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Streifzug durch das alte Billed

Ausstellung über die Geschichte der Gemeinde Billed bis zum Exodus der Billeder Deutschen 1990

Ausstellung über die Geschichte der Gemeinde Billed bis zum Exodus der Billeder Deutschen 1990

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<strong>Streifzug</strong> <strong>durch</strong> <strong>das</strong> <strong>alte</strong> <strong>Billed</strong><br />

Ausstellung der HOG <strong>Billed</strong> und<br />

des Forums der <strong>Billed</strong>er Deutschen<br />

im Heimathaus<br />

Biled, Nr. 421, Rumänien<br />

Öffnungszeiten 13:00-15:00 Uhr<br />

Kontakt: 0040 727 667 887<br />

Konzept, Bildauswahl,<br />

Texte und Gestaltung<br />

Hans Rothgerber<br />

Übersetzung,<br />

geschichtliche Daten<br />

Hans Martini<br />

Lektorat, Übersetzung<br />

Elisabeth Martini<br />

Organisation, Technik<br />

Adam Csonti<br />

Roswitha Csonti<br />

Werner Gilde<br />

Peter Krier<br />

Restauration Objekte<br />

Silke Csonti<br />

Heidi Müller<br />

Norbert Müller<br />

Josef Freer<br />

Marliese Knöbl<br />

Barbara Wagner<br />

Spenden Ausstellung<br />

Josef Breitenbach<br />

Elisabetha Buscha<br />

Adam Csonti<br />

Ingrid Csonti<br />

Josef Freer<br />

Irene Henz<br />

Josef Herbst<br />

Josef Hubert<br />

Brunhilde Klein<br />

Marliese Knöbl<br />

Matilde Mann<br />

Anna Mann<br />

Johann Martini<br />

Barbara Mutter<br />

Josef Pfeiffer<br />

Nikolaus Rennon<br />

Barbara Schwarzmann<br />

Elisabeth Thöresz<br />

Werner Tobias<br />

Hans Weber<br />

Theresa Weber<br />

Wilhelm Weber<br />

Helmuth Weinschrott


Kaiser, Feldherren, Kolonisten und <strong>das</strong> Banat<br />

Das Banat bildet den südöstlichen Teil der Pannonischen Tiefebene<br />

und ist im Westen von der Theiß, im Süden von der Donau, im Osten von<br />

den Ausläufern der Karpaten und im Norden vom Maroschfluss begrenzt. Das Banat,<br />

zwischen 1552 und 1716 unter osmanischer Herrschaft, war verödet und weitgehend<br />

entvölkert.<br />

5<br />

„Nirgends findet sich eine Ader trinkbaren Wassers, nirgends ein grünender<br />

Baum... Schilf, Unkraut und Gestrüpp sind un<strong>durch</strong>dringlich dicht ...<br />

keine Spur von Menschen, außer einigen Rohrhütten von Hirten, ...“ beschreibt<br />

Herzog Karl von Lothringen <strong>das</strong> Land damals.<br />

Es gab keine Landwirtschaft, lediglich eine Wanderweidewirtschaft, betrieben von<br />

der einheimischen rumänischen und serbischen Bevölkerung.<br />

4<br />

2<br />

3<br />

1<br />

Abbildungen<br />

1 Sumpflandschaft im Banat, Malerei von Stefan Jäger<br />

2 Herrschaftsgebiete der Habsburger<br />

3 Das Banat<br />

4 Wappen Maria Theresias. 1765 trug Maria Theresia folgende Titel:<br />

Maria Theresia, von Gottes Gnaden römische Kaiserin, Wittib, Königinn zu Hungarn, Böheim, Dalmatien, Croatien,<br />

Slavonien, Gallizien, Lodomerien, etc. etc., Erzherzoginn zu Österreich, Herzoginn zu Burgund, zu Steyer, zu Kärnten<br />

und zu Crain, Großfürstin zu Siebenbürgen, Marggräfin zu Mähren, Herzoginn zu Braband, zu Limburg, zu Luxemburg<br />

und zu Geldern, zu Württemberg, zu Ober- und Nieder-Schlesien, zu Mailand, zu Mantua, zu Parma, zu Piacenza<br />

und Guastalla, Fürstinn zu Schwaben, gefürstete Gräfinn zu Habsburg, zu Flandern, zu Tirol, zu Hennegau,<br />

zu Kyburg, zu Görz und Gradisca, Markgräfinn des Heiligen Römischen Reiches zu Burgau, zu Ober- und Nieder<br />

Lausitz, Gräfinn zu Namur, Frau auf der Windischen Mark und zu Mecheln etc., verwittibte Herzoginn zu Lothringen<br />

und Baar, Großherzoginn zu Toskana, etc.<br />

5 Die Ansiedler fahren mit „Ulmer Schachteln“ auf der Donau in ihre neue Heimat<br />

6 Rastende Auswanderer, Gemälde von Franz Ferch<br />

Ein kaiserliches Kolonisationspatent lockte mit verschiedenen Begünstigungen.<br />

Auswanderer mussten sich jedoch vorher aus der Leibeigenschaft freikaufen und Abzugsgeld an ihre Grundherren<br />

entrichten, die ihre Untertanen nur ungern ziehen ließen.<br />

Prinz Eugen<br />

von Savoyen (1663 - 1736) war<br />

einer der bedeutendsten Feldherren<br />

des Habsburgerreiches.<br />

Ab 1697 Oberbefehlshaber in den<br />

Türkenkriegen sicherte er die<br />

österreichische Vorherrschaft in<br />

Südosteuropa.<br />

Das Banat sollte nach dem Willen<br />

Prinz Eugens nicht nur „die<br />

Vormauer der Christenheit“ am<br />

südöstlichen Rand Mitteleuropas<br />

sein, sondern ein politisch<br />

stabiles und wirtschaftlich entwickeltes<br />

Land werden.<br />

Von Ulm und Regensburg ging es auf den bis zu 200 Personen fassenden „Ulmer Schachteln“ genannten Lastkähnen<br />

zunächst bis Wien, wo die Kolonisten registriert wurden. Die anschließende Fahrt ins Banat dauerte ungefähr<br />

drei Wochen. Dort wanderten sie zu Fuß an ihren Bestimmungsort.<br />

6<br />

Maria<br />

Theresia von Österreich<br />

(1717-1780), Fürstin<br />

aus dem Hause Habsburg, regierende<br />

Erzherzogin von Österreich<br />

und Königin u.a. von<br />

Ungarn und Böhmen, zählte zu<br />

den prägenden Monarchen des<br />

aufgeklärten Absolutismus.<br />

Während ihrer 40-jährigen<br />

Herr schaft erreichte die Besiedlung<br />

des Banats ihren Höhepunkt.


Ein Dorf wird aus dem Boden gestampft - Herkunftsorte der Ansiedler<br />

1<br />

2 3<br />

4<br />

Dorf- und Flurplan gezeichnet von dem Militäringenieur Hauptmann Anton<br />

von Triebswetter aufgrund der 1769 erfolgten Bodenvermessung.<br />

Folgende Erklärung ist beigefügt:<br />

5<br />

„Plan des Teutschen Dorfes Billiet in dem<br />

Themesvarer District, welches bestehet in<br />

252 teutschen Colonisten-Familien, worunter<br />

32 gantze Bauern a 37 Joch, dann 220<br />

halbe a 21 Joch sich befinden.<br />

Die Felder sind überhaupt in 3 Fluren wie<br />

der Plan zeiget, eingetheillet, wovon jede<br />

Portion 128 Klaft. lang und 100 Klaft. breith<br />

und 8 Joch in sich enth<strong>alte</strong>t, folgsam ein<br />

solches Rectangel die Portion ein es gantzen<br />

oder zweyer halben Bauern in einer<br />

Flur ist . . .<br />

Beynebst sind nach Ab schlag der nöthigen<br />

Communications-Weege 1500 Joch Uberländ-Grunde,<br />

die man denen Bau ern successive,<br />

wie sie zu Kräften kommen oder<br />

sich vermehren, zutheilen kann ...<br />

Die Land-Strasse ist <strong>durch</strong>gehende 20,<br />

die Communications-Weege aber 3 Klafter<br />

breith. Die Dorf-Gässen sind 18 Klafter<br />

breith. Maastab von 900 Wiener Klafter.<br />

Eingetheilet und gezeichnet <strong>durch</strong> Ant. v.<br />

Triebswetter Hauptmann von Graf Adam<br />

Batthyan a Inf. R.“<br />

6<br />

Billiet wurde unter der Kaiserin Maria Theresia zusammen mit anderen 33<br />

Dörfern besiedelt und sollte als ei ne der ersten Neugründungen dieser Siedlungsperiode<br />

eine Musterrolle übernehmen. Es entstand in der Nähe eines verödeten<br />

Ortes auf der „Prädium Billiet“ genannten Fläche.<br />

Ab ca. 1835 war der Name Billet, ab 1867 Billéd, ab 1920 Biled, die deutsche Schreibweise<br />

ist <strong>Billed</strong>.<br />

Ein Ort Billyed wurde erstmals 1404 urkundlich als Besitz der Familie Hagymas de<br />

Beregszo erwähnt.<br />

Es wurden 254 gleich große Hausplätze von je einem Katastraljoch (0,575 ha) für<br />

252 Wohnhäuser, eine Kirche und eine Schule vermessen.<br />

Das Dorf hat einen Schachbrett-Grund riss, jede Seite eines Quadrates ist 250 m lang<br />

und mit sechs Kolonistenhäusern bebaut, die Gassen sind 35 m breit. Der erste Billieter<br />

Bürgermeister hieß Caspar Hann.<br />

Abbildungen<br />

1 Wanderung - aus dem Tryptichon von Stefan Jäger „Die Einwanderung der Deutschen ins Banat“<br />

2 Rast<br />

3 Ankunft<br />

4 Herkunftsorte der 252 Erstansiedlerfamilien in <strong>Billed</strong> (von Wilhelm Weber)<br />

5 Dorfplan von Billiet erstellt 1769-1772 im Rahmen der Josephinischen Landesaufnahme des Temeschwarer<br />

Banats<br />

6 Siegel der Gemeindeverwaltung mit der Umschrift SIGL TOC 1772 Billiet Dorf


Den Ersten der Tod - Aufstieg oder Untergang<br />

Geburten / Todesfälle 1766-1775<br />

1766<br />

J 23<br />

U 97<br />

1767<br />

1768<br />

J 67<br />

J 63<br />

U 83<br />

U 165<br />

1769<br />

U 40<br />

J 99<br />

1770<br />

J 137<br />

U 256<br />

1771<br />

J 74<br />

U 197<br />

1772<br />

U 71<br />

J 117<br />

1773<br />

J 55<br />

U 48<br />

1 2<br />

1774<br />

U 30<br />

J 86<br />

1775<br />

U 37<br />

J 106<br />

Geburten J<br />

Todesfälle U<br />

Quelle: Familienbuch <strong>Billed</strong> von Hans Wikete<br />

Am 1. November 1774 wurde <strong>das</strong> erste Grundbuch angelegt. Es beinh<strong>alte</strong>t ein „kurzes<br />

Historicum“ des Dorfes, den „Summarischen Umkreis des Terrains“, die „Besitzblätter“ und die Überkommungsart<br />

der Besitzer.<br />

Das finanzielle System, auf dem die Ansiedlung im Banat aufgebaut war, war ein Vorschusssystem, der Staat<br />

gewährte den Ansiedlern alle zum Wirtschaften nötigen Beihilfen, die nach einer allgemeinen Frist von 3<br />

Jahren zurückgezahlt werden mussten. Dabei waren für die Bauern die ersten 10 Jahre steuerfrei.<br />

Umsonst erhielten die Kolonisten den Hausplatz, Acker und Wiese.<br />

Die Kolonisten brachten landwirtschaftliche und handwerkliche Erfahrungen mit, die Herkunftsländer der<br />

bäuerlichen deutschen Siedler wiesen zur Zeit ihrer Auswanderung eine hochentwickelte Bodenkultur auf.<br />

Das von den Siedlern im Banat übernommene Ackerland war jedoch ein erst seit kurzem entwässertes Sumpfland,<br />

<strong>das</strong> seit Jahrhunderten verwahrlost, verwildert und mit Gestrüpp überwuchert war.<br />

838 Tote in 5 Jahren Grab der Deutschen<br />

Der Kolonistenspruch: „Den Ersten der Tod...“ trifft<br />

voll zu. Hunger und Krankheiten forderten ihre Opfer,<br />

es starben mehr Menschen als geboren wurden.<br />

• Für <strong>das</strong> Jahr 1766 werden 705 Einwohner für <strong>Billed</strong><br />

angegeben, ein Jahr nach der Gründung hatte man<br />

schon 97 Tote begraben.<br />

• In den beiden Hungerjahren 1770 und 1771 starben in<br />

Billiet allein 453 Personen.<br />

• Von den 252 Häusern standen 200 leer und mussten<br />

erst wieder mit neuen Kolonisten besetzt werden.<br />

• Bis 1771 sind 838 Personen verstorben.<br />

• Im Monat September 1770 mussten 54 Tote, im<br />

Oktober 52 Tote und im November 45 Tote beerdigt<br />

werden.<br />

• Je 6 Todesfälle gab es am 21. September und am 2.<br />

Oktober 1770.<br />

Waren die sanitären Verhältnisse in dieser Zeit<br />

im ganzen Banat trostlos, so herrschten in dieser<br />

Hinsicht in Billiet derartige Zustände, <strong>das</strong>s<br />

die Bezeichnung „Grab der Deutschen“ mehr als<br />

gerechtfertigt erscheint. Das Sanitätswesen im<br />

Banat unterstand einem „Cameral, Provincial<br />

und Contagions Medikus“, der seinen Sitz in<br />

Temeswar hatte. Ihm war für jeden Distrikt ein<br />

Distrikts-Chirurgus unterstellt, welcher wieder<br />

eine Anzahl von Feldscherern unter sich hatte,<br />

die anlässlich der Ansiedlung der Ortschaften<br />

eingestellt wurden.<br />

In Billiet nahm der erste Feldscher Josef Anton<br />

Gerben am 6. Juni 1766 seine Dienste auf. Diese<br />

Feldscherer waren von Militärärzten während<br />

des Krieges in Spitälern ausgebildete Heilgehilfen,<br />

oft Friseure, deren Wissen sich meist<br />

auf Zahnziehen, Aderlasse, Schröpfen, Verbinden<br />

und sonstige Ersthilfe erstreckte. Manchmal<br />

verstanden sie auch die Wundbehandlung<br />

und wurden daher auch Wundarzt genannt.<br />

in zwey Dörffem ein Chirurcus in jedem deren<br />

aber ein Pfarrer und ein Schulmeister angestellet<br />

werden ... wurde am 1. August 1766 der<br />

Medicus Johann Joachim Groß als Arzt nach<br />

Billiet beordert. Zu diesem Zeitpunkt lagen dort<br />

schon so viele Menschen krank in ihren Betten,<br />

<strong>das</strong>s es höchste Zeit war, diesen einen Arzt zur<br />

Verfügung zu stellen.<br />

Als die Anzahl der kranken Kolonisten in Billiet<br />

von Tag zu Tag größer wurde, holte sich Doktor<br />

Groß mit der Zustimmung des Verw<strong>alte</strong>rs Knoll<br />

den Csakowaer Distriktsarzt Leber nach Billiet<br />

und errichtete mit ihm gemeinsam in der Schule<br />

in der Altgasse ein provisorisches Spital. Ende<br />

1766 gab es bereits 400 Kranke im Dorf, so <strong>das</strong>s<br />

<strong>das</strong> Spital zu klein war und in jeder Gasse einige<br />

Kolonistenhäuser für die Kranken eingerichtet<br />

werden mussten. Dies war mit ein Grund, warum<br />

die Kranken sich weigerten, sich beim Feldscherer<br />

Gerbel krank zu melden, um nicht in so<br />

ein „Sterbehaus“ eingeliefert zu werden.<br />

3<br />

Abbildungen<br />

1 Geschmiedete<br />

Kreuze auf<br />

dem Sauerländer<br />

Friedhof<br />

2 Siedlerhaus,<br />

Aquarell von<br />

Stefan Jäger<br />

3 Innenseite des<br />

Grundbuches<br />

Ganze Familien wurden ausgelöscht. Die leerstehenden<br />

Häuser wurden jedoch stetig von Neusiedlern<br />

belegt.<br />

Auf Grund der von der Kaiserin am 22. Juni<br />

1766 getroffenen Verfügung ... damit jedesmal<br />

(Quelle: „<strong>Billed</strong>-Chronik 1765-1978“ von Franz<br />

Klein)


