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www.dasbiber.at<br />

MIT SCHARF<br />

HERBST<br />

20<strong>17</strong><br />

DER FLÜCHTLINGS-<br />

SCHRECK<br />

SYRER ZITTERN VOR SEBASTIAN KURZ


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3<br />

minuten<br />

mit<br />

Sabrina<br />

Wanjiku<br />

Simader<br />

Sabrina Wanjiku Simader ist die<br />

erste kenianische Skiläuferin,<br />

spricht im Ennstaler Dialekt<br />

und erschreckt sich manchmal,<br />

wenn sie sich im Spiegel sieht.<br />

Ihre erste Begegnung im Schnee<br />

wurde zu einem Trauma.<br />

Von Amar Rajković und Marko Mestrović<br />

<strong>BIBER</strong>: Mit wem möchtest du mal in einem Skilift<br />

steckenbleiben?<br />

SABRINA: Mit dem amerikanischen Skiläufer Bode<br />

Miller. Ich habe ihn kurz bei der letzten Ski-WM in<br />

St. Moritz getroffen und ganz spontan ein Foto mit<br />

ihm geschossen. Ein cooler, offener Typ.<br />

Wie oft wirst du täglich auf deine Hautfarbe angesprochen?<br />

Zehn Mal täglich muss ich Blicke ertragen, die mich<br />

daran erinnern, dass ich eine andere Hautfarbe<br />

habe.<br />

Gab es Zeiten, in denen dich die Blicke gekränkt<br />

haben?<br />

Ich bin als schwarzes Kind in ein weißes Land<br />

gekommen und habe mich nicht ausgekannt.<br />

„Warum schauen die Leute so?“, fragte ich mich.<br />

Mittlerweile bin ich gereift und stehe da recht locker<br />

drüber.<br />

Und bist du „schwarz genug“ für Kenia?<br />

Nein, dort werde ich wie eine weiße Person behandelt.<br />

Wenn ich zurück in die Steiermark komme,<br />

erschrecke ich beim Anblick in den Spiegel und<br />

muss mich selbst erinnern „Hey, du bist ja schwarz.“<br />

Was sagen die kenianischen Verwandten zu deiner<br />

exotischen Tätigkeit?<br />

Mein Opa sagt immer, das ist ein gefährlicher Sport,<br />

mach das nicht!<br />

Warum hast du mit dem Skifahren angefangen?<br />

Ich bin da hineingewachsen und hatte keine andere<br />

Wahl, da mein Vater einen eigenen Skilift in Haus<br />

am Ennstal betrieb. Die erste Begegnung mit dem<br />

Schnee war ein traumatisches Erlebnis. Es war saukalt<br />

und ich habe meinen Handschuh verloren.<br />

Warum trittst du nicht für Österreich an?<br />

Weil Kenia eine Herzensangelegenheit für mich ist<br />

und die Konkurrenz im ÖSV-Team enorm ist.<br />

Du hast zusammen mit dem Ski-Superstar Marcel<br />

Hirscher trainiert. Was könnte er von dir lernen?<br />

Singen! Vor allem bei Elvis Presley kann ich nicht<br />

ruhig sitzen und Rhythmusgefühl habe ich aufgrund<br />

meiner Gene sowieso. (lacht)<br />

Hörst du Gabalier oder Fischer?<br />

In Schladming sind die beiden beim Apres-Ski<br />

sehr gefragt. Ihre Musik entspricht nicht meinem<br />

Geschmack.<br />

Name: Sabrina Wanjiku Simader<br />

Alter: 19<br />

Besonderes: lebt seit ihrem dritten Lebensjahr<br />

in Haus im Enntal, Steiermark<br />

Geburtsort: Kilifi, Kenia<br />

/ 3 MINUTEN / 3<br />

Inserat_das-biber_207x270.indd 1 12.<strong>10</strong>.<strong>17</strong> 16:27


3 3 MINUTEN MIT<br />

der kenianischen Skiläuferin<br />

Sabrina Wanjiku Simader.<br />

6 PLACE OF THE MONTH<br />

Kapstadt – ein Paradies für Kinder.<br />

<strong>10</strong> IVANAS WELT<br />

Über den Slava-Blues.<br />

POLITIKA<br />

14 DAS GROSSE ZITTERN:<br />

Syrische Flüchtlinge fürchten sich<br />

vor Sebastian Kurz.<br />

20 MEINUNG<br />

Was die Tante aus Mostar über<br />

Sebastian Kurz denkt.<br />

22 STUDIENGEBÜHREN<br />

Das Geschäft mit den türkischen Studenten.<br />

26 FAMILIENGESCHICHTE I<br />

Meine Mutter, eine Heldin.<br />

RAMBAZAMBA<br />

32 OPA, GOPNIK-STYLE:<br />

Modestrecke für Arme.<br />

40 FAMILIENGESCHICHTE II<br />

Wenn Mama in Pension geht und sich<br />

plötzlich alles ändert.<br />

44 MEINUNG<br />

Wie es ist, als Mädchen in einer streng<br />

muslimischen Familie aufzuwachsen.<br />

48 EASTERN UNION<br />

Geldtransfers als private Entwicklungshilfe<br />

für Syrien<br />

FLÜCHTLINGS-<br />

SCHRECK<br />

Sie fühlen sich<br />

von ihm benutzt,<br />

geblendet und<br />

verraten: Die<br />

syrischen Flüchtlinge<br />

und ihre Angst vor<br />

Sebastian Kurz<br />

INHALT<br />

HERBST<br />

20<strong>17</strong><br />

14<br />

GOPNIKSTYLE<br />

Fila-Logo, Goldkette, Adidas Jogger und<br />

fertig ist der Ostblock-Style, der jetzt auch<br />

die Straßen Österreichs erobert.<br />

32<br />

Helmut Graf / Heute / picturedesk.com, Marko Mestrović; Coverillustration: Mariella Lehner<br />

KARRIERE<br />

50 KARRIERE NEWS<br />

Andrea bleibt positiv.<br />

52 SELBERMACHER<br />

Tanzende Nerds<br />

54 <strong>BIBER</strong> AKADEMIE<br />

Die biber Akademie macht Karriere.<br />

56 LEHRE<br />

Mach es wie Murat!<br />

TECHNIK<br />

58 TECHNIK NEWS<br />

Adam über Plastik, Roboter und Mörder.<br />

LIFE & STYLE<br />

60 NEW GIRL<br />

Wir haben eine neue Lifestyle-Queen:<br />

Ola Gurl!<br />

61 MANN & BODY<br />

Artur mit neuen Tipps.<br />

KULTUR<br />

62 KULTURNEWS<br />

Jelena über Harry Potter und Balkan-Rock.<br />

64 BEST OF<br />

#Neoösterreich.<br />

OUT OF AUT<br />

62 SÜDAFRIKA<br />

Drei Wochen Kapstadt – eine Bilanz.<br />

70 DIE LEIDEN DES<br />

JUNGEN TODOR<br />

Familie und Job in<br />

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Beratung ist<br />

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Dolmetscherin Yasemin Gül, 35 Jahre<br />

Früher musste ich beruflich zu vielen Kongressen reisen und habe<br />

meine Familie nur selten gesehen. Dazu kam, dass Simultanübersetzen<br />

hohe Konzentration erfordert und die Arbeitszeiten sehr unregelmäßig<br />

sind. Irgendwann war ich völlig ausgebrannt. Da kam fit2work wie<br />

gerufen: Nach einem ausführlichen Beratungsgespräch wurde mir<br />

geholfen, einen geregelten Job zu bekommen. Heute arbeite ich<br />

40 Stunden in der Kommunikationsabteilung eines internationalen<br />

Unternehmens und hab wieder mehr Zeit für meine Familie.<br />

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Matt Parry / robertharding / picturedesk.com<br />

PLACE<br />

OF THE MONTH:<br />

KAPSTADT<br />

MIT KIDS<br />

Wer keine Kinder hat, braucht hier nicht weiter<br />

lesen. Reist bitte nach Tansania, Burma oder<br />

Madagaskar, solange ihr noch könnt. Sobald<br />

aber die lieben Kinderlein da sind, dominieren<br />

bisher unbekannte Bedenken die Urlaubsplanung:<br />

Wie ist das mit der Zeitverschiebung?<br />

Was, wenn ein Kind krank wird? Ist es fürs<br />

Baby dort nicht viel zu heiß? Frechheit, warum<br />

müssen Kinder im Flugzeug bereits ab 2 Jahren<br />

zahlen? Wie kann man sich als Familie denn<br />

überhaupt einen Urlaub leisten?<br />

Im Sommer ist das bekanntlich kein unlösbares<br />

Problem. Ab nach Kroatien und alle sind<br />

glücklich. Aber im Winter, wenn man die Sonne<br />

sucht und weder auf die Kanaren noch nach<br />

Thailand will? Dann empfiehlt biber-Chefredakteur<br />

Simon Kravagna Kapstadt. Sein<br />

Family-Guide für eine der schönsten<br />

Städte der Welt auf<br />

Seite 74.<br />

6 / MIT SCHARF /<br />

/ MIT SCHARF / 7


Liebe Leserinnen und Leser,<br />

Ihr seid wahrscheinlich genauso froh wie wir, dass der<br />

Wahlkampf endlich Geschichte ist und das Land wieder zur<br />

Ruhe kommt. Moment! Nicht das ganze Land. Zehntausende<br />

syrischen Flüchtlinge zittern vor Sebastian Kurz und seiner<br />

Flüchtlingspolitik. Kommt die Reduktion der Mindestsicherung?<br />

Gar Asyl auf Zeit? Wir haben mit Syrern geredet,<br />

die Angst vor Sebastian Kurz und seiner Politik haben.<br />

Ab S. 14<br />

Nicht nur die Flüchtlinge stehen unter Druck – der ÖVP-<br />

Chef und wahrscheinlicher Kanzler Kurz muss jetzt liefern,<br />

wie unser stv. Chefredakteur Amar Rajkovic schreibt.<br />

Ab S. 19<br />

Sie tragen Jogginghosen, Bauchtaschen und posen kniend<br />

auf Fotos. Die „Gopniks“ zählten ursprügnlich zu Russlands<br />

verlorener Jugend zwischen Vodka-Flasche und Plattenbau.<br />

Dank Instagram und Nachahmern macht sich der Trend auch<br />

in Österreich breit. Fotostrecke ab S.32<br />

IMPRESSUM<br />

MEDIENINHABER:<br />

Biber Verlagsgesellschaft mbH, Quartier 21,<br />

Museumsplatz 1, E-1.4, <strong>10</strong>70 Wien<br />

HERAUSGEBER & CHEFREDAKTEUR:<br />

Simon Kravagna<br />

STV. CHEFREDAKTEUR:<br />

Amar Rajković<br />

STV. CHEFREDAKTEURIN:<br />

Delna Antia<br />

CHEFIN VOM DIENST:<br />

Jelena Pantić<br />

CHEFREPORTERIN:<br />

Melisa Erkurt<br />

ONLINECHEFIN:<br />

Alexandra Stanić<br />

KOLUMNIST/INNEN:<br />

Ivana Cucujkić, Todor Ovtcharov<br />

FOTOCHEF:<br />

Marko Mestrović<br />

REDAKTION & FOTOGRAFIE:<br />

Aleksandra Tulej, Artur Zolkiewicz,<br />

Mamo Issa, Emir Dizdarević, Steven<br />

Mayer, Nada El-Azar, Nour Khelifi,<br />

Andrea Grman, Aykut Erdem, Dragan<br />

Tatić, Christoph Liebentritt<br />

ART DIRECTOR: Dieter Auracher<br />

LAYOUT: Dieter Auracher<br />

LEKTORAT: Christina Gaal<br />

MARKETING: Adam Bezeczky<br />

BUSINESS DEVELOPMENT:<br />

Andreas Wiesmüller<br />

GESCHÄFTSFÜHRUNG:<br />

Wilfried Wiesinger, Simon Kravagna<br />

DOPPELT PUNKTEN<br />

Seit die Mutter unserer Redakteurin in Pension ist, plagen<br />

die Tochter viele Ängste: Wird sich ihre Mama langweilen?<br />

Werden die Eltern öfter streiten? Wird sich ihre Mutter-<br />

Tochter - Beziehung verändern? Ab S. 40<br />

Genießt den Herbst und die wahlfreie Zeit,<br />

Bussi<br />

die Redaktion<br />

KONTAKT: biber Verlagsgesellschaft mbH<br />

Quartier 21, Museumsplatz 1,<br />

E-1.4, <strong>10</strong>70 Wien<br />

Tel: +43/1/ 9577528<br />

redaktion@dasbiber.at<br />

marketing@dasbiber.at<br />

abo@dasbiber.at<br />

INTERNET: www.dasbiber.at<br />

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Druckauflage 85.000 Stück<br />

verbreitete Auflage 78.650 Stück<br />

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In Ivanas WELT berichtet die biber-Redakteurin<br />

