POLITIK: FRANZ STEINEGGER, FDP-PRÄSIDENT, NATIONALRAT DIE REVOLUTION SPORT: RALPH KRUEGER, EISHOCKEY- NATIONALTRAINER WIRTSCHAFT: PAUL MEIER, VORSITZENDER GESCHÄFTSLEITUNG CREDIT SUISSE
SCHAUPLATZ LEADERSHIP IN WIRTSCHAFT, POLITIK UND SPORT – ALLE DREI HABEN DAS GLEICHE IM VISIER: DAS UNGENUTZTE POTENTIAL DER MENSCHEN. IM KOPF VON CHRISTIAN PFISTER, REDAKTION BULLETIN Auch die Geschäftswelt kennt ihre Moden. Genährt durch Bücher von Management-Gurus und verbreitet durch ein Heer von Beratern, tauchen in regelmässigen Abständen immer wieder neue Ideen und Konzepte auf, wie Führungskräfte ihre Unternehmen erfolgreich positionieren können. So schnell einige davon wieder verschwinden, so unmissverständlich ist die Botschaft, die diesem Phänomen zugrunde liegt: Um auf Erfolgskurs zu bleiben, müssen Unternehmensleiter ihre Nase stets im Wind halten. Ansonsten ist es schnell vorbei mit der Herrlichkeit. Dazu einige Zahlen: Seit 1970 sind allein in den USA rund zwei Drittel der damals 500 erfolgreichsten Firmen von der Bildfläche verschwunden. Wie das Wirtschaftsleben an Komplexität und Tempo zugelegt hat, ist auch daran ablesbar, wie wichtig Firmenberater auf dem Markt geworden sind: Die Branche hatte 1994 weltweit 11,4 Milliarden Dollar an Beratungshonoraren umgesetzt; 1999 rechnen Fachleute bereits mit 21 Milliarden Dollar. «Die Probleme, denen wir heute gegenüberstehen, sind neu. Eine globale Wirtschaft bietet jedem von uns mehr Risiken, aber auch mehr Chancen, und sie zwingt nicht nur für Wettbewerb und Wachstum zu einschneidenden Verbesserungen, sondern auch für das reine Überleben», umschreibt John P. Kotter, Professor an der Harvard Business School, die Ausgangslage. Und ein Zusammenhang scheint klar – je mehr Veränderungen die Geschäftswelt zu verdauen hat, desto mehr ist gefordert, was auch in anderen Bereichen der Gesellschaft zum Thema wird: Leadership. «Unter Leadership verstehe ich das Setzen von ambitionierten Zielen, um die Unternehmung dem sich laufend verändernden Markt anzupassen», erklärt Paul Meier, Vorsitzender der Geschäftsleitung der CREDIT SUISSE. «Dazu gehört, diese Ziele konsequent und schnell umzusetzen und die Mitarbeiter zu begeistern, so dass sie diese Ziele zu ihren eigenen machen.» Gesagt, getan. Paul Meier trat bei der Neuausrichtung der CREDIT SUISSE GROUP Mitte 1996 eine heikle Aufgabe an. Er übernahm innerhalb der Gruppe die Führung der Retailbank CREDIT SUISSE, also das Individual- und Firmenkundengeschäft, das gehörig in Schieflage geraten war. Ende 1996 wies die CREDIT SUISSE ein Minus von mehr als einer Milliarde Franken aus – nicht zuletzt wegen schwieriger Kredite, dem Fehlen risikoangemessener Preise und dem Wegfall von Quersubventionen aus gewinnträchtigen Bereichen wie etwa dem Private Banking. 1997 waren es nur noch minus 296 Millionen. Das Retailbanking galt im Vergleich zum Investment- und Private Banking als wenig lukrativ. Paul Meier wollte sich nicht mit dieser Rolle bescheiden. Er und seine Kollegen aus der Geschäftsleitung zeigten Leadership; sie traten mit dem Anspruch an, aus der CREDIT SUISSE eine Retailbank der Weltklasse zu machen. Angesichts der tiefroten Startposition ein ambitioniertes Unterfangen. Das Unternehmen begab sich auf den Weg zu einer neuen Firmenkultur. «Streichen wir das Wort Misserfolg aus unserem Vokabular», forderte er Anfang 1998 die Kader des Unternehmens auf und machte klar, dass der Weg zum Erfolg steinig ist: «Wir müssen akzeptieren, dass nicht jede Leistung auf Anhieb zum gewünschten Ziel führt; in diesem Fall müssen wir die Richtung neu ansetzen, um das Ziel im zweiten Anlauf zu schaffen.» Und diese Haltung hatte Erfolg: 1998 erwirtschafteten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der CREDIT SUISSE einen Reingewinn von 205 Millionen Franken, was verglichen mit dem Startjahr einem Gewinnsprung von rund 1,3 Milliarden Franken entspricht (vergleiche Interview mit Paul Meier auf Seite 52). Gewinnen fängt im Kopf an Szenenwechsel. St.-Jakobs-Halle, Basel, im Mai 1998: Die Spieler liegen sich in den Armen, das Stadion bebt. Soeben hat die neuformierte Eishockey-Nationalmannschaft das Team des 23fachen Weltmeisters Russland dank einer perfekten Teamleistung mit vier zu zwei bezwungen. Nach zwei weiteren Partien war das Unerwartete Tatsache. Die Schweiz spielte nun plötzlich an der Weltmeisterschaft nicht 49 CREDIT SUISSE BULLETIN 2 |99