Arbeit als Lebensinhalt<br />

Die erste Furche, Aquarell von Stefan Jäger<br />

Weizenbrot<br />

ist <strong>das</strong> Hauptnahrungsmittel der Banater Schwaben. Der Weizenbau<br />

nimmt mehr als 40% des Ackerlandes ein und die Weizenernte (Schnitt)<br />

bildet den Höhepunkt des Landwirtschaftsjahres. Nachdem die Halme<br />

geschnitten und in Garben gebunden sind, werden sie zu sogenannten<br />

Kreuzhaufen zusammengetragen. Das Garbenbinden ist zumeist der Frau<br />

überlassen, man nennt sie „Kleckerin“.<br />

Abbildungen<br />

1 Die erste Furche, Aquarell von Stefan Jäger<br />

2 Heimkehr vom Felde, Malerei von Stefan Jäger<br />

3 Flurbild mit dem schwäbischen Pferdewagen, Malerei von Stefan Jäger<br />

4 Im Schnitt, Ölgemälde von Stefan Jäger<br />

5 Beladen des Erntewagens, Malerei von Stefan Jäger<br />

6 Stefan Jäger (1877-1962) hat wie kein anderer Künstler die Banater Heidelandschaft<br />

und seine schwäbischen Landsleute in ihrer Lebens- und Arbeitswelt<br />

für die Nachwelt festgeh<strong>alte</strong>n.<br />

7 Die Mutter von Stefan Jäger, geborene Magdalena Schuller (1856-1927),<br />

stammt aus <strong>Billed</strong>, Hausnummer 317 (seit 1927 Nr. 667) in der Neugasse.<br />

1 2 3<br />

4<br />

5<br />

Schnitt (Weizenernte)<br />

Im Dämmerschein vor Sonnenaufgang schon rasselten<br />

die ersten Wagen fort, in allen Höfen herrschte Leben<br />

und Bewegung, man molk die Kühe im Dunkeln und<br />

trieb sie mit den Kälbern und Füllen und Schweinen<br />

auf die Gasse hinaus, denn auf die H<strong>alte</strong>r warten konnte<br />

man nicht, die mochten sich <strong>das</strong> Vieh für die Weide<br />

zusammenlesen.<br />

An allen Straßenkreuzungen warteten Schnittergruppen<br />

auf die Wagen der Bauern, und manch ein junges<br />

Blut, <strong>das</strong> in Taglohn ging, hockte da verschlafen auf einem<br />

Eckstein und tunkte mit dem Kopfe, bis es angerufen<br />

und aufgeladen wurde.<br />

Auch bei den Häusern der Handwerker, die zu selbständigen<br />

Schnittern geworden waren, fuhren Wagen vor,<br />

niemand brauchte zu Fuß zu gehen, es wäre zu schade<br />

gewesen um die Zeit. Kein Rad, <strong>das</strong> noch lief, kein Gaul,<br />

der noch aufrecht ging, blieb ungenützt im Dorfe, und<br />

die H<strong>alte</strong>r brachten während der Erntezeit nur Füllen<br />

auf die Weide.<br />

Leer war <strong>das</strong> weite Dorf, wenn die Glocke den Tag einläutete,<br />

und sie rief später auch vergeblich zur Messe,<br />

nur Greisinnen kamen zur Kirche. Wer nicht mehr<br />

schaffen konnte, betete für eine gute Erntezeit.<br />

Adam Müller-Guttenbrunn (1852–1923):<br />

„Meister Jakob und seine Kinder“<br />

6 7


Der Bauer in seinem Element<br />

1<br />

2<br />

Anbaupflanzen vor dem 2. Weltkrieg:<br />

40% Weizen<br />

33% Mais<br />

18% Futterpflanzen<br />

6% Industriepflanzen<br />

3% Gemüse und Wein<br />

Gerste, Hafer und Roggen wurden nur in geringen Mengen, dagegen<br />

wurden Kartoffeln vermehrt angebaut. Gemüse und Melonen<br />

gab es im eigenen Hausgarten für den eigenen Bedarf. Die Obstbäume<br />

standen ebenfalls im Garten, Kleegarten oder Weingarten.<br />

3 4 5<br />

6<br />

Die letzte Saisonarbeit war die Maisernte<br />

(Kukuruzbrechen). Zu dieser Arbeit kamen Aushilfskräfte aus<br />

anderen Ortschaften.<br />

Der Mais wurde zum Trocknen im sogenannten „Hambar“ gelagert<br />

und diente ausschließlich als Viehfutter.<br />

Die zarten, weißen Kukuruzlieschen füllten die Strohsäcke in<br />

den Betten und <strong>das</strong> Maislaub schmeckte den Kühen und Schafen.<br />

Der übriggebliebene Stengel eignete sich zuletzt hervorragend<br />

zum Brotbacken und Heizen.<br />

7<br />

Abbildungen<br />

1 Beim Pflügen mit 4 Pferden<br />

2 Im Schnitt, Foto von Hans Retzlaff<br />

3 Schweine und Rinder auf der Tenne<br />

4 Landwirtschaftlicher Maschinenpark auf der Tenne<br />

5 Maisernte mit dem langen Pferdewagen<br />

6 Lagerung der Maisernte auf dem für die Region typischen „Hambar“<br />

7 Hintergrundfoto „Pflüg mir den Boden“ von Helmut Schneider. Durch<br />

den Schwarzerdeboden und den relativ niedrigen Grundwasserspiegel<br />

sind die Felder auf der Banater Heide besonders fruchtbar.


Im „Schnitt“ Brot für ein ganzes Jahr<br />

1<br />

6<br />

Abbildungen<br />

1 Aufbruch in die 2. Halbzeit: Eine Schnittermannschaft, deren Weizenfeld sich nicht<br />

weit vom Dorf befindet, war in den heißen Mittagsstunden zum Essen und Erfrischen<br />

zu Hause. Die erste Halbzeit hatte schon im Morgengrauen begonnen.<br />

2 Typische Schnittermannschaft in der Zwischenkriegszeit<br />

3 Einfahren der Ernte mit dem langen Pferdewagen <strong>durch</strong> den Hof auf die Tenne der<br />

Bauernwirtschaft von Jakob Muttar<br />

4 Aufschobern der Garben auf der Tenne<br />

5 Dreschmaschine der Familie Schwarz 1934<br />

6 Hintergrundfoto: eine Schnittermannschaft vor der Mittagspause. Die beiden liegenden<br />

Frauen haben aus dem Dorf <strong>das</strong> Mittagessen gebracht. Schnitterarbeit ist auch<br />

„Teamwork“, häufig haben sich die Angehörigen von 2 Bauernwirtschaften mit ihren<br />

Zugtieren und Gerätschaften zusammengetan.<br />

169 Mähbinder zählt man in <strong>Billed</strong> 1944, die ersten Garbenbinder<br />

wurden in den 1920er Jahren eingeführt.<br />

Vier bis sechs Pferde wurden vor die Mähmaschine gespannt, um eine Fläche von acht<br />

Joch (4,6 ha), eine Tagesleistung, abzumachen. Der kleine Knecht führte die Pferde, die<br />

Magd oder der Tennmann trieb sie an und der Bauer achtete auf die Mähmaschine. Die<br />

übrigen Helfer stellten die gebundenen Garben auf Kreuzstöße reihenweise und geradlinig<br />

auf. Ein Kreuzstoß hatte in <strong>Billed</strong> 14 Garben. Die Getreideernte war eine zeitbegrenzte<br />

und harte Arbeit.<br />

2 3 4<br />

5<br />

14 Dreschmaschinen<br />

sind 1944 im Ort. Die Dampflokomobile kam selbständig als<br />

„Selbstwanderer“ mit dem Dreschkasten und Elevator in den Hof<br />

und dann auf die Tenne gefahren. Die sogenannte „Dreschpartie“<br />

bestand gewöhnlich aus 16-18 Mann, die nicht immer Ortsansässige<br />

waren. Dann gab es noch den Maschinisten und den Heizer.<br />

Das Ausdreschen der Getreidegarben dauerte je nach Größe der<br />

angebauten Fläche 1-2 Tage.


Mit dem Vieh Tür an Tür<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

Zug- und Arbeitstiere waren seit der Ansiedlung die Pferde. Der größte Stolz des schwäbischen<br />

Bauern waren seine 4-5 gepflegten Pferde.<br />

In einer Dorfmonographie aus dem Jahr 1860 ist folgender Großviehbestand vermerkt:<br />

• 944 Stück Pferde (1945 waren es 1039)<br />

• 1.512 Stück Hornvieh<br />

• 1.197 Schafe<br />

• 1.598 Schweine<br />

5<br />

6<br />

Die Bauern begannen sich allmählich von dem einseitigen Getreidebau abzuwenden, um sich<br />

verstärkt mit der Schweinemast zu beschäftigen. Die auf den Märkten in Wien, Prag, Brünn<br />

u.a. erzielten Preise für Mastschweine aus dem Banat waren so attraktiv, <strong>das</strong>s selbst Handwerker<br />

und Kleinhäusler sich nebenbei mit der Schweinemast beschäftigten.<br />

Ein mittlerer Bauernbetrieb verbraucht im Durchschnitt <strong>das</strong> Fleisch von 3 Schweinen. Ende<br />

November bis Ende Dezember wurden Schweine geschlachtet. Kleinere Familien wie Handwerker,<br />

Kleinhäusler, Lehrer usw. kamen auch mit weniger aus.<br />

Viehbestand auf einem mittleren Bauernhof<br />

4-5 Pferde<br />

2-3 Rinder<br />

5-20 Schweine<br />

6-10 Schafe<br />

20-30 Gänse<br />

80-100 Hühner und anderes Geflügel<br />

Seit 1927 gibt es eine Viehzuchtgenossenschaft genannt Hutungsgesellschaft. Gezüchtet wurden<br />

die Pferderassen Nonius, Gitran und Oldenburger, die Rinderrassen Simenthaler und<br />

Pinzgauer sowie Schweine der Rassen Yorkshire und Bergshire.<br />

Die Grundnahrungsmittel waren: Brot, Fleisch, Mehlspeisen, Gemüse, Schmalz und Milchprodukte.<br />

Aber auch Geflügel wie Hühner, Enten und Gänse waren auf dem Speiseplan.<br />

Die Schweineschlacht ist bis heute beliebt, denn in einer Zeit<br />

ohne Kühlschrank kannte man zahlreiche Fleischprodukte und Konservierungsverfahren, die<br />

es ermöglichten, ein ganzes Jahr hin<strong>durch</strong> die wichtigen tierischen Proteine abwechlungsreich<br />

zur Verfügung zu haben.<br />

Abbildungen<br />

1 Johann Muttar und Wilhelm Thöress auf ihren Arbeits- und Reitpferden in der Zwischenkriegszeit<br />

2 Mit dem langen Pferdewagen in der Kreuzgasse auf dem Nachhauseweg von Frühjahrsfeldarbeiten.<br />

Hinten werden 2 weitere Arbeitspferde mitgeführt.<br />

3 Die Familien Weber und Dumelle bei der Schweineschlacht 1935.<br />

4 Schlachtgesellschaft bei der Familie Schmidt<br />

5 Hühnerhof, Malerei von Stefan Jäger<br />

6 Kühe auf dem Heimweg <strong>durch</strong> <strong>das</strong> Dorf im Sommer 2009. Die Kuhhaltung auf der<br />

Weide hinter der ehemaligen Sauerländer Brücke gibt es bis heute.


Vom Bauer zum Landwirt, auf Augenhöhe mit dem Fortschritt<br />

3<br />

4<br />

1<br />

2<br />

Die Bauern schickten ihre Erbsöhne auf sogenannte „Ackerbauschulen“, wo sie<br />

als Landwirt ausgebildet wurden. <strong>Billed</strong>er auf dem Foto: Hans Hehn, Peter Rieder,<br />

Hans Slawik und unten, 3. v. rechts, Nikolaus Schmidt.<br />

Nikolaus Schmidt hätte den Hof, auf dem sich heute<br />

<strong>das</strong> Heimathaus befindet, übernehmen sollen. Durch den Krieg und seine Folgen<br />

wurde er Landwirt in Brasilien.<br />

Landwirtschaftsmaschinen, die 1944 eingesetzt wurden:<br />

200 Sämaschinen, 169 Mähmaschinen, 14 Dreschmaschinen,<br />

43 Grasmäher und<br />

56 Traktoren.<br />

Nachdem am Ende des 19. Jh. in <strong>Billed</strong> gleich zwei<br />

Großmühlen entstanden, verschwanden allmählich<br />

die 5 Rossmühlen sowie eine Wassermühle.<br />

Der Mühlengroßbetrieb der Gebrüder Steiner mit<br />

Schroterei wurde nicht nur als Lohnmühle betrieben,<br />

rund 50% ihrer Erzeugnisse gingen in den Export. In<br />

den dreißiger Jahren wurde noch eine Essigfabrik angeschlossen.<br />

Die Ballmann-Mühle, 1890 erbaut, wurde nach 1918<br />

mit neuen Walzstühlen und für den Antrieb mit einem<br />

Deutz-Dieselmotor ausgestattet, so<strong>das</strong>s sie zu den modernsten<br />

Mühlen des Banats zählte.<br />

5 6 7<br />

8<br />

9<br />

Abbildungen<br />

1 Absolventen der Ackerbauschule Voiteg 1939-1940<br />

2 Rossmühle am Dorfrand, Aquarell von Stefan Jäger<br />

3 Die Ballmann-Mühle, genannt nach ihrem letzten Besitzer Jakob Ballmann<br />

4 Mühlengroßbetrieb der Gebrüder Steiner<br />

5 Josef Hubert (305) 1924 mit seinem Motor-Ackerpflug Hannomag, mit dem man die Erde tiefpflügen<br />

konnte, um Weingärten anzulegen oder um bessere Ernten zu erzielen.<br />

6 Nikolaus Seibert mit einem der ersten Traktoren im Dorf, einem „Oil Pull“ mit Mähbinder im Jahr 1928<br />

7<br />

8<br />

Mit Motor-Technik vertraute Bäuerinnen. Magdalena Seibert aus der Kirchengasse auf NSU-Rad und<br />

Susanna Weber, geb. Glasz, aus der Hauptgasse, auf ihrem Leichtkraftrad „Wanderer SP1“.<br />

9 Franz Slavik beim Ackern Anfang der 40er Jahre. Mit 108 Joch (62 ha) Ackerfeld hatte er den größten<br />

Grundbesitz im Ort.


Spinnräder seit der Ansiedlung<br />

Der Hofkammerrat von Kempelen berichtet aus dem Banat in seiner Relation von 1768: „Der Verw<strong>alte</strong>r<br />

Knoll läßt sich sehr angelegen seyn, in seinen Colonien die Hanf- und Flachsspinnerey so viel<br />

möglich einzuführen, weswegen er auch hier zu Billied schon<br />

211 Spinnräder ausgetheilet hat.“<br />

Nach der Spinnarbeit kam <strong>das</strong> Material zu den Webern. Es gab in den Jahren 1920-1930 noch zwei<br />

Webstühle in <strong>Billed</strong>. Vom groben Material wurden Säcke gemacht, die in jedem Haushalt gebraucht<br />

wurden. Das Tuch aus dem feineren Material ist nach der Bleiche vielseitig verwendet worden. Der<br />

Seiler machte Zugstricke, Halftern, Tabakschnüre u. a. m. daraus.<br />

1924 wurde die <strong>Billed</strong>er Hanffabrik, die erste Hanffabrik im Banat,<br />

als eine Aktiengesellschaft der <strong>Billed</strong>er Bauern und der Schwäbischen Handels- und Gewerbebank<br />

gegründet.<br />

Viele Dorfbewohner fanden hier Arbeit, auch Arbeiter aus anderen Ortschaften kamen hierher, wo<br />

sie in fabrikseigenen Wohnungen untergebracht wurden. Ab 1937 wird hier auch elek trischer<br />

Strom erzeugt.<br />

1 2 3<br />

4<br />

Abbildungen<br />

1 Hanfspinnerei 1938 von Nachbarinnen<br />

2 Drei Generationen beim „Spenne und Klengle em offene Gang“ 1930, v.l.n.r. Peter und<br />

Barbara Keller, Maria, Jakob und Josef Breitenbach (491).<br />

3 Biled: Hanfindustrie, Auslegen von Hanfbündeln, Männer, Aufnahme des berühmten<br />

Bildjournalisten Willy Pragher am 15. Mai 1944. (Landesarchiv B-W, Abt. Staatsarchiv<br />

Freiburg, W 134 Nr. 037823a)<br />

4 Hilfskräfte beim „Rauswaschen“, jede sechste „Berte“ gehörte dem Rauswascher. Die<br />

Leute standen bis zu 7 Stunden im k<strong>alte</strong>n Wasser. Die Hanfröste nahm einen Teil des<br />

schlammreichen Jergrabens am Südostende des Dorfes ein.<br />

5 Nach der Trocknung auf der Wiese begann <strong>das</strong> Hanfbrechen. Es gab ein Gerät mit<br />

einer Zunge zum Vorbrechen, die „Quetsch“, und eines mit zwei Zungen zum Sauberbrechen.<br />