Ivana Cucujkić über ihr daily life.<br />

IVANAS WELT<br />

GLÜCKLICH MIT GEORGE<br />

ADRIANA IST GUT ERHOLT AUS DEM URLAUB ZURÜCK. DANK DES CLEVEREN KONTOMANAGEMENTS<br />

MIT GEORGE HAT SIE GENUG GESPART FÜR EIN NEUES HANDY.<br />

DIE GEORGE GO APP WIRD GLEICH<br />

MAL AUFS NEUE HANDY GELADEN.<br />

ADRIANA TRAINIERT FÜR<br />

DEN VIENNA NIGHT RUN.<br />

GESCHAFFT! ADRIANA HAT SICH<br />

EINE BELOHNUNG VERDIENT.<br />

SLAVA – ALL YOU MUST EAT<br />

Futtern, Feiern, Saufen. Des Jugos liebster Zeitvertreib<br />

startet dieser Tage mit der Slava-Saison.<br />

Mein persönlicher Kick-Off zur Jahreszeit der Völlerei<br />

ist – lange noch, bevor sich Vanillekipferl und<br />

Glühwein in meine winterliche Ernährungsroutine<br />

mischen – die Slava.<br />

Das Fest zu Ehren des Schutzpatrons ist DAS<br />

Familien-Event des Jahres. Ein exklusiv serbischorthodoxes<br />

Happening, das laut Google wohl dazu<br />

diente, den einst heidnischen Serben den Übertritt<br />

zum Christentum schmackhaft zu machen.<br />

ESSEN-TRINKEN-ESSEN-TRINKEN<br />

In meiner Kindheit hab ich die Slava-Zeit als tagelanges<br />

Verweilen bei etlichen Tanten in Erinnerung,<br />

wo wir zu Mittag auftauchten, den ganzen<br />

Tag über aßen und herumtollten, unsere Väter<br />

tranken und Karten spielten, die Mütter den Tisch<br />

für das Abendessen mit den gleichen, aufgewärmten<br />

Gerichten neu deckten und irgendwann<br />

gegen Mitternacht wieder gingen. Ich fand’s super.<br />

Heute geht es einfach nur auf die Figur. So<br />

viele Workout-Sessions und Detox-Kuren können<br />

meinen 30plus-Body gar nicht wieder rekonstruieren.<br />

Dieser Tage feiern wir die Heilige Petka (sveta petka),<br />

die Schutzheilige der Frauen (wie innovativ!).<br />

Eine der Top Five von über 70 Slavas, die von Vater<br />

auf Sohn vererbt wird (nicht so innovativ). Die Vorbereitungen<br />

für dieses kulinarische Gelage laufen<br />

vorab tagelang auf Hochtouren. Die Wohnung verwandelt<br />

sich dann in ein Catering-Unternehmen<br />

mit umfunktionierter Großküche im 24-Stunden-<br />

Betrieb. Immerhin soll ein Sechs-Gänge-Menü für<br />

20 Personen vorbereitet werden. Eingeladen wird<br />

cucujkic@dasbiber.at<br />

in Schichten mit open end. Serviert wird alles,<br />

was der extra für Slavas angeschaffte ausziehbare<br />

Tisch in Überlänge tragen kann.<br />

ESSEN-TRINKEN-ESSEN-KAPITULIEREN<br />

Den Auftakt macht ein Vorspeisenallerlei, von der<br />

klassischen Kalten Platte bis zu pikanten Schichttorten<br />

ist alles erlaubt, gefolgt von klassischer klarer<br />

Suppe, dem Gemüse aus der Suppe, das extra<br />

angerichtet wird und „rinflajš“ heisst, meint aber<br />

alles an Suppengemüse und Fleischstücken. Eine<br />

kulinarische Balkankuriosität, die ich nie verstanden<br />

habe. Mit Sarma, der unbestrittenen Königin<br />

der serbischen Küche aus Kraut und Reisfleisch-<br />

Füllung, ist die Hälfte des Slava-Menüs geschafft.<br />

Den letzten Gang lass ich immer aus. Kaltes (!)<br />

Spanferkel. Noch so eine geschmacklose Absurdität.<br />

Als Abschluss und Höhepunkt folgt eine<br />

Süßspeisen-Parade an Balkan-Petit Fours und<br />

mindestens zwei mächtigen Jugo-Torten. Ab hier<br />

geht nichts mehr. Auch nicht mit viel Schnaps. Der<br />

Verdauungstrakt kapituliert unweigerlich.<br />

DAS ERBE DER MENSCHHEIT<br />

Die Slava ist nicht bloß ein weiterer Vorwand für<br />

geselliges Beisammensein, exzessives Futtern,<br />

Feiern und Betrinken, wozu der Jugo ja so selten<br />

Gelegenheit findet. Seit 2014 ist das Schutzpatronenfest<br />

auf der UNESCO-Liste des immateriellen<br />

Kulturerbes der Menschheit.<br />

Kalorien hin oder her. Wenn ich mit jedem Bissen<br />

Sarma zum Erhalt der Weltkultur beitragen kann,<br />

dann, bei holy Petka, mach’ ich das! Srećna slava!<br />

Susanne Einzenberger<br />

Let‘s go - Ich<br />

geh mit George<br />

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der Lauf war<br />

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Ich habe Durst!<br />

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George! Wie<br />

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WER HAT ANGST VOR<br />

SEBASTIAN KURZ?<br />

Sie feierten ihn, posteten Selfies mit ihm, hielten ihn für<br />

den österreichischen Justin Trudeau. Doch dann sprach er<br />

plötzlich nur noch vom Schließen der Balkanroute und der<br />

Kürzung der Mindestsicherung. Seitdem fürchten sie ihn:<br />

Syrische Flüchtlinge und ihre Angst vor Sebastian Kurz.<br />

Von Melisa Erkurt, Mitarbeit: Bilal Albeirouti<br />

Illustration: Mariella Lehner<br />

Der Krieg, die Flucht, das Ungewisse<br />

- sie dachten in Österreich wären sie<br />

endlich sicher. Doch wie wird sich<br />

die Flüchtlingspolitik von Sebastian<br />

Kurz auf sie auswirken? Die Syrer<br />

zittern erneut vor der Zukunft.<br />

Er war ein Vorbild für uns junge<br />

Syrer. Als wir hergekommen<br />

sind, waren wir begeistert:<br />

Ein junger Mann in der Politik,<br />

der wird unsere Probleme verstehen“,<br />

erzählt der 22-jährige Syrer Zuher*.<br />

Zuher hat Sebastian Kurz 2015 auf einer<br />

Veranstaltung getroffen, sogar ein Selfie<br />

mit ihm gemacht und es stolz auf Facebook<br />

gepostet. Heute, knapp zwei Jahre<br />

später, hat Zuher das gemeinsame Selfie<br />

gelöscht und Kurz auf Facebook entliket.<br />

In letzter Zeit wird ihm auf Facebook deshalb<br />

immer wieder der gesponserte Post<br />

von Sebastian Kurz angezeigt, in dem er<br />

aufruft, ihn mit einem Like zu unterstützen.<br />

Daraufhin schreibt Zuher Sebastian<br />

Kurz auf die Pinnwand: „Dich unterstütze<br />

ich sicher nicht!!!“ Wenn Zuher davon<br />

erzählt, ist er nicht etwa stolz darauf,<br />

Zuher ist enttäuscht. Doch da ist noch<br />

etwas in seinen Augen, wenn er über<br />

Sebastian Kurz spricht: Angst.<br />

Viele ÖsterreicherInnen sind frustriert<br />

von dem Ergebnis der Nationalratswahl:<br />

Mit 31,5 Prozent belegt die Liste<br />

Sebastian Kurz klar Nummer Eins. Mit<br />

Balkanroute und Islam-Bashing hätte er<br />

die Wahl gewonnen, werfen ihm Kritiker<br />

vor. Doch keiner ist so enttäuscht wie<br />

die, die Kurz derzeit am meisten im<br />

Fokus hat: Die Flüchtlinge selber. Sie<br />

fühlen sich benutzt, geblendet, verraten<br />

von Sebastian Kurz, den sie einst für den<br />

österreichischen Justin Trudeau hielten,<br />

jenem kanadischen Premierminister,<br />

der Flüchtlinge persönlich am Flughafen<br />

begrüßte und „WelcomeRefugees“<br />

Hashtags benützt. Dass sich Trudeau<br />

nur so inszenierte und Kanada für 20<strong>17</strong><br />

ankündigte, nur noch 7.500 Flüchtlinge<br />

aus Syrien aufzunehmen, wissen die<br />

meisten Syrer nicht.<br />

Wenn man mit syrischen Flüchtlingen<br />

über Sebastian Kurz spricht, dann wird<br />

es emotional. Dann reden alle durcheinander,<br />

es wird laut, manchmal fließen<br />

sogar Tränen: „Wie konnten so viele Kurz<br />

wählen, nach allem, was er über Flüchtlinge<br />

sagt? Wir haben das Vertrauen in<br />

Österreich verloren“, sagt der 35-jährige<br />

Syrer Bader * . „Wir sind erst seit 2015<br />

da und er beschwert sich schon nach<br />

knapp zwei Jahren über uns. Wieso<br />

wartet er nicht noch ein Jahr und schaut,<br />

wie es wird. In zwei Jahren kann sich<br />

keiner vollständig integrieren“, so Bader,<br />

der selbst schon gut Deutsch spricht<br />

und eine Bewerbung nach der anderen<br />

verschickt. „Was glaubst du, wieso er<br />

die Wahlen vorgezogen hat? Weil er uns<br />

Flüchtlinge in einem Jahr nicht mehr<br />

als Hauptthema nehmen kann, da wir in<br />

einem Jahr kein Thema mehr sind, weil<br />

wir uns integriert hätten!“, sagt Ahmad*,<br />

ein 27-jähriger Syrer. „Wir haben für Kurz<br />

die Wahl gewonnen, er hat uns benutzt,<br />

um Kanzler zu werden“, fügt er hinzu.<br />

Die anderen Syrer und Syrerinnen in der<br />

Runde stimmen ihm zu.<br />

„WAS HAT ER MIT<br />

UNS VOR?“<br />

Sie alle erzählen, dass sie dachten, sie<br />

wären in Österreich sicher, dass sie<br />

langsam begonnen hatten, ihre Kriegstraumata<br />

zu bewältigen. Doch jetzt ist<br />

die Angst wieder da. Das Ungewisse<br />

schwebt erneut über ihnen. „Was<br />

passiert morgen, was hat Kurz mit uns<br />

vor, wenn er Kanzler wird?“, fragt sich<br />

Nessrin * , die in Österreich niemanden hat<br />

und nicht weiß, wie es für sie weitergeht,<br />

sollte Kurz sein Wahlprogramm tatsächlich<br />

so umsetzen.<br />

14 / POLITIKA /<br />

/ POLITIKA / 15


Sebastian<br />

Kurz 2015 in<br />

Mazedonien, am<br />

Grenzübergang<br />

Gevgelija.<br />

MEINUNG<br />

„SEID DANKBAR“<br />

Von Simon Kravagna<br />

„Seit Sebastian Kurz im Wahlkampf<br />

ständig über die Kürzung der Mindestsicherung<br />

redete, habe ich Alpträume.<br />

Ich träume, dass ich aufwache und kein<br />

Geld mehr habe, obdachlos bin“, erzählt<br />

Bader, der mit seiner Frau und zwei kleinen<br />

Kindern in Wien lebt. „Wenn er die<br />

Sozialleistungen kürzt, enden wir wie die<br />

Marokkaner, müssen Drogen in der U6<br />

verkaufen oder als Schlepper arbeiten“,<br />

bangt Munir * . Munir hat manchmal am<br />

Ende des Monats trotz Mindestsicherung<br />

kein Geld mehr am Konto, er hat niemanden<br />

in Österreich, von dem er sich<br />

Geld leihen könnte. „Wenn Kurz uns die<br />

Mindestsicherung kürzt, enden wir in der<br />

Armut“, sagen alle fünf.<br />

„WAS MACHT ER<br />

FÜR UNS?“<br />

Dass sie sich nach allem, was sie durchmachen<br />

mussten, in Österreich sorgen<br />

ums Überleben machen müssen, damit<br />

hatte keiner der Syrer gerechnet. „Kurz<br />

war damals für uns wie Justin Trudeau,<br />

jetzt ist er wie der junge Assad“, sagen<br />

sie einstimmig. Ein harter, ungerechter<br />

Vergleich, der bei den Syrern aber immer<br />

mal wieder fällt, wenn sie über Sebastian<br />

Kurz sprechen: „Assad ist auch jung in<br />

die Politik gegangen, er hat in Europa<br />

studiert, alle setzten große Hoffnungen in<br />

ihn, alle glaubten, er würde uns Demokratie<br />

wie im Westen bringen.“ Doch das<br />

Gegenteil trat ein. Der Vergleich Kurz und<br />

Assad ist mehr als unangebracht. Das<br />

Assad-Regime foltert, zerstört, vernichtet.<br />

Den Terror eines Diktators in Syrien<br />

kann man auf keinen Fall mit dem konservativen<br />

Kurs eines demokratischen<br />

Politikers in Österreich vergleichen. Doch<br />

wenn es um das Thema Mindestsicherung<br />

geht, spricht die Panik aus den<br />

Syrern: „Es gibt einen Grund, wieso Mindestsicherung<br />

so heißt. Es ist das Mindeste,<br />

was man zum Leben in Österreich<br />

braucht. Wenn er sie uns kürzt, könnte<br />

die Kriminalität zunehmen“, fürchtet<br />

Nessrin. „Wieso kürzt ein Integrationsminister<br />

den Flüchtlingen Sozialleistungen?<br />

Was macht er für uns? Nichts, was uns<br />

die Integration erleichtert“, sagt Bader,<br />

für den sich Integration nicht eingleisig<br />

vollzieht. Bader findet Integrationskurse<br />

gut, aber nur für die, die es nötig haben:<br />

„Gebildete Flüchtlinge frustriert es, wenn<br />

sie in diesen Kursen lernen, wie man die<br />

Straße überquert. Das demotiviert und<br />

fördert ganz sicher nicht die Integration“,<br />

sagt er. „Keine Arbeit, stattdessen<br />

diese Kurse und Kürzung von Sozialleistungen“,<br />

ärgert sich Bader, der nicht<br />

weiß, wie er ohne Sozialleistungen seine<br />

Kinder durchbringen soll.<br />

„WENN IHR NICHT<br />

BRAV SEID,<br />

DANN KOMMT<br />

SEBASTIAN KURZ.“<br />

Bader versucht die Lage trotzdem mit<br />

Humor zu meistern: „Wenn meine Kinder<br />

schlimm sind, sage ich ihnen: „Wenn ihr<br />

nicht brav seid, dann kommt Sebastian<br />

Kurz.“<br />

Auch als Sebastian Kurz rät, in<br />

Eigentum zu investieren, weil die Mieten<br />

so hoch sind, nimmt man das in der<br />

syrischen Community mit Humor. In einer<br />

Facebook-Gruppe, in der sich Syrer in<br />

Österreich austauschen und die über<br />

40.000 Mitglieder fasst, wurde die Aussage<br />

auf Flüchtlinge umgemünzt: „Wenn<br />

Flüchtlinge kein Geld haben, sollen sie<br />

doch zur Bank gehen“, schreibt einer in<br />

die Gruppe und setzt damit eine hitzige<br />

Diskussion über Sebastian Kurz in Gang.<br />

In der Facebook Gruppe wird generell oft<br />

über Sebastian Kurz diskutiert. Wahrheit<br />

und Fake-News über Kurz vermischen<br />

sich dabei. Sie diskutieren darüber, dass<br />

Kurz es für Syrer unmöglich machen<br />

wird, nach Österreich zu gelangen, darüber,<br />

dass er das Kopftuch verbieten will,<br />

darüber, dass er Muslime nicht mögen<br />

soll. Darüber, dass er den Eintritt in den<br />

Arbeitsmarkt für Flüchtlinge erschweren<br />

will und darüber, dass Sebastian Kurz<br />

„(…) Für Flüchtlinge die kaum<br />

Deutsch können und keine Arbeit<br />

finden, gibt es keine Zukunft in<br />

diesem Land“ – eines von unzähligen<br />

Kommentaren in den syrischen<br />

Facebook Gruppen am Wahlabend.<br />

die Mindestsicherung kürzen wird. Kurz<br />

nachdem das vorläufige Wahlergebnis<br />

feststeht, überschlagen sich die Postings<br />

in der Facebook-Gruppe. „Was bedeutet<br />

das Ergebnis dieser Wahlen für uns? Die<br />

Österreicher bewegen sich nach rechts,<br />

zum Rassismus gegenüber Ausländern<br />

und Flüchtlingen. Die Regierung wird aus<br />

Schwarz-Blau gebildet und die Gesetze<br />

werden so sein, dass die Mindestsicherung<br />

gesenkt wird und die Flüchtlinge<br />

ohne Asylbescheid abgeschoben<br />

werden. Für die Flüchtlinge, die noch<br />

kein Deutsch können und keine Arbeit<br />

haben, gibt es keine Zukunft in diesem<br />

Land“, schreibt eine Userin. „Es wird sich<br />

für uns nichts ändern, wenn Schwarz-<br />

Blau in der Regierung ist, weil wir aus<br />

den arabischen Staaten kommen, wo es<br />

viele Diktatoren gibt. Wir haben uns an<br />

so etwas schon gewöhnt“, schreibt ein<br />

anderer. Weitere Kommentare folgen im<br />

Minutentakt.<br />

Der Admin der Gruppe blockiert daraufhin<br />

jedes Wahl-Posting: „Warten wir das<br />

endgültige Ergebnis ab“, versucht er die<br />

Masse zu beschwichtigen.<br />

Offenbar braucht es noch mehr Wertekurse: Wenn ein paar Syrer in<br />

unserer Coverstory Sebastian Kurz mit dem „jungen Assad“ vergleichen,<br />

dann sitzt bei einigen Flüchtlingen der Unterschied zwischen einem<br />

demokratischen Politiker und einem Diktator offenbar noch nicht. So ein<br />

Vergleich ist nur absurd.<br />

Viele Syrer schätzen aber wiederum unsere demokratischen Rechte mehr<br />

als viele Österreicher. „Ich habe nie in meinem Leben gewählt wegen<br />

der Diktatur in meinem Land. Deswegen seid dankbar und geht wählen“,<br />

postete etwa unser syrischer Mitarbeiter Ibrahem Zakarya auf Deutsch<br />

am Wahlsonntag. Auch er ist jetzt vom Wahlergebnis enttäuscht. Sagt<br />

aber: „Wir sollten das Ergebnis respektieren. Das ist eben die österreichische<br />

Entscheidung.“<br />

Mit der Wahl am 15. Oktober wurde aber quasi nur offiziell, was vorher<br />

schon bekannt war. Die Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher<br />

wollen keine liberale Flüchtlingspolitik und schon gar nicht, dass<br />

dafür auch noch Geld ausgegeben wird. Diese Meinung muss man nicht<br />

übernehmen, aber eben akzeptieren. Und in vielen Bereichen – etwa im<br />

Europäischem Asylsystem – gibt es wirklich großen Reformbedarf.<br />

MINDESTSICHERUNG BLEIBT – IN WIEN<br />

Auch die bisher teils großzügige Mindestsicherung für Flüchtlinge<br />

wird fallen. Zur Beruhigung vieler Syrer kann ich aber sagen: Das wird<br />

zumindest in Wien noch lange dauern. Denn auch wenn Sebastian Kurz<br />

Kanzler wird, kann er die Mindestsicherung gegen den Willen der Wiener<br />

Stadtregierung nicht einfach kürzen. Ich halte das Mindestsicherungssystem<br />

in Wien für reformbedürftig. Aber solange das Wiener Modell von<br />

SPÖ und Grünen getragen wird, kann Kurz es nicht einfach abschaffen<br />

Auch das ist Demokratie. Das Durchgriffsrecht hat Kurz in der ÖVP, nicht<br />

im föderalen Staat.<br />

In manchen Punkten hat Kurz übrigens Recht. Wir sollten analysieren,<br />

wo und wie Österreich in der Flüchtlingspolitik am besten helfen kann.<br />

Tatsächlich kann es sinnvoller sein, direkt in Krisenländern zu helfen als<br />

hohe Integrationskosten im Inland zu tragen. Nach dieser Logik müsste<br />

dann aber jede Million, die bei der Mindestsicherung und Flüchtlingsbetreuung<br />

in Österreich unter einem Kanzler Kurz eingespart wird für<br />

Flüchtlingshilfe und Investitionen in Afrika oder im arabischen Raum<br />

verwendet werden. Schauen wir mal, ob das Geld dort ankommt. Und ob<br />

ein möglicher Koalitionspartner FPÖ so etwas mitträgt.<br />

kravagna@dasbiber.at<br />

16 / POLITIKA /


Bei ihrer Ankunft<br />

in Österreich<br />

hielten viele<br />

Syrer Sebastian<br />

Kurz für einen<br />

Hoffnungsträger.<br />

Dann änderte er<br />

seinen Kurs und<br />

jetzt fürchten<br />

sie ihn und seine<br />

Politik.<br />

WAS KURZ IN DER FLÜCHTLINGS-<br />

FRAGE WIRKLICH FORDERT:<br />

→ Kürzung der Mindestsicherung: Mindestsicherung für<br />

Flüchtlinge soll 560 Euro betragen und damit in den<br />

meisten Bundesländern gekürzt werden. Zum Vergleich:<br />

In Wien beträgt die Mindestsicherung aktuell 844,46<br />

Euro. Paare (pro Person) erhalten 633,35 Euro, Pro<br />

Kind gibt es 228 Euro. Bundesweit will die ÖVP eine<br />

Deckelung der Sozialleistung für Familien bei 1500<br />

Euro.<br />

→ Obergrenze gleich null: „Die einzige Alternative, die wir<br />

haben, ist die illegale Zuwanderung rigoros zu stoppen.<br />

Wir sprechen hier von einer Obergrenze gleich null“,<br />

heißt es in dem ÖVP-Programm. Die EU-Außengrenze<br />

soll abgeschottet und die Mittelmeer-Route geschlossen<br />

werden. Migranten, die aufgegriffen werden, sollten<br />

nach Afrika und Co zurück geschickt werden.<br />

→ Gemeinnützige Arbeit für Asylwerber. Die Asylwerber,<br />

die noch ins Land dürfen, sollten nach dem Grundsatz<br />

„Leistung für Gegenleistung“ etwas tun, heißt es in dem<br />

Programm. Im Gegenzug sollen Asylwerber Anreize wie<br />

„VOR STRACHE<br />

FÜRCHTET SICH<br />

KEINER MEHR“<br />

Auch abseits der virtuellen Welt gibt es<br />

in der syrischen Community jetzt nur<br />

noch ein Thema: Sebastian Kurz. „Wenn<br />

ich mit syrischen Freunden telefoniere,<br />

frage ich nicht: Wie geht’s, was gibt’s<br />

Neues? Sondern gleich: Gibt’s was<br />

Strache beklagte schon im Wahlkampf,<br />

dass Kurz ihm die Stimmen klaue. Jetzt<br />

wurde ihm auch noch die Rolle als<br />

Flüchtlingsschreck von Kurz genommen.<br />

Neues von Kurz?“, erzählt Bader. Zuher,<br />

der erst seit zwei Jahren in Österreich<br />

ist, hat sogar das Wahlprogramm von<br />

Kurz gelesen. Ahmad hat alle TV-Duelle<br />

mit Sebastian Kurz geschaut. Am Wahlabend<br />

verfolgen sie alle die Nachrichten.<br />

Als das Ergebnis feststeht, ist Bader<br />

unter Schock, an Schlaf ist nicht zu<br />

denken. „Ich habe die ganze Nacht kein<br />

Auge zugemacht“, erzählt auch Munir,<br />

seine dunklen Augenringe sprechen<br />

Bände.<br />

Über Strache und die FPÖ spricht<br />

dagegen niemand. Mit 26,4 Prozent landet<br />

die FPÖ auf Platz drei, knapp hinter<br />

der SPÖ. „Vor Strache fürchtet sich schon<br />

lange keiner mehr“, ergänzt Ahmad.<br />

„Kurz ist gefährlicher als Strache. Bei<br />

Strache weiß ich, was mich erwartet, bei<br />

Kurz weiß ich nicht, was er als nächstes<br />

fordert“, so Munir. „Ich verstehe nicht,<br />

wie Kurz sich vor den Augen aller so<br />

wandeln konnte und die Öffentlichkeit ihn<br />

dafür auch noch mit Stimmen belohnt.“<br />

Ahmad schüttelt den Kopf: „Ich hätte es<br />

wissen müssen“, sagt er. „Als ich Kurz<br />

2015 bei einer Veranstaltung getroffen<br />

habe und meinem österreichischen<br />

Mitbewohner begeistert davon erzählte,<br />

warnte der mich noch, Kurz sei „ein Wolf<br />

im Schafspelz“, er würde sein wahres<br />

Gesicht noch zeigen.“<br />

VOM HOFFNUNGS-<br />

TRÄGER ZUM<br />

FLÜCHTLINGS-<br />

SCHRECK<br />

Ahmad hat sich damals sogar mit seinem<br />

Mitbewohner gestritten, weil er nicht<br />

wollte, dass dieser schlecht über Kurz<br />

redet. Bader hat Verständnis für Ahmads<br />

Reaktion: „Wir waren geblendet. Doch<br />

Tatsache ist, es lag auf der Hand: Kurz ist<br />

jung, junge Politiker haben noch keinen<br />

festen Kurs, sie verändern sich. Sie stehen<br />

ja erst am Beginn ihrer Karriere und<br />

wollen immer höher hinaus und dafür<br />

sind ihnen alle Mittel recht.“<br />

Munir denkt kurz über Baders Worte<br />

nach und sagt dann ernst: „Kurz tut<br />

immer so, als wäre alles unsere Schuld.<br />

Ich höre nur noch ‚Die Flüchtlinge<br />

müssen das und jenes’. Früher hat er<br />

uns Hoffnung geschenkt, wir dachten,<br />

gemeinsam schaffen wird das.“ Die<br />

anderen nicken stumm. „Wer weiß, vielleicht<br />

waren das alles nur leere Wahlversprechen<br />

und es bleibt doch alles,<br />

wie es war“, tröstet Zuher die Runde.<br />

„Trotzdem“, sagt Ahmad, „das Vertrauen<br />

ist weg. Es wird nie wieder so, wie es<br />

war.“ ●<br />

* Namen von der Redaktion geändert<br />

DRAGAN TATIC / APA / picturedesk.com, ERWIN SCHERIAU / APA / picturedesk.com, Helmut Graf / Heute / picturedesk.com, Michael Gruber / EXPA / picturedesk.com<br />

