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abgewrackt werden musste. Im Salzunger<br />
Tageblatt von 1937 heißt es dazu:“<br />
Gradezu herzlos gingen diese Leute mit<br />
dem stolzen Luftschiff um. Die äußere<br />
Hülle, die durch den starken Sturm und<br />
vielleicht auch einige Treffer zerzaust<br />
war, riß man dem Riesen einfach vom<br />
Leibe. Mit größerer Sorgfalt wurden<br />
dagegen die Maschinen, die Inneneinrichtung<br />
und besonders das für damalige<br />
Verhältnisse unersetzliche seidene<br />
Unterkleid behandelt, das möglichst<br />
unversehrt geborgen werden sollte.<br />
Fast gefühllos mutete die Behandlung<br />
des Aluminiumgerippes an, dem man<br />
mit Pickeln, Äxten und Sägen zu Leibe<br />
rückte, um es in tausend Stücke zu<br />
zerkleinern. Die übrige Arbeit besorgte<br />
eine schwere Dampfwalze, die das<br />
zerlegte Aluminiumgerippe vollends zu<br />
einer unförmigen Masse zusammendrückte.<br />
Wie hatte sich der Landeplatz<br />
oben auf der Wacht in wenigen Tagen<br />
verändert, schon rückten die Bauernwagen<br />
an, um das zerlegte Luftschiff,<br />
das nur noch einen großen Schrotthaufen<br />
bildete, in bereitgestellte Eisenbahnwagen<br />
zum Bahnhof Tiefenort zu<br />
transportieren. Wohl niemand in dem<br />
freundlichen Dorf hat dem hohen Gast<br />
diese traurige Abreise gegönnt.“<br />
Teile der Zeppelinaußenhaut wurden<br />
an die Tiefenorter verteilt. Mundartdichterin<br />
Ursula Grammlich formuliert:<br />
“On der Zebbelin wor reunderum med<br />
fesde Dooch beschbannt, on dos hot in<br />
ganz Defferde feer jedn äbbes gegann.<br />
Jedes kraicht e Schdeck on jedr hot<br />
davon genomme, bosse konnt gehoa …“<br />
Zwanzig Jahre nach diesem Ereignis,<br />
im August 1937, wurde an der Landestelle<br />
der Zeppelinstein eingeweiht. Der<br />
damalige Bürgermeister Seifert sagte<br />
dazu: “Den Lebenden zur Erinnerung,<br />
den Kommenden als Mahnmal.“ Das<br />
Dorf war festlich geschmückt. Mit Musik<br />
zog man zur Landestelle. Und auch die<br />
ehemalige Besatzung war gekommen.<br />
Die beiden Erbauer des Steins, Bürgermeister<br />
Seifert und Maurermeister<br />
Schanz wurden mit der Überreichung<br />
einer geschmackvollen Urkunde durch<br />
Kameradschaftsführer Baier geehrt. Die<br />
Frauen erhielten für die gute Bewirtung<br />
kleine, metallene Zeppelinbroschen.<br />
Im August 2017 rückte die Zeppelinlandung<br />
und die Einweihung des Zeppelinsteins<br />
erneut in den Fokus. Mit einer<br />
Ausstellung, einem Vortrag und einer<br />
Wanderung zum Zeppelinstein wurde<br />
daran erinnert. Die Museen in Tiefenort<br />
und Dorndorf sowie Privatleute<br />
steuerten dazu ihre Erinnerungsstücke<br />
bei. (Leider war die Ausstellung nur ein<br />
Wochenende lang zu sehen.) Modelle<br />
des Zeppelin, aber auch des Zeppelinstein<br />
und eine Kiefer, die die Spuren<br />
der Haltetaue trägt, veranschaulichten<br />
dieses Ereignis.<br />
Text/Fotos: ch<br />
Die Führergondel von L55.<br />
Das abgestürzte Luftschiff bei Tiefenort (Foto privat)