Danach war der Hanf fertig zum Hecheln und zur Weiterverarbeitung.<br />

6 Geschnittener Hanf im „Gebrannten Land“ 1983. Der Hanf wird am Boden liegend getrocknet,<br />

zu „Berten“ zusammengebunden und zum Rösten gebracht.<br />

7 Teil der Belegschaft in den 1970er Jahren, in 2 Schichten waren über hundert Arbeiter<br />

beschäftigt.<br />

8 Die <strong>Billed</strong>er Hanffabrik aus der Vogelperspektive 1993. Sie wurde 2013 abgerissen.<br />

6<br />

5<br />

7<br />

8


<strong>Billed</strong>er Tabak<br />

1 2 3 4<br />

<strong>Billed</strong> war eine der von der staatlichen Monopolgesellschaft<br />

ausgesuchten Ortschaften, in<br />

denen der Tabakanbau genehmigt wurde.<br />

„<strong>Billed</strong>er Tabak“ war ein Begriff, schon König<br />

Ferdinand I. hatte ihn bei seinem Besuch 1923<br />

„gekostet“. Die Tradition wurde auch in der Kollektivwirtschaft<br />

im Kommunismus fortgesetzt.<br />

Mitte März wurde mit den Mistbeeten begonnen,<br />

danach kam <strong>das</strong> Anpflanzen. In jeder Tabaksplantage<br />

wurde extra ein Brunnen gebohrt.<br />

Beim „Tuwackinreihe“ wurden die Tabakblätter<br />

nach dem Nähnadel- und Fadenprinzip eingereiht.<br />

So eine Schnur hatte eine Länge von<br />

ungefähr 3 -4 Metern. Die vollen Schnüre wurden<br />

im Hinterhof an ein entsprechendes Holzgerüst<br />

zum Trocknen aufgehängt und nachher<br />

bis zum Büscheln im Schuppen aufbewahrt.<br />

Die klebrige Arbeit war mit Geselligkeit verbunden<br />

und wurde oft auch zu Hause mit Familienunterstützung<br />

<strong>durch</strong>geführt.<br />

7<br />

Abbildungen<br />

1 Tabakbau in der Kollektivwirtschaft der Nachkriegszeit, Mitte März wurde mit den<br />

Mistbeeten (Kutsch machen) begonnen.<br />

2 Tabak-Anpflanzen auf den Feldern der Kollektivwirtschaft<br />

3 Ein Tabakbauer-Team beim Einreihen der Tabakblätter in den Trockenschuppen der<br />

Kollektivwirtschaft der 1960er Jahre<br />

4 Tabakbau bei der Landwirschaftlichen Versuchsstation von Ing. Angheluta. Im sogenannten<br />

„Kleinen Flur“ wurden unter anderen auch Tabaksorten gezüchtet. 8-10 <strong>Billed</strong>er<br />

fanden in dem Staatsbetrieb Beschäftigung.<br />

5 Einreihen der Tabakblätter zu Hause<br />

6 „Tuwakbischle“ in der LPG der 1960er Jahre. Im Spätherbst begann <strong>das</strong> Zusammenlegen.<br />

Jedes einzelne Blatt von jeder Sorte musste sorgfältig sortiert, aufeinandergelegt<br />

(25-30 Blätter) und an den Rippen mit Bast zusammengebunden werden.<br />

7 Hintergrundfoto: Tabakbauern beim Ernten auf den Feldern der Kollektivwirtschaft. Johann<br />

Keller aus den USA, 2ter von links, besucht seine <strong>Billed</strong>er Landsleute 1965 bei der<br />

Arbeit.<br />

5<br />

6


Handwerk mit goldenem Boden<br />

In der schwäbischen Siedlung hat die wirtschaftliche Entwicklung zu einer weitgehend selbständigen<br />

Gemeinschaft geführt. So sind mit dem Bau der Häuser und deren Einrichtung die ortsansässigen<br />

Handwerker beschäftigt. Von den Gebrauchsgegenständen im Haushalt bis zu den landwirtschaftlichen<br />

Geräten und Werkzeugen wird alles im Dorf hergestellt. Und <strong>das</strong> beinh<strong>alte</strong>t fast sämtliche Berufe.<br />

Im Jahr 1910 nehmen 62 Handwerkerfamilien 7 Prozent der Bevölkerung<br />

ein. Die Gewerbetreibenden sind in Zünften und später in Gewerbekorporationen organisiert,<br />

deren Statuten für Berufsanfänger Wanderjahre vorschreiben.<br />

Adam Müller-Guttenbrunn schreibt:<br />

„Nur wenige Handwerker, die als Gesellen in die Welt ziehen, h<strong>alte</strong>n es in der Fremde aus. Es treibt sie<br />

alle wieder zurück. Und wenn sie sich auch noch so fest vorgenommen hätten, nur zu Besuch in die Heimat<br />

zu kommen - sie bleiben; und wenn sie bei ihrer Heimkunft auch noch so fein und herrisch aussehen,<br />

sie verbauern wieder. So mächtig ist der Bauernstand und so geachtet, daß jeder Handwerker es für eine<br />

Ehre ansieht, ihm zu gleichen.“<br />

1<br />

2<br />

Abbildungen<br />

1 In der Zwischenkriegszeit werden zahlreiche Bauernhöfe umgebaut.<br />

2 Betriebslizenz der Bauunternehmung Johann Plennert 1929<br />

3 Baumeister Johann Plennert mit einer Helfermannschft beim Rohbau einer Villa<br />

4 Wirtschaftsgebäude der Familie Billinger (548) mit Aufzug. Auf 3 Ebenen können Maschinenpark, Viehställe, Getreide<br />

und Viehfutter untergebracht werden.<br />

5 Der erste 6-scharige Pflug, gefertigt in <strong>Billed</strong> von Schmiedemeister Adam Wagner. Im Bild Adam Wagner mit-<br />

Sohn, Geselle und Lehrbub im Sommer 1942.<br />

6 Josef Scholz mit Familie und Lehrling Hans Hehn in seiner Wagnerei 1930 (543). Im Bild Bestandteile eines typischen<br />

<strong>Billed</strong>er Pferdewagens, den es in den Ausführungen lang und kurz gab und der rot gestrichen war. Ein<br />

Bauer hatte 2-3 davon.<br />

7 Werbepostkarte der Reparaturwerkstätte von Johann Schwarz in den 1920er Jahren. Die Familien Schwarz besitzen<br />

zuletzt 6 Dreschmaschinen und waren telefonisch erreichbar.<br />

8 Vor dem Warenhaus der Familie Tenner als <strong>Billed</strong> zu Ungarn gehörte.<br />

9 Neugässer Kleinhäusler-Gaststätte von Jakob Hahn (Nr. 691) in den 1920er Jahren<br />

10 Mathias Muhl, auch Muhlspengler genannt, im Renten<strong>alte</strong>r 1965 bei der Fertigung einer Regenrinne im Hof<br />

seines Anwesens (128). Der damaligen kommunistischen Planwirtschaft ist es mit ihrer Warenproduktion nicht<br />

gelungen, die kleinen, selbständigen und daher politisch unerwünschten Handwerker brotlos zu machen. Handwerk<br />

hat goldenen Boden!<br />

7<br />

8<br />

3<br />

4<br />

5<br />

6<br />

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10


Ansichtskarten<br />

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7<br />

Abbildungen<br />

1 Das „Hotel zum Trompeter“ noch vor 1914, hier war auch <strong>das</strong> Kasino untergebracht. Es wurde 1833 von den<br />

Grundherren errichtet, die es nach 1848 an die Gemeinde verkauften. Das große Ein kehrgasthaus hieß im<br />

Volksmund „Groß-Wertshaus“. Nach 1945 wurde es Kulturheim.<br />

2 Die Kirchengasse in der Zeit der Donaumonarchie<br />

3 Post und Telegrafenamt in den 1920er Jahren<br />

4 Innenaufnahme der katholischen Kirche vor über 100 Jahren<br />

5 Das Gemeindehaus 1907, als <strong>Billed</strong> und <strong>das</strong> Banat zu Ungarn gehörten<br />

6 Die Hauptgasse (später Bahngasse) auf einer Postkarte aus dem Jahr 1912<br />

7 Am Bahnhof vor 100 Jahren.


Am Rande der Vaterländer<br />

4<br />

5<br />

1<br />

2<br />

Der Siedler - Gemälde des Banater Malers Franz Ferch (1900-1981) aus dem<br />

Jahr 1939 zur Geschichte der Deutschen im Banat.<br />

Mit seinen Arbeitspranken und einem unbändigen Willen hat der Siedler <strong>das</strong> unwirtliche Land urbar<br />

gemacht und pflanzt sich sozusagen seine neue Heimat.<br />

Donauschwaben nennt man deutsche Siedler im unteren Donauraum.<br />

Das Banat war Kronkolonie, die Kolonisten waren nur dem Kaiser untertan, von Anfang an<br />

bekamen sie eine Selbstverwaltung mit einem Gemeinderichter.<br />

Die innen- und außenpolitischen Interessen der Habsburgermonarchie hatten jedoch erhebliche<br />

Auswirkungen auf die weitere Geschichte und <strong>das</strong> Schicksal der Siedler. So wurde <strong>das</strong> Banat 1778<br />

an <strong>das</strong> Königreich Ungarn abgetreten und die Komitatsverwaltung eingeführt. 1800 bekam <strong>das</strong><br />

Dorf als Grundherrn <strong>das</strong> Agramer Bistum, <strong>das</strong> von nun an sowohl <strong>das</strong> Steuerrecht<br />

als auch die Gerichtsbarkeit ausüben durfte. Für die Verwaltung der Güter des Bistums im<br />

Banat wurde in <strong>Billed</strong> <strong>das</strong> „Kastell“ (Foto links) gebaut, zu dem auch der Gerichts- und Gefängnisbau<br />

und mehrere Wirtschaftsgebäude gehörten.<br />

In der Schlacht von Temeswar 1849 wurde <strong>das</strong> ungarische Revolu tions heer besiegt. Die Ideen von<br />

Freiheit, Gerechtigkeit und Gleichheit bewegten aber auch die Banater Schwaben zum Handeln. Am<br />

2. Oktober 1849 versammelten sich in <strong>Billed</strong> 128 Vertreter von 27 Banater Gemeinden und verfassten<br />

eine Bittschrift an den Kaiser. Sie wollten mit den übrigen Nationen gleichberechtigt<br />

sein, <strong>durch</strong> ein unmittelbares Oberhaupt nach dem Vorbild der Sachsengrafen. Die Petition<br />

blieb ohne Folgen.<br />

3<br />

Im November 1849 wurde <strong>das</strong> Kronland „Serbische Wojwodschaft und Temescher Banat“ gegründet,<br />

<strong>das</strong> direkt Wien unterstellt war. Amts-, Geschäfts- und Schulsprache wurden wieder deutsch.<br />

Aber nur für kurze Zeit. 1867 wurde <strong>das</strong> Banat erneut dem Königreich Ungarn zugeteilt.<br />

Die darauf folgende Magyarisierung (nationalistische Ungarns) hatte<br />

verheerende Folgen für die Identität der nationalen Minderheiten.<br />

Abbildungen<br />

1 Das „Herrschaftliche Kastell“, Sitz der Verw<strong>alte</strong>r des Agramer Bistums in <strong>Billed</strong><br />

2 Die „<strong>Billed</strong>er Herrschaft“ 1910 im Hof vor dem Kastelleingang mit „Paradekutscher“ Adam Zimmermann (1869-<br />

1925).<br />

3 Familie Thöresz 1910: v.l.n.r. Katharina 1894-1952, Josef, Josef jun. (1898-1963), Katharina (geb. Reiter; 1875-<br />

1941), Margaretha (1896-1976) in <strong>Billed</strong>er Tracht. In jener Zeit wurde in der Schule nur in ungarischer Sprache<br />

unterrichtet, obwohl die überwiegende Mehrheit der Kinder Deutsche waren. Der Staat wollte aus ihnen Ungarn<br />

machen.<br />

4 Nationalitäten in Österreich-Ungarn 1911, ein politisches Pulverfass, <strong>das</strong> den 1. Weltkrieg auslöste. Nach einer<br />

kurzen Besetzung <strong>durch</strong> die Serben, die bei ihrem Abzug ausgiebig plünderten, wurde <strong>das</strong> Banat <strong>durch</strong> den Friedensvertrag<br />

von Trianon geteilt, <strong>Billed</strong> kam mit dem größeren östlichen Teil zum Königreich Rumänien.<br />

5 Als die <strong>Billed</strong>er am 5. Juni 1924 <strong>das</strong> Kriegerdenkmal für die 124 Gefallenen des 1. Weltkrieges feierlich enthüllten,<br />

waren sie schon seit rund 5 Jahren rumänische Staatsbürger.


Deutsches Erwachen in Großrumänien<br />

1 2<br />

Es ist nicht beneidenswert, nationa le Minderheit zu sein, Probleme<br />

können nicht ausbleiben. Ist die Minorität numerisch groß, weckt sie im Staatsvolk Bedrohungsängste<br />

- eine kleine wird hingegen früher oder später total assimiliert.<br />

Herrscht in der Minderheit Wohlstand, löst <strong>das</strong> Neid aus, eine arme fällt der Staatskasse zur Last. Hatte<br />

eine Minderheit in der Vergangenheit ein schlechtes Verhältnis zum Staatsvolk, ist <strong>das</strong> Gift für Gegenwart<br />

und Zukunft.<br />

Der Wähler - Gemälde des Banater Malers Franz Ferch (1900-1981) aus dem<br />

Jahr 1934 zur Geschichte der Deutschen im Banat.<br />

Nach dem Wegfall der nationalen Unterdrückung <strong>durch</strong> den ungarischen Staat mahnt der Dichter<br />

Karl von Möller: „Organisiert euch! Tut es, ehe es zu spät ist! Verkennt nicht die Lage! Laßt euch<br />

nicht zu unseliger nationaler Trägheit bereden! Schüttet den Bann von euch ab! Stellt euer deutsches<br />

Gefühl allen sonstigen Interessen voraus!“<br />

Das 1918 entstandene „Groß-Rumänien“ besaß deutsche Volksgruppen (rund eine halbe Million) in<br />

allen Landesteilen, die sich zu mehreren Parteien zusammenschlossen. 1935 entstand die „Deutsche<br />

Volkspartei Rumäniens“ (DVR). 1937 wurden in <strong>Billed</strong> der letzte Parteitag der DVR abgeh<strong>alte</strong>n, es<br />

kamen 8.000 Personen. Ab 1939 übernahm Berlin die Kontrolle über eine einzige, gleichgesch<strong>alte</strong>te<br />

Volksgemeinschaft der Deutschen in Rumänien.<br />

Abbildungen<br />

3<br />

4<br />

1 Erntedankzug, Malerei von Stefan Jäger<br />

2 1937 wurde in <strong>Billed</strong> der letzte Parteitag der „Deutschen Volkspartei Rumäniens“ abgeh<strong>alte</strong>n, es kamen 8.000<br />

Personen. In <strong>Billed</strong> fand schon 1907 die Gründungsversammlung der früheren „Deutschen Volkspartei der ungarländischen<br />

Krone“ statt und man konnte sich auf die Gastfreundschaft und <strong>das</strong> Organisationsgeschick der<br />

Dorfbewohner verlassen.<br />

3 Die Banatia-Schule, nach jahrzehntelanger Magya risierung der deutschsprachigen Bevölkerung im Banat 1926<br />

in Temeswar eröffnet, wurde zur größten deutschen Bildungs- und Erziehungsstätte im Südosten Europas.<br />

4 Volksschulklassen der <strong>Billed</strong>er Jahrgänge 1920-1921 mit Lehrer Henz, die <strong>durch</strong> Körpersprache Selbstbewusstsein<br />

signalisieren. Sie werden nun in ihrer Muttersprache unterrichtet.<br />

5 Die gleichgesch<strong>alte</strong>te „Deutsche Jugend“ <strong>Billed</strong> im Tanzsaal des „Groß-Wertshaus“ 1939<br />

5


Unternehmen von gestern<br />

1 3 6<br />

2<br />

4<br />

7<br />

5<br />

Abbildungen<br />

1 Jakob Buding mit seiner Frau, den Kindern und Enkelkindern 1896. Die Vorfahren der Budings, einer der erfolgreichsten<br />

Banater Unternehmerfamilien, kamen aus Rieding bei Saarburg/Lothrin gen 1782 im 3. Schwabenzug<br />

(1782-1787).<br />

2 Werbeplakat vor über 100 Jahren auf Ungarisch, der damaligen Amtssprache, mit der Botschaft: Die Rebenveredlungsschule<br />

Buding liefert Setzlinge an die Völker entlang der unteren Donau.<br />

Adolf Buding hatte mit seinen Brüdern 500 Joch Feld bei <strong>Billed</strong> zu einem ansehnlichen Gut entwickelt: mit Ackerbau,<br />

Weinbau, Rebschule bzw. Rebenveredlungsschule, Weinkellerei, Obst- und Rosenveredelung, Imkerei.<br />

Viele Bewohner, in der Hochsaison Hunderte, der umliegenden Dörfer fanden auf dem Gut Arbeit, der Betrieb in<br />

<strong>Billed</strong> lieferte jährlich bis zu 500.000 Stück auf gegen Reblaus widerstandsfähige nordamerikanische Wildlinge<br />

veredelte europäische Reben von über 150 Wein- und Tafeltraubensorten ins In- und Ausland.<br />

3 Die Ziegelei wurde 1905 von Ignaz Tenner gegründet und 1936 von Anton Sehi von Grund auf modernisiert und<br />

erwies sich in der Folge, dank der regen Bautätigkeit, die im Banat herrschte, als recht ertragreich. Viele Männer<br />

und Frauen fanden hier Arbeit, in der Sommersaison waren hier auch auswärtige Arbeitskräfte beschäftigt.<br />

