Schlossfestspiel-Magazin 2017 - Die Physiker
Das Magazin zu den Schlossfestspielen im Wasserschloss Hagenwil. Mit Hintergrund-Infos, Ergänzungen zum Stück und vielen Fotos. Das Magazin ist im Ticketpreis inbegriffen.
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Friedrich Dürrenmatt<br />
«Soll ich malen oder schreiben?»<br />
Keine leichte Entscheidung, vor die sich der junge Friedrich Dürrenmatt<br />
gestellt hatte. Hin und her gerissen zwischen Malerei und Literatur war der<br />
angehende Student zu Beginn der 1940er-Jahre.<br />
Letztlich entschied er sich für den Beruf des<br />
Schriftstellers, ohne allerdings zeitlebens das Malen aufzugebe,<br />
wenn man seine Biografie betrachtet, vielleicht auch<br />
nicht ganz freiwillig. Es war seine Mutter Hulda, die einige<br />
seiner Bilder arrivierten Kunstmalern gezeigt hatte. <strong>Die</strong>se<br />
konnten jedoch mit der expressionistischen Ausdruckskraft<br />
des jungen Künstlers nichts anfangen und urteilten so abschätzig,<br />
dass Dürrenmatt enttäuscht den Gedanken an ein<br />
Kunststudium aufgab.<br />
Wandgemälde in Bern Angeregt durch den Maler Walter<br />
Jonas, begann Dürrenmatt nun zu schreiben. In seiner<br />
«Berner Mansarde», wohl die berühmteste Studentenbude<br />
der Schweiz überhaupt, gestaltete der junge Schriftsteller die<br />
Wände über und über mit den wildesten Szenen. Eine<br />
Kreuzigung, Salome mit dem Kopf von Johannes dem Täufer,<br />
die Medusa ... Nach seinem Auszug aus der Laubegstrasse 49<br />
nach Basel wurden die Wandgemälde Jahre später überstrichen.<br />
Erst rund vierzig Jahre danach konnten die Werke im<br />
Auftrag des Schweizer Literaturarchivs wieder freigelegt<br />
werden. Heute können kulturschaffende Gäste die Kunstwerke<br />
nicht nur besichtigen, sondern die Dürrenmatt-<br />
Mansarde sogar mieten.<br />
grafischen Arbeiten vorgesehen, doch das Werk wird jäh von<br />
Dürrenmatts Tod am 14. Dezember 1990 beendet.<br />
Er konnte nur vier eingeritzte Steine vollenden, von denen<br />
wenige signierte Probeabzüge aus weissem Karton existieren.<br />
Centre Dürrenmatt Wer grosse Teile der umfangreichen<br />
Sammlung von Friedrich Dürrenmatt sehen möchte, kann<br />
dies im Centre Dürrenmatt in Neuchâtel tun. <strong>Die</strong> Dauerausstellung<br />
zeigt seine Gouachen, Ölgemälde und Zeichnungen.<br />
Auf der Höhe der Cafeteria kann Dürrenmatts «Sixtinische<br />
Kapelle» besichtigt werden: die Toilettenräume, die vollständig<br />
mit Wandbildern von Dürrenmatt verziert sind.<br />
Chemin du Pertuis-du-Sault 74, 2000 Neuchâtel<br />
Gemalte Kämpfe und Abenteuer Friedrich Dürrenmatt<br />
selbst hat seine Zeichnungen untrennbar von seinem<br />
schriftstellerischen Werk gesehen. Er bezeichnete sie als<br />
«die gezeichneten und gemalten Schlachtfelder, auf denen<br />
sich meine schriftstellerischen Kämpfe, Abenteuer, Experimente<br />
und Niederlagen abspielen». Seine Bildsprache<br />
vergleichen Kunstexperten heute zum Teil mit der von<br />
Hieronymus Bosch, Pieter Brueghel oder Francisco de Goya.<br />
Mit Vorliebe zeichnete er mythologische oder christliche<br />
Motive. Ihre Titel lauten «Der Papst» oder «Turmbau zu<br />
Babel».<br />
Steinbilder in St. Gallen 1990 zieht es Dürrenmatt dann,<br />
wie viele Literaten und Künstler schon vor ihm, nach<br />
St. Gallen. In der Reihe der legendären Erker-Treffen<br />
zeichnet der Schriftsteller mehrere Lithografien direkt<br />
auf Stein. Steindrucker Urban Stoob bedruckt damit Blätter<br />
in seiner Werkstatt. Ursprünglich war eine Mappe von sechs<br />
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