wgkk.at<br />

www.wgkk.at<br />

ein Taschengeld erhalten.<br />

WGKK lädt 89.000 Wienerinnen und Wiener zur Vorsorgeuntersuchung ein<br />

Gesundheits-Check sollte regelmäßig durchgeführt werden!<br />

Auch diesen Herbst lädt die Wiener<br />

Gebietskrankenkasse (WGKK) die Wienerinnen<br />

und Wiener per Brief zur kostenlosen<br />

Vorsorgeuntersuchung ein.<br />

Nähere Informationen zum Gesundheits-Check<br />

erhalten Interessierte von Montag bis<br />

Freitag von 08.00 –18.00 Uhr unter der<br />

kostenlosen Servicenummer 0800 501 522.<br />

Auch eine direkte Terminvereinbarung für die<br />

WGKK-Gesundheitszentren ist möglich!<br />

18 / POLITIKA /<br />

/ MIT SCHARF / 19


MEINUNG<br />

WIEN MUSEUM<br />

KARLSPLATZ<br />

„KURZ HAT GEWONNEN – DAS IST DEINE CHANCE!“<br />

Kommentar von Amar Rajković<br />

Endlich vorbei. Der schmutzigste und emotionalste Wahlkampf<br />

seit Langem hat einen klaren Sieger. Sebastian<br />

Kurz hat die richtigen Knöpfe gedrückt. Westbalkanroute,<br />

muslimische Kindergärten, Burka-Verbot. Der Mix war<br />

monothematisch, zog aber bei den Wählern. Vergessen<br />

waren die Versachlichungsversuche des 31-jährigen ÖVP-<br />

Spitzenkandidaten in der Integrationsdebatte, vergessen<br />

seine Versuche, an Credibility zu gewinnen, indem er<br />

seinen Heimatbezirk Wien-Meidling als Multi-Kulti-Ort<br />

deklarierte, vergessen die Tatsache, dass der Islam seit<br />

über <strong>10</strong>0 Jahren als Religion in Österreich anerkannt ist.<br />

Als Biber-Redakteur der ersten Stunde lernte ich den<br />

damaligen Obmann der Jungen ÖVP in Wien erstmals<br />

am Telefon kennen. Kurz sollte an einer Spitzenrunde der<br />

Jugendvertreter im Vorfeld der Nationalratswahlen 2008<br />

teilnehmen. Er war sehr höflich, sagte aber ab. Nur drei<br />

Jahre später wurde er zum Shootingstar der Politik. Kurz<br />

stieg zum Integrationsstaatssekretär auf.<br />

VOM KABABSTAND INS KANZLERAMT<br />

Damals entschied biber, den Meidlinger in einer Kebabbude<br />

zu fotografieren. Das Foto wurde Cover und wir<br />

bekamen viel Kritik ab. Wir würden einen unerfahrenen<br />

Quereinsteiger mit Schnöselbackground heroisieren und<br />

hypen. Intern wollten wir Kurz nach seinen Taten messen,<br />

die Witze von vielen Kollegen aus den Mainstream-Medien<br />

über seine großen Ohren fand ich nur peinlich und eines<br />

Journalisten nicht würdig.<br />

Als Magazin, das vor allem Leser mit Migrationsvorderund-hintergründen<br />

hat, schauten wir ganz genau, was der<br />

„Staats-Integrator“ für Aktionen setzte. Damals erfolgte<br />

auch meine Reise mit Kurz nach Sarajevo - nach der Jahrhundertflut<br />

im ehemaligen Bürgerkriegsland. Meine Tante<br />

aus Mostar war stolz auf mich. Ihr Neffe auf Pressereise<br />

rajkovic@dasbiber.at<br />

zusammen mit Österreichs Außenminister. Gehts noch<br />

besser?<br />

Dann die Wende: 2015 versucht mehr als eine Million<br />

Menschen über den „Westbalkan“ (Ein Begriff, den Kurz<br />

mitprägte - als jemand, der in Mostar geboren ist, habe<br />

ich diese Bezeichnung nie gehört) zu flüchten. Die Zivilgesellschaft<br />

zeigt sich von ihrer besten Seite, Österreich<br />

legt das Image des Suderanten ab und hilft. Humanisten<br />

machen Freudenssprünge, vergessen war „Schwarz-Blau“<br />

am Anfang dieses Jahrtausends, das uns den Hypo-<br />

Skandal oder die Buwog-Affäre beschert hatte. Bis Kurz<br />

das Flüchtlingsthema für sich entdeckte und erfolgreich<br />

instrumentalisierte, Bosniens Hauptstadt Sarajevo zum<br />

Hort der Burka-Trägerinnen erhob und islamische Kindergärten<br />

für die Probleme unserer Gesellschaft verantwortlich<br />

machte. Das ist nicht nur falsch, sondern auch<br />

opportunistisch. Und das ist das Letzte, was ich mir von<br />

meinem zuküntigen Kanzler erwarte.<br />

Ich habe kurz nach 18 Uhr am Wahlsonntag das erste<br />

Mal von dem Ergebnis erfahren. Und es war nicht der<br />

Standard-Ticker. Nein, es war meine Tante, die mir aus<br />

Mostar schrieb: „Kurz hat gewonnen, du kennst ihn ja,<br />

das ist deine Chance!“ Nachdem ich ihr erklärt habe, dass<br />

ich Herrn Kurz – außer von Interviews – kaum kenne und<br />

diesen Ausgang nicht so rosig wie sie sehe, dachte ich<br />

mir leise: „Herr Kurz, das ist Ihre Chance – um mich und<br />

so viele andere enttäuschte Wähler davon zu überzeugen,<br />

dass Sie keine salonfähige Strache-Kopie sind. Es ist<br />

Ihre Chance für alle Frauen, Männer, Kinder, Jugendliche,<br />

Homosexuelle, Behinderte, Muslime, Christen, Atheisten<br />

(sorry, falls ich eine Gruppe ausgelassen habe) für eine<br />

bessere Zukunft zu sorgen und auch Inhaltliches in Fragen<br />

der Digitalisierung, Bildung und Arbeitsmarkt zu liefern.<br />

Und kommen Sie mir ja nicht mit der Westbalkanroute. ●<br />

Marko Mestrović<br />

Gustav, 2008, Foto: Thomas Degen<br />

Falco, 1985, Foto: Didi Sattmann<br />

ganz<br />

Wien<br />

14.9.20<strong>17</strong> Eine<br />

–25.3.2018 Pop-Tour<br />

Kruder & Dorfmeister, 1993, Foto: Gerhard Heller<br />

Helmut Qualtinger, 1956/57, Foto: unbekannt<br />

HAUPTSPONSOR DES WIEN MUSEUMS AUSSTELLUNGSSPONSOR MEDIENPARTNER<br />

20 / POLITIKA /


DAS<br />

Ghostwriter, Studentenagenturen und türkische<br />

Unternehmer – sie alle machen das große Geschäft<br />

mit Studenten aus der Türkei.<br />

Von Melisa Erkurt<br />

BUSINESS<br />

MIT DEN<br />

TÜRKISCHEN<br />

STUDENTEN<br />

Türkische Studenten finanzieren mir meine<br />

Urlaube.“ Felix * ist 25, Politikwissenschaften-Absolvent<br />

der Uni Wien und Ghostwriter<br />

– mit Spezialisierung auf türkische<br />

Studenten. In Prüfungsmonaten verdient er bis zu<br />

1200 Euro. In seinem Repertoire: Prüfungen schreiben<br />

(<strong>10</strong>0€), Hausübungen (50€), Referate (<strong>10</strong>0€)<br />