4 Wirtschaftsgebäude der Kollektivgenossenschaft, Kolchos genannt, gebaut in den 1960er Jahren. Viele der aus<br />

der Kriegsgefangenschaft und aus den sowjetischen Arbeitslagern heimgekehrte Frauen und Männer sowie die<br />

inzwischen herangewachsenen Jugendlichen fanden hier einen Arbeitsplatz.<br />

5 1924 wurde die <strong>Billed</strong>er Hanffabrik, die erste im Banat, vom Schwäbischen Landwirtschaftsverein als eine Aktiengesellschaft<br />

der <strong>Billed</strong>er Bauern und der Schwäbischen Handels- und Gewerbebank gegründet.<br />

6 Das Sägewerk wurde am sogenannten Bahnspitz im Jahre 1922 von Johann Klein & Comp (Gergen) errichtet.<br />

Es wurde 1929-30 mit eigenem Bahngleisanschluss und modernen Maschinen der Sägeindustrie ausgestattet.<br />

1931 wurde es von den Brüdern Roman aufgekauft und beschäftigte 40 Arbeiter. Foto: Die Brüder Roman (2.<br />

Reihe Mitte) mit den Arbeitern des Sägewerks 1936.<br />

7 Vor dem Warenhaus der Familie Tenner. Postkarte von 1915 aus der Zeit der Donaumonarchie.


Vom Ökohaus zum Barockgiebel<br />

1<br />

2<br />

Die Siedlerhäuser waren alle gleich. Baumaterialien waren Lehm, Rohr und Holz aus der Umgebung.<br />

Heute würde man die Bauweise als „ökologisch“ bezeichnen. Die Siedlerhäuser bekamen<br />

zunächst ein zusätzliches Fenster, einen Hauseingang von der Gasse sowie einen vorge-<br />

3<br />

4<br />

5<br />

mauerten Rundgiebel, der später spitz wurde, mit barocken Verzierungen.<br />

Die meisten Bauernhäuser hatten klare Proportionen: Im Giebelfeld stand die Jahreszahl der Fertigstellung<br />

und der Name der Bauherren. Der Wohlstand zwischen den beiden Weltkriegen verlockte<br />

jedoch zum Neubau. Die Fassade, wie kein zweites architektonisches Element am ganzen<br />

Haus, widerspiegelt nun viel prägnanter die Gesinnung und gesellschaftliche Stellung seines Erbauers<br />

und auch seines Bauherrn. Neue Häuser wurden oft quer und häufig als Villen gebaut. Es<br />

ergab sich ein Nebeneinander von verschiedenen Häusertypen.<br />

6<br />

6<br />

Abbildungen<br />

1 Zeichnungen von Kolonistenhäusern im Wiener Hofkammerarchiv, wie sie in der theresianischen Zeit im Banat<br />

errichtet wurden.<br />

2 Das älteste Haus, „Die Burg“ in der Altgasse (538), aufgenommen im September 1964. Hier wohnte der erste<br />

Dorfschulze, Caspar Hann aus Altrich, Kreis Wittlich.<br />

3 Kolonistenhaus in einer Malerei von Franz Ferch<br />

4 Haus der Familie Lenhardt (438)<br />

5 Aufnahme von <strong>Billed</strong> aus dem Jahr 1993. Da in der kommunistischen Zeit im <strong>alte</strong>n Dorfkern kaum gebaut wurde,<br />

entspricht die Aufnahme in etwa dem Stand aus dem Jahr 1940. Ursprünglich gab es je 6 Siedlerhäuser auf 2<br />

gegenüberliegenden Seiten der Quadrate.<br />

6 Das banatschwäbische Dorf in Aquarellen von Stefan Jäger<br />

7 Die Eheleute Peter und Maria Thöress (312) vor ihrem Haus mit ihren Söhnen in den 1930er Jahren<br />

8 Großer Fototermin bei der Familie Slavik in der Altgasse (459) vor ihrer 1934 neu gebauten Villa<br />

9 Bauernhäuser in der Hauptgasse in den 1970er Jahren<br />

7 8 9


Kleider machen Leute<br />

1<br />

2<br />

3 4 5<br />

6<br />

Die Gebräuche, betreffend Glauben und Volkstum, wurden von den Kolonisten aus der Urheimat<br />

von Rhein, Mosel, Saar, Sauer usw. mit in ihre neue Heimat gebracht und stets gehegt und gepflegt.<br />

Die Siedler trugen die Kleidung ihrer Zeit und die ihres jeweiligen Heimatlandes. Es entwickelte<br />

sich ein einheitlicher Kleidertyp, der den Donauschwaben inmitten der Ethnien ein unverwechselbares<br />

Erkennungsmerkmal verlieh, während verschiedene Details für Regionen und Orte charakteristisch<br />

waren, wie z. B. auch für die <strong>Billed</strong>er Dorftracht.<br />

Aufwendig sind die Mädchen- und Frauen trachten. Es sind weiße, fein plissierte Oberröcke, darunter<br />

3 gestärkte Leinenunterröcke mit Spitzen, darüber eine schwarze Schürze mit Spitzen, oben<br />

eine weiße Bluse und ein schwarzes Leibchen. Den Blickfang bildet <strong>das</strong> „Anhaltstuch“ oder Schultertuch<br />

aus Seide. Typisch für die Haartracht der <strong>Billed</strong>er Frauen war ein fest geflochtener Zopf,<br />

der vom Hinterhaupt gef<strong>alte</strong>t über den Kopf bis zur Stirnhaargrenze gelegt mit einem Zierkamm<br />

befestigt wird.<br />

In einem monografischen Dokument von 1860 heißt es: „...eine enge Stiefelhose und ein Janker<br />

mit Schnüren verziert, von blauen oder schwarzen Tuch, hohe Stiefel und ein runder schwarzer<br />

Hut von Filz. Im Sommer an Werkettagen werden blos Hemd und Gattien getragen und im Winter<br />

bei sehr strenger Kälte wird ein Schafbunda umgehängt. Dies ist die Tracht der Männer.<br />

Die Weiber und Mädchen entf<strong>alte</strong>n in ihrer Kleidung einen gewissen Luxus an Sonn- und Feiertagen<br />

und bei feierlichen Gelegenheiten. Die an Werktagen getragenen Kopftücher, Spenzer und<br />

Röcke aus Zeug werden mit seidenen vertauscht. Der Unterschied in der Kleidung zwischen den<br />

verheiratheten und ledigen weiblichen Geschlechts besteht blos darin, daß die letzteren kein Kopftuch<br />

tragen und zu ihrer Kleidung grellere Farben wählen.“<br />

7 8<br />

Abbildungen<br />

1 Kindtaufe, Malerei von Stefan Jäger<br />

9<br />

2 Helene Szlavik (243) mit 17 in <strong>Billed</strong>er Festtagstracht, handkolorierte Fotografie im Jahr 1928<br />

3 Die Familie Gängler in Sonntagstracht im Jahr 1907<br />

4 Die Bauernfamilie Muttar 1903: Anna Muttar (geb. Glasz, 1875-1907. ), Jakob Muttar (1900-1991), Susanna Muttar<br />

(1896-1983) und Jakob Muttar (1869-1939)<br />

5 Die Bauernfamilie Muttar 1927: Elisabeth Muttar (geb. Krogloth 1894-1974), Elisabetha (1927-1982), Adam Muttar<br />

(1924-1948) und Jakob Muttar (1900-1991)<br />

6 Hochzeitsgesellschaft Anfang der 1920er Jahre. Die verheirateten Frauen, links, tragen Kopftücher und Tracht,<br />

ihre Kinder schon modische Kleider. Die unverheirateten Mädchen, rechts, werden in einigen Jahren auch zur<br />

modischen Kleiderordnung übergehen.<br />

7 Der Kirchenchor, „Singmädchen“ genannt, 1930 mit Lehrer Henz. In den 1930er Jahren kleiden die Jugendlichen<br />

sich modisch. Im Alter werden sie die dunklen Trachten ihrer Groß eltern tragen.<br />

8 Unverheiratete Mädchen, auch „große Mädchen“genannt, 1936 in modischer Kleidung: v.l. Barbara Reichel, Maria<br />

Plennert, Barbara Neumann, Maria Schortje, Elisabeth Bojar und Maria Klein.<br />

9 Foto von Johann Keller aus den USA anlässlich seines <strong>Billed</strong>besuches 1963 mit seinen Verwandten und ehemaligen<br />

Nachbarn. Die Frauen tragen die dunklen Kleider der Trauer.


Fotos<br />

1<br />

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5<br />

2 3<br />

Abbildungen<br />

1 Das bäuerliche Ehepaar Friedrich (1876-1962) und Anna (geb. Uitz 1883-1962) Gilde<br />

2 Mathias Hirsch, geboren 1883, mit seinen Eltern Mathias und Margarethe Hirsch und seiner Schwester Susanne.<br />

Mathias Hirsch war mit Kapellmeister Schilzonys Kapellen 1893 und 1899-1901 als Musiker auf Amerika-<br />

Tournee. Er wurde Berufsmusiker und blieb für immer in den USA.<br />

3 Die Eheleute Johann und Katharina Lahni (459) in <strong>Billed</strong>er Dorftracht vor über 100 Jahren<br />

4 <strong>Billed</strong>er Intellektuelle in den 1930er Jahren auf dem Tennisplatz vor dem Bahnhof<br />

5 Slavik Maria, geb. 1899 im Jahr 1917.


Die Kirchweih vom Rhein<br />

1<br />

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3<br />

4<br />

5<br />

6<br />

Ein monografisches Dokument aus dem Jahr 1860 vermerkt: „Unter den Vergnügungen stand <strong>das</strong><br />

Fest der Kirchweihe, eine Erinnerung an den Tag, wo die Kirche eingeweiht wurde, nemlich der<br />

Sonntag nach dem Tage des Hl. Michael oben an ...<br />

Den Tag vor der Kirchweihe am Samstage wurde ein Umzug mit Musik geh<strong>alte</strong>n, wo ein jeder Bursche<br />

von einem Mädchen ein Band und ein Strauß auf den Hut geheftet wurde, welcher dann der<br />

erwählte Tänzer derselben war.<br />

Den anderen Tag wurde vor der Kirche ein hoher Maibaum aufgestellt, an dessen Spitze ein Hut<br />

und ein Tuch befestiget waren. Diese beiden Gegenstände wurden nach der nachmittägigen Vesper<br />

verlizitirt, wo eine große Summe von Nummern gezogen wurden.<br />

Auch der Vorstrauß wurde zu dieser Zeit verlizitirt, wo oft sehr hohe Beträge gebothen wurden,<br />

und der höchstbiethende der Glückliche war, die drei Tage des Kirchweihfestes der Vortänzer zu<br />

sein. Alle diese Licitationen hatten keinen anderen Zweck und Bedeutung, als soviel als möglich<br />

Geld zur Bestreitung der Kosten aufzutreiben. Es wurde im Hofe eines Hauses ein großes Zelt aufgestellt,<br />

wo getanzt wurde.<br />

Durch volle drei Tage, und in <strong>alte</strong>n Zeiten noch mehr, wurden Umzüge<br />

mit Musik geh<strong>alte</strong>n, gejubelt, getanzt, gegessen und getrunken. ...“<br />

Abbildungen<br />

1 Das älteste bekannte Kirchweihbild aus dem Jahr 1903<br />

2 Gruppenbild mit den „Alten Musikanten“ bei der Vortänzerin Anfang der 30er Jahren. Es war üblich, <strong>das</strong>s jeweils<br />

3 Paare beim Festessen zusammen speisten, bevor es wieder zum Festgeschehen ging.<br />

3 Zweites Kirchweihfest in der Nachkriegszeit 1957 im „Steffi-Kino“ in modischer Kleidung. Erst in den 70er Jahren<br />

wurden wieder Trachten getragen.<br />

4 Kirchweihumzug 1977<br />

5 Gruppenbild der Kirchweihgesellschaft in den 1980er Jahren<br />

7<br />

6 Kirchweihumzug in der Hauptgasse in den 1980er Jahren<br />

7 Kirchweih in den 1980er Jahren: Festgottesdienst, Umzug, Einmarsch im Kulturheim.


Schwabenball im Winter<br />

Nach der totalitären, stalinistischen Herrschaft in Rumänien in den 40er und 50er Jahren folgte<br />

eine politisch und kulturell relativ liberale Entspannungsperiode, die als Tauwetter bezeichnet wird.<br />

Politisch war nun die Folklore der mitwohnenden Nationalitäten erwünscht. So<br />

kamen auch in <strong>Billed</strong> 1970-1972 Trachtenbälle in Anlehnung an die Schwabenbälle der 1930er<br />

Jahre zustande.<br />

In den späteren 1970er Jahren setzte sich jedoch die nationalkommunistische, neostalinistische<br />

Diktatur Nicolae Ceaușescus <strong>durch</strong>.<br />

1<br />

2 3<br />

6<br />

4<br />

5<br />

Abbildungen<br />

1 Trachtenumzug bei Neuschnee 1970 mit insgesamt 53 Trachtenpaaren in der Hauptgasse am Gemeindehaus.<br />

2 Trachtenumzug 1971 mit 48 Trachtenpaaren <strong>durch</strong> die <strong>Billed</strong>er Hauptgasse. Nikolaus und Katharina Thöress mit<br />

Kirchweihstrauß an der Spitze.<br />

3 Schwabenball 1972 der erwachsenen Männer und Frauen mit insgesamt 30 Trachtenpaaren im Hof des Kulturheimes.<br />

Im Bild die Rückenansicht der dunklen <strong>Billed</strong>er Frauentracht aus der Zeit vor etwa 100 Jahren, Schurak<br />

genannt, inmitten von bunten Kirchweihtrachten.<br />

4 Gruppenbild der Frauen beim Schwabenball 1971 mit 48 Trachtenpaaren<br />

5 Gruppenbild der Männer beim Schwabenball 1971 im Hof des Kulturheimes<br />

6 Schwabenball der Bauern 1935 im „Groß-Wertshaus“. Veranstaltugen und Feste wurden bis Ende der 30er Jahre<br />

nach sozialer Schichtung in unterschiedlichen Gasthäusern abgeh<strong>alte</strong>n.


Saure Wochen, frohe Feste<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

„Es ging ein Aufatmen <strong>durch</strong> die dreitausendköpfige Gemeinde vor dem Schnitt. Alle Frühsommerarbeit<br />

war getan, die Kartoffeln und der Kukuruz waren gehäufelt, die Weingärten aufgebunden,<br />

die Brache gepflügt. Man schnaufte aus und konnte Kräfte sammeln für die größte Arbeit des<br />

Jahres, die freudigste und schwerste zugleich. Aber die Jugend bedurfte dessen nicht, sie wollte<br />

den Sonntag vor Peter und Paul freihaben für ein Tänzchen im<br />

5<br />

6<br />

Großen Wirtshaus...“<br />

aus Adam Müller-Guttenbrunn: Meister Jakob und seine Kinder.<br />

Abbildungen<br />

1 Sonntagsausgang, Malerei von Stefan Jäger<br />

2 Eröffnung der Gaststätte von Emmerich Vastag „Zum grünen Kranz“ ca. 1935. Im Vordergrund Kapellmeister<br />

Peter Gutekunst mit seiner Knabenkapelle. In der Gaststätte trafen sich die kleinen Leute, die Bauern feierten<br />

meistens im „Groß Wertshaus“.<br />

3 Franz Slavik (mit Weinflasche) mit Ehegattin Maria (mit Kuchen teller) und Sohn Franz (unter den Kindern in der<br />

Mitte) besuchen mit ihrem CITROEN B2 seine Eltern, rechts im Bild, in der Viertgasse (113). Mit dabei sind Verwandte<br />

und Nachbarn. Auf dem Schild vor den Kindern steht „Prosit auf Amerika“. Das Foto ist ein Gruß an nahestehende<br />

Landsleute, die damals in großer Anzahl eine Amerikareise auf sich genommen hatten, um sich mit<br />

dem dort verdienten Geld in der Heimat eine nachhaltige Existenz aufzubauen.<br />

4 Faschingsgesellschaft der Neugässer und Altgässer 1936. Die Veranstaltung nannte man „Letscht Fasching“. Es<br />

wurde sonntags, montags und dienstags von mittags bis zum frühen Morgen getanzt.<br />

5 Zusammenkunft befreundeter <strong>Billed</strong>er vor dem Kastell der Familie Petö 1928 anlässlich eines Schwabenballs im<br />

„Groß-Wertshaus“.<br />

6 Auf dem Weg zur kirchlichen Trauung bei der Hochzeitsfeier von Franz Slavik und Maria Lahni im Sommer 1930<br />

im Hof der Braut (459). Braut und Bräutigam werden von nahen Verwandten zum Altar geführt.<br />

7 „Eckenball“ (Nachbarschaftsball) im Winter 1933 in der „Vertgass“ (Viertgasse) beim Tischlermeister Andreas<br />

Klein (165). Den Vorstrauß ersteigerten Anna und Jakob Hubert, sie sind zu Besuch aus den USA.<br />

