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Goldene Jahre_Mecklenburgische Seenplatte

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SEITE 48<br />

RATGEBER 4. LEBENSPHASE<br />

Gesundheit<br />

So klappt‘s mit den Nachbarn<br />

Beziehungen mit Auswirkungen auf das Wohlbefinden<br />

Schwester Agnes, die mit<br />

ihrer Schwalbe durchs Dorf<br />

fährt und für alle da ist. Jeder<br />

kennt jeden, jeder hilft<br />

jedem. Die Filmreihe im DDR-<br />

Fernsehen lieferte eine idealisiertes<br />

Bild vom Landleben.<br />

Aber viele haben diese Idylle<br />

vor Augen, wenn sie an Dörfer<br />

denken: Das Leben läuft<br />

in ruhigen Bahnen, inmitten<br />

der schönen Natur und der<br />

langjährigen Nachbarn.<br />

Wie ist das heute? Wie<br />

funktioniert das Zusammenleben<br />

in den Dörfern im<br />

deutschen Nordosten gut ein<br />

Vierteljahrhundert nach der<br />

Wende? Eine Forschergruppe<br />

der Neubrandenburger Hochschule<br />

hat genau hingeschaut<br />

– und dabei zunächst einmal<br />

festgestellt, dass es gar nicht<br />

viel Forschung darüber gibt,<br />

wie das Alltagsleben in der<br />

DDR auf dem Land wirklich<br />

war. „Wir wissen, dass die Produktion<br />

in der LPG und die<br />

Freizeit viel enger verzahnt<br />

war“, berichtet Professorin<br />

Vera Sparschuh. „Die Leute<br />

haben zusammen gearbeitet<br />

und zusammen gefeiert.“ Gerade<br />

mit den Landwirtschaftlichen<br />

Produktionsgenossenschaften<br />

(LPG) seien nach<br />

der Wende viele Strukturen<br />

weggebrochen. „Heute sind<br />

die sozialen Unterschiede viel<br />

größer, auch der Sozialneid<br />

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Gesundheitsförderung durch neue Formen der Gemeinschaft ist ein Forschungsthema an der<br />

Hochschule Neubrandenburg.<br />

FOTO: © AFRICA STUDIO - FOTOLIA.COM<br />

ist gewachsen. Man macht<br />

einfach nicht mehr so viel<br />

gemeinsam.“<br />

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Interesse am Miteinander<br />

von Jung und Alt<br />

Die Forscher haben bei<br />

ihren Befragungen interessante<br />

Feststellungen gemacht.<br />

„Die Verknüpfung<br />

von Jung und Alt funktioniert<br />

auf dem Dorf nicht so gut,<br />

wie viele denken. Die Älteren<br />

lassen sich eher bespaßen, die<br />

Jüngeren haben ihre eigenen<br />

sozialen Kreise, etwa in der<br />

Feuerwehr“, berichtet Professorin<br />

Heidrun Herzberg.<br />

Wobei aber das Interesse am<br />

Miteinander durchaus vorhanden<br />

sei. Mit ihrer Arbeit<br />

und ihren Nachfragen haben<br />

die Neubrandenburger<br />

Wissenschaftler mit dafür<br />

gesorgt, dass ein Dorfverein<br />

wieder belebt wurde. In<br />

einem Ort begann generationsübergreifend<br />

die Arbeit<br />

an einer Chronik. „Die alten<br />

Leute holten Fotos und Erinnerungen<br />

hervor, die jungen<br />

halfen, alles im Computer zu<br />

verarbeiten“, erzählt Heidrun<br />

Herzberg. Woanders sei der<br />

Friedhof gemeinsam neu gestaltet<br />

worden. Ein Dorfladen<br />

und ein Erzählcafé wurden<br />

eingerichtet, eine gemeinsame<br />

Radtour unternommen.<br />

Es braucht Vertrauen,<br />

um Hilfe anzunehmen<br />

Solche Aktivitäten seien<br />

die Grundlage dafür, dass<br />

sich Menschen mit ihrem<br />

Ort identifizieren, und für<br />

ein Miteinander. Darauf<br />

basiere dann auch die sorgende<br />

Gemeinschaft – wie<br />

es die Forscher nennen, die<br />

vor allem auf die Ressource<br />

Nachbarschaft setzt. Denn<br />

auch diese Frage stellen sich<br />

die Wissenschaftler: Welche<br />

Rolle können die Nachbarn<br />

bei der Versorgung der alten<br />

Menschen im ländlichen<br />

Raum übernehmen? Wo ist<br />

eine entsprechende Infrastruktur<br />

unerlässlich?<br />

„Übrigens ist die Bereitschaft,<br />

zu helfen, sehr hoch“,<br />

beschreibt Heidrun Herzberg<br />

ein Ergebnis der Untersuchungen.<br />

„Die Bereitschaft,<br />

Hilfe anzunehmen, ist dagegen<br />

deutlich geringer.“<br />

Für sie heißt das auch: „Wir<br />

brauchen ein Vertrauensverhältnis<br />

als Fundament dafür,<br />

dass Nachbarn und Pflege-<br />

Profis sich gemeinsam um<br />

die Alten kümmern können.“<br />

In vielen Dörfern gibt es gute<br />

Voraussetzungen dafür: Das<br />

Bedürfnis nach Gemeinschaft<br />

und starkem sozialen Zusammenhalt<br />

haben die Forscher<br />

in fast jedem Dorf gefunden.<br />

Die Entwicklung partizipativer<br />

Nachbarschaftsprojekte<br />

in den zwei ländlichen<br />

Regionen Mirow und Woldegk<br />

des ostdeutschen strukturschwachen<br />

Großkreises<br />

<strong>Mecklenburgische</strong> <strong>Seenplatte</strong><br />

ist zentrales Ziel des Vorhabens.<br />

Nachbarschaftliche Beziehungen<br />

sollen generatio-

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