Grenzen
Credit Suisse bulletin, 1999/02
Credit Suisse bulletin, 1999/02
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schreitung oder einen Leistungsabbau<br />
münden. Solche Massnahmen bergen indes<br />
Gefahr: Die Planungsbehörden müssen<br />
den effektiven Bedarf an medizinischen<br />
Leistungen und ihre Kosten kennen, um<br />
keinen Leistungsabbau zu provozieren.<br />
Für die Berechnung von Fallpreisen und<br />
ihre Abgeltung über Pauschalen fehlt aber<br />
vorderhand noch die Datenbasis.<br />
Das Dilemma der verordneten Staatsmedizin<br />
liesse sich folgendermassen lösen:<br />
Alle Spitäler, die aufgrund ihres angemessenen<br />
Preis/Leistungs-Verhältnisses zur<br />
Grundpflege zugelassen sind, erhalten Beträge<br />
der Kantone gemäss den erbrachten<br />
Leistungen. Der Wettbewerb unter den<br />
Spitälern würde verstärkt, da alle zugelassenen<br />
Spitäler für die Verhandlungen mit<br />
den Krankenkassen mit gleich langen<br />
Spiessen ausgestattet wären. Allerdings ist<br />
auch mit der Korrektur der Wettbewerbsverzerrung<br />
das Problem stark steigender<br />
Preise aufgrund medizinischer Fortschritte<br />
nicht gelöst. Trotzdem: Es bleibt zu hoffen,<br />
dass die intensivierten Sparanstrengungen<br />
genügend Freiraum schaffen, um einschneidendere<br />
Massnahmen abzuwenden.<br />
Im Gegensatz zum stationären Bereich<br />
weist der ambulante Sektor eine moderate<br />
Teuerung bei gleichzeitiger Mengenausweitung<br />
auf. Das Problem des Anbietermarktes<br />
und des Versichertenmarktes zeigt<br />
sich bei den Arztpraxen am ausgeprägtesten.<br />
Von einem Anbietermarkt kann deshalb<br />
gesprochen werden, weil der Arzt den<br />
Umfang seiner Leistung selber verordnet.<br />
Da das ärztliche Einkommen direkt von<br />
den erbrachten Leistungen abhängt, besteht<br />
ein Anreiz zur Mengenausweitung.<br />
Gleichzeitig ist im sogenannten Versichertenmarkt<br />
der Patient nicht angehalten,<br />
möglichst wenig Leistungen zu beanspruchen,<br />
solange die Krankenkasse für deren<br />
Kosten aufkommt.<br />
Mehr Ärzte für weniger Patienten<br />
Die Wirkungen des Anbietermarktes lassen<br />
sich in der Praxis effektiv beobachten.<br />
Während im gesamten Gesundheitswesen<br />
von 1990 bis 1996 die Leistungen im<br />
Durchschnitt jährlich real um 1,4 Prozent<br />
zunahmen, war bei den Ärzten ein jährlicher<br />
Mengenzuwachs um vier Prozent zu verzeichnen.<br />
Diese Entwicklung ist insofern<br />
paradox, als die Anzahl Konsultationen<br />
seit 1993 rückläufig ist. Auch der Umsatz<br />
pro freipraktizierenden Arzt ist in den<br />
neunziger Jahren mit Ausnahme von 1993<br />
stetig gestiegen, obwohl die Ärztedichte<br />
gleichzeitig weiter zugenommen hat.<br />
WENN DER STAAT SEINE FINGER IM SPIEL HAT<br />
Die starken Regulierungen im Spitalbereich kommen einem Eingriff in den<br />
Wettbewerb gleich und führen zu Marktverzerrungen. So stellen zum Beispiel<br />
die Spitallisten für die Spitäler kantonale Barrieren dar. Des weiteren benachteiligen<br />
die Beiträge der Kantone die nicht subventionierten Spitäler.<br />
Denn der Standortkanton öffentlicher und öffentlich subventionierter Spitäler<br />
übernimmt deren Betriebskosten in der allgemeinen Abteilung zu mindestens<br />
50 Prozent. Diese Spitäler sind in der Regel zusätzlich mit einer Defizitgarantie<br />
ausgestattet. Subvention und Defizitgarantie führen dazu, dass öffentlich<br />
getragene Spitäler auch im Bereich der Zusatzversicherungen von den<br />
Versicherern bevorzugt werden und den Versicherten zu günstigeren Bedingungen<br />
zur Auswahl stehen. Die nicht subventionierten Privatspitäler erleiden<br />
somit auch im privatrechtlich organisierten Versichertensegment einen<br />
Wettbewerbsnachteil. Die Wettbewerbsbeschränkung ist mit volkswirtschaftlichen<br />
Kosten, sprich höheren Ausgaben, verbunden. Denn die subventionierten<br />
und mit Defizitgarantie ausgestatteten Spitäler haben keinen Anreiz,<br />
ihre Kosten zu senken.<br />
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Es ist als das Verdienst des KVG zu werten,<br />
dass die falsch gelegten Anreizstrukturen<br />
bei Leistungserbringern und Patienten<br />
nun berichtigt werden sollen. Die grössere<br />
Kostenbeteiligung des Patienten in Form<br />
wählbarer Franchisen, eingeschränkter<br />
Arztwahl und Bonusversicherungen erhöht<br />
die Schwelle für den Arztbesuch. 1997<br />
war die Wirkung mit knapp sechs Prozent<br />
weniger Konsultationen stark spürbar.<br />
Gleichzeitig nahm der Umsatz pro Konsultation<br />
gegenüber 1996 um zehn Prozent<br />
zu – ein starkes Indiz dafür, dass der<br />
Rückgang vor allem die kostengünstig<br />
behandelbaren Bagatellfälle betraf. Es ist<br />
aber zu vermuten, dass die höheren Umsätze<br />
pro Konsultation nach wie vor auch<br />
auf Mengenausweitung zurückzuführen<br />
sind. Diese ist nicht unbedingt zu verurteilen;<br />
sie hat dann ihre Berechtigung, wenn<br />
der Heilungsprozess beschleunigt oder<br />
Spitaleinweisungen vermieden werden<br />
können. Allerdings fehlen die Eckwerte,<br />
um Leistungen nach ihrer Notwendigkeit<br />
zu beurteilen. Die per Anfang 2000 einzuführenden<br />
gesamtschweizerischen Arzttarife<br />
ebnen den Weg, dass die Tarife<br />
transparenter werden sowie die Fallpauschalen<br />
und Behandlungspfade zumindest<br />
als Orientierungshilfe definiert werden<br />
können.<br />
Der Anreiz zur Mengenausdehnung wird<br />
bei den Health Maintenance Organisations<br />
(HMO) vollständig beseitigt. Denn der<br />
HMO-Arzt erhält ein risikogerechtes Budget<br />
und ist an dem davon abweichenden<br />
Resultat beteiligt. Da das Prinzip der HMO<br />
dasselbe ist wie bei den Globalbudgets für<br />
die Spitäler, treten auch ähnliche Schwierigkeiten<br />
beim Festlegen des Budgets auf.<br />
SEMYA AYOUBI, TELEFON 01 333 77 35<br />
E-MAIL: SEMYA.AYOUBI@CREDIT-SUISSE.CH<br />
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