7


Freizeit und Geselligkeit in der Gemeinschaft<br />

1 2<br />

18 Vereine<br />

in der Zwischenkriegszeit<br />

• Leichenbestattungsverein<br />

• Bauernverein<br />

• Leseverein<br />

• Sängerbund<br />

• Männergesangsverein<br />

• Deutsch-Katholischer Ju gendverein und<br />

Mädchenkranz<br />

• Freiwillige Feuerwehr<br />

• Gewerbeverein<br />

• Gewerbekorperation<br />

• Kriegerverein<br />

• Bürgerklub<br />

• Katholisch-Deutscher Frauenverein<br />

• Banater-Deutscher Frauenverein<br />

• Gesellenverein<br />

• Jägerverein<br />

• Sportverein<br />

• Reiterverein<br />

• Deutscher Jugendbund Rumäniens<br />

Abbildungen<br />

1 „Kartenpartie“, Aquarell von Stefan Jäger. Eine der ältesten<br />

Geselligkeiten seit der Ansiedlung kann die sonntägliche,<br />

nachbarschaftliche Kartenpar tie gewesen sein. Es gibt sie<br />

noch heute im Forum (Heimathaus) der <strong>Billed</strong>er Deutschen.<br />

2 Aufnahme ca. 1935. 107 Frauen des „Katholisch Deutschen<br />

Frauenvereines“. Noch nie zuvor und auch nicht nachher<br />

wurde im Dorf ein Bild mit so vielen Frauen gemacht. Vorne<br />

Mitte: Kaplan J. Wild und Lehrerin Frau Szimits Elisabeth,<br />

die Tochter des Banater Dichters Johann Szimits, den man<br />

„Lerche der Banater Heide“ genannt hat.<br />

3 Schleifenweihe für die Vereinsfahne des <strong>Billed</strong>er Sängerbundes<br />

vor dem Haus von Johann Braun 1902, <strong>das</strong> älteste<br />

bekannte Foto aus dem Vereinsleben.<br />

4 Der Männergesangsverein mit der Vereinsfahne 1904<br />

5 Gruppenbild nach dem Gesellenball 1937 der Handels- und<br />

Gewerbegehilfen mit den „Kleinen Musikanten“ im Hof der<br />

Familie Klein (234).<br />

6 Nachbarschaftstreff der Kinder und Alten auf der Sauerländer<br />

Hutweide vor dem Haus Nr. 8 in den 1930er Jahren.<br />

7 Die Zuschauer beim „Fetzeballe“-Spiel im Jahr 1934 zwischen<br />

„Altgass“ und „Zwetgass“.<br />

3 6<br />

4 5 7


Mit Blaskapelle vor allerhöchster Stelle. <strong>Billed</strong>er Ländler in Amerika<br />

1<br />

2 3<br />

4 5<br />

Lambert Steiner, 1837 in <strong>Billed</strong> geboren, Musiker, Komponist und Kapellmeister,<br />

gründete zahlreiche Blaskapellen, vor allem Knabenkapellen, in mehreren banatschwäbischen<br />

Gemeinden. Tourneen und Konzerte: 1873 Deutschland, Russland und USA, 1876 Schweden, 1877 spielte<br />

er in Bad Ems vor dem deutschen Kaiser Wilhelm I, 1879 Ständchen für Kaiser Franz Josef I, 1880-<br />

1890 Sommergastspiele in London, 1903 Konzertreise nach Südafrika u.a.<br />

Als erster Kapellmeister der Welt konzertierte er mit seinen Knabenkapellen auf drei Kontinenten, was<br />

ihm einen Eintrag in <strong>das</strong> Guinness-Buch der Rekorde einbrachte.<br />

Michael Nussbaum 1866 in <strong>Billed</strong> geboren, war als Kapellmeister von<br />

Knabenkapellen 3 Mal auf Amerikatournee. Durch Agenturen wurden sie in Husarenuniformen als Magyaren<br />

vermarktet. Vor allem Handwerker- und Kleinhäuslerfamilien aus der Neugasse lassen ihre Kinder<br />

ein Musikinstrument lernen, damit die sich später ein Zubrot verdienen können.<br />

Nikolaus Schilzonyi, 1872 in <strong>Billed</strong> geboren, muss sehr begabt gewesen<br />

sein. Über ihn schreibt die San Francisco Call am 17. Oktober 1897, <strong>das</strong>s er schon im Alter von 10 Jahren<br />

in <strong>Billed</strong> eine Kapelle dirigierte, mit 13 Jahren eine Militärkapelle leitete und von Kaiser Franz Josef gelobt<br />

worden sei.<br />

Steiners Vater war Schuster und Messner in <strong>Billed</strong>, Schilzonyi und Nussbaum waren Kinder von Kleinhäuslern<br />

(Kleinhäusler sind Landarbeiter ohne Ackerboden, die sich diesen daher von Bauern pachten).<br />

10<br />

7 8<br />

6<br />

9<br />

Abbildungen<br />

1 Lambert Steiner mit einer Knabenkapelle auf Tournee in Schweden<br />

2 Michael Nussbaum, Bildmitte, 1866 in <strong>Billed</strong> geboren, als Kapellmeister einer Knabenkapelle in Husarenuniform<br />

1893-1896 auf Amerikatournee. Hinten in der Mitte Nikolaus Schilzonyi, der später mit einer eigenen Knabenkapelle<br />

auf Tournee gehen wird.<br />

3 Kapellmeister Nikolaus Schilzonyi mit einer Knabenkapelle im Banat<br />

4 Tournee-Termine der Knabenkapelle unter Lambert Steiner in den USA im „New York Dramatic Mirror“ vom 14<br />

November 1891.<br />

5 Lambert Steiner mit einer Knabenkapelle auf Südafrika-Tournee 1903. Die Australientournee wurde abgebrochen,<br />

da die Eltern ihre Kinder zurück wollten.<br />

6 Lambert Steiner in der Bildmitte im Alter von 71 Jahren mit einer Knabenkapelle in London 1906.<br />

7 Repertoire der Knabenkapelle unter Lambert Steiner in London 1906.<br />

8 Michael Nussbaum (1866-1911) und seine Notenschrift. Er starb an einer Lungenentzündung, die er sich auf der<br />

Schiffsreise zugezogen hatte.<br />

9 Zweimal <strong>Billed</strong>er Ländler in den USA. Die Library of Congress, eine der bedeutendsten Bibliotheken der Welt,<br />

führt in ihrer Medienbibliothek unter dem Plattenlabel „Victor Records“ eine Tonaufzeichnung von Mathias Steiner<br />

und seiner Kapelle mit dem Titel „<strong>Billed</strong>ler Ländler“. Mathias Steiner wurde 1878 in <strong>Billed</strong> geboren und übersiedelte<br />

1903 nach Pittsburg in den USA. 1924, als die Platte aufgenommen wurde, ist er Kapellmeister der<br />

„Schwäbischen Kapelle von Chicago“.<br />

Ein weiterer „<strong>Billed</strong>er Ländler“ der „Banater Husarenkapelle“, auch bei Victors aufgezeichnet, kommt mit völlig<br />

anderer Melodie.<br />

10 Plakat der „Hungarian Boys Military Band“ unter Kapellmeister Nikolaus Schilzonyi auf großer Amerikatournee<br />

1899-1901. Die 9-11 Jährigen konzertierten u. a. im Empire Theater in Cleveland, in den Operhäusern in New<br />

York und Claverville, in der Grand Oper von Syracuse und auf der Heimreise im Opernhaus in Amsterdam.


Musikanten und Entertainer in der Zwischen- und Nachkriegszeit<br />

1 4 6<br />

2 5 7<br />

3<br />

8<br />

Abbildungen<br />

1 Die „Alten Musikanten“ nannte man die erwachsenen ehemaligen Mitglieder der legendären Knabenkapelle, die<br />

1893 als Kinder auf einer mehrjährigen Konzertreise in den Amerika waren. Auf dem Bild aus dem Jahr 1926 die<br />

„Alten Musikanten“ mit Rekruten des Jahrganges 1906.<br />

2 Kapellmeister Gutekunst gründete 1929 die erste Knabenkapelle nach dem 1. Weltkrieg, aus der später 2 Kapellen<br />

hervorgingen. Sie trugen jetzt keine Husarenuniformen mehr. Hans Reichel spielte mit seiner Kapelle im<br />

Gasthaus Duckarm und die Kapelle Schortje in der Neugasse, im Gasthaus Vastag. Mit Ausbruch des 2. Weltkrieges<br />

lösten sich beide Kapellen auf.<br />

3 Die Blaskapelle unter Kapellmeister Josef Schortje mit Rekruten 1935. Es gab 2 Blaskapellen im Dorf, daher<br />

konnten 2 verschiedene Veranstaltungen gleichzeitig stattfinden.<br />

4 Michael Braun mit einer Tanzmusik-Kapelle im Sehi-Wirtshaus 1949<br />

5 Hans Mumper (rechts) mit Tanzmusik-Kapelle. v.l.n.r. Hans Weber, Josef Thöress, Peter Kilzer und Hans Mumper.<br />

In den 60er Jahren wird die Tanzunterhaltung zunehmend von der sogenannten „Streich“ mit modischen<br />

Schlagern gest<strong>alte</strong>t. Die Blaskapelle spielte vorrangig die Marsch- und Straßenmusik bei Umzügen, blieb aber<br />

weiterhin uneingeschränkt beliebt.<br />

6 „Spritzpause“ der Blaskapelle anlässlich einer Hochzeitsfeier Anfang der 80er Jahre. Auf dem Tisch der Hochzeitswein<br />

und Sodawasser, Schnaps in der kleineren Flasche. Die Person mit der weißen Schürze im Hintergrund<br />

war als „Leibkellner“ der Blaskapelle abgestellt. Hochzeitsgäste und Musikanten trugen einen Rosmarinzweig<br />

mit Schleife auf dem linken Kragenaufschlag.<br />

7 Die „Heide-Schwaben“ 1982 anlässlich der Minikirchweih in Perjamonsch unter der Leitung von Kapellmeister<br />

Jakob Rieder. Sie genießen nicht nur in <strong>Billed</strong>, sondern, wie es ihr Name schon ankündigt, auf der ganzen Heide<br />

einen guten Ruf.<br />

8 Tanzunterhaltung mit „Luceafărul“ im <strong>Billed</strong>er Kulturheim in den 70er Jahren. Die Popmusik-Band aus <strong>Billed</strong> erreichte<br />

beim Landeswettbewerb in ihrer Sparte einen sensationellen 1. Platz. 1980 gelang den Stammspielern<br />

die Flucht in die BRD.


Wo man singt, dort singe mit ...<br />

4 9<br />

5<br />

10<br />

13<br />

Abbildungen<br />

1 <strong>Billed</strong>er Männergesangsverein und gemischter Chor 1936.<br />

Nach dem Beitritt zum Sängerbund, Dachverband aller deutschen<br />

Chöre im Banat, nannte sich der Chor „<strong>Billed</strong>er Sängerbund“.<br />

2 Der Kirchenchor, „Singmädchen“ genannt, 1930 mit Lehrer<br />

Henz.<br />

1<br />

2<br />

3 Der Kirchenchor in den 1980er Jahren vor dem Hauptaltar in<br />

der <strong>Billed</strong>er Kirche.<br />

4 Kapellmeister Michael Braun mit seiner <strong>Billed</strong>er Jugendblaskapelle<br />

1950. Sie hatten den 1. Platz beim Regionalwettbewerb<br />

der Jugendblaskapellen erreicht und sollten zur Landesfinale<br />

nach Bukarest.<br />

Es kam jedoch anders: Viele <strong>Billed</strong>er wurden erneut für 5 Jahre<br />

deportiert, diesmal in die Baragansteppe, darunter auch<br />

die Familie Michael Braun.<br />

5 Kapellmeister Michael Braun mit seiner Schülerkapelle 1977.<br />

Während früher mehrheitlich Handwerker und Kleinhäusler<br />

ihren Kindern Musikunterricht ermöglichten, wurde in der<br />

Nachkriegszeit fast in jedem Haus ein Musikinstrument geübt.<br />

Insbesonders war <strong>das</strong> Akkordeonspielen modisch, sozusagen<br />

als Hausmusik.<br />

6 Die Hochzeitsfeier ging bis in den frühen Morgen. Wenn es besonders<br />

schön war, wurde, statt nach Hause zu gehen, noch<br />

einer drauf gesetzt (1965). Die Musikanten waren gleichzeitig<br />

Entertainer.<br />

6<br />

7<br />

7 Hans Mumper (links mit Akkordeon) und Kapelle bei einer<br />

Hochzeitsfeier in den 60er Jahren im Gasthaus Nothum.<br />

Die Musikanten der Tanzmusikkapellen in den 60er und 70er<br />

Jahren spielten oft ohne Noten, sozusagen „nach dem Ohr“.<br />

Einige von ihnen hatten ein absolutes Gehör.<br />

8 Hans Lind mit Akkordeon, Nikolaus Büchler, Hans Engrich<br />

und Joschka Vastag auf der Bühne im <strong>Billed</strong>er Kulturheim in<br />

den 60er Jahren. Sie spielen zum Tanz, gesungen wurde damals<br />

ohne Mikrofon und Verstärkeranlage.<br />

3<br />

11<br />

12<br />

9 Der Chor der Banater Schwaben Karlsruhe 1998 anlässlich<br />

seines 15-jährigen Bestehens mit 74 aktiven Mitgliedern unter<br />

der Leitung von Hannelore Slavik<br />

10 Irmgard Holzinger-Fröhr & Melitta Giel (links) mit dem Chor<br />

der Banater Schwaben Karlsruhe beim Festgottesdienst anlässlich<br />

des <strong>Billed</strong>er Heimattreffens 2011.<br />

11 CD „Glocken der Heimat“ mit 7 beliebten Kirchenliedern, aufgenommen<br />

am Pfingstmontag 1999 in Karlsruhe-Neureut.<br />

Chorleitung: Hannelore Slavik; Orgel, Klaviersolo: Doris Slavik;<br />

Solisten: Irmgard Holzinger-Fröhr, Susanne Ballmann,<br />

Elisabeth Rieder, Maria Muhl, Johann Sieber-Brach; Organisation:<br />

Peter Krier.<br />

8<br />

12 Die CD 2 der Blasmusikkapelle. Nach der CD 1 „Heimatklänge“<br />

eine neue Einspielung mit ausgesuchten Musikstücken<br />

aus dem Repertoire der <strong>alte</strong>n <strong>Billed</strong>er Blechblaskapellen.<br />

Die CD 2 der Blasmusikkapelle <strong>Billed</strong>-Alexanderhausen hatte<br />

ihre Premiere beim Heimattag 2011.<br />

Die CD2 wurde auch im SWR4, in der Sendereihe „Musik aus<br />

dem Land“, vorgestellt.<br />

13 Goldenes Ehrenzeichen der Stadt Ried im Innkreis für Johann<br />

Mathis. Johann Mathis, 1938 in <strong>Billed</strong> geboren, fand in<br />

Ried im Innkreis eine neue Heimat.<br />

1964 gelang ihm mit der Komposition „Abschied von der Mutter“<br />

- sein erster großer Erfolg. Das Lied war jahrelang in den<br />

„Wunschkonzerten“ des ORF und wird im Osten Österreichs<br />

auf allen Hochzeiten als „Volkslied“ gespielt.<br />

Die Kastelruther Spatzen gewinnen 1990 den „Grand Prix der<br />

Volksmusik“ und ein Lied von Johann Mathis ist drauf: „Die<br />

Frau von einem Musikant“. Es wurden über eine Million CD<br />

verkauft.<br />

Bisher sind von Johann Mathis rund 1.300 Titel auf LP/MC/CD<br />

erschienen. Auch <strong>das</strong> „<strong>Billed</strong>-Lied“ wurde von Johann Mathis<br />

komponiert.


Feuer und Tod<br />

1 2<br />

1927 wird die freiwillige Feuerwehr gegründet, ein Jahr später zählte<br />

der Verein 40 Feuerwehrmänner. 1930 bildete sich ein Feuerwehrorchester.<br />

Die Kollektivwirtschaft finanzierte zunächst eine fahrbare Motorspritze und stellte 1958 auch die Bauabteilung<br />

unter Peter Plennert zum Errichten einer neuen Feuerwehrremise. Durch staatliche Zuwendungen<br />

kam 1957 ein Feuerlöschwagen in die Gemeinde und im Juli 1971 wurde der <strong>Billed</strong>er Feuerwehr ein Großraumlöschauto<br />

der Marke ZIS zugeteilt. 1975 bekam die Mannschaft Schutzkleidung und neue Schutzhelme.<br />

Zubehör verschaffte man sich auch mit dem Geld, <strong>das</strong> <strong>durch</strong> Veranstaltungen, Kulturprogramme, Laientheater,<br />

musikalische Darbietungen, Tombola und auch <strong>durch</strong> freiwillige Spenden einkam. Seit 1975 besteht der Verein zur<br />

Unterstützung der Feuerwehr mit 55 Mitgliedern, die monatlich einen Beitrag in die Vereinskasse entrichten.<br />

Abbildungen<br />

1 Feuerwehrkommandant Peter Divo mit einer Spritzenmannschaft 1934<br />

2 Die Feuerwehrremise mit den beiden Löschfahrzeugen 1993<br />

3 Um auch theoretische Kenntnisse zu vermitteln, gründete und redigierte Peter Divo in den Jahren 1935-1937<br />

eine Feuerwehrzeitung, <strong>das</strong> erste und einzige deutsche Fachblatt für Feuerwehrwesen in Rumänien.<br />

4 Die Urkunde für den 1. Platz der <strong>Billed</strong>er im Wettstreit der Freiwilligen Feuerwehren auf Landesebene<br />

5 Pokalpodest im Feuerwehrheim 1993 mit zahlreichen bei Wettkämpfen gewonnenen Auszeichnungen<br />

6 Defilieren der <strong>Billed</strong>er Feuerwehr mit ihrer Blaskapelle 1959 in der Bahngasse vor der Tribüne der Ehrengäste<br />

am Kulturheim<br />

3 4<br />

5 6<br />

Abb. oben: Wagen und Totengräber des Bestattungsvereins 1985. 1887<br />

gegründet, hatte er die Aufgabe, alle Verstorbenen würdig zu bestatten. Er entstand aus der Erkenntnis,<br />

<strong>das</strong>s Mittellose <strong>durch</strong> Beerdigungskosten schnell in eine finanzielle Notlage kommen konnten und ist heute<br />

noch aktiv.<br />

Abb. unten: Begräbnis Katharina Steuer (1902-1965). Die Trauerfeier fand im Hof der Verstorbenen statt.