und Seminararbeiten (30€ pro Seite). Bei Prüfungen<br />

schicken ihm seine Klienten während der Prüfung<br />

die Fragen per WhatsApp und er antwortet. Als er<br />

selbst noch studiert hat, hat sich Felix im Prüfungssaal<br />

neben seine Klienten gesetzt, die Prüfung für sie<br />

geschrieben und selbst nur ein leeres Blatt abgegeben.<br />

„Ich habe ein und dieselbe Prüfung schon drei<br />

bis viermal für andere geschrieben. Für mein eigenes<br />

Studium musste ich dann kaum mehr lernen“, so der<br />

25-Jährige. Dafür haben die meisten seiner Klienten<br />

das Studium vor ihm abgeschlossen – trotz mangelnder<br />

Deutschkenntnisse.<br />

Am liebsten schreibt der 25-Jährige aber Hausübungen<br />

für andere. Ihn kostet das zehn Minuten,<br />

in denen er 50 Euro verdient. Außerdem ist das ein<br />

kontinuierlicher Verdienst, der über das ganze Semester<br />

geht. „Zu Beginn des Semesters geben mir die türkischen<br />

Studenten ihr univis-Passwort, ich logge mich<br />

ein und gebe dort Woche für Woche ihre Hausaufgaben<br />

ab.“ Für <strong>10</strong>0 Euro verfasst Felix auch Praktikumsberichte<br />

über Praktika von türkischen Studenten bei der ÖVP<br />

Favoriten.<br />

Früher hat er das alles auch für Bekannte und<br />

Freunde gemacht, mittlerweile achtet Felix darauf, nie<br />

direkten Kontakt zu seinen Klienten zu haben. Es läuft<br />

alles über einen Vermittler. Felix möchte nicht, dass die<br />

Studenten seine Nummer oder Mail-Adresse haben.<br />

Der Vermittler übergibt ihm auch das Geld, wobei er<br />

von den Studenten zusätzlich zu Felix’ Honorar noch 20<br />

Euro als eine Art Vermittlungsgebühr von den Studenten<br />

verlangt.<br />

Felix verdient gut, der Vermittler verdient sich ein<br />

Taschengeld dazu und die türkischen Studenten werden<br />

positiv benotet und erhalten die 16 ECTS, die sie für die<br />

Verlängerung ihres Studenten-Visums brauchen. Das<br />

Geschäft läuft für alle Beteiligten gut – zumindest auf<br />

30 Euro verlangt Felix * für diese Seite.<br />

den ersten Blick. Dass viele Studenten für zwei Euro<br />

pro Stunde arbeiten, um die Ghostwriter zu bezahlen<br />

und Probleme mit den türkischen Studentenagenturen<br />

haben, sieht man erst auf den zweiten Blick.<br />

Als türkischer Student nach Österreich zu kommen<br />

ist schwerer geworden. Nicht nur wegen der bürokratischen<br />

Hürden oder der mangelnden Deutschkenntnisse,<br />

sondern auch wegen der Einstellung Türken<br />

gegenüber. Deshalb inskribieren sich von Jahr zu Jahr<br />

weniger türkische Staatsbürger an den österreichischen<br />

Unis. Während sich im Wintersemester 2015/16 3.709<br />

TürkInnen an einer österreichischen Hochschule eingeschrieben<br />

haben, waren es im Wintersemester 2016/<strong>17</strong><br />

„nur“ 3.418. Die Studenten sind sich bewusst, dass<br />

Österreicher der Türkei aufgrund der politischen Lage<br />

kritisch gegenüber stehen, weshalb sich die wenigsten<br />

alleine nach Österreich trauen - so gut wie alle kommen<br />

nur noch über türkische Studenten-Agenturen<br />

nach Österreich – die damit das Geschäft ihres Lebens<br />

machen.<br />

1200 EURO<br />

So wie Emel * . Die 22-Jährige ist 2015 mit „AED Housing<br />

Vienna“ – dem zurzeit größten Anbieter – zum Studieren<br />

22 / POLITIKA /<br />

/ POLITIKA / 23


nach Wien gekommen. Sie hat 1200 Euro<br />

an die Agentur gezahlt, versprochen wurde<br />

ihr dafür ein All-inclusive-Paket. „Abgemacht<br />

war, dass sie mich vom Flughafen<br />

abholen, in das Studentenheim bringen, in<br />

dem sie Zimmer vermieten und die Amtswege<br />

erledigen.“ Doch schon von Anfang<br />

an geht alles schief. Am Flughafen wartet<br />

niemand auf Emel. Sie schleppt ihre fünf<br />

Gepäcksstücke allein in ihr Studentenheim<br />

im 19. Bezirk.<br />

Auch in den nächsten Wochen ärgert<br />

sich Emel oft über die Agentur. „Sie<br />

engagieren türkische Studenten, damit die<br />

einen zu Amtswegen begleiten. Die Studenten<br />

haben aber alle schlechter Deutsch<br />

gesprochen als ich.“ Am Ende macht Emel<br />

alles selbst. Der Deutschkurs, in den sie die Agentur eingeschrieben<br />

hat und für den sie extra 400 Euro zahlen<br />

muss, erweist sich als überflüssig. „Was mir nicht gesagt<br />

wurde: Mein Deutsch-Niveau hat bereits für ein Visum<br />

gereicht und der Kurs selbst war unnötig. Der Lehrer ist<br />

manchmal einfach nicht gekommen.“<br />

Emel findet sich mit der Tatsache ab, dass sie 1200<br />

Euro quasi umsonst gezahlt hat, aber als sie erfährt,<br />

dass sie mehr Miete für ihr <strong>10</strong>m2 Heim-Zimmer zahlt als<br />

notwendig, hat sie genug und kündigt ihren Mietvertrag<br />

bei AED Vienna Housing. „Ich habe zum Schluss 430<br />

Euro Miete gezahlt, obwohl das Zimmer eigentlich 3<strong>10</strong><br />

Euro Miete beträgt“, sagt Emel. Als sie auszieht, will ihr<br />

die Agentur ihre <strong>10</strong>00 Euro<br />

Kaution nicht zurückgeben.<br />

„Sie haben behauptet, dass ich<br />

ihnen damals die Kaution gar<br />

nicht überwiesen hätte“, so<br />

Emel. Emel telefoniert mit ihrer<br />

Bank in der Türkei, die finden<br />

schließlich die Überweisung<br />

und Emel zeigt der Agentur den<br />

Beweis. Daraufhin bekommt sie<br />

ihr Geld zurück.<br />

AM KLO<br />

VERSTECKEN<br />

Emel ist kein Einzelfall. Demet * ,<br />

eine ehemalige Mitarbeiterin<br />

von AED, berichtet, dass eine<br />

Zeit lang circa 600 Studenten<br />

ihre Kaution nicht zurückbekommen<br />

haben. „Die Chefs<br />

der Agentur haben zu der<br />

Zeit ein Hotel in Wien gekauft<br />

und hatten deshalb Probleme<br />

rechtzeitig die Kautionen an die<br />

Studenten zurück zu zahlen.“<br />

Demet muss die Studenten<br />

ständig hinhalten: „Ich sollte<br />

AED<br />

Die AED („AVRUPA<br />

EĞITIM DANIŞMANLIK“<br />

(Deutsch: europäische<br />

Heimberatung) besteht<br />

aus zwei Abteilungen:<br />

● Beratungsabteilung,<br />

in der mehrheitlich<br />

türkische Studenten<br />

beraten werden,<br />

wobei diese unterschiedliche<br />

Pakete<br />

buchen können<br />

● Vermieten von Studentenheimplätzen<br />

Auszug aus der Homepage der AED<br />

ihnen sagen, dass sie die Kaution in den<br />

nächsten Tagen zurückbekommen, dabei<br />

war klar, dass sich das nicht ausgeht.“<br />

Der Architektur-Student Musa* hat<br />

ebenfalls Probleme dabei seine Kaution<br />

von AED zurückzubekommen. „Angeblich<br />

hätte ich etwas im Zimmer beschädigt,<br />

dabei war das schon seit ich eingezogen<br />

bin so.“ Musa droht der Agentur mit einer<br />

Klage, sein Onkel ist Anwalt in der Türkei,<br />

sagt er – daraufhin bekommt er die Kaution<br />

doch zurück. „Die Agentur macht durch<br />

die Unwissenheit der Studenten einen<br />

riesen Gewinn. Die verrechnen unnötige<br />

Kosten und reden uns ein, dass wir das<br />

nicht alleine erledigen können. Wir machen<br />

die reich“, erzählt Musa. Der 23-jährige<br />

Student erzählt, dass Mitarbeiter der Agentur ihm auch<br />

Jobs vermittelt hätten. „Sie checken einem Jobs bei<br />

türkischen Taxi-Firmen, türkischen Supermärkten oder<br />

Hochzeitssälen und wir arbeiten dann schwarz dort und<br />

müssen uns am Klo verstecken, wenn die Arbeitsinspektion<br />

kommt.“ Musa hat schon viele Jobs gemacht, zum<br />

Beispiel für 50 Euro von 21 – 5 Uhr Früh in Hochzeitssälen<br />

gekellnert.<br />

ZU VERWÖHNT?<br />

Demet hat trotzdem kein Mitleid mit den türkischen<br />

Studenten: „Keiner zwingt die Studenten den Vertrag mit<br />

der Agentur zu unterschreiben. Das sind oft verwöhnte<br />

Ein paar türkische Studenten haben Praktika bei der ÖVP<br />

Favoriten absolviert. Den Praktikumsbericht dazu hat<br />

kaum einer selbst geschrieben.<br />

junge Erwachsene, aus gutem Hause, die noch nie einen<br />

Finger krumm gemacht haben und glauben, sie haben<br />

dich gekauft und du musst jetzt alles für sie machen.“<br />

Sie kritisiert aber nicht nur die Studenten, sondern auch<br />

die Agenturen: „Die Studenten unterschreiben den<br />

Vertrag bei der Partneragentur in der Türkei. Die versprechen<br />

ihnen manchmal Dinge, die mit uns in Österreich<br />

nicht ausgemacht sind. Dann sind die Studenten<br />

enttäuscht, wenn wir das nicht für sie erledigen.“ Demet<br />

kritisiert auch, dass bei AED ein Mitarbeiter für über 500<br />

Studenten zuständig ist. „Na klar wird dann manchmal<br />

vergessen, jemanden vom Flughafen abzuholen. Oder<br />

schlimmer: Manchen Studenten wurde nicht erklärt,<br />

dass sie den ÖH-Beitrag zahlen müssen. Deswegen<br />

mussten schon einige wieder zurück in die Türkei.“ Als<br />

Demet die Abfertigung der Studenten kritisiert, wird sie<br />

gekündigt.<br />

Auch Emels Freundin hat für die Agentur gearbeitet.<br />

Sie hat für 20 Euro die Zimmer des Studentenheims<br />

geputzt, die Studenten vom Flughafen abgeholt, ihnen<br />

bei der Kontoeröffnung geholfen und sie bei Amtswegen<br />

begleitet.<br />

Einer der zwei Geschäftsführer von AED-Housing<br />

hat zwar in einem Telefonat mit <strong>BIBER</strong> zu den Vorwürfen<br />

Stellung genommen, wollte aber nicht, dass das, was<br />

besprochen wurde abgedruckt wird und gibt uns kein<br />

offizielles Statement zum Druck frei. Wenn wir drucken,<br />

was er uns am Telefon und per Mail gesagt hat, werde<br />

man rechtliche Schritte gegen uns einleiten.<br />

Viele türkische Studenten kommen also mithilfe von<br />

Agenturen, die ihnen von Inskription bis zur Kontoeröffnung<br />

alles organisieren. Somit bleiben die Studenten in<br />

türkischen Kreisen und lernen kaum Deutsch, weshalb<br />

sie Ghostwriter engagieren, um die ECTS-Punkte zu<br />

bekommen, die sie für das Visum brauchen. Um den<br />

Ghostwriter zu bezahlen, brauchen sie Arbeit und<br />

weil sie aufgrund ihrer fehlenden Deutschkenntnisse<br />

schlechte Chancen am Arbeitsmarkt haben, arbeiten sie<br />

schwarz. „Und weil es nicht eh schon reicht, dass sie<br />

STUDIENINFO<br />

Insgesamt studierten im Wintersemester<br />

2015/16 3.709 TürkInnen an einer österreichischen<br />

Hochschule. Allein an öffentlichen<br />

Universitäten waren es 3.551. Diese Zahl<br />

ging im Wintersemester 2016/<strong>17</strong> ein wenig<br />

zurück - auf 3.418. Von diesen Personen<br />

wiederum war der Großteil an der Universität<br />

Wien inskribiert (1.435).<br />

Die Top 3 Studienfächer türkischer<br />

Staats bürgerInnen im WS 2015/16:<br />

→ Architektur (BA): 347 Personen<br />

→ Politikwissenschaft (BA): 272 Personen<br />

→ Informatik (BA): 262 Personen<br />

gemeinsam wohnen, studieren und arbeiten, organisiert<br />

die ATÖD auch noch gemeinsame Reisen“, erzählt mir<br />

Emre*. ATÖD, ein österreichisch-türkischer Studentenverein,<br />

organisiert Reisen nach Venedig, Prag, Budapest<br />

und viele andere Städte. Emre, ein Austro-Türke, hat<br />

wenig Verständnis für die Studenten: „Die Eltern in der<br />

Türkei nehmen einen Kredit nach dem anderen auf,<br />

damit ihre Kinder in Österreich Party machen und eine<br />

Reise nach der anderen erleben.“<br />

GO HARD OR GO HOME?<br />

Felix, der Ghostwriter, der sich während seines Powi-<br />

Studiums mit einigen türkischen Studenten angefreundet<br />

hat, hat dagegen Verständnis für den Lifestyle<br />

seiner türkischen Freunde: „Viele wollen in Wien die Zeit<br />

ihres Lebens haben. Zuhause in der Türkei müssen sie<br />

heiraten oder die Tischlerei des Vaters übernehmen.<br />

Davor toben sie sich hier ordentlich aus, ums Studieren<br />

geht es vielen gar nicht.“ Emel dagegen geht es wirklich<br />

ums Studium. Doch die 21-Jährige ist verzweifelt. Zuerst<br />

musste sie sich mit der AED rumschlagen und jetzt fehlt<br />

ihr ein ECTS-Punkt für die Verlängerung ihres Studentenvisums.<br />

Dabei hat die Studentin versucht alles richtig<br />

zu machen: Sie arbeitet nicht schwarz, sondern sucht<br />

einen Job. Doch aufgrund der fehlenden Deutschkenntnisse<br />

kassiert sie nur Absagen. Sie engagiert keinen<br />

Ghostwriter, sondern schreibt ihre Arbeiten selber,<br />

weshalb sie aber länger für ihr Studium braucht. Und<br />

genau das wird der jungen Türkin wohl zum Verhängnis.<br />

Während viele ihrer Uni-Kollegen dank Ghostwriter mittlerweile<br />

einen Bachelor-Abschluss haben, kann es sein,<br />

dass sie wegen eines fehlenden ECTS-Punkts zurück<br />

in die Türkei muss, was für sie aufgrund der aktuellen<br />

politischen Lage ein Alptraum wäre. „Vielleicht hätte<br />

ich es doch wie die anderen machen sollen“, sagt sie<br />

resigniert. Ein Teufelskreis. ●<br />

*Namen von der Redaktion geändert<br />

24 / POLITIKA /<br />

/ POLITIKA / 25


MEINE MUTTER,<br />

EINE HELDIN.<br />

Adis Šerifović ist Kinderbuchautor und<br />

gedenkt in diesem Text seiner verstorbenen<br />

Mutter – über den Genozid in Bosnien und die<br />

Serbin, die für Gerechtigkeit einstand.<br />

Gastkommentar von Adis Šerifović<br />

Sie eilt durch die leeren, aber gefährlichen Straßen<br />

von Brčko, einer Stadt im Nordosten Bosniens.<br />

Die Schuhe klackern am Boden, sie versucht sich<br />

unauffällig zu verhalten. In der Hand hat sie eine<br />

Liste mit Namen, Adressen und Wertgegenständen, die<br />

den jeweiligen Personen gehören. Langsam und bedacht<br />

öffnet sie eine „Kapija“, eine Gartentür, die in die „Avlija“,<br />

in den Garten führt. Der Soldat beim Haus fragt sie nach<br />

ihrem Ausweis. Sie zeigt ihm ihren<br />

alten aus der Jugendzeit, noch<br />

mit ihrem Mädchennamen. Der<br />

Soldat fragt nach, ob sie einen<br />

neueren hätte. Sie verneint. Das<br />

ist eine Lüge. Ihr neuer Nachname<br />

hätte sie niemals durchgelassen:<br />

Šerifović. Typisch muslimisch –<br />

angenommen von ihrem Mann, einem Moslem. Aber dazu<br />

kommen wir noch. Sie darf also passieren und das Haus<br />

betreten. Menschen sind im Haus und plündern - jeder<br />

nimmt mit, was er tragen kann. Doch Mirjana hat eine<br />

Liste. Die Liste der Verwandten ihres Mannes mit dem<br />

teuren Schmuck, der im Haus versteckt ist. Sie sucht, findet,<br />

packt ihn ein, damit sie ihn später diesen Verwandten<br />

zurückbringen kann. Danach eilt sie wieder aus dem Haus.<br />

Die Liste ist lang - sie hat noch viel zu tun. Und überall das<br />

gleiche Prozedere. Überall mit der gleichen Gefahr: Als<br />

„Verräterin“ enttarnt zu werden.<br />

„SIE IST DOCH EINE SERBIN!“<br />

Mirjana Šerifović ist meine Mutter. Sie ist 1961 im damaligen<br />

Jugoslawien, heutigen Bosnien und Herzegowina,<br />

geboren, Mutter von zwei Kindern, serbisch-orthodoxe<br />

Christin und meine persönliche Heldin. Sie heiratete in den<br />

80er Jahren den bosnischen Muslim Mirza, meinen Vater.<br />

Ein Eheschluss der Liebe und des Vertrauens, obwohl<br />

meine Großeltern sie unter enormen Druck setzen, diesen<br />

Panzer stehen im Mai 1992<br />

vor Brčko. Meine Eltern<br />

feiern gerade den ersten Mai.<br />

„Fehler“ nicht zu begehen. „Sie ist doch eine Serbin“,<br />

bekam mein Vater zu hören. „Er ist ein Muslim!“, wurde ihr<br />

vorgeworfen. Den Vorwurf hinter dieser Aussage verstand<br />

meine Mutter nie. Sie entschied sich für die Liebe und<br />

damit auch für eine schwierige Zukunft, was ihr zu dem<br />

Zeitpunkt nicht bewusst war. Die Zukunft gestaltete sich<br />

dann auch wirklich schwierig, allerdings aus anderen Gründen.<br />

Wir befinden uns im Jugoslawien der frühen 90er<br />

Jahre. Im Land beginnen die Unruhen.<br />

Im Fernsehen wird von einer<br />

Spaltung des Landes, Krieg und<br />

Vertreibung gesprochen. Ethnische<br />

Konflikte entstehen und die mächtige<br />

jugoslawische Armee schreitet<br />

durch das Gebiet Jugoslawiens –<br />

kontrolliert durch Serbien mit dem<br />

Traum für ein „Großserbien“ – angeführt von Slobodan<br />

Milošević, Radovan Karadžić oder Vojislav Šešelj. Panzer<br />

stehen im Mai 1992 vor Brčko. Meine Eltern feiern gerade<br />

den ersten Mai. Dieser Tag ist geprägt von der ethnischen<br />

Mischung der Familie. Plötzlich betritt mein Cousin den<br />

Garten und warnt uns: Die Armee steht vor der Stadt - alle<br />

sollen sich in Sicherheit bringen. Die Bekannten, Verwandten<br />

und Freunde verlassen also sofort unser Zuhause.<br />

IHR LEBEN AUF DEM SPIEL<br />

„Ich hatte erst verstanden, dass wir gehen mussten, als<br />

ich die Tür unseres Hauses zum Garten aufmachte und<br />

kleine Staubwölkchen am Boden sah, die ständig auftauchten,<br />

und als ich keine Kinder mehr auf den Straßen<br />

hörte“, erzählte meine Mutter. Später erfuhr sie, dass<br />

das Sniper waren die sich auf die hohen Außengebäude<br />

platzierten, um zu zielen. Meine Mutter und mein Vater<br />

lebten mit mir und meiner Schwester in dem Haus unserer<br />

(muslimischen) Großeltern. Diese wurden vertrieben und<br />

wie fast alle unsere muslimischen Verwandten mussten sie<br />

26 / POLITIKA /<br />

/ POLITIKA / 27


Meine Mutter wurde<br />

aus dem Flüchtlingsbus<br />

in Bosnien gezerrt und<br />

stand mit der Waffe vor<br />

dem Kopf vor einem<br />

serbischen Soldaten.<br />

Erinnerungen aus dem<br />

Familienalbum<br />

bereitgestellt<br />

das Haus den Soldaten übergeben.<br />

Mein Vater wurde verhaftet<br />

und mit anderen muslimischen<br />

Männern in die Sporthalle der Stadt<br />

gebracht. „Früher spielte ich hier<br />

in der Volleyballmanschaft – heute<br />

bin ich ein Gefangener“, erinnert er<br />

sich nur ungern. „Das schlimmste<br />

war, wie Arkan vor mir stand und<br />

mich anschaute.“ Arkan - einer der<br />

bekanntesten Kriegsverbrecher, Vergewaltiger und Folterer<br />

im Krieg in Bosnien, der mit seiner Masse von männlichen<br />

