stehen? Ob<br />
die Stunde am Sonntagmorgen sozusagen<br />
aus betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten<br />
verantwortbar und sinnvoll ist?<br />
Zugegeben, dieser Gedanke ist auf den<br />
ersten Blick nicht grade naheliegend –<br />
aber man könnte dem durchaus nachgehen<br />
und die Fragestellung zumindest<br />
theoretisch mit Zahlenmaterial anreichern.<br />
Wie lange braucht der Pfarrer, die Pfarrerin<br />
für die Vorbereitung und Durchführung<br />
des Gottesdienstes? Wie viel Prozent seiner<br />
Arbeitszeit sind das, was man dann<br />
wiederum prozentual ins Verhältnis zum<br />
Monatsgehalt stellen könnte? Schon hätte<br />
man eine Zahl!<br />
Gleiche Rechnung für Küster und Kirchenmusiker,<br />
dazu die Energiekosten für<br />
die Kirche, die sich sicherlich auch recht<br />
genau ermitteln ließen, einen festen Betrag<br />
für Gebrauchsgegenstände wie Kerzen, Altarblumen<br />
oder Gesangbücher und man<br />
Angedacht<br />
käme schon auf eine irgendwie auch nach<br />
betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten<br />
ermittelte Summe und könnte sagen: „Also<br />
der Gottesdienst am Sonntag kostet im<br />
Schnitt ca. „X“ Euro.<br />
Wer wollte, könnte diese Zahl dann sogar<br />
noch durch die Anzahl der Gottesdienstbesucherinnen<br />
und Gottesdienstbesucher teilen<br />
und hätte auf die Art und Weise sogar<br />
eine theoretisch aufgebrachte Summe für<br />
jeden individuellen Gottesdienstbesucher.<br />
Jetzt müsste nur noch die Grundsatzfrage<br />
geklärt werden: Was darf ein Gottesdienst<br />
pro Besucherin oder Besucher<br />
kosten, damit er noch ökonomisch ist?<br />
Fünf Euro, zehn Euro, zwanzig Euro – was<br />
meinen Sie?<br />
Ich weiß es nicht. Ich weiß auch nicht,<br />
ob man das so machen kann und vor allen<br />
Dingen, ob man das so machen sollte!<br />
Im Neuen Testament ist immerhin das Jesuswort<br />
überliefert: „Wo zwei oder drei in<br />
meinem Namen versammelt sind, da bin<br />
ich mitten unter ihnen!“ Schon von daher<br />
verbieten sich die gerade angestellten<br />
Zahlenspielchen eigentlich grundsätzlich,<br />
hat doch der Gottesdienst einen Wert, der<br />
jenseits aller ökonomischen Fragestellungen<br />
liegt und mit keiner Verhältnismäßigkeit<br />
der Mittel auch nur annähernd aufzurechnen<br />
ist.<br />
Eigentlich. Und eigentlich, eigentlich so<br />
beruhige ich mich, wollte die Dame im<br />
Supermarkt ja auch nur wissen, ob wir<br />
unseren Gottesdienst kommenden Sonntag<br />
gemeinsam mit den Katholiken feiern.<br />
Eigentlich. Allerdings: Wer weiß schon,<br />
ob und wenn ja wann, die Frage nach<br />
dem ökonomischen Gottesdienst die nach<br />
dem ökumenischen im Bewusstsein ablöst?<br />
Spätestens dann, wenn die Kirche mit ihrem<br />
Einkaufswagen an der Kasse steht<br />
und merkt, dass die „ökonomischen Reserven“<br />
in der Geldbörse nicht mehr zum<br />
Bezahlen reichen?<br />
Thomas Fidelak<br />
Ev. Kgm. Holten-Sterkrade März - Mai 2010 3