Vom „Fetzeballe“ zum „Pipatschpokal“<br />

6<br />

7<br />

1<br />

2<br />

4<br />

5<br />

2<br />

Fetzeballe wurde ein dem amerikanischen Baseball ähnliches Mannschaftspiel genannt, von Amerikareisenden<br />

mitgebracht, <strong>das</strong> zwischen Gassen in den 1930er Jahren ausgetragen wurde.<br />

1929 wurde der <strong>Billed</strong>er Tennisclub gegründet. Der Tennisplatz<br />

befand sich im Park, gegenüber dem Bahnhofsgebäude, seine Mitglieder waren bürgerliche Intellektuelle,<br />

sie wurden im Dorf „Herrische“ genannt.<br />

8<br />

9<br />

Handball wird in <strong>Billed</strong> seit 1938 mit kurzen Unterbrechungen gespielt. Am erfolgreichsten<br />

waren die Mannschaften der 70er und 80er Jahre, die in der Kreismeisterschaft stets einen<br />

Platz unter den ersten sechs Teams belegten. Die Mannschaften qualifizierten sich auch immer<br />

für die Endrunde des von der Neuen Banater Zeitung gestifteten Pipatsch-Pokal. Mittlerweile wird<br />

dieses bedeutende, Tradition gewordene, regionale Handballturnier häufig in <strong>Billed</strong> ausgetragen.<br />

Abbildungen<br />

1 Fetzeballe im Jahr 1934 zwischen „Altgass un Zwetgass“.<br />

2 Tennisplatz am Bahnhofsgelände, auf dem sich die „Herrischen“ ihre Freizeit vertrieben.<br />

3 Mitglieder des <strong>Billed</strong>er Tennisclubs 1930<br />

4 Die erste Fußballmannschaft von <strong>Billed</strong> 1928. In der Mitte des Bildes befindet sich der im ganzen Banat bekannte<br />

<strong>Billed</strong>er Schiedsrichter Alexander Schrottmann. Links von ihm Johann Ballman und rechts von ihm Nikolaus Mann,<br />

die beiden Mitbegründer des <strong>Billed</strong>er Fußballvereins.<br />

5 Die zweite und dritte Generation der <strong>Billed</strong>er Fußballgeschichte<br />

6 <strong>Billed</strong>er Handballmannschaft der 70er und 80er Jahre<br />

7 <strong>Billed</strong>er Handballmannschaft der 70er und 80er Jahre<br />

8 1962, Aufnahme anlässlich einer Fussball-Begegnung der <strong>Billed</strong>er „Aktiven“ gegen „Oldboys“<br />

9 Handballmannschaft der Lyzealschülerinnen 1969 mit Direktor Jivan


Deutsch - ungarisch - rumänisch<br />

6 7<br />

8 9<br />

4<br />

5<br />

10 11<br />

1<br />

2<br />

Braun-Schule 1949<br />

Alte Schule 1798/1847<br />

Neue Schule 1967<br />

12<br />

Kindergarten 1892<br />

Die von Maria Theresia erlassene allgemeine Schulpflicht wurde in <strong>Billed</strong> mit der Dorfgründung<br />

eingeführt. Bis zum Bau der Schule im Jahre 1798 fand der Unterricht in einem Kolonistenhaus<br />

in der Altgasse statt (heute Nr. 473). Die „Alte Schule“ wurde 1847 fertiggestellt. 1892 lernten hier<br />

851 Kindern Lesen, Schreiben, Rechnen und Religion.<br />

3<br />

Da <strong>durch</strong> den Anstieg rumänischer Zusiedler nach dem 2. Weltkrieg die „Alte Schule“ nicht mehr<br />

ausreichte, kam die deutsche Schule in ein Privathaus, bekannt als „Braun-Schule“. 1967 kommt<br />

ein weiteres <strong>durch</strong> freiwillige Leistungen der <strong>Billed</strong>er errichtetes einstöckiges Gebäude, die „Neue<br />

Schule“, hinzu.<br />

Ungarisch wurde 1831 als Amts- und Geschäftssprache im Banat verordnet. 1879 und 1883 verabschiedete<br />

<strong>das</strong> ungarische Parlament Schulgesetze, die den verpflichtenden Gebrauch der ungarischen<br />

Unterrichtssprache verlangten. In <strong>Billed</strong> wurde nach der Umwandlung der konfessionellen<br />

in eine Gemeindeschule schon ab 1870 in ungarischer Sprache unterrichtet.<br />

Beim Anschluss des Banates an Rumänien ist den Deutschen Kultur- und Schulautonomie versprochen<br />

worden. Tatsächlich wurde aber in mehreren Fächern in rumänischer Sprache unterrichtet.<br />

Erst 1941, mit der Übernahme der Schulen <strong>durch</strong> die Volksgruppe, wurde in deutscher Sprache<br />

unterrichtet.<br />

Mit der Schulreform 1949 wurden alle Schulen verstaatlicht und<br />

den nationalen Minderheiten des Landes der Unterricht in ihrer Muttersprache gesetzlich gesichert.<br />

Rumänien war <strong>das</strong> einzige Land in Osteuropa, in dem in der Nachkriegszeit in deutscher<br />

Sprache unterrichtet wurde.<br />

Zwischen 1963 und 1972 gab es ein theoretisches Lyzeum mit den Klassen 9-12 in rumänischer<br />

Sprache. Durch den Exodus der <strong>Billed</strong>er Deutschen gab es 2004 nur noch eine einzige Klasse, in<br />

der die Schüler der Klassen 1-4 simultan unterrichtet wurden.<br />

Abbildungen<br />

1 Die „Alte Schule“, 1798 gebaut und 1847 erweitert. Höchststand war 1892 mit 851 Kindern.<br />

2 Kindergarten und Schulgebäude<br />

3 Der Kindergarten mit 3-6-Jährigen mit Leiterin Barbara Rieder in den 1920er Jahren. Er wurde 1892 errichtet,<br />

war verpflichtend und wurde „Spielschule“ genannt.<br />

4 Jahrgang 1910 in der 4. Klasse mit Lehrer Johann Rieder im Jahr 1921.<br />

5 Jahrgang 1927 in der 2. Klasse mit Lehrer Franz Höckl im Jahr 1936<br />

6 Am ersten Schultag 1963 werden von Maria Roman und Margarethe Weber die schulpflichtigen Kinder der Lehrerin<br />

der 1. Klasse Magdalene Bojar übergeben und zur Schule geleitet.<br />

7 Letzter Schultag der 4. Klasse im Juni 1960 mit Lehrerin Anna Divo<br />

8 Jahrgang 1955 in der 7. Klasse im Schuljahr 1968-1969 mit Klassenlehrerin Elvira Slavik<br />

9 Abschlussfoto der 8. Klasse der deutschen Abteilung der Allgemeinschule des Jhg. 1954<br />

10 Der Lehrerkader der Allgemeinschule und des Lyzeums in den 1960er Jahren.<br />

11 Lehrer und Professoren der <strong>Billed</strong>er Schule in den 1970er Jahren<br />

12 Die 1967 <strong>durch</strong> freiwillige Leistungen der <strong>Billed</strong>er gebaute „Neue Schule“ aufgenommen 1993


In den Krieg fürs Mutterland<br />

4<br />

5<br />

3<br />

1<br />

2<br />

Zwischen dem Deutschen Reich und dem ihm verbündeten Rumänien kommt es im Mai 1943 zu einem<br />

zwischenstaatlichen Abkommen betreffend der Einreihung rumänischer Staatsbürger volksdeutscher<br />

Zugehörigkeit in <strong>das</strong> deutsche Heer, in <strong>Billed</strong> waren es 196 Mann.<br />

Auch bereits in der rumänischen Armee dienende Volksdeutsche konnten übertreten. Insgesamt<br />

waren 396 <strong>Billed</strong>er beim Deutschen Heer.<br />

Im August 1944 wechselt Rumänien die Fronten auf die Seite der Alliierten. Die schwere Entscheidung<br />

- flüchten oder bleiben - musste innerhalb weniger Stunden<br />

getroffen werden. 142 Personen flüchteten, die große Mehrheit ist geblieben. Sie hatten keine<br />

Ahnung, was ihnen bevorstand.<br />

Nach 3 Wochen erbitterter Kämpfe wurde <strong>Billed</strong> am 12. Oktober 1944 von der Roten Armee besetzt.<br />

Insgesamt sind bei den Kämpfen um <strong>Billed</strong> 23 deutsche Soldaten gefallen. Vier sind auf dem<br />

Neugässer Friedhof beerdigt.<br />

Auf den Fluren blieb ein Teil der vielen gefallenen Sowjetsoldaten. Rund 100 wurden in zwei Massengräbern<br />

auf dem Sauer länder Friedhof bestattet und später in eine zentrale Gedenkstätte in<br />

Perjamosch umgebettet.<br />

237 <strong>Billed</strong>er, Angehörige der rumänischen und deutschen Streitkräfte, sind nach dem 2. Weltkrieg<br />

nicht mehr zurückgekehrt. 104 sind gefallen und 133 sind nach ihrer Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft<br />

im Westen geblieben, da sie in Rumänien verfolgt wurden.<br />

6<br />

Abbildungen<br />

1 <strong>Billed</strong>er Gemusterte beim Abschied am frühen Morgen des 10. Juli 1943.<br />

2 Abschied auf dem Hatzfelder Bahnhof. Hier wurden die zwischen 17 und 35 Jahre <strong>alte</strong>n Gemusterten der Waffen-<br />

SS übergeben und nach Wien zur Grundausbildung transportiert.<br />

3 Gruppenbild mit 46 <strong>Billed</strong>ern nach ihrer Grundausbildung. Sie hatten keinen Einfluss auf die Einweisung in die<br />

Waffen-SS oder Wehrmacht. Den weiteren Verlauf des Krieges erlebten sie zum Teil im Einsatz an der Ostfront,<br />

zum Teil in den Partisanen- und Abwehrkämpfen auf dem Balkan in der Division „Prinz Eugen“.<br />

4 Kranzniederlegung des Jahrgangs 1927 für die ersten Gefallenen.<br />

5 Requiem für Geisz Peter, einer der ersten Gefallenen aus <strong>Billed</strong><br />

6 Die schwere Entscheidung - flüchten oder bleiben - musste im Herbst 1944 innerhalb weniger Stunden getroffen<br />

werden. Die große Mehrheit der <strong>Billed</strong>er ist geblieben.<br />

7 Grabstein 2 gefallener Soldaten auf dem Neugässer Friedhof<br />

8 Der Sowjetstern auf dem Obelisk der großen Grabanlage der sowjetischen Gefallenen in Perjamosch wurde<br />

<strong>durch</strong> ein Kreuz ersetzt.<br />

7<br />

8


Zwangsarbeit in der Sowjetunion<br />

8<br />

9<br />

7<br />

1<br />

2<br />

Von 1945-1949 wurden rund 75.000 Rumäniendeutsche, Frauen zwischen 17-30 Jahren und Männer<br />

zwischen 16-45, in die Sowjetunion zu Zwangsarbeiten als Reparation für die Zerstörungen des<br />

2. Weltkriegs, verschleppt. Während der „Aushebung“ wurde <strong>das</strong> Dorf vom Militär umzingelt.<br />

Aus <strong>Billed</strong> mußten 556 Deportierte bis zu 5 Jahren Zwangsarbeit, überwiegend<br />

in Bergwerken und der Schwerindustrie in der Ukraine, aber auch im Kaukasus, leisten.<br />

Insgesamt kommen 76 <strong>Billed</strong>er in der Deportation zu Tode. Todesursachen waren insbesondere<br />

Krankheiten und Hunger.<br />

Russlandlied von Ottmar Strasser<br />

10 11<br />

Tief in Russland, in Stalino,<br />

steht ein Lager streng bewacht.<br />

Darinnen wohnen deutsche Menschen,<br />

die man aus dem Banat gebracht.<br />

Die Gedanken aber eilen<br />

nach der Heimat immerdar,<br />

wo sie ihre Lieben haben,<br />

wo es schön und herrlich war.<br />

Es vergehen Tag und Nächte,<br />

Monate und manches Jahr,<br />

und im fernen, fremden Lande<br />

Färbte sich grau mein Haar.<br />

Und die Herzen dieser Menschen<br />

schlagen traurig, ernst und schwer.<br />

Möchten wieder in die Heimat,<br />

sehnen sich nach ihr so sehr.<br />

Wenn sie dann von ihnen sprechen<br />

und von jenem großen Glück,<br />

ihre Herzen beinah brechen,<br />

sehnen sich nach ihr zurück.<br />

Sollt‘ ich hier in Russland sterben,<br />

sollt‘ ich hier begraben sein,<br />

grüß mir noch einmal die Heimat<br />

und die Lieben all daheim.<br />

Für sie gibt es nur noch Arbeit,<br />

oft im k<strong>alte</strong>n, eis‘gen Wind.<br />

Müssen so viel Leid ertragen,<br />

weil sie eben Deutsche sind.<br />

Und die Lieben in der Heimat<br />

sind nun lange schon allein.<br />

Kinder haben keinen Vater<br />

und jetzt auch kein Mütterlein.<br />

Alle haben doch die Hoffnung,<br />

<strong>das</strong>s es einmal anders wird,<br />

denn nach jedem schweren Winter,<br />

es auch wieder Frühling wird.<br />

12<br />

Kennen nur noch Müh‘ und Plagen,<br />

niemals eine Herzensfreud.<br />

Tragen Not und Sorgen schweigend,<br />

und ihr bitt‘res, schweres Leid.<br />

Wenn die Kinder weinend fragen:<br />

„Wo sind unsre Eltern hin?“,<br />

wird man ihnen traurig sagen:<br />

„Mussten all nach Russland zieh‘n.“<br />

Auch für uns kommt mal die Stunde,<br />

wo man uns entlassen wird.<br />

Dann geht’s heim zu euch, ihr Lieben.<br />

Oh, wär‘ <strong>das</strong> ein großes Glück.<br />

Abbildungen<br />

1 Abtransport der Deportierten in Mercydorf, Malerei von Juliana Rausch<br />

2 Der ewige Begleiter, Malerei von Anton Ferenschütz<br />

3 Dolomitsteinbruch, Malerei von Franz Binder<br />

4 Kohlengrube bei Kriwojrog, Malerei von Franz Binder<br />

5 Lager Ilionowka, Malerei von Franz Binder<br />

6 Lager 1802, Malerei von Anton Ferenschütz<br />

3 5<br />

4 6<br />

7 <strong>Billed</strong>er Deportierte 1946 in Stalino. Oben v.l.n.r.: Nikolaus Weiß, Josef Ballmann, Willi Schortje, Hans Dugonitsch,<br />

Karl Packi, Peter Schmidt. Mitte: Mathias Kasper, Valentin Slawik, Elisabeth Schwendner, Heinrich Slawik,<br />

Anton Hell. Unten: Anton Vollmer, Jakob Krier, Georg Römer.<br />

8 Banater entlassene Deportierte in Frankfurt (Oder) 1946. Die <strong>durch</strong> Krankheiten und Unterernährung arbeitsunfähigen<br />

Zwangs arbeiter wurden von den Sowjets bis 1948 in die Ostzone (spätere DDR) als Staatenlose abgeschoben,<br />

da Rumänien ihnen die Einreise in ihre Heimat verwehrte.<br />

9 Banater Deportierte in Frankfurt (Oder) nachdem sie sich erholt hatten und neu eingekleidet wurden. Später haben<br />

die Sowjets die Heimkehrer selbst „aufgepeppelt“.<br />

10 Stalino 1946: Julius Hager, Josef Ballmann, Hans Gehl und Karl Packi am Grab ihres Kameraden Hans Alexius.<br />

11 <strong>Billed</strong>erinnen im Zwangsarbeitslager Nr. 1050 in Enakiewo am 10. Mai 1946. Hinten v. l.: Barbara Haberehren,<br />

Maria Backhaus, Susanne Weber; vorn: Anna und Margarethe Divo. „Bald geht‘s nach Hause“, sagten ihnen die<br />

Sowjets jahrelang. Sie glaubten schon nicht mehr daran, als sie Ende 1949 entlassen wurden.<br />

12 Der Banater Maler Franz Ferch (1900-1981) hat die Heimkehrermutter und ihr herangewachsenes Kind in seinem<br />

Bild „Kennst mich nicht?“ thematisiert.


Als Sündenbock im Vaterland<br />

4<br />

6<br />

1<br />

2<br />

5<br />

3<br />

Nach dem 23. August 1944 wurden die Deutschen Rumäniens als angebliche Kollaborateure<br />

Deutschlands für <strong>das</strong> Desaster verantwortlich gemacht, in welches <strong>das</strong> Land als Folge seines Bündnisses<br />

mit Hitler-Deutschland und der Teilnahme am antisowjetischen Krieg geraten war.<br />

Es stimmt zwar, <strong>das</strong>s die „Deutsche Volksgruppe“ mit der Politik des Dritten Reiches gleichgesch<strong>alte</strong>t<br />

wurde und die waffenfähigen Deutschen mit Zustimmung der rumänischen Regierung in<br />

<strong>das</strong> deutsche Heer rekrutiert wurden, aber die Volksgruppenführung hat auf die rumänische Politik<br />

keinen Einfluss ausgeübt.<br />

Das Dekretgesetz vom 23. März 1945 sah die gänzliche und<br />

entschädigungslose Enteignung<br />

der gesamten deutschen Bauernschaft und Feldbesitzer vor. Der enteignete Boden ging mit dem<br />

gesamten Wirtschaftsinventar, Vieh und Häuser in <strong>das</strong> Eigentum des Staates über, der den Boden<br />

an begüterungsberechtigte Landwirte verteilte.<br />

Dort, wo die Zahl der einheimischen Rumänen und Roma nicht ausreichte, um den gesamten deutschen<br />

Besitz zu übernehmen, brachte man von auswärts so genannte Kolonisten.<br />

Nach der Heimkehr der Russlandverschleppten und eines Großteils der Kriegsgefangenen im Frühjahr<br />

1951, veranlasste die inzwischen kommunistisch-stalinistische Regierung Rumäniens eine neuerliche<br />

Deportation von „unzuverlässigen Elementen“, dieses Mal in die Baragan-<br />

Steppe Rumäniens. Aus Ortschaften der Grenzzone wurden 12.791 Familien mit 40.320 Personen:<br />

Rumänen, Deutsche, Serben, Ungarn, Bulgaren und andere deportiert. Sie mussten 18 Dörfer erbauen<br />

und jahrelang unter zwangsaufenthaltsmäßigen Bedingungen leben. Die meisten Deutschen<br />

wurden aus <strong>Billed</strong> mit 529 Personen deportiert.<br />

Abbildungen<br />

1 Beeignungsurkunde aus dem Kreis Sibiu, als Enteigneter ist „hitlerist“ eingetragen.<br />

2 Skizze von Sebastian Leicht.<br />

Die Kolonisten hatten die Befugnis, als ausführende Gewalt den Besitz der Deutschen unter sich aufzuteilen.<br />

Die <strong>Billed</strong>er nannten die Enteignungskommission nach der am eigenen Leib erfahrenen Enteignungsprozedur<br />

„Knüppelkommission“.<br />

Auf der Sitzung des Politbüros des ZK der Rumänischen Arbeiterpartei vom 15. November 1948 erklärt Innenminister<br />

V. Luca unter anderen: „Es war ein Fehler, Kolonisten dorthin zu schicken, die nichts anderes als Banditen<br />

sind und die wir von dort wieder wegbringen müssen ...“<br />

3 Einzug der Kolonisten, Malerei von Stefan Jäger<br />

4 Deportationsgebiet<br />

7 8<br />

5 Sie wurden einfach in die Steppe entladen. Die Familie Thöresz auf der ihr zugewiesenen Fläche.<br />

6 Nachbarschaftliche Hilfe beim Hausbau. Sie mussten 18 Dörfer erbauen und jahrelang unter zwangsaufenthaltsmäßigen<br />

Bedingungen leben.<br />

7 Die Geschwister Maria und Katharina Gilde, nach 5 Jahren aus der Russlanddeportation entlassen, mit ihrer Mutter,<br />

rechts sitzend, und ihren pflegebedürftigen Großeltern, nun für weitere 5 Jahre in der Baragan-Deportation.<br />

Sie bekommen heute, wie auch die anderen überlebenden Deportierten, eine angemessene Entschädigung vom<br />

rumänischen Staat.<br />

8 Insgesamt sind bis 1956, als die Deportierten wieder nach Hause durften, 76 Personen aus <strong>Billed</strong> in der Baragansteppe<br />

verstorben. 7 Jahre später, nachdem es genehmigt wurde, brachte Nikolaus Seibert, im Bild rechts<br />

mit Tochter und Schwiegersohn, die sterblichen Überreste seiner Ehefrau und die seiner Mutter zur Beerdigung<br />

in ihre Heimat.


Hinter dem Eisernen Vorhang<br />

4<br />

5<br />

1<br />

6<br />

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2<br />

3<br />

Abbildungen<br />

1 Der Eiserne Vorhang teilt Europa in West und Ost (abgeschottete, kommunistisch regierte Länder)<br />

2 Abschied der Familie Heinrich vor der Auswanderung in die BRD 1961<br />

3 Michael und Maria Klein (699) waren eine der ersten Familien, die nach dem Krieg nun aus dem Westen die <strong>alte</strong><br />

Heimat besuchten. Foto mit der großen Verwandtschaft aus dem Jahr 1960.<br />

4 Feld, Arbeitsgeräte, Vieh und Häuser hatte man ihnen genommen, und, was noch schmerzlicher war, 556 <strong>Billed</strong>er,<br />

darunter ihre Geschwister oder Eltern, waren Zwangsarbeiter in der Sowjetunion auf unbestimmte Zeit.<br />

Die Kirchweih ist ihnen jedoch geblieben. 23 Kirchweihpaare der herangewachsenen Jungend veranst<strong>alte</strong>ten im<br />

Oktober 1948 nach langer Zeit wieder ein Kirchweihfest.<br />

5 Abschiedsfoto 1963 aus dem Eisenbahnwaggon von Johann Keller aus den USA nach seinem <strong>Billed</strong>besuch am<br />

frühen Morgen auf dem Bahnhof.<br />

6 Kinder der Viertgasse 1965, aufgenommen von Katharina Muhl, die nach der Russlanddeportation im Westen geblieben<br />

ist. Besucher aus dem Westen durften damals einmal in 2 Jahren für eine begrenzte Zeit einreisen. Es waren<br />

vor allem diese Besucher, die, ohne es zu beabsichtigen, für ihre Landsleute Beweis waren, <strong>das</strong>s es in dem kommunistischen<br />

Rumänien für sie keine Zukunft gab.<br />

7 Kinder in der Altgasse vor dem atemberaubenden Ford Taunus, mit dem Johann Keller, der 1944 <strong>Billed</strong> als<br />

Flüchtling verlassen hatte, aus dem Westen nun auf Besuch ist. Der eiserne Vorhang ist, wenn auch nur in einer<br />

Richtung, <strong>durch</strong>lässig geworden. Das auch nur, weil der kommunistische Staat da<strong>durch</strong> leichter an Devisen<br />

kommen konnte. Denn die lokalen Parteifunktionäre hatten zunehmend Schwierigkeiten den westlichen Wohlstand<br />

kleinzureden.<br />

8 Schulausflug <strong>Billed</strong>er Schüler zum Donau-Engpass 1959. Der rund 250 km lange Weg war für die Jugendlichen<br />

vom flachen Land in der damaligen Zeit sicherlich ein sensationelles Abenteuer.<br />

Der Eiserne Vorhang war eine unüberwindbare tatsächliche Grenze zwischen den Staaten des Westens<br />

und den kommunistischen Diktaturen unter der Dominanz der UdSSR während des K<strong>alte</strong>n<br />

Krieges.<br />

Die Deutschen hatten 1948 ihre staatsbürgerlichen Rechte zurückbekommen und es gab Schulunterricht<br />

in ihrer Muttersprache, aber, wie auch die Bevölkerung im Land, waren sie hinter dem<br />

Eisernen Vorhang „eingesperrt“. 1966 zählte man in <strong>Billed</strong> 4752 Einwohner, darunter 2442 Deutsche<br />

(1940 waren es 3652).<br />

Hunderte Familien sind jedoch <strong>durch</strong> Krieg und Kriegsfolgen von ihren Angehörigen <strong>durch</strong> den<br />

Eisernen Vorhang getrennt. Die Einen hatten die Heimat, aber keine Freiheit, die Anderen die<br />

Freiheit, aber noch keine Heimat.<br />

Die rumänische Regierung vertrat eine überaus restriktive Ausreisepolitik. Wer sich zur Ausreise<br />

bewarb, setzte seine bürgerlichen und wirtschaftlichen Rechte aufs Spiel, war stigmatisiert, wurde<br />

von der Obrigkeit schikaniert und bekam den Reisepass meistens nur <strong>durch</strong> Schmiergeldzahlung.


„Millionär“ als Kollektivbauer<br />

6<br />

67<br />

7<br />

8<br />

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1<br />

10 11<br />

2 3<br />

4<br />

5<br />

1948 erhielten die Deutschen wieder ihre staatsbürgerlichen Rechte. Auch hatten sie wieder Schulen<br />

in ihrer Muttersprache, es erschienen wieder deutschsprachige Bücher und man konnte ganz<br />

offen deutsch reden.<br />

Als die inzwischen kommunistische Regierung 1950, nach sowjetischem Vorbild, die Kollektivierung<br />

der Landwirtschaft anstrebte, hatten die ehemaligen deutschen Feldbesitzer damit kein Problem,<br />

denn sie besaßen ja kein Feld mehr.<br />

In der Sitzung des Politbüros des ZK der RAP vom 21. Januar 1954 stellt D. Colin fest: „... die große<br />

Mehrheit der Kolonisten hat nichts für den Erhalt der Wohnhäuser getan.“ Gh. Gheorghiu-Dej,<br />

Parteichef, ordnet an: „Die freien Häuser erh<strong>alte</strong>n die Kolonisten, die zusammengefallenen und<br />

die zu reparierenden gebt den Deutschen, sie sollen sich diese instandsetzen.“ Und er fügt hinzu:<br />

„Die arbeitenden Bauern deutscher Nationalität ... erh<strong>alte</strong>n ihre Wohnhäuser zurück“ ... „Ihr werdet<br />

sehen, wie gut die dann arbeiten“, sagt E. Bodnaras.<br />

Er behielt recht. Schon bald schwelgte die Parteipresse über die „Straße der Millionärswirtschaften<br />

im Banat“. Es waren die Kollektivwirtschaften in den großen banat-schwäbischen Heidegemeinden,<br />

darunter auch <strong>Billed</strong>, die sogar in den Schulbüchern landesweit als beispielhaft Erwähnung<br />

fanden. Sogar die Partei- und Regierungschefs besuchten wiederholt die Gemeinde.<br />

Abbildungen<br />

1 Luftaufnahme auf den Feldern der Kollektivwirtschaft in den 1960er Jahren. Die Felder gehörten bis 1945 den<br />

<strong>Billed</strong>er Bauern, nach ihrer Enteignung wurden sie an die rumänischen Zusiedler verteilt, die sie wiederum nach<br />

1951 in die Kollektivwirtschaft einbringen mussten.<br />

2 <strong>Billed</strong>er Bauern der Kollektivwirschaft beim Anpflanzen von Tabakpflanzen<br />

3 Die Arbeit in der Kollektivwirschaft war für die meisten ehemaligen Bauern die einzige Möglichkeit, ihren Lebensunterhalt<br />

zu bestreiten.<br />

4 In den 1970er Jahren wurden die landwirtschaften Arbeiten zunehmend mechanisiert.<br />

5 Generalversammlung der Kollektivbauern im Kulturheim. In der ersten Reihe im Bild der kommunistische Führungskader,<br />

der jahrzehntelang im Dorf <strong>das</strong> Sagen hatte.<br />

6 Die Kollektivwirschaft war auch für viele aus der Deportation Heimgekehrte die einzige Erwerbsmöglichkeit.<br />

7 Knochenharte Jobs als Transportarbeiter in der Kollektivwirtschaft in den 1950/60er Jahren. Die jungen Generationen<br />

werden sich neu orientieren und als Fabrikarbeiter in Temeswar ihren Lebensunterhalt bestreiten.<br />

8 Besuch der Parteiführung aus Bukarest mit dem späteren Diktator Ceaușescu an der Spitze in der <strong>Billed</strong>er Kollektivwirtschaft.<br />

9 Die kommunistischen Führer waren bis in die 1980er Jahre mit sowjetischen Limousinen unterwegs.<br />

10 Der Festwagen der <strong>Billed</strong>er Kollektivwirtschaft bereit zur Fahrt nach Temeswar zur Feier des Nationalfeiertages<br />

11 <strong>Billed</strong>er Kollektivbauern auf dem Weg nach Temeswar zur Feier des Nationalfeiertages. Um die Leute zur Teilnahme<br />

an der Jubeldemo zu bewegen, wurde Druck ausgeübt sowie auch mit einer Flasche Bier und einer Portion<br />

„Mititei“ entlohnt.


Aus dem Goldenen Zeit<strong>alte</strong>r: Wahnsinn, Angst und Armut<br />

4<br />

5<br />

1<br />

2<br />

6<br />

7<br />

Der Widerspruch zwischen Realität und ihrer sprachlichen Darstellung in der Öffentlichkeit der<br />

Sozialistischen Republik Rumänien erreicht unter Nicolae Ceaușescu einen absoluten Höhepunkt.<br />

Während <strong>durch</strong> die katastrophale Wirtschaftspolitik in den 1980er Jahren die Versorgung der Bevölkerung<br />

praktisch zum Erliegen kommt, wird offiziell täglich <strong>das</strong> goldene Zeit<strong>alte</strong>r Rumäniens<br />

verkündet.<br />

Dass dem niemand widerspricht, geschweige denn etwas dagegen unternimmt, ist ein Werk der am<br />

besten funktionierenden Organisation im Land, der gefürchteten und übermächtigen Securitate.<br />

3<br />

Abbildungen<br />

1 Die Schriftsteller des Landes preisen Ceaușescu, Parteichef und Staatspräsident der Sozialistischen Republik Rumänien,<br />

Oberbefehlshaber der Armee, Vorsitzender des Obersten Rates für wirtschaftliche und gesellschaftliche<br />

Entwicklung und Chef des Nationalrats der Werktätigen als „Titan unter den Titanen“, als „Revolutionär, der selbst<br />

der Sonne trotzt“ und vergleichen sein Wirken mit dem von Julius Cäsar, Alexander dem Großen oder Napoleon.<br />

2 Die Maler malen ihn und seine gefürchtete Gemahlin Elena göttergleich und umgeben von Engeln.<br />

3 Huldigung im Stadion; der Personenkult um den Conducator ist weit bizarrer als der Götzendienst, der Hitler,<br />

Stalin oder Mao je entgegengebracht wurde, er hat einen Herrschaftsstil entwickelt, der sich mehr am Hofzeremoniell<br />

ägyptischer Gottkönige orientiert.<br />

4 Das „Haus des Volkes“ (Casa Poporului) ist eines der flächenmäßig größten Gebäude der Welt und wurde von<br />

1983 bis 1989 nach den Vorstellungen Ceaușescus errichtet. Um Platz für <strong>das</strong> Bauwerk zu schaffen wurden rund<br />

40.000 Wohnungen, ein Dutzend Kirchen und drei Synagogen abgerissen sowie Teile der Altstadt zwangsgeräumt.<br />

Rund 20.000 Arbeiter, vor allem Soldaten, errichteten im Dreischichtbetrieb den Palast.<br />

5 1983, kein Durchkommen mehr für PKWs auf der 31m breiten <strong>Billed</strong>er Altgasse. Das Land ist heruntergekommen<br />

und zählt zu den ärmsten in Europa.<br />

6 Verlassener Kultivator auf den Feldern der Kollektivwirtschaft 1984. In den 1980er Jahren gibt es die fleißigen<br />

Bauern aus der Gründungszeit nicht mehr. Wie in den ersten Nachkriegsjahren sind in Rumänien nun wieder die<br />

Grundnahrungsmittel rationiert.<br />

7 Auf der Sauerländer Hutweide 1984. Wenn nichts mehr geht - kein Strom, kein Wasser, kein Sprit - ist auf den<br />

kurzen, schwäbischen Pferdewagen, den sich einige <strong>Billed</strong>er aufbewahrt haben, noch immer Verlass.<br />

8 Müllkippe an der Sauerländer Brücke 1985, früher war hier ein großer Teich mit vielen Fischen. Wer am Dorfrand<br />

wohnt, kann leichter Feder- und Mastvieh h<strong>alte</strong>n. Denn Parteifunktionäre hatten Wege gefunden, auch die letzten<br />

Reserven der Selbstversorger anzuzapfen. Jedes Haus mit Garten musste Eier und Schweine abliefern. Und<br />

zusätzlich Felder der Kollektivwirtschaft, der inzwischen die schlecht entlohnten Bauern davongelaufen sind, zur<br />