Hooligans das Land unsicher machte, tausende Menschen<br />

auf dem Gewissen hat und bekannt war für die gewalttätigen<br />

und unmenschlichen Vergewaltigungen von jungen<br />

muslimischen Mädchen und Frauen. Mirjana flüchtete<br />

ebenso. Obwohl sie nicht in Gefahr war. Sie konnte in<br />

der Stadt bleiben und wäre beschützt gewesen – weil sie<br />

serbisch-orthodox war. Doch sie entschied sich anders und<br />

begleitete meine Großmutter und meinen Großvater mit<br />

uns Kindern. Sie war verantwortlich für einen Aufstand im<br />

Flüchtlingslager, da eine Frau dort in Panik ausbrach, als<br />

sie erfuhr, dass meine Mutter Serbin war. Meine Mutter<br />

wurde aus dem Flüchtlingsbus in Bosnien gezerrt und<br />

stand mit der Waffe vor dem Kopf vor einem serbischen<br />

Soldaten. Davor hatte er mehrere Menschen vor ihren<br />

Augen ermordet und verschonte sie, weil er uns Kinder<br />

sah, wie wir um ihr Leben bangten. Doch sie hat sich<br />

durchgesetzt, um ihren Weg der Gerechtigkeit zu leben –<br />

auch wenn ihr Leben auf dem Spiel stand.<br />

BAJRAM, WEIHNACHTEN<br />

UND OSTERN<br />

1992 flüchteten wir nach Österreich und meine Eltern<br />

versuchten, alles neu aufzubauen. Ohne Deutschkenntnisse,<br />

gezwungen, ihr Land zu verlassen – ohne zu wissen,<br />

ob sie es jemals wieder betreten dürfen. Und was passiert<br />

mit den Verwandten, die zurückbleiben? Was ist mit den<br />

Großeltern, die alt und krank sind? Was passiert mit ihren<br />

Geschwistern?<br />

Wie haben sie es geschafft, diese Verzweiflung, dieses<br />

Leid, diese Traumata zu verarbeiten und mir und meiner<br />

älteren Schwester ein Leben zu ermöglichen wie jedem<br />

anderen Kind in Österreich? Sie waren zielstrebig und leistungsorientiert.<br />

Ich durfte nur mit einem Einser Nachhause<br />

kommen – alles andere war inakzeptabel. Meine Eltern<br />

arbeiteten – wie die Eltern vieler Gastarbeiterkinder – viel<br />

und hart.<br />

Doch was uns besonders machte im Vergleich zu<br />

anderen Kindern, war die Tatsache, dass wir von klein auf<br />

mit verschiedenen Religionen aufwuchsen. Wir feierten<br />

das muslimische Bajram genauso daheim mit Geschenken<br />

und einer Party wie Weihnachten und Ostern. Aus Respekt<br />

Mein Vater wurde<br />

verhaftet und mit anderen<br />

muslimischen Männern in<br />

die Sporthalle der Stadt<br />

gebracht.<br />

vor den islamischen Riten trug<br />

meine Mama Kopftuch wenn es ein<br />

muslimisches Begräbnis gab. Wir<br />

färbten Eier und machten Baklava.<br />

Wir küssten die Hand unseres<br />

Vaters zum muslimischen Festtag<br />

und schmückten den Weihnachtsbaum<br />

mit der Mama. Das war<br />

natürlich für uns Kinder toll, da<br />

wir zu allen Anlässen Geschenke<br />

bekamen und so mit der Selbstverständlichkeit aufwachsen<br />

durften, dass der Mensch im Vordergrund steht –<br />

unabhängig von seiner Religion. Diese Erfahrung prägt<br />

mich bis heute und ist für mich ein Beweis, dass „es“<br />

geht. Wir können alle friedlich zusammenleben, ohne auf<br />

unsere religiöse Praxis verzichten zu müssen, ohne eine<br />

rechte Propaganda, die uns versucht zu spalten und ohne<br />

ein politisches Klima, das ausschließlich die Unterschiede<br />

unterstreicht und die Gemeinsamkeiten außer Acht lässt.<br />

MEINE MUTTER WIRD DIESEN<br />

ARTIKEL NIE ZU LESEN BEKOMMEN<br />

Meine Mutter wird diesen Artikel nie zu lesen bekommen.<br />

Nach den ganzen Traumata und den schwierigen<br />

Arbeitsbedingungen in Österreich erkrankte sie an<br />

Rheuma, begleitet von einer langjährigen Depression.<br />

Sie erkrankte an einer Lungenentzündung, danach folgte<br />

ein Schlaganfall und später die Diagnose Lungenkrebs.<br />

Halbseitig gelähmt, das Gehirn versagte, das Sprach- und<br />

Erinnerungsvermögen schwand dahin. Am 11. August<br />

2014 erlag sie ihrer schweren Krankheit in der Christian-<br />

Doppler-Klinik in Salzburg. Sie wurde in Bosnien begraben,<br />

jedoch weigerte sich der serbisch-orthodoxe Pfarrer sie<br />

zu beerdigen, da sie sich nie taufen lassen wollte, obwohl<br />

sie sich als Christin bezeichnete. Genauso wenig wollte<br />

der Vorsitzende der islamischen Glaubensgemeinschaft<br />

in Brčko das Begräbnis begleiten, da sie sich nie öffentlich<br />

zum Islam bekannt hatte. Wie so oft mussten wir uns<br />

selbst organisieren. Meine Mutter wurde am islamischen<br />

Friedhof beigesetzt, die Cousine meines Vaters hielt eine<br />

beeindruckende Rede über das Leben und die frohe und<br />

selbstbestimmte Lebensart meiner Mutter. Alles geschah<br />

im engsten Kreise der Familie und Freunde.<br />

Meine Mutter ist eine Heldin für mich, weil sie genau<br />

das tat, was sie für richtig empfand: Weder ihre Herkunft,<br />

andere Meinungen noch die großen Lebensgefahren konnten<br />

sie davon abhalten. ●<br />

Adis Šerifović, 26, lebt als Kinderbuchautor in Salzburg und sitzt im<br />

Vorsitz der MJÖ (Muslimische Jugend Österreichs)<br />

28 / POLITIKA /<br />

/ POLITIKA / 29


Der UCI<br />

Weihnachtskalender!<br />

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KINOWELT


Von Aleksandra Tulej & Jelena Pantić<br />

Fotos: Marko Mestrović<br />

NEW KIDS ON<br />

THE OSTBLOCK<br />

DER KLEIDUNGSSTIL<br />

DER AUSSICHTSLOSEN<br />

POST-SOWJETISCHEN<br />

JUGEND FEIERT SEIN<br />

COMEBACK:<br />

ÜBER ADIDAS, HARD-<br />

BASS UND „SLAV SQUAT“.<br />

Rote Jacke:<br />

Adidas (<strong>10</strong>9.95 €)<br />

T-Shirt:<br />

Adidas (Model‘s own)<br />

Hose: Monki (19,95 €)<br />

Netzstrumpfhose:<br />

H&M (ca. <strong>10</strong> €)<br />

Schuhe:<br />

Adidas (Model‘s own)<br />

Schmuck: Model‘s own<br />

Die berühmteste<br />

Gopnik-Pose: Den Slav<br />

Squat hat Sebastian<br />

(19) aka EINFACHSO<br />

drauf wie kein anderer.<br />

T-Shirt: Vero Moda (24,95 €)<br />

Jogginghose:<br />

Adidas (54,95 €)<br />

Brudi Schlapfen: Model‘s own<br />

Bauchtasche: Eastpak: 15 €<br />

32 / RAMBAZAMBA /


Ware aus dem Westen:<br />

Valerija (24) trägt Adidas,<br />

Bling und Zöpfe.<br />

Je dicker aufgetragen,<br />

desto besser.<br />

Pulli: Urban Outfitters (50 €)<br />

Schmuck: Model‘s own<br />

Zum Sportoutfit ein<br />

Folklore-Schal, falls<br />

der Winter im Osten<br />

wiedermal kalt wird:<br />

Martina (18) macht sich<br />

wunderbar als Slav-Girl.<br />

Top: Adidas (39,95 €)<br />

Folklore Tuch: Stylist‘s own<br />

Kette: Stylist‘s own<br />

Kreolen: H&M (<strong>10</strong> €)<br />

Uhr: Fossil (Model‘s own)<br />

Leggings:<br />

Adidas (Model‘s own)<br />

34 / RAMBAZAMBA /


Goldkette, Drei Streifen<br />

und Glatze: Aleks (22)<br />

aka Jugo Ürdens erfüllt<br />

alle Ostblock-Style-<br />

Voraussetzungen.<br />

Jacke: Adidas (Model‘s own)<br />

Jogginghose:<br />

Adidas (59,95 €)<br />

Rollkragenpulli:<br />

Weekday (18 €)<br />

Kette: Stylist‘s own<br />

Schuhe: Vans (ca. 70 €)<br />

Models: Aleks, Sebastian,<br />

Valerie, Martina<br />

Produktion: Aleksandra Tulej<br />

und Jelena Pantic<br />

Fotos: Marko Mestrovic<br />

Er hat eine Glatze, trägt einen<br />

ausgewaschenen Adidas-Jogginganzug,<br />

eine Schiebermütze<br />

und eine Goldkette. Zwischen<br />

seinen Zähnen pafft er eine Marlboro,<br />

und knackt gleichzeitig mit der anderen<br />

Kieferhälfte Sonnenblumenkerne. Im<br />

Hintergrund ragt eine Hochhaussiedlung<br />

empor, die irgendwie Trostlosigkeit und<br />

Gleichgültigkeit ausstrahlt. Er hockt mit<br />

beiden Beinen fest am Boden, neben<br />

seinen blankpolierten spitzen Lederschuhen<br />

steht eine Flasche billiger Vodka,<br />

aus den kaputten Lautsprechern seines<br />

Nokia-Handys dröhnt repetitiver Hardbass.<br />

Irgendwo in seiner Hose hat er<br />

wahrscheinlich ein rostiges Klappmesser<br />

versteckt: Meet the Gopnik.<br />

Der Begriff „Gopnik“ kommt aus dem<br />

Russischen und ist eine abwertende<br />

Bezeichnung für einen kleinkriminellen<br />

Jugendlichen aus einem sozial schwachen<br />

Milieu, der in den Randbezirken<br />

Russischer Großstädte sein Unwesen<br />

treibt. Handys klauen, schwächere<br />

Menschen ausrauben, aber eigentlich<br />

den ganzen Tag nur herumlungern<br />

und dabei billiges Bier trinken, weil<br />

man keine Ausbildung oder Arbeit in<br />

Aussicht hat– so sieht der Tagesablauf<br />

eines Gopniks aus. Aber was bedeutet<br />

„Gopnik“ nun wirklich? Im Zarenreich<br />

gab es eine staatliche Fürsorgegesellschaft<br />

für Waisenkinder, die abgekürzt<br />

„GOP“ hieß. Möglicherweise geht der<br />

Name aber auch auf das russische Wort<br />

„gop-stop“ – auf Deutsch: „Straßenraub“<br />

zurück. Die Gopniki entwickelten sich<br />

zu einer eigenen Subkultur, die in den<br />

90ern ihre Blütezeit erlebte. Aber warum<br />

erzählen wir euch heute davon? Weil das<br />

Internet, Modedesigner und Jugendliche<br />

in Osteuropa gerade gleichermaßen auf<br />

den Gopnik-Style auszucken. Im Leben<br />

verloren, im Style gewonnen.<br />

RIESEN-LOGOS ALS<br />

STATUSSYMBOL VON<br />

WARE „AUS DEM WESTEN“<br />

Packt eure FILA-Pullis und Jogginghosen<br />

mit drei Streifen aus, wir reisen zurück<br />

in eine Zeit, in der der eiserne Vorhang<br />

noch nicht aufgegangen ist. Zeit für eine<br />

kleine Geschichtsstunde:<br />

Vor dem Zerfall der Sowjetunion gab<br />

es in Osteuropa kaum Ware „aus dem<br />

Westen“. Deshalb waren Kleidungs-<br />

36 / RAMBAZAMBA /<br />

/ RAMBAZAMBA / 37


stücke mit riesigen Logos, wie denen von<br />

Adidas, Fila oder Nike, schwer zu bekommen<br />

und galten als Statussymbol. Die in<br />

Socken hineingesteckten Jogginghosen,<br />

die irgendwie lächerlich aussehen? Russische<br />

Gangster haben diesen „Trick“ dafür<br />

entwickelt, damit ihnen die Waffe, die sie<br />

in ihre Hose gesteckt hatten, nicht beim<br />

Hosenbein hinunterrutscht – sollten sie<br />

einmal schnell weglaufen müssen. Und was<br />

hat es eigentlich mit diesem „Slav Squat“ zu<br />

tun, der jetzt alle Internetmemes dominiert?<br />

Reddit-User aus postsowjetischen Ländern<br />

schwören darauf, dass der Ursprung des<br />

Squattens das einfache Fehlen an Sitzmöglichkeiten<br />

vor den Hochhaussiedlungen<br />

war. Man hat als jugendlicher Gopnik mit<br />

seinen Eltern in einer Zweizimmerwohnung<br />

gewohnt – wenn man dann Trinken oder<br />

Rauchen wollte, musste man eben raus.<br />

Und draußen gab es nur die Straße oder<br />

den kalten Betonboden. Da es in Ländern<br />

wie Russland, Ukraine und Polen – also<br />

Ländern des ehemaligen Ostblocks, wo<br />

die Gopniki ihr Unwesen trieben - bekanntermaßen<br />

sehr kalt ist, war die Hocke die<br />

einzige Position, in der man es länger ausgehalten<br />

hat.<br />

DER OSTBLOCK LEBT AM<br />

CATWALK WEITER<br />

Nun sind aber schon 25 Jahre seit dem<br />

Zerfall der Sowjetunion vergangen, osteuropäische<br />

Länder werden zunehmend verwestlicht,<br />

der Wirtschaft geht es besser, die<br />

Leute kleiden sich zunehmend wie in Berlin<br />

oder London. Und die Hochhaussiedlungen<br />

haben ziemlich sicher mittlerweile Bänke<br />

bekommen. Und dann holen Designer wie<br />

Gosha Rubchinskiy die trostlose Jugend im<br />

Ostblock wieder zurück. Oder zumindest<br />

holen sie sie in unsere Garderobe. Pullis<br />

mit riesigen Logos, Goldketten und Bauchtaschen<br />

werden plötzlich wieder in. Ein<br />

Style, der bis heute nur unseren Onkeln aus<br />

osteuropäischen Dörfern vorbehalten war,<br />

dominiert auf einmal alle Hipster-Läden des<br />

Landes. Und woher kommt der Hype?<br />

In Russland steigt das Nationalitäts-<br />

Bewusstsein, Stichwort Vladimir Putin. Die<br />

Mode steigt drauf ein. Und es funktioniert.<br />

Auch wenn das für uns politisch vielleicht<br />

nicht so von Nutzen ist, und wir auch nicht<br />

neidisch auf den Lebensstil der Gopniki zu<br />

sein brauchen: Ihr müsst zugeben, unsere<br />

Biber-Gopnik-Gang wäre in jeder sibirischen<br />

Hochhaussiedlung gefürchtet. ●<br />

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Ausgeschuftet:<br />

Wenn Mama in Pension geht<br />

Mama schlägt sich in den ersten Jahren in<br />

Österreich mit diversen Jobs durch: Tellerwäscherin,<br />

Köchin, Haushaltsgehilfin.<br />

Meine Mutter als Teenagerin, kurz bevor sie nach Österreich auswandert.<br />

Ein Leben lang hat sie hart gearbeitet. Damit ist nun<br />

Schluss. Über Mamas Pensionsantritt und meine Ängste:<br />

Von Alexandra Stanić<br />

Ich habe heute verschlafen“,<br />

schreibt mir meine Mutter auf<br />

WhatsApp. „Das erste Mal in 32<br />

Jahren.“ Es ist Mamas vorletzter<br />

Arbeitstag, ein neues Kapitel in<br />

ihrem Leben beginnt: ihre Pension. Wenn<br />

wir über den Ruhestand reden, fühlt es<br />

sich an, als wäre sie in Aufbruchsstimmung.<br />

Während sie aufgekratzt und<br />

fröhlich ist, bekomme ich es mit der<br />

Angst zu tun.<br />

Spulen wir zurück: Es ist das Jahr<br />

1978. Meine Mutter ist <strong>17</strong> Jahre alt und<br />

gerade in Österreich angekommen. Sie<br />

hat Jugoslawien ohne finanzielle Mittel,<br />

Sprachkenntnisse und Zukunftsperspektive<br />

verlassen und ist dringend auf der<br />

Suche nach einem Job. Mama stammt<br />

aus ärmlichen Verhältnissen, mit ihrer<br />

Lehre als Schneiderin kann sie die Familie<br />

finanziell nicht genug unterstützen.<br />

In den ersten Wochen kommt sie in der<br />

Einzimmer-Wohnung einer entfernten<br />

Verwandten unter. Danach schlägt sie<br />

sich mit diversen Jobs durch: Tellerwäscherin,<br />

Köchin, Haushaltsgehilfin. Nach<br />

sieben Jahren erhält sie eine 40-Stunden<br />

Anstellung in der Druckerei eines Glücksspielkonzerns.<br />

Hier wird sie bis zu ihrer<br />

Pensionierung arbeiten.<br />

Neben ihrer Vollzeitbeschäftigung<br />

eröffnet sie zusammen mit meinem<br />

Vater zuerst ein Wirtshaus, dann ein<br />

Café. Mama steht morgens um 4:30 auf,<br />

verlässt um 15:30 ihren Arbeitsplatz<br />

und fährt danach direkt ins Gasthaus.<br />

Am Wochenende arbeitet sie im Café.<br />

In dieser Zeit sehe ich sie nur selten,<br />

trotzdem fehlt es mir nie an Liebe und<br />

Unterstützung. Meine Eltern haben meinen<br />

Schwestern und mir von klein auf<br />

vermittelt, dass man hart arbeiten muss,<br />

wenn man etwas erreichen möchte. Die<br />

beiden gingen mit gutem Beispiel voran<br />

und beschwerten sich nie über ihre Jobs.<br />

Papa leistete jahrzehntelang Nachtund<br />

Schwerstarbeit in einer Fabrik und<br />

arbeitet oft zwei Schichten nacheinander.<br />

Die Folgen der vielen Arbeit bleiben nicht<br />

unbemerkt: Mama leidet an schwerer<br />

Migräne und kämpft gegen schlimme<br />

Rückenschmerzen. Papa hatte zwei<br />

Schulteroperationen.<br />

Spricht meine Mutter heute über<br />

ihre Arbeit, betont sie trotzdem immer<br />

wieder, wie gut es ihr gegangen ist.<br />

„Mein Chef war mir gegenüber sehr fair“,<br />

erzählt sie dann. „Es war nie ein Problem,<br />

wenn ich früher nach Hause musste,<br />

wenn du oder eine deiner Schwestern<br />

Grippe hatten.“ Was ich als selbstverständlich<br />

empfinde, findet meine Mutter<br />

besonders zuvorkommend. Nie habe ihr<br />

jemanden auf die Finger geschaut oder<br />

sich darüber beschwert, wenn sie mit mir<br />

telefoniert. Eine ihrer Arbeitskolleginnen<br />

zählt heute zu ihren besten Freundinnen.<br />

Wenn sie und ich uns über meinen Job<br />

unterhalten, merke ich, dass sie viel von<br />

sich in mir erkennt. Sie wiederholt dann<br />

oft, dass ich mir nicht zu viel vornehmen<br />

soll, dass Papa und sie geschuftet<br />

haben, damit ich mir keine Gedanken um<br />

meine Zukunft machen muss. Dass ich<br />

viel reisen und nicht zu viel übers Geld<br />

nachdenken soll.<br />

SUZI<br />

Bei Mamas Pensionsfeier gibt es Rostbraten,<br />

Schnitzel, Kartoffelsalat und<br />

diverse Wurst- und Aufstrichsorten:<br />

Österreichischer geht es wohl kaum.<br />

Zum ersten Mal lerne ich all ihre Arbeitskolleginnen<br />

kennen und sehe, wo sie all<br />

die Jahre gearbeitet hat. Mehr als 30<br />

kommen, um sich von Mama zu verabschieden.<br />

Da wäre die junge Frau mit<br />

den vielen Tattoos und Piercings, von der<br />

meine Mutter mir erzählt hat und mit der<br />

sie sich – trotz der vielen sehr offensichtlichen<br />

Unterschiede - blendend versteht.<br />

Dann noch ihre hochschwangere Kollegin,<br />

die in Karenz ist und nur ihretwe-<br />

40 / RAMBAZAMBA /<br />

/ RAMBAZAMBA / 41


Mama kommt aus ärmlichen Verhältnissen, langsam<br />

baut sie sich ein Leben in Österreich auf.<br />

Fuß und hat viel Bewegung in ihren<br />

Alltag integriert. Für seine Mutter wäre<br />

es früher undenkbar gewesen, länger<br />

als zwei Stunden im Flieger zu sitzen.<br />

„Letztes Jahr ist sie mit ihrer besten<br />

Freundin nach New York geflogen und<br />

hat das erste Mal einen anderen Kontinent<br />

besucht.“<br />

Durch ihre neue Lebenseinstellung<br />

verliert sie an Gewicht, klassisch bosnische<br />

Gerichte bereitet sie nun ayurvedisch<br />

zu. Sie widmet ihren Freundinnen<br />

viel Zeit und setzt sich neue Ziele. „Als<br />

Nächstes hat sie sich vorgenommen,<br />

Spanisch zu lernen“, erzählt Zoran. Für<br />

ihn hat sich mit der Pension seiner Eltern<br />

einiges verändert. „Ich denke schon an<br />

Dinge, die ich früher verdrängt habe“,<br />

sagt er. „Nachlass und Familienplanung<br />

zum Beispiel oder wie die Pension bei mir<br />

aussehen wird.“ Zudem verschieben sich<br />

die Prioritäten. „Man wägt ab, worauf es<br />

im Leben wirklich ankommt.“<br />

Ähnlich wie ich ist Zoran wohlbehütet<br />

aufgewachsen. „Ich würde fast schon<br />

sagen, dass wir verhätschelt wurden“, so<br />

der 32-Jährige. „Meine Eltern haben alle<br />

Schwierigkeiten immer fern von meinem<br />

Bruder und mir gehalten.“ 1993 flüchten<br />

seine Mutter, sein Bruder und er wegen<br />

des Jugoslawienkriegs nach Österreich,<br />

sein Vater bleibt vorerst in Bosnien-Herzegowina.<br />

Die ersten Jahre arbeitet sie<br />

als Tierpflegerin, obwohl sie Wirtschaft<br />

fertig studiert hat. Erst Jahre später<br />

findet sie einen Job in einer Steuerberatungskanzlei.<br />

„Dort wurde sie gemobbt,<br />

dadurch ist sie depressiv geworden“,<br />

so Zoran. „Mama hat viel mitgemacht<br />

und der Familie zu Liebe durchgehalten.“<br />

Umso schöner sei es für ihn, sie im<br />

Ruhestand so glücklich zu sehen.<br />

Nach den beiden Gesprächen<br />

breitet sich Erleichterung in mir aus.<br />

Ich vermisse Mama plötzlich und rufe<br />

sie nach dem Treffen mit Zoran an. Für<br />

diesen Artikel muss ich sie auch noch<br />

fragen, in welchem Jahr sie ihren Job in<br />

der Druckerei bekommen hat. „Am 29.<br />

November 1985“, antwortet sie wie aus<br />

der Kanone geschossen. „Ich kann mich<br />

noch ganz genau an den Tag erinnern.“<br />

Wenn ich heute eines der täglichen<br />

Telefonate mit meiner Mutter führe, frage<br />

ich nicht mehr, wie es ihr in der Arbeit<br />

geht, sondern wie sie ihren Tag gestalten<br />

wird. Jedes Mal, wenn ich ihre Stimme<br />

höre, wird mir warm ums Herz. Auch als<br />

ich sie zuletzt anrufe: Ich erkenne wie<br />

glücklich sie ist. Am Wochenende war<br />

sie mit ihrer besten Freundin im Spa in<br />

Ungarn, während wir telefonieren, passt<br />

sie auf meine einjährige Nichte Eva auf.<br />

„Du weißt doch, dass du dir um deine<br />

Mama keine Sorgen machen brauchst,<br />

nicht wahr?“, fragt mich Mama am Ende<br />

unseres Gesprächs. „Ja, das weiß ich“,<br />

antworte ich. Das weiß ich jetzt wirklich.<br />

●<br />

gen noch einmal in die Firmenkantine<br />

gekommen ist. Auch ihre Chefs sind<br />

anwesend und stoßen mit meiner Mutter<br />

an. Alle nennen sie Suzi und obwohl ich<br />

von ihrem Spitznamen weiß, wundere ich<br />

mich darüber. Meine Mutter heißt Cvijeta.<br />

Nur Österreicher nennen sie Suzi.<br />

Am Abend nach der Feier breche ich<br />

in Tränen aus. Ich mache mir Sorgen um<br />

meine Mutter, ihr Pensionsantritt geht<br />

mir näher als ich zugeben möchte. Mit<br />

einem Schlag wird mir die Vergänglichkeit<br />

meiner Eltern bewusst. Ich frage<br />

mich, ob Mama, die ihr Leben lang<br />

gearbeitet hat, glücklich werden wird.<br />

Wie wird ihr Alltag aussehen? Wird sie<br />

sich langweilen? Werden meine Eltern<br />

mehr streiten? Wird sich unsere Mutter-<br />

Tochter-Beziehung verändern?<br />

Ich suche nach Antworten bei jenen,<br />

deren Eltern kürzlich in Pension gegangen<br />

sind. Eine von ihnen ist Nada. Als<br />

ich sie treffe, fürchte ich mich vor ihren<br />

Erzählungen. Am Tag zuvor hatte ich<br />

über Mamas Pension auf Instagram<br />

geschrieben, woraufhin mich eine<br />

Userin darüber informierte, dass ihre<br />

Mutter einen Monat nach Pensionsantritt<br />

verstorben sei. Aber anders als<br />

gefürchtet, lacht Nada viel, während sie<br />

von ihrem Vater spricht. „Papa war 40<br />

Jahre lang Diplomkrankenpfleger und<br />

hat seinen Job sehr gerne ausgeübt“,<br />

so die 21-Jährige. Deswegen setzen<br />

ihm die ersten Monate in der Pension<br />

zu. Er nimmt nicht nur an Gewicht zu,<br />

er vereinsamt auch. Weil der Kontakt zu<br />

den Arbeitskollegen fehlt und zu Hause<br />

nur Arabisch gesprochen wird, verlernt<br />

er zusehends die deutsche Sprache.<br />

Es fällt ihm schwer, alte Gewohnheiten<br />

abzulegen. „Einmal bin ich um vier Uhr<br />

nachts aufs Klo gegangen und habe<br />

meinen Vater in der Küche angetroffen,<br />

wie er sich Eier zum Frühstück gemacht<br />

hat“, erzählt die Studentin. „Weil er oft<br />

Frühschichten geschoben hat, konnte er<br />

nicht länger schlafen.“<br />

BASTELPROFI MIT<br />

GRÜNEM DAUMEN<br />

Mit der Zeit legen sich die Schwierigkeiten.<br />

Nadas Vaters größtes Hobby<br />

ist das Basteln und Gärtnern. „Er hat<br />

einen Werkzeugschuppen auf unserem<br />

Balkon gebaut und verwertet jede noch<br />

so kleine Kleinigkeit“, so Nada. „Zuletzt<br />

hat er aus einer alten Satellitenschlüssel<br />

einen riesigen Blumentopf und aus<br />

einem Kühlschrank ein Gewächshaus<br />

gebaut.“ Als sich eine seiner Töchter<br />

einen Hund anlegt, wird er aktiver und<br />

spaziert täglich mindestens eine Stunde<br />

lang. „Er zählt jetzt auch nicht mehr<br />

zu den Tschuschen im Gemeindebau,<br />

sondern hat sich dank des Hundes mit<br />

den Nachbarn angefreundet“, so die<br />

21-Jährige. „Er redet sogar im Wiener<br />

Dialekt.“ Zudem sorge Nadas Mutter<br />

dafür, dass er sich nicht langweilt. „Alles,<br />

worauf sie keine Lust hat, erledigt mein<br />

Vater.“ Dazu gehört der wöchentliche<br />

Einkauf, den Müll rauszubringen und die<br />

Post abzuholen. Finanzielle Schwierigkeiten<br />

haben die beiden nicht: „Vier von<br />

fünf Kindern sind außer Haus, deswegen<br />

bleibt am Ende des Monats mehr Geld<br />

über als früher.“<br />

Anders als bei Nada ist die finanzielle<br />

Lage von Zorans Eltern nicht so einfach.<br />

„Sie mussten den Gürtel enger schnallen“,<br />

erzählt der 32-Jährige. „Mein Vater<br />

war schon immer sehr sparsam, aber<br />

seit seiner Pension noch mehr.“ Trotz der<br />

schwierigeren finanziellen Lage seiner<br />

Eltern beruhigen mich Zorans Worte,<br />

weil er strahlt, während er von seiner<br />

Mutter und ihrem neuen Lebensabschnitt<br />

spricht. „Sie ist regelrecht aufgeblüht“,<br />

so der gebürtige Bosnier. „Seit sie letztes<br />

Jahr in Pension gegangen ist, ernährt<br />

sie sich gesund, reist viel und ist viel<br />

aktiver.“ Täglich gehe sie Strecken zu<br />

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MEINUNG<br />

EXTREMFALL, ABER KEIN EINZELFALL<br />

Kommentar von Nada El-Azar<br />

Als ich mit 19 über ein Wochenende verreisen wollte,<br />

stahlen mir meine Eltern den Reisepass aus meinem<br />

Zimmer und leugneten dies – eigentlich eine Straftat, die<br />

man zur Anklage bringen könnte. Als bei einer Freundin<br />

herauskam, dass sie eine heimliche Beziehung hatte,<br />

musste sie mit ihm Schluss machen und ihr wurde die<br />

Zimmertür aus den Angeln genommen – keine Geheimnisse<br />

mehr! Ewigen Hausarrest bekam sie sowieso, sie<br />

durfte von überall nur mehr vom Papa abgeholt werden.<br />

Offizielle Schritte gegen Familienmitglieder einzuleiten<br />

ist ein richtiges Dilemma, selbst wenn es um persönliche<br />

Freiheiten geht, die in Österreich jeder genießen<br />

sollte. Die 14-jährige Afghanin unternahm etwas, suchte<br />

Schutz in einem Krisenzentrum, weil sie sich „eingesperrt“<br />

gefühlt haben soll. Ihr 18-jähriger Bruder wird sich plötzlich<br />

als Wächter der sogenannten „Familienehre“ gefühlt<br />

haben – und ließ sie für ein bisschen Freiheit mit dem<br />

Leben bezahlen.<br />

Aus persönlicher Erfahrung kann ich bestätigen, dass der<br />

voreheliche Auszug eines Mädchens aus dem Elternhaus<br />

in islamischen Kulturkreisen teilweise als absolute Schande<br />

gilt. Denn Frauen haben bei ihren Eltern zu wohnen,<br />

bis sie einen anständigen Muslim heiraten, um dann in<br />

dessen Wohnung mit einzuziehen. Das hörte nicht nur ich,<br />

sondern auch viele andere Mädchen aus muslimischen<br />

Familien, die ich kenne. Und wer etwas dagegen hat, kassiert<br />

schnell mal eine Tracht Prügel – das kommt durchaus<br />

vor. „Nur weil wir hier leben, heißt das nicht, dass du hier<br />

alles machen kannst, wie die Österreicher. Du bist die<br />

Tochter von Muslimen! Wie soll ich das den Leuten erklären,<br />

was du mit uns machst?!“<br />

EINE GEFÄHRLICHE DOPPELMORAL<br />

Ob das so im Koran steht? Das ist, meiner Meinung nach,<br />

eigentlich irrelevant. Denn Religion und Tradition sind<br />

el-azar@dasbiber.at<br />

44 / MIT SCHARF /<br />

vor allem in arabischen Kulturkreisen so eng miteinander<br />

verflochten, dass es nicht ausreichend ist, darauf zu<br />

verweisen, dass die eine oder andere Sitte vielleicht eh<br />

nicht so im Koran geschrieben steht. Klar, es gibt genug<br />

Familien, bei denen es normal zugeht. Aber es gibt eben<br />

auch genug Familien, in denen Mädchen schon früh am<br />

Abend zuhause zu sein haben, weil es sich nicht gehört,<br />

nachts unterwegs zu sein – Volljährigkeit hin oder her!<br />

Was ist, wenn die Kinder von Familie XY sie in der Disko<br />

sehen? Wie sollen sich die Eltern vor den muslimischen<br />

Bekannten rechtfertigen, wenn das rauskommt? Die<br />

Geschlechterapartheid wird von klein auf gelebt: Mädchen<br />

haben mit Buben nichts zu tun! Und, dass in Österreich<br />

die Verletzung der körperlichen Integrität nicht normal ist,<br />

verstand ich selbst auch viel zu spät. Ein Freund der Familie<br />

sagte mal: Die beste Aufmerksamkeit, die eine Tochter<br />

aus frommem Hause haben kann, ist überhaupt keine.<br />

Und ob ihre Brüder nachts unterwegs sein dürfen? Klar,<br />

weil die Buben auf sich selbst aufpassen können!<br />

Und das ist der springende Punkt. Diese Doppelmoral<br />

kann sogar tödlich enden, wie man sieht. Den „Druck“,<br />

vor dem das 14-jährige Mordopfer geflüchtet ist, kann ich<br />

absolut nachvollziehen. Ihr Fall ist ein Extrembeispiel. Aber<br />

die Situation, aus der dieser Mord resultiert ist, ist bei<br />

Weitem keine Einzelerscheinung.<br />

Ich finde, dass eine Menge Werte in vielen muslimischen<br />

Familien falsch vermittelt werden, und auch viel darüber<br />

geschwiegen wird, wenn es zu Übergriffen im Elternhaus<br />

kommt. Viele Opfer suchen sich keine Hilfe, aus Angst, die<br />

Familie zu spalten. Bei der „Mehrheitsgesellschaft“ gibt es<br />

die Angst, als islamophob oder Rassist abgestempelt zu<br />

werden, wenn man Kritik gegen diese Strukturen übt. Es<br />

muss mehr Aufklärungsarbeit und eine starke Sensibilisierung<br />

her, dann erst wird man solche Gräueltaten verhindern<br />

können. ●<br />

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MEINUNG<br />

Die Macht des<br />

positiven Denkens<br />

„Sei stärker als deine stärkste Ausrede.“<br />

„Gib jedem Tag die Chance, der beste<br />

deines Lebens zu werden.“ Kennst du<br />

so Leute, die ihre Wände mit Motivations-Sprüchen<br />

plakatieren und ständig<br />

irgendwelche Pseudo-Weisheiten auf<br />

Facebook posten? Und dann tun sie<br />

auch noch so, als würde das ihr Leben<br />

verändern. Ich gestehe: Ich gehöre<br />

auch zu diesen Leuten. Und weißt du<br />

was? Es funktioniert tatsächlich!<br />

Ich gestehe noch etwas: Ich liebe<br />

Österreich. Aber dieses ständige<br />

Sudern, das hier offenbar zum kulturellen<br />

Erbgut gehört, macht mich<br />

wahnsinnig! Wieso macht man sich das<br />

Leben unnötig schwer? Wieso alles<br />

negativ sehen, wenn man auch einfach<br />

glücklich sein kann? Das hat nichts mit<br />

Naivität zu tun. Es ist reine Psychologie.<br />

Jeder Mensch hat die Macht, seine<br />

eigene Stimmung zu beeinflussen. Nur<br />

du entscheidest, ob du glücklich oder<br />

traurig sein möchtest. Versuch’s mal!<br />

Lass dich in den Bann des positiven<br />

Denkens ziehen. Du wirst überrascht<br />

sein, wie gut es tut und wie erfolgreich<br />

du damit sein wirst. In diesem Sinne:<br />

Möge die Macht mit dir sein!<br />

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Von Andrea Grman<br />

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Warum tun sich<br />

Migranten am<br />

Arbeitsmarkt schwer?<br />

Eine große Herausforderung<br />

ist<br />

die Sprache. Bei<br />

Migranten mit guter<br />

Bildung ist der eigene<br />

Anspruch hoch und<br />

sie tendieren dazu,<br />

sich am Arbeitsmarkt<br />

schlechter zu präsentieren.<br />

Bei Migranten<br />

mit niedrigerem<br />

Bildungsniveau ist<br />

„Lernen“ eher mit<br />

Angst besetzt.<br />

Wichtig ist, dass Menschen<br />

nicht in eine<br />

Opferrolle rutschen<br />

und ihr „Migrant-Sein“<br />

als Ausrede nutzen.<br />

Es braucht Migranten,<br />

die wissen, was sie<br />

können.<br />

Was ist das Wichtigste, wenn man neu<br />

in Österreich ist?<br />

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Eva-Maria Lass<br />

Geschäftsführerin und Coach<br />

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TEDXVIENNA<br />

An alle Freigeister, Weltverbesserer<br />

und Andersdenkenden: Am<br />

21.Oktober findet das TEDxVienna<br />

im Volkstheater statt. Das diesjährige<br />

Thema lautet ON THE EDGE. Falls ihr<br />

nicht dabei sein könnt, nicht traurig<br />

sein: Alle Reden werden online<br />

gestreamt und veröffentlicht.<br />

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Netzwerke. Das<br />

Schlechteste ist, in<br />

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Netzwerke vergeben.<br />

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46 / KARRIERE /<br />

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GELD FÜR SYRIEN<br />

1300 Western Union Filialen gibt es in Österreich,<br />

diese hier befindet sich am Schubertring. Geld,<br />

Ausweis und vor Ort ein Formular ausfüllen und<br />

schon ist das Geld auf dem Weg in die Heimat.<br />

Syrische Flüchtlinge<br />

überweisen Millionen in<br />

ihre Heimat. Wie viel genau,<br />

darüber reden sie nicht - aus<br />

Angst, dass Österreich ihnen<br />

die Sozialbeihilfen kürzt. Mit<br />

uns haben drei SyrerInnen<br />

dann doch gesprochen – über<br />

illegale Geldtransfers und<br />

wichtige Entwicklungshilfe.<br />

Von Melisa Erkurt und Bilal Albeirouti<br />

Fotos: Susanne Einzenberger und Anas Faraj (Syrien)<br />

Über Geld spricht man nicht. Das haben<br />

die Syrer von den Österreichern gelernt.<br />

„Wenn die Öffentlichkeit erfährt, dass wir<br />

Geld nach Syrien schicken, denken alle, wir<br />

würden zu viel bekommen und sie kürzen<br />

uns die Beihilfen“, heißt es von allen Seiten, nachdem<br />

biber-Redakteur Bilal Albeirouti auf syrischen Facebook-<br />

Seiten und in seinem Bekanntenkreis erklärt, dass er für<br />

einen Artikel darüber recherchiert, wie und wofür Flüchtlinge<br />

Geld nach Syrien schicken. „Such dir ein anderes<br />

Thema. Das ist zu heikel“, sagen ihm die meisten Syrer.<br />

Dabei ist es nichts Neues, dass Migranten Geld in die<br />

alte Heimat senden. Die klassischen Empfängerländer von<br />

Österreich sind noch immer die Türkei und die Staaten des<br />

ehemaligen Jugoslawien. 2016 wurden laut Weltbank 4,1<br />

Milliarden aus Österreich von Migranten verschickt.<br />

Trotzdem fürchten sich die Syrer davor, dieses Thema<br />

publik zu machen. Vor allem jetzt, so kurz nach der Nationalratswahl,<br />

fürchten sich viele vor Kürzungen durch die<br />

neue Regierung. Drei SyrerInnen haben dann doch mit uns<br />

gesprochen, ihre Namen mussten wir ändern und fotografiert<br />

wollten sie auf gar keinen Fall werden.<br />

Fadi * ist seit zwei Jahren in Österreich. Er arbeitet als<br />

Küchenhilfe. Viel lieber würde der junge Mann studieren,<br />

aber er muss Geld verdienen, um seine alten Eltern in<br />

Damaskus zu unterstützen. Sein Lohn beträgt 1.070 Euro<br />

netto, davon zahlt er 300 Euro Miete für sein WG-Zimmer.<br />

500 Euro schickt er jeden Monat an seine Eltern. „Mir<br />

bleiben 270 Euro monatlich zum Leben. Da ich Raucher<br />

bin, ist das Geld schnell wieder weg.“ Fadis Vater ist krank,<br />

mit den 500 Euro kauft er Medikamente, zahlt die medizinische<br />

Betreuung, Miete und Lebenserhaltungskosten.<br />

„In Syrien sind die Lebensmittel jetzt im Krieg sehr teuer.“<br />

Die Lebensmittelpreise sind gestiegen und die syrische<br />

Währung hat an Wert verloren. „Vor dem Krieg war ein<br />

Dollar umgerechnet 50 Lira (Währung in Syrien) wert.<br />

Jetzt kommt ein Dollar auf 514.98 Lira, also mehr als das<br />

Zehnfache.“ Vor einem Jahr wusste Fadi noch nicht, dass<br />

Western Union für Flüchtlinge das Geld ohne Gebühr in die<br />

alte Heimat schickt. „Auf Facebook-Gruppen haben manche<br />

davor gewarnt, das Geld Western Union anzuvertrauen.<br />

Sie haben uns allen stattdessen angeboten, Geld über<br />

ihre Connections runter zu schicken“, erinnert sich Fadi.<br />

Fadi trifft sich damals mit einem dieser Männer und gibt<br />

ihm <strong>10</strong>0 Euro, der wiederum ruft seinen Kontakt in Syrien<br />

an, der sich mit Fadis Eltern trifft und ihnen das Geld<br />

aushändigt. „Das Problem war, dass der Mann sich etwas<br />

von dem Geld eingesteckt hat“, sagt Fadi. Dieses System<br />

hat einen Namen: „Hawala“. Ein Finanzsystem aus dem<br />

Orient, das auf Vertrauen basiert. Eine Person A, die Geld<br />

an eine Person B transferieren will, muss dem „Hawaladar“<br />

(Händler), dem sie das Geld übergibt, vertrauen. Person<br />

B muss andererseits ihrem Hawaladar vertrauen. Oft sind<br />

solche Hawaladar aber Schmuggler und das Geld kommt<br />

nie an. Ein weiteres Problem: Mit dem Hawala-System können<br />

auch Terrororganisationen wie der IS unkompliziert mit<br />

Spendengeldern finanziert werden.<br />

Doch auch Western Union steht in Kritik, für Terrorunterstützung<br />

missbraucht werden zu können. Peter<br />

Bucher, Geschäftsführer der Western Union International<br />

Dieses Foto wurde vor zwei Wochen geschossen.<br />

37 Western Union Filialen gibt es in Syrien, diese hier<br />

befindet sich in Damaskus. Zum Geld abholen braucht man<br />

nur einen Ausweis und die Transaktionsnummer, die der<br />

Absender beim Verschicken erhalten hat.<br />

48 / KARRIERE / / KARRIERE / 49


Lange Warteschlangen – Syrer warten sehnlichst auf das<br />

Geld ihrer geflüchteten Verwandten.<br />

Nahrung und medizinische Versorgung, aber auch<br />

Terrorunterstützung und Menschenhandel – das Geld, das<br />

über Western Union fließt, ist nicht immer sauber.<br />

Bank GmbH, ist sich dessen bewusst und sagt dazu ganz<br />

klar: „Wir wollen kein schlechtes Geld.“ Um das „schlechte<br />

Geld“ ausfindig zu machen, läuft jede Transaktion durch<br />

Sanktionslisten. Auf den Sanktionslisten befinden sich<br />

individuelle Personen, aber auch Länder, in denen WU<br />

nicht tätig ist, wie der Iran oder Nordkorea. Zwei Hundert<br />

Millionen gibt Western Union jährlich für die Überprüfung<br />

aus und über 2000 Mitarbeiter, mehr als 15 Prozent der<br />

Western Union Mitarbeiter weltweit, sind für die Compliance<br />

zuständig.<br />

6000€ LÖSEGELD<br />

Auch der 35-jährige Syrer Ahmad hat zuerst über einen<br />

„Hawaladar“ Geld nach Syrien geschickt. „Mein Bruder<br />

wurde entführt, sie forderten 6000 Euro Lösegeld“, erzählt<br />

er. Leider kein Einzelschicksal, Entführungen gehören in<br />

Syrien zum Alltag. Ahmads Familie in Syrien schafft es,<br />

2000 Euro aufzutreiben. Ahmad ist ihre letzte Hoffnung.<br />

Der 35-Jährige kratzt alles, was er hat, zusammen und<br />

borgt sich von Freunden Geld, dann schickt er die 4000<br />

Euro über den Kontaktmann nach Syrien. „Wenn ich so<br />

eine große Summe legal über Western Union verschickt<br />

hätte, wäre Österreich bestimmt misstrauisch geworden.<br />

Der Staat würde sich fragen, woher ich das Geld habe und<br />

mir die Mindestsicherung kürzen“, ist sich Ahmad sicher.<br />

Dabei ist die Mindestsicherung alles, was er hat. Mit dem<br />

Geld versorgt er sich und seine Frau, schickt monatlich<br />

<strong>10</strong>0 Euro an seine Eltern und zahlt mit 200 Euro pro Monat<br />

seine Schulden bei seinen Freunden, bei denen er sich<br />

das Geld geborgt hat, ab. Ahmad und seine Frau suchen<br />

täglich nach Arbeit, damit sie ihre Familien in Syrien noch<br />

besser unterstützen können. Sein Bruder konnte mit<br />

seinem Geld zwar befreit werden, doch in Syrien herrscht<br />

Krieg, jeder Cent ist bitter nötig.<br />

WICHTIGE ENTWICKLUNGSHILFE<br />

Das weiß auch die 26-jährige Syrerin Suzana. Sie arbeitet<br />

geringfügig angestellt in einem Friseursalon in Wien.<br />

Dort verdient sie 400 Euro und bekommt noch rund 400<br />

Euro von Beihilfen. In ihrer Heimat war Suzana politische<br />

Aktivistin, deshalb musste sie fliehen und ihre zwei Kinder<br />

bei ihrem Mann zurücklassen. Suzana fehlen ihre Kinder,<br />

das schlechte Gewissen plagt sie. Deshalb schickt sie<br />

so gut wie alles, was sie verdient, nach Syrien. Auch sie<br />

hat früher das Geld über einen „Hawaladar“ nach Syrien<br />

geschickt. „Vor ungefähr einem Jahr hat dann einer auf<br />

Facebook geschrieben, dass er sein Geld über Western<br />

Union nach Syrien gesendet hat und dass sie von Flüchtlingen<br />

keine Gebühr verlangen und das Geld schnell und<br />

sicher angekommen ist.“ Tatsächlich verlangt Western<br />

Union seit dem Sommer 2015 bis heute keine Gebühren<br />

für Transaktionen von Österreich nach Syrien. Seitdem<br />

schickt Suzana das Geld über Western Union. Genauso<br />

wie Fadi und Ahmad. In der syrischen Community hat<br />

sich mittlerweile herumgesprochen, dass Western Union<br />

zuverlässiger und preiswerter ist als Privatpersonen oder<br />

dubiose Händler.<br />

Trotzdem bleibt die Angst: „Was, wenn Western Union<br />

öffentlich macht, dass wir Geld an unsere Familien in<br />

Syrien schicken? Dann kürzt uns der Staat die Beihilfen<br />

und wir landen auf der Straße und unsere Familien in<br />

Syrien verhungern“, dessen sind sich alle drei sicher.<br />

Dabei gibt Western Union gar keine offiziellen Zahlen<br />

heraus, wie viel Geld Syrer von Österreich nach Syrien<br />

schicken. Doch das Thema Geld und Flüchtlinge sorgt<br />

eben immer für Aufregung. Das bekommen auch die<br />

Syrer mit. „Unser Geld für unsere Leute“, plakatierte die<br />

FPÖ bereits 2015. „Was, wenn Österreicher nicht wollen,<br />

dass „ihr“ Geld an unsere Familien geht?“, fragt sich<br />

Fadi. Dabei unterstützt Fadi mit seinen Überweisungen<br />

nicht nur seine Familie, er leistet eine wichtige Form von<br />

Entwicklungshilfe. Experten halten die Rücküberweisungen<br />

für die größere und bessere Entwicklungshilfe, denn<br />

das Geld kommt direkt in den Familien an, statt dass es<br />

in möglicherweise korrupten Staatsstrukturen untergeht.<br />

Auch Peter Buchner bestätigt, wie wichtig die Transaktionen<br />

für die Entwicklungshilfe sind (siehe Interview).<br />

Aber die Flüchtlinge wollen nicht nur ihrer alten, sondern<br />

auch ihrer neuen Heimat Österreich etwas zurückgeben,<br />

versichern Ahmad und die anderen: „Wir möchten keine<br />

Mindestsicherung, sondern einen Job. Damit wir endlich<br />

Geld verdienen, das wirklich uns gehört. Damit zahlen<br />

wir Steuern an Österreich und können unsere Familien<br />

in Syrien unterstützen, ohne Angst zu haben, dass<br />

Österreicher uns das übel nehmen. Unser eigenes Geld<br />

verdienen, das ist alles, was wir wollen.“ ●<br />

HAWALA<br />

Hawala, was auf Arabisch „Transfer“ oder „Vertrauen“<br />

bedeutet, ist eine alte Praxis aus dem<br />

Orient, die das informelle Weitergeben von Geld<br />

beinhaltet. Ein Zahler gibt sein Geld einem Mittelsmann.<br />

Der hat Kontakt zu einem zweiten, ihm<br />

vertrauten Mittelsmann. Der wiederum zahlt die<br />

Summe dem Empfänger aus. Der Zahler erhält<br />

vorab einen Code, der an den vorgesehenen<br />

Empfänger in Syrien gesendet werden soll. Sobald<br />

der Code eingetroffen ist - per SMS oder E-Mail<br />

- geht diese Person zum Mittelsmann in Syrien<br />

und bekommt das Geld - abzüglich einer kleinen<br />

Provision. Diese Gebühr variiert. Das Hawala-<br />

System ist besonders in Ländern mit schwacher<br />

finanzieller Infrastruktur beliebt und wird auch<br />

von Kriminellen missbraucht, da der Geldtransfer<br />

unaufspürbar ist. In Deutschland ist das Hawala-<br />

System strafbar.<br />

Interview mit Peter Bucher<br />

CEO Western Union International Bank<br />

<strong>BIBER</strong>: Von Syrern nehmen Sie keine Gebühren (bei Transaktionen<br />

bis zu 300 Euro). Von allen anderen schon. Wie<br />

hoch sind diese Gebühren?<br />

PETER BUCHER: Im Schnitt 5-6 Prozent. Bei uns ist es in<br />

Krisensituationen, beispielsweise der Erdbebenkatastrophe<br />

in Haiti oder eben dem Syrienkrieg, üblich keine Gebühren<br />

zu verlangen, damit das Geld rasch dort ankommt, wo es<br />

gerade dringend gebraucht wird.<br />

Was genau bewirkt diese Art der Entwicklungshilfe?<br />

Die meisten schicken das Geld, damit ihre Familien in der<br />

Heimat Ausbildung genießen können, damit die medizinische<br />

Versorgung gewährleistet wird und die Kosten für<br />

den täglichen Bedarf gedeckt werden können. Damit wird<br />

enorme Entwicklungshilfe geleistet.<br />

Wie viel überweisen WU Kunden durchschnittlich in die<br />

Heimat?<br />

300 US-Dollar ist der weltweite Durchschnitt bei Western<br />

Union.<br />

Gibt es einen Maximalbetrag?<br />

Western Union ist in mehr als 200 Ländern und Territorien<br />

mit mehr als 550,000 Filialen tätig. 80 Milliarden<br />

Euros werden jährlich mit Western Union überwiesen. Die<br />

Maximalbeträge variieren von Land zu Land. Nach Syrien<br />

können maximal 2000 US-Dollar überwiesen werden.<br />

Wie viele WU Filialen gibt es in Syrien?<br />

Derzeit 37.<br />

Wie viele WU Filialen gibt es in Osterreich?<br />

Derzeit 1.300 Filialen.<br />

Western Union steht in Kritik, mit Migranten Geld zu<br />

machen. Wie rechtfertigen Sie das?<br />

Dass wir etwas für unseren Service verlangen, ist Voraussetzung<br />

dafür, dass wir diesen Service anbieten können.<br />

Uns würde es sonst nicht geben und damit die Entwicklungshilfe,<br />

die die Transaktionen leisten, auch nicht.<br />

50 / KARRIERE / / KARRIERE / 51


Selbermacher<br />

Tanz,<br />

Atom,<br />

Wissgott, der kreative Part des Zweiergespanns. Clemens<br />

Senn ist das Gegenstück. Pünktlich, penibel, als erster im<br />

Büro und als letzter wieder raus. Bei all den Unterschieden<br />

waren sie sich in einer Sache einig: „Der Reiz an einem<br />

Problem zu arbeiten und eine Lösung zu finden. Und das<br />

was wir mit der App verwirklicht haben, ist fancy stuff<br />

und einzigartig in der Welt“, schwärmt die Kreativinstanz<br />

Wissgott.<br />

Clemens Sinn und Philipp Wissgott<br />

sind bekennende Nerds. Ihre App<br />

„Waltzing Atoms“ soll das unbeliebte<br />

Fach „Chemie“ aufspicen und<br />

gleichzeitig budgetschonend für<br />

die Schulen sein. Darunter muss<br />

manchmal das Urlaubsgeld leiden<br />

Von Amar Rajković, Foto: Christoph Liebentritt<br />

tanz!<br />

Welt verändern“ und „Zuckerberg<br />

oder Elon Musk.“<br />

– Wenn Philipp Wissgott<br />

zu den Beweggründen seiner Geschäftsidee<br />

gefragt wird, leuchten seine<br />

Augen auf und die Erzählung erreicht<br />

schnell eine globale Ebene. In dem Büro<br />

der von Wissgott und Clemens Senn<br />

gegründeten Firma „Waltzing Atoms“<br />

deutet wenig auf die Welteroberung hin.<br />

Ob wir hier tatsächlich mehr über Chemie<br />

erfahren und die nächsten Zuckerbergs<br />

kennenlernen?<br />

FANCY STUFF<br />

Die Geschäftsidee: Direkt auf ihren<br />

Smartphones lösen Schüler chemische<br />

Aufgaben. Die Lehrer können einzeln<br />

auf die Schüler eingehen und die Schulen<br />

haben keine Anschaffungskosten,<br />

weil Smartphones mittlerweile zur Standardausrüstung<br />

der Millennials gehören.<br />

Vor allem die 90% im Unterricht,<br />

die kein Interesse an Chemie haben,<br />

sollen abgeholt und begeistert werden.<br />

Kritische Stimmen gibt es vereinzelt,<br />

aber die hat es in den 90er Jahren vor<br />

der Einführung des Taschenrechners im<br />

Unterricht auch gegeben, wie Wissgott<br />

betont.<br />

Kennengelernt haben sich die beiden<br />

Nerds im Unternehmen, für das sie<br />

zuletzt gearbeitet haben. Dort hatten<br />

sie ein fixes Gehalt, fünf Urlaubswochen<br />

und keine Existenzängste, richtig<br />

herausgefordert haben sie sich nicht<br />

gefühlt. „Für mich kam die Zeit Neues<br />

auszuprobieren, nachdem ich auf der<br />

Uni eine wissenschaftliche Karriere<br />

eingeschlagen hatte und in der Arbeit<br />

nicht gefordert wurde“, erinnert sich<br />

WALZER STATT TANGO<br />

Die Waltzing-Atoms-App kommt mittlerweile in über 350<br />

Schulen österreichweit zur Anwendung. Der Name bezieht<br />

sich auf die Atome, die im Falle der richtigen Lösung zu<br />

tanzen beginnen. Warum die kleinen Freunde nicht Samba<br />

oder Tango tanzen, liegt am Sitz der Firma, erklärt uns<br />

Senn. „Der Walzer gehört zu Wien, genauso wie unser<br />

Unternehmen.“ Sowohl Senn als auch Wissgott betonen<br />

mehrfach während unseres Gesprächs die Bedeutung<br />

des Standorts und die Heimeligkeit der Szene: „Hier ist es<br />

gemütlich, die Menschen helfen einander“, so Senn und<br />

„die Tatsache, dass die Menschen in der Stadt leben wollen<br />

und nicht weiterziehen, macht den Standort attraktiv“,<br />

schließt Wissgott das Loblied auf Wien und seine Start-<br />

Up-Szene ab.<br />

Bevor wir die App ausprobieren können, um uns selbst ein<br />

Bild zu machen, fragen wir die Beiden nach ihrer Außendarstellung<br />

als Nerds: „Seit Big Bang Theory und dem<br />

autistischen Sheldon Cooper hat die Chemie einen Popularitätssprung<br />

gemacht“, erläutert Wissgott. Die Nerds sind<br />

keine Außenseiter mehr, sondern genießen das Image von<br />

Popstars – Marc Zuckerberg, Elon Musk und der österreichische<br />

Start-Up-Prinz Florian Gschwandtner (Runtastic)<br />

lassen grüßen. Wissgott und Senn, die anfangs oft auf ihr<br />

Urlaubsgeld verzichteten, blicken mit Genugtuung zurück:<br />

„Unser Privatleben ist besser geworden, weil wir nicht<br />

mehr mit schlechter Laune nach Hause kommen“ und die<br />

Entscheidung selbständig zu werden, haben die beiden<br />

Berufsnerds nicht bereut, denn sie wussten: „Wenn nicht<br />

jetzt, dann nie.“●<br />

WKO-WIEN HILFT<br />

Im Gründerservice der WKO-Wien kann man bei<br />

einem Beratungsgespräch alle Fragen stellen, die die<br />

Gründung eines Unternehmens betreffen. Im Vorhinein<br />

kann man sich auch schon eigenständig online<br />

informieren. Ob generelle Tipps zur Selbstständigkeit,<br />

rechtliche Voraussetzungen, Amtswege oder Finanzierungs-<br />

und Förderungsmöglichkeiten: Auf der Website<br />

kommt man mit wenigen Klicks zu allen wichtigen<br />

Informationen.<br />

wko.at/wien<br />

www.gruenderservice.at<br />

Die Selbermacherin-Serie ist eine redaktionelle Kooperation<br />

von das biber mit der Wirtschaftskammer Wien.<br />

ALLES WAS<br />

RECHT IST<br />

» BERATUNG ZUM WIRTSCHAFTS-<br />

UND GEWERBERECHT<br />

» Von der Gewerbeanmeldung bis zum Vertragsrecht.<br />

Wir beraten Sie zu allen Themen rund um das Wirtschafts-<br />

und Gewerberecht. Nutzen Sie das Wissen<br />

unserer RechtsexpertInnen und kontaktieren Sie uns!<br />

W wko.at/wien/wirtschaftsrecht<br />

T +43 1 514 50-1615<br />

52 / KARRIERE /


MADE BY <strong>BIBER</strong><br />

Partner der biber-Akademie:<br />

Sie sind jung, haben<br />

internationale<br />

Wurzeln und wollen<br />

schreiben. Die biber-<br />

Akademie bildet<br />

JungjournalistInnen<br />

aus und bereitet sie<br />

auf die österreichische<br />

Medienlandschaft vor.<br />

Ein Erfolgsresümee:<br />

„Mir ist eine Versachlichung der Integrationsdebatte<br />

sehr wichtig. Dabei können<br />

Journalisten mit Migrationsbackground<br />

viel dazu beitragen und daher unterstützen<br />

wir die biber-Akademie. Zudem<br />

geht es mir aber darum, dass Integration<br />

gelebt wird und auch möglichst<br />

viele Menschen mit unterschiedlichsten<br />

Lebensgeschichten im Journalismus<br />

beschäftigt sind.“<br />

SEBASTIAN KURZ, Bundesminister für<br />

Europa, Äußeres und Integration<br />

„Bei uns arbeiten weltweit Menschen<br />

aus 60 Nationen. Diese Vielfalt ist ein<br />

wesentlicher Erfolgsfaktor, der uns stark<br />

macht und uns einen Wettbewerbsvorteil<br />

verschafft. Die biber-Akademie gefällt<br />

uns, weil sie ihre Kraft ebenfalls aus der<br />

Vielfalt der Menschen schöpft.“<br />

MAGDALENA MOLL, OMV Senior Vice<br />

President Corporate Affairs<br />

„Damit Diversity und Inklusion keine<br />

Slogans bleiben, müssen beide Begriffe<br />

mit Leben erfüllt werden. Daher ist es<br />

wichtig, dass engagierte JungjournalistInnen<br />

mit migrantischen Wurzeln<br />

ihre Fähigkeiten einbringen und die<br />

Sichtweisen der Medien erweitern. Die<br />

Wirtschaftskammer Wien unterstützt die<br />

Biber-Akademie, um diese Generation<br />

der neuen ÖsterreicherInnen auf ihrem<br />

Weg zu stärken.“<br />

WALTER RUCK, Wiener Wirtschaftskammer-Präsident<br />

Alexandra Stanic, Marian Smetana und Nour Khelifi (v.l.n.r.) gehören laut dem<br />

Branchenmagazin „Der Journalist“ zu den 30 besten Jungjournalisten Österreichs.<br />

Die biber-Akademie wurde 2011<br />

ins Leben gerufen, um engagierte<br />

JungjournalistInnen mit<br />

Migrationshintergrund für die Medienund<br />

Kommunikationswelt vorzubereiten.<br />

Zwei Monate lang werden bis zu<br />

vier StipendiatInnenen ausgebildet und<br />

veröffentlichen ihre Interviews, Berichte<br />

und Reportagen online und im Heft.<br />

Einen weiteren Monat absolvieren die<br />

biber-AkademikerInnen in einem Partnermedium<br />

oder in einer Kommunikationsabteilung<br />

ihrer Wahl.<br />

FASHIONISTAS UND<br />

POLITREDAKTEURE<br />

Über 1<strong>10</strong> Talente mit und ohne Migrationshintergrund<br />

haben die biber-Akademie<br />

besucht. Viele von ihnen sind im<br />

Journalismus geblieben und arbeiten für<br />

Medien wie Ö3, Salzburger Nachrichten,<br />

fm4, Kurier, Wiener Zeitung oder die Kronen<br />

Zeitung. Dazu zählen David Slomo,<br />

der nach seinem Folgepraktikum bei der<br />

Heute-Zeitung übernommen wurde und<br />

Vanessa Spanbauer, die Chefredakteurin<br />

bei dem austro-afrikanischen Fresh-<br />

Magazin ist.<br />

Die biber-StipendiatInnen verschlägt<br />

es in die unterschiedlichsten Richtungen.<br />

Amra Ducic erinnert sich gerne an ihre<br />

Akademiezeit zurück. „Ich hatte bis<br />

dahin keine Erfahrung im Journalismus,<br />

biber hat mir Einblick in die Medienwelt<br />

gewährt“, erzählt die 28-jährige Bosnierin.<br />

Heute arbeitet Amra in der Presseabteilung<br />

des Außenministeriums. Suzana<br />

Knezevic erhielt nach ihrer biber-Zeit<br />

eine Vollzeit-Anstellung bei der Werbe-<br />

Agentur Virtue und ist unter anderem für<br />

Videoproduktionen zuständig. Andere<br />

AkademikerInnen bleiben biber erhalten:<br />

Andrea Grman wurde direkt nach ihrem<br />

Praktikum übernommen und arbeitet<br />

seither als Projektmanagerin.<br />

Um den Kontakt zu allen biber-AbsolventInnen<br />

aufrecht zu erhalten, wurde<br />

Anfang 20<strong>17</strong> der biber-Alumni-Club<br />

gegründet. Ziel ist es, die Kaderschmiede<br />

der biber-Akademie in ein starkes<br />

Netzwerk zu verwandeln. Mit Workshops,<br />

regelmäßigen Treffen und gemeinsamen<br />

Reisen bemüht sich biber um einen<br />

regen Austausch und gegenseitige<br />

Unterstützung. Zuletzt hielt Spiegel-Journalist<br />

Hasnain Kazim einen Vortrag über<br />

seine Arbeit als Türkei-Korrespondent. ●<br />

Marko Mestrovic / picturedesk.com, Andreas Jakwerth, www.richardtanzer.com, Felicitas Matern, Picasa<br />