Bearbeitung übernehmen.<br />

8


Freikauf plus Kopfgeld, um ausreisen zu dürfen<br />

4 5<br />

1<br />

2<br />

Handschlagabkommen 1978 zwischen dem damaligen Bundeskanzler<br />

Helmut Schmidt und Nicolae Ceaușescu. Vereinbart wurde eine Zahl von jährlich 11.000<br />

Ausreisenden und Kopfgeldzahlungen von anfangs 4.000 DM. Zuletzt, 1989, waren es 8.950 DM.<br />

226.654 Rumäniendeutsche, darunter rund 1500 <strong>Billed</strong>er, sind in dieser Zeitspanne über den Ladentisch<br />

gegangen. Die Höhe der Zahlungen wird auf über eine Milliarde DM geschätzt.<br />

Zusätzliches Kopf geld von rund 8.000 DM pro Person, <strong>das</strong> bei Strohmännern der<br />

Securitate zu entrichten war, bestimmte die Reihenfolge, um auf die begehrte Liste der jährlichen<br />

11.000, von der BRD gekauften Ausreisegenehmigungen, zu gelangen. Denn weg wollten über<br />

200.000 Personen.<br />

Wer die unerschwinglichen und verbotenen De visen, meistens ausgeliehen von Verwandten aus<br />

der BRD, die sich ihrerseits verschuldeten, besaß, konnte nicht so einfach bezahlen. Es gab jährlich<br />

nur 1 bis 2 unbestimmte, kurzfristige Zeitfenster, in denen die Strohmänner abkassierten. Die<br />

Nachfrage war daher immer größer als <strong>das</strong> Angebot, so<strong>das</strong>s in der Regel zusätzlich geschmiert<br />

wurde, um schmieren zu dürfen. War es dann soweit, wurde der Betrag in einem mit Namen versehenen<br />

Umschlag dem „Gärtner“, der nicht einmal nachzählte, ohne Beleg übergeben.<br />

6<br />

7<br />

3<br />

Abbildungen<br />

1 Begegnung vor dem Mittagessen 1963. Die Krautköpfe aus der Gärtnerei der Kollektivwirtschaft werden zur<br />

Verladerampe am Bahnhof transportiert. Die Aufnahme von Johann Keller in der prallen Mittagssonne ist <strong>das</strong><br />

älteste, uns bekannte Farbbild aus dem Dorfleben der 60er Jahre. Hier hatten sich zufällig Landsleute getroffen,<br />

die, typisch für die Banater Schwaben, tagelang über ihr Schicksal hätten erzählen können. Der eine war im 2.<br />

Weltkrieg beim deutschen Militär und danach Kriegsgefangener, der andere Zwangsarbeiter in der Sowjetunion,<br />

und, Johann Keller selbst, 1944 vor der roten Armee geflüchtet, lebt nun in den USA.<br />

2 Hochzeitszug in den 1980er Jahren. Diktator Ceaușescu wollte einen „neuen Menschen“ schaffen. Die Menschen<br />

indes wollten so bleiben, wie sie sind. Für viele war Lebensziel, <strong>das</strong> Land irgendwie zu verlassen.<br />

3 Omas beim nachbarschaftlichen Sonntagstreff auf der Gasse in den 1980er Jahren. Sie hatten Schlimmes in ihrem<br />

Leben <strong>durch</strong>gemacht, aber es ist einiges wieder gut geworden. Für die Zukunt ihrer Enkel sind auch sie bereit, ihre<br />

Heimat zu verlassen.<br />

4 Handschlagabkommen über <strong>das</strong> Zahlen von Kopfgeld zwischen dem Bundeskanzler Helmut Schmidt und Nicolae<br />

Ceaușescu 1978.<br />

5 Über die Reihenfolge bei der Ausreise in die BRD, Fotomontage von Hans Rothgerber.<br />

Die Doppelbelichtung besteht aus der Überlagerung einer aufgewühlten Dorfgasse bei Regen mit dem damals<br />

in Läden und Kneipen angebrachten Logo der einzigen staatlichen Lotterie mit dem Slogan: „Hier wird <strong>das</strong> Los<br />

im Umschlag verkauft“. Es ist eine Anspielung auf <strong>das</strong> 2te zusätzliche Kopfgeld, <strong>das</strong> die Ausreisewilligen zu entrichten<br />

hatten.<br />

6 <strong>Billed</strong>er im Durchgangslager für Aussiedler in Nürnberg, sie hatten den gefährlichen Weg eines illegalen Grenzübertrittes<br />

gewählt.<br />

7 Helene Graf (209), ist die älteste Teilnehmerin beim Heimattreffen 1987 in Karlsruhe. Zwei Jahre zuvor hatte sie<br />

<strong>Billed</strong> als 95-Jährige verlassen.<br />

8 Was die Ausreisenden mitnehmen dürfen, ist vorgeschrieben und muss in eine vorgeschriebene Kiste passen,<br />

die sie von den zuständigen Behörden für einen saftigen Preis erwerben mussten.<br />

8


Die Kirche ist im Dorf geblieben<br />

5<br />

6<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

7<br />

Die Kolonisten mussten katholisch sein, die Habsburger bauten die Kirchen. Als Pfarrer Nikolaus<br />

Marx 1777 in die dem Erzengel Michael geweihte Kirche einzog, stand über dem Eingang:<br />

„Schweige, leide, hoffe, meide, nicht verzagen“. Die Kirche wurde 1833 erweitert.<br />

Bischof Lonovics berichtet in seinem Visitationsbericht aus dem Jahre<br />

1837 über <strong>das</strong> <strong>Billed</strong>er Kirchenvolk folgendes: „Das Pfarrvolk ist rein deutsch, und mit Ausnahme akatholischer<br />

Beamter und Diener und einiger Juden, sind alle katholischer Religion ... Die Katholiken beachten<br />

die Gebote Gottes und der Kirche, im Besuch der Predigten sind sie etwas lässig ... Sie beachten<br />

die Feste, die Kinder schicken sie gerne zur Schule. Sie beachten die jährliche Osterpflicht genau ... Das<br />

Kirchweihfest wird mit beispielhafter Devotation gefeiert.“<br />

2<br />

Hundert Jahre später stellt die Priorin der Liobaschwestern, Dr. Hildegardis Wulff, kein so gutes<br />

Zeugnis aus und bemängelt den geringen Kirchenbesuch und Glaubenseifer. Erst in der Kriegsnot,<br />

als die Todesnachrichten von der Front und aus Russland kamen, suchten die Menschen wieder<br />

vermehrt Trost im Glauben und in der Kirche.<br />

40 Jahre nach der letzten Sanierung im Jahr 1967 war der Zustand der Kirche erneut desolat.<br />

Durch die Initiative von Peter Krier und Spenden von über 400 <strong>Billed</strong>er Familien aus der ganzen<br />

Welt konnte 2007 dem Verfall noch einmal zuvorgekommen werden.<br />

Peter Krier: „Die Solidität ihrer Bausubstanz kann uns garantieren, <strong>das</strong>s unsere<br />

Kirche noch nach Jahrhunderten stehen wird, wenn kleinere Schäden immer behoben werden.<br />

Noch immer überragt sie <strong>das</strong> ganze Dorf. Strahlend ist sie von weither sichtbar. Sie kündet von denen,<br />

die einst kamen, um <strong>das</strong> Dorf zu gründen, von denen, die sie einst erbaut haben; sie erinnert<br />

an eine stolze Dorfgemeinschaft, in deren Mittelpunkt sie stand, an fleißige, tüchtige und gottesfürchtige<br />

Menschen.“<br />

Abbildungen<br />

1 Außen- und Innenaufnahme der <strong>Billed</strong>er Kirche 2009<br />

2 Festgottesdienst zur 250-Jahrfeier seit der Gründung der Gemeinde 2015<br />

3 Sanierung der <strong>Billed</strong>er Kirche 2007 <strong>durch</strong> die Initiative von Peter Krier<br />

4 Sanierung der <strong>Billed</strong>er Kirche 1927 unter der Leitung von Baumeister Johann Plennert<br />

5 Bischof Augustin Pacha (1970-1954), bekannt als „Schwabenbischof“, nach dem festlichen Empfang mit Pfarrer<br />

Unterreiner im Jahr 1931 beim feierlichen Umzug in die Kirche.<br />

6 Erstkommunion der Mädchen der Jahrgänge 1955-1957 mit Pfarrer Ladislau Dittrich<br />

7 Aufnahme anlässlich der Firmung 1974 mit Bischof Konrad Kernweiß, Dechantpfarrer Dittrich, Pfarrer Adam<br />

Zenz und dem <strong>Billed</strong>er Kirchenrat.


Bevölkerungsentwicklung, Statistik<br />

Hochzeiten - Geburten - Sterbefälle 1765 - 2000<br />

Exodus der <strong>Billed</strong>er Deutschen 1940-2000<br />

237<br />

<strong>Billed</strong>er, Soldaten im 2. Weltkrieg,<br />

sind nicht mehr zurückgekehrt.<br />

104 sind gefallen, 133 nach ihrer<br />

Kriegsgefangenschaft im Westen geblieben.<br />

583<br />

Personen verlassen<br />

nach der Revolu tion<br />

1990 den Ort.<br />

Personen<br />

142<br />

Personen sind 1944 in den Westen<br />

geflüchtet, 7 sind dabei<br />

ums Leben gekommen.<br />

1727<br />

Personen, der größte Teil der Auswanderer,<br />

ist „legal, <strong>durch</strong> Bezahlen von Kopfgeld“<br />

mit einer Kiste in den Wes ten ausgesiedelt.<br />

3155 Personen haben <strong>Billed</strong><br />

und Rumänien zwischen<br />

1940 - 2000 verlassen<br />

17,3% 25%<br />

106<br />

Russlanddeportierte sind nicht<br />

mehr zurückgekehrt, 76 sind<br />

ge storben, 30 im Westen geblieben.<br />

95<br />

Personen sind über die<br />

Grenze geflüchtet.(3%)<br />

54,7%<br />

3%<br />

76<br />

<strong>Billed</strong>er sind in der Baragansteppe<br />

gestorben.<br />

Mehrheitlich<br />

rumänische<br />

Bevölkerung<br />

Krieg (545=17,3%) Familienzusammenführung (1727=54,7%) | Flucht (95=3%)<br />

nach 1990 (788=25%)<br />

Deutsche Bevölkerung<br />

„Was nützt Fleiß, wenn keine Erben sind?“<br />

• 1880 gab es 275 Geburten bei 180 Todesfällen<br />

• 1900 gab es 145 Geburten und 83 Todesfälle<br />

• 1920 gab es 107 Geburten und 69 Todesfälle<br />

• 1933 gab es nur mehr 64 Geburten und 49 Todesfälle<br />

Von 1933 an näherten sich diese Zahlen immer mehr, so <strong>das</strong>s im Jahre<br />

1936 nur noch 41 Geburten, aber schon 48 Todesfälle zu verzeichnen<br />

waren.<br />

Die Generation der Jahre 1767 bis 1800 hatte im Durchschnitt 4,14 Kinder<br />

je Familie, die Generation 1867 bis 1900 5,5 Kinder je Familie.<br />

1901 bis 1933 hatten die Familien im Durchschnitt nur noch zwei Kinder.<br />

In der darauffolgenden Generation waren es nur noch 1,8 Kinder je Familie.<br />

1943 beginnt der Exodus der <strong>Billed</strong>er Deutschen.<br />

2011 hatte <strong>Billed</strong> 3.294 Einwohner, die HOG <strong>Billed</strong> im Jahr 2015 rund<br />

3.515 Einträge. Macht insgesamt 6809 <strong>Billed</strong>er.<br />

(Abbildung links) Im Hof der Familie Frick 1926 in Arbeits- und Alltagstracht: v.l. landwirtschaftlicher<br />

Arbeiter (Knecht), daneben die Nachbarfamilie Roth, im Kinderwagen Maria<br />

Slavik, Hans Frick sen., Margarethe Frick, Anna Slavik (geb. Frick, ihr Mann, der Bauer,<br />

ist zur Zeit der Aufnahme abwesend), Hans Frick jun.<br />

Ab 1900 kam es zum Ein- und Zweikindersystem.<br />

Die <strong>Billed</strong>er Deutschen leben heute<br />

mehrheitlich in Deutschland. In folgenden<br />

Städten sind sie am häufigsten anzutreffen:<br />

Karlsruhe 425<br />

Frankenthal 144<br />

Nürnberg 140<br />

links: Wärmebild der <strong>Billed</strong>er in DE<br />

Tabelle der <strong>Billed</strong>er weltweit, 2015<br />

Land Orte Personen<br />

Deutschland 399 3115<br />

USA 62 197<br />

Rumänien 17 106 (67 Bi.)<br />

Österreich 21 91<br />

Frankreich 8 28<br />

Australien 4 10<br />

Kanada 6 10<br />

Brasilien 3 9<br />

Grossbritanien 1 4<br />

Spanien 1 4<br />

Italien 1 3<br />

Schweiz 1 3<br />

Gesamt 523 3581


Literatur über die Geschichte der Gemeinde <strong>Billed</strong><br />

Die <strong>Billed</strong>er Zeitung, vom Sonntag, dem 22. Jänner 1933, <strong>das</strong> Original befindet sich in<br />

der Bibliothek der Akademie in Bukarest. Die Zeitung erschien 1933-1935.<br />

25.<br />

Ausgabe<br />

26.<br />

Ausgabe<br />

27.<br />

Ausgabe<br />

<strong>Billed</strong>er Heimatblatt 2012<br />

<strong>Billed</strong>er Heimatblatt 2013<br />

<strong>Billed</strong>er Heimatblatt 2014<br />

www.heimathaus-billed.de<br />

<strong>Billed</strong>er Heimatblatt<br />

2012<br />

Herausgegeben von der HOG <strong>Billed</strong><br />

<strong>Billed</strong>er Heimatblatt<br />

2013<br />

Herausgegeben von der HOG <strong>Billed</strong><br />

<strong>Billed</strong>er Heimatblatt<br />

2014<br />

Herausgegeben von der HOG <strong>Billed</strong>


Die HOG <strong>Billed</strong><br />

(Heimatortsgemeinschaft)<br />

heimathaus-billed.de<br />

Foto: Der Kalvarienberg, <strong>das</strong> Wahrzeichen der Gemeinde<br />

Beim <strong>Billed</strong>er Heimattreffen 1975 in Karlsruhe wurde die Heimatgemeinschaft<br />

(HOG) gegründet und 1979 als eigenständiger Verein im Vereinsregister<br />

Schweinfurt eingetragen.<br />

Die wichtigsten Ziele der HOG<br />

• Erfassung aller <strong>Billed</strong>er<br />

• Die Geschichte <strong>Billed</strong>s zu erforschen und zu dokumentieren<br />

• Kultur, Tradition und Brauchtum zu erh<strong>alte</strong>n und dokumentieren<br />

• Den bedürftigen <strong>Billed</strong>ern zu helfen<br />

• <strong>Billed</strong>er Kulturdenkmäler zu erh<strong>alte</strong>n<br />

• Allen <strong>Billed</strong>ern Zusammengehörigkeit und Gemeinschaftsgeist zu ver-<br />

mitteln<br />

Die HOG veröffentlicht jährlich ein Heimatblatt und veranst<strong>alte</strong>t jedes<br />

zweite Jahr ein Heimattreffen. Es finden jährlich ein bis zwei Busausflüge<br />

statt.<br />

Zu Allerheiligen treffen sich jährlich <strong>Billed</strong>er und Landsleute aus anderen<br />

Banater Ortschaften am <strong>Billed</strong>er Gedenkstein in Karlsruhe und gedenken<br />

ihrer Verstorbenen. Die HOG <strong>Billed</strong> wird auch <strong>durch</strong> ihren Ehrenvorsitzenden<br />

Peter Krier vertreten.<br />

Die wichtigsten Leistungen<br />

• Mitwirkung bei der Kirchenrenovierung 1974-1976<br />

• Mitwirkung bei der Herausgabe des Heimatbuches<br />

• Das Denkmal der Gemeinde in Karlsruhe, 1987<br />

• Jährliches Heimatblatt, seit 1988<br />

• Instandhaltung der Friedhöfe<br />

• Die Sozialstation in <strong>Billed</strong> in Zusammenarbeit mit dem Hilfswerk der<br />

Banater Schwaben, 1994<br />

• Videodokumentation über die Geschichte der Gemeinde, 1994<br />

• Renovierung des Kalvarienberges, 1996<br />

• Herausgabe eines Tonträgers mit Liedern des Kirchenchores, 1999<br />

• Ortssippenbuch in Zusammenarbeit mit Hans Wikete, 2000<br />

• Neugestaltung des Kriegsopfer denkmals in <strong>Billed</strong>, 2006<br />

• Kirchenrenovierung 2008-2009<br />

• Herausgabe von 2 Tonträgern mit Liedern der Blaskapelle: 2008, 2011<br />

• Heimathaus mit Gästezimmern, 2010<br />

• Ausstellung über die Geschichte der Gemeinde im Heimathaus, 2015<br />

• Die Internetseiten billed.de und heimathaus-billed.de, 1998 und 2011<br />

In der Heimatgemeinschaft sind der Kir chenchor, die Trachtengruppe und<br />

die Blaskapelle <strong>Billed</strong>-Alexanderhausen ak tiv.

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