„Als öffentliches Unternehmen steht<br />

die ÖBB zu Recht oft im Fokus medialer<br />

Berichterstattung. Uns gefällt, dass die<br />

biber-Akademie nicht nur talentierte<br />

Jung-JournalistInnen ausbildet, sondern<br />

darüber hinaus gezielt die Internationalität<br />

und Diversität der Medien- und<br />

Kommunikationsbranche erhöht.“<br />

SVEN PUSSWALD, Leitung Konzernkommunikation<br />

& Public Affairs, ÖBB<br />

„Die biber-Akademie ist eines der großartigsten<br />

journalistischen Nachwuchs-<br />

Projekte Österreichs. Gerade die Vielfalt<br />

und die Internationalität der Beteiligten<br />

machen auch die Qualität der Redaktion<br />

aus. Wir freuen uns einen Beitrag leisten<br />

zu können und wünschen der nächsten<br />

Generation von Jungjournalistinnen und<br />

-journalisten eine erfolgreiche Karriere in<br />

den Top-Medien des Landes.“<br />

WOLFGANG FASCHING-KAPFEN-<br />

BERGER, Communications & Public<br />

Affairs Manager, Google Austria<br />

„Migration ist ein wichtiges Thema in den<br />

österreichischen Medien. Die biber-Akademie<br />

gibt jungen Menschen mit Migrationshintergrund<br />

die Chance Journalismus<br />

zu lernen, um die Berichterstattung mitzugestalten<br />

– durch ihre Erfahrungen, ihr<br />

Wissen und ihr Engagement. Wir von der<br />

Wiener Städtischen Versicherung freuen<br />

uns, dieses Projekt zu unterstützen.“<br />

SABINE WEISS, Leiterin Werbung und<br />

Sponsoring, Wiener Städtische Versicherung<br />

54 / MIT SCHARF /<br />

/ MIT SCHARF / 55


MACHE ES WIE MURAT!<br />

Von Nada El-Azar<br />

56 / KARRIERE /<br />

Murat Ceylan (Mitte) mit seinem Ausbilder Boris Passler und den anderen Gewinnern<br />

des Lehrlingspreises des Jahres 2016<br />

Du bist Lehrling in Wien und findest,<br />

dass dein Ausbilder Großes<br />

für dich und deine Zukunft<br />

leistet? Dann nominiere ihn jetzt für den<br />

Preis „Ausbilder des Jahres 20<strong>17</strong>“!<br />

Auch heuer wird von der Wirtschaftskammer<br />

Wien (WKW) wieder der Preis<br />

für den „Ausbilder des Jahres“ verliehen.<br />

Denn die AusbilderInnen sind es, die aus<br />

jungen, aufstrebenden Menschen unabhängige<br />

und starke Fachkräfte machen!<br />

Und wer könnte das besser wissen, als<br />

ihr Lehrlinge selbst? Das Engagement<br />

eurer AusbilderInnen gehört anständig<br />

belohnt. Und hier erfahrt ihr, wie es<br />

funktioniert:<br />

Bis zum 30. Oktober hast du die<br />

Chance, dich und deinen Ausbilder zu<br />

bewerben. Das kann entweder bequem<br />

von zuhause aus online unter ausbilderdesjahres.at<br />

geschehen, oder bei einer<br />

der Roadshows in deinem Betrieb. Wo<br />

und wann die Roadshows stattfinden,<br />

erfährst ebenfalls auf der Homepage. In<br />

einem Fragebogen bewertest du deinen<br />

Ausbilder nach einem Punktesystem.<br />

Unter allen Nominierungen wird ein<br />

brandneues hp Probook 450 verlost<br />

– mitmachen zahlt sich also auf jeden<br />

Fall aus! Teilnahmeberechtigt sind alle<br />

Lehrlinge, die der Sparte Gewerbe und<br />

Handwerk bei der WKO unterliegen.<br />

Sollte dein Ausbilder unter den Top<br />

<strong>10</strong> in den Bewertungen landen, wirst du<br />

mit ihm zusammen von einer Fachjury<br />

telefonisch interviewt. Aus den drei besten<br />

Interviews werden dann die Gewinner<br />

ermittelt. Es warten tolle Preise auf<br />

euch: Der 1. Platz wird in diesem Jahr<br />

mit einem WIFI-Bildungsgutschein im<br />

Wert von 1.600€ gekürt! Des Weiteren<br />

gibt es noch Theaterkarten der Vereinigten<br />

Bühnen Wiens und vieles mehr zu<br />

gewinnen.<br />

Im vergangenen Jahr wurde Boris<br />

Passler von dem Installateurbetrieb<br />

Ekkehard Passler GmbH mit dem Preis<br />

ausgezeichnet. Nominiert wurde er von<br />

seinem Lehrling Murat Ceylan. Am Ende<br />

überzeugten Kompetenz, Verantwortung<br />

für die Lehrlinge und das gute Arbeitsklima<br />

in dem Betrieb. Das Motto des Wettbewerbs<br />

lautet „Lehre ist Zukunft“ – und<br />

dazu zählt auch die Verlässlichkeit und<br />

Fürsorge durch die AusbilderInnen, die<br />

durch den Preis geehrt werden sollen.<br />

Informiere dich jetzt unter ausbilderdesjahres.at<br />

– mit deiner Unterstützung<br />

könnte der Lehrlingspreis Ende November<br />

auch in deinem Betrieb verliehen<br />

werden!<br />

Weitere Infos findet ihr auch auf Facebook<br />

unter:<br />

facebook.com/AusbilderdesJahres<br />

Michael Weinwurm<br />

Noch unentschlossen?<br />

Komm‘ zum „Tag der Lehre+“ ins MAK!<br />

Du möchtest auch eine Lehre<br />

beginnen, weißt aber noch<br />

noch nicht, welcher Betrieb am<br />

besten zu dir passt? Dann hast du am<br />

18. und 19. Oktober die Möglichkeit, im<br />

Wiener MAK Arbeitgeber aus den verschiedensten<br />

Branchen kennenzulernen!<br />

Auf zwei Stockwerken können angehende<br />

Lehrlinge an den zahlreichen Infoständen<br />

Österreichs Topunternehmen<br />

erkunden. Mit dabei sind unter anderem<br />

die ÖBB, Interspar, Hofer, Figlmüller,<br />

das Bundesheer und viele mehr. An den<br />

interaktiven Messeständen können SchülerInnen<br />

bei Malerarbeiten, Styling von<br />

Frisuren und Kosmetik und Malerarbeiten<br />

ihr handwerkliches Können beweisen.<br />

Auch Vorträge rund um das Thema Lehre<br />

und Bewerbung können besucht werden.<br />

Jeder hat sein persönliches Talent, das<br />

er in einem der über 200 Lehrberufe,<br />

die es in Österreich gibt, entfalten kann!<br />

Beim „Tag der Lehre+“ ist für jeden<br />

etwas dabei! Und wem selbst dann<br />

immer noch die Entscheidung für einen<br />

Lehrberuf schwerfällt, kann sich vor<br />

Ort eine persönliche Expertenberatung<br />

vom Arbeitsmarktservice (AMS), der<br />

Wirtschaftskammer Wien (WKW), und<br />

weiteren Institutionen einholen. Wer mal<br />

eine Pause braucht, kann an einer der<br />

Gratisführungen durch die Ausstellungen<br />

des MAK (Museum für Angewandte<br />

Kunst) teilnehmen, die an beiden Messetagen<br />

angeboten werden.<br />

Interessiert? Dann gehe jetzt auf www.<br />

tag-der-lehre.at und melde dich für deinen<br />

Besuch an! Die ganze Veranstaltung<br />

ist selbstverständlich kostenlos.<br />

Wann? 18.–19. Oktober 20<strong>17</strong><br />

ab 08:30 bis 15:30<br />

Wo? Museum für Angewandte Kunst<br />

Weißkirchnerstraße 3<br />

<strong>10</strong><strong>10</strong> Wien (U3 Stubentor)<br />

Karriere mit Lehre<br />

Österreichs Unternehmen brauchen<br />

laufend Fachkräfte. Daher<br />

ist der Start einer Lehre mehr<br />

denn je eine gute Investition in<br />

eine erfolgreiche Zukunft. Jeder<br />

der über 200 Lehrberufe bietet<br />

eine hochwertige Berufsausbildung.<br />

Die optimale Verbindung<br />

von Praxis und Fachwissen zahlt<br />

sich aus. Vor allem technische<br />

Berufe bieten für Mädchen und<br />

Burschen tolle Karrierechancen.<br />

Dort werden besonders viele<br />

Fachkräfte benötigt und sind<br />

auch die Gehälter höher.<br />

Moderne Ausbildung<br />

Um die Lehre noch attraktiver<br />

zu machen, modernisiert das<br />

Wirtschaftsministerium laufend<br />

die Ausbildung. Gemeinsam mit<br />

den Betrieben werden alljährlich<br />

neue Berufsbilder entwickelt.<br />

Damit bleibt die Lehre immer am<br />

aktuellsten Stand.<br />

Coaching nützen<br />

Damit die Ausbildung erfolgreich<br />

verläuft, gibt es ein kostenloses<br />

Serviceangebot.<br />

Professionelle Coaches zeigen<br />

Stärken und Schwächen auf<br />

und unterstützen Lehrlinge und<br />

Unternehmen. Sie helfen bei der<br />

Vorbereitung auf die Lehrabschlussprüfung<br />

und vermitteln<br />

zwischen Betrieb, Berufsschule<br />

und Lehrling.<br />

Alle Infos gibt es auf<br />

www.lehre-statt-leere.at<br />

Ü b e r 2 0 0 L e h r b e r u f e w a r t e n !<br />

Alle Informationen gibt es online unter: www.bmwfw.gv.at/berufsausbildung<br />

Entgeltliche Einschaltung<br />

© Martin Ezel, Adobe Stock


TECHNIK & MOBIL<br />

Alt+F4 und der Tag gehört dir.<br />

Von Adam Bezeczky<br />

VRoom!<br />

Rasen in der<br />

Virtual Reality<br />

MEINUNG<br />

Digital ist nicht<br />

immer besser<br />

Vergangene Woche war ich in<br />

Berlin. Und wäre fast dort geblieben:<br />

Orkan Xavier wütete in<br />

Deutschland und legte die ganze<br />

Stadt lahm. Der gesamte öffentliche<br />

Verkehr, von Bus bis Bahn,<br />

war eingestellt. Doch die App<br />

der Verkehrsbetriebe zeigte auch<br />

Stunden nach dem Verkehrsstopp<br />

fröhlich die Busverbindungen zum<br />

Flughafen an – bis ENDLICH eine<br />

Mini-Kennzeichnung mit „Verkehr<br />

eingestellt“ aufgeleuchtet ist.<br />

Bis dahin harrte ich mit etlichen<br />

anderen Touristen in einer Bushaltestelle<br />

aus – eine Lautsprecherdurchsage<br />

wär halt zwar sehr retro<br />

gewesen, aber effektiver als ins<br />

Handy zu starren. Lesson learned:<br />

trau keiner App in einer fremden<br />

Stadt. Nur dank dem beherzten<br />

Einsatz eines echten Berliners<br />

(Danke Michael!) konnte ich<br />

meinen Flug erwischen.<br />

bezeczky@dasbiber.at<br />

PLASTIK-HIGHWAY<br />

Mit dem ganzen Plastik-Müll aus dem Ozean könnten wir<br />

neue Straßen bauen – schlägt das niederländische Unternehmen<br />

VolkerWessels vor. Offene Fragen sind Rutschfestigkeit<br />

im Regen, Lärmbelästigung etc. – aber grundsätzlich eine<br />

gute Idee, um das herumschwimmende Plastik einer sinnvollen<br />

Rolle zuzuführen.<br />

Eine Stadt nur<br />

für Roboter<br />

In Michigan steht eine Kleinstadt<br />

nur für Roboter-Autos. Hier können<br />

Entwickler ihre Fahrzeuge in „realer“<br />

Umgebung mit Menschen, Kreuzungen<br />

und auch anderen selbstfahrenden<br />

Autos ausprobieren. Fehlt noch die<br />

Roboter-Bevölkerung und dann werden<br />

die Menschen eigentlich auch überflüssig…<br />

Meuchelmörder<br />

aufgepasst<br />

Mit Assassin‘s Creed: Origins<br />

geht die Spielserie von<br />

Ubisoft in die nächste Runde.<br />

Im alten Ägypten batteln<br />

sich historische Figuren<br />

wie Cleopatra und Cäsar<br />

mit neuen Charakteren wie<br />

Bayek oder dem Orden der<br />

Ältesten. Out am 27.<strong>10</strong>.<br />

Marko Mestrović, Ubisoft<br />

David Bitzan<br />

Mit einem Supercar über den<br />

Nürburgring rasen oder endlich mit<br />

einem Lichtschwert kämpfen? In<br />

der Virtual Reality-Bar „Vrei“ in der<br />

Lindengasse 53 geht das.<br />

Auch ohne Rennfahrer-Lizenz<br />

dürfen Gamer im Vrei auf die<br />

Rennstrecke: Vier voll ausgestatte<br />

Schalensitze mit Lenkrad, Pedalen<br />

und Force Feedback-Rüttlern<br />

simulieren das Fahrverhalten eines<br />

Rennboliden. In der super-realistischen<br />

Rennsimulation „Assetto<br />

Corsa“ trainieren auch Rennfahrer-<br />

Profis. Egal ob Turnier oder After-<br />

Work-Racing, die Jagd nach der<br />

schnellsten Runde macht Riesenspaß.<br />

Doch nicht nur Autorennen, sondern<br />

eine ganze Palette an VR-Games<br />

steht im Vrei zum Ausprobieren<br />

bereit: mit Lichtschwert Training in<br />

„Lightblade VR“ über das Musikspiel<br />

„Audioshield“ bis hin zu Klassikern<br />

wie „Fruit Ninja VR“ tauchen Spieler<br />

in eine neue Dimension des<br />

Gamings ein.<br />

Abgerechnet wird die Spielzeit in<br />

„Coins“ – verschiedene Pakete, z.B<br />

für die „Afterwork Racing Challenge“,<br />

enthalten nicht nur die reine<br />

Spielzeit im Simulator, sondern auch<br />

die Verpflegung in der hauseigenen<br />

Bar mit Drinks und Pizza.<br />

Doch es geht nicht nur um Gaming:<br />

in Hands-On-Workshops können<br />

Interessierte und Unternehmer<br />

das Thema VR kennenlernen und<br />

so ihr Business fit für die VR-Welt<br />

machen.<br />

www.vrei.at<br />

58 / TECHNIK /


FM4.ORF.AT<br />

MEINUNG<br />

It’s me, the new<br />

Gurl on the Blog<br />

Wo ist denn der Lockenkopf hin, den wir alle kennen<br />

und lieben? Lifestyle-Superheldin Delna hat<br />

sich in der letzten Ausgabe mit einem micdrop in<br />

die Baby-Pause verabschiedet, und nun darf ich<br />

mich hier breitmachen. Nun trete ich als New Kid<br />

on the Blog in ihre Fußstapfen. Aber Achtung:<br />

Ich erwarte derzeit höchstens ein Food-Baby,<br />

und statt einer Lockenpracht findet man auf<br />

meinem Kopf nur lauter verknotete Haarsträhnen<br />

in der Nuance Textmarker – das Ergebnis eines<br />

„Pastellblaue Haare kriege ich doch locker alleine<br />

hin“-Anfalls. Spoiler: Sieht eher aus wie ein Stinktier,<br />

das in blauer Wandfarbe baden war. Aber<br />

sprechen wir bitte nicht mehr darüber. Sprechen<br />

wir einfach über alles andere. Wie zum Beispiel<br />

darüber, dass ich es so gut wie nie schaffe, zwei<br />

gleiche Socken zu finden, oder dass mein Nagellack<br />

immer schon nach einem halben Tag absplittert.<br />

Ich besitze kein einziges paar High-Heels,<br />

und stolpere in dreckigen Sneakers, die irgendwann<br />

letztes Jahr mal weiß waren, durchs Leben.<br />

Und ich soll Lifestyle-Weisheiten von mir geben?<br />

No worries. Das Schöne ist, dass Style und das<br />

Life allgemein nicht bei High-Heels und Nagellack<br />

aufhören. Vielleicht muss auch meine anfängliche<br />

Carrie-Illusion ein wenig weichen, mein Leben ist<br />

mehr Sim City als Sex and the City. Wieso dem<br />

so ist, erzähle ich nächstes Mal. Wie gesagt, wir<br />

lesen noch viel voneinander.<br />

So long, meine neuen homies.<br />

tulej@dasbiber.at<br />

LIFE & STYLE<br />

Mache mir die Welt, wie sie<br />

mir gefällt<br />

Aleksandra Tulej<br />

SCHUH TIPP<br />

High ohne Heels<br />

Wer wie ich mit Stöckelschuhen<br />

nicht laufen kann, findet<br />

bei Superga seine Erlösung:<br />

Die italienische Marke macht<br />

die coolsten und bequemsten<br />

Plateau-Sneaker. Neben dem<br />

klassischen Canvas-Modell<br />

gibt es auch Supergas aus<br />

Pailletten, im Metallic-Look<br />

oder aus Satin. Mein Ziel:<br />

Gotta have `em all!<br />

Wie kann man<br />

sich deinen<br />

Schmuck<br />

vorstellen?<br />

Meine Liebe<br />

geht in Richtung<br />

Glam-Hippie-<br />

Chic, also alles,<br />

was unkonventioneller<br />

ist. Ich<br />

mache u.a. auch<br />

Bodychains,<br />

Brachains und<br />

Handchains,<br />

Multi-Chain-<br />

Choker oder<br />

Panzerketten.<br />

Der Schmuck ist<br />

rebellisch, frech,<br />

aber trotzdem<br />

von High End<br />

Qualität. Die ist<br />

mir ganz<br />

3<br />

FRAGEN AN:<br />

Sandersenchains<br />

Schmuckdesignerin<br />

Sophie aus Wien<br />

Trinktipp<br />

HEILIGES<br />

WUNDERWASSER<br />

Egal, ob nach dem Sport oder<br />

nach dem Feiern: Wenn der<br />

Körper dehydriert ist und Elektrolyte<br />

braucht, hilft<br />

Kokosnusswasser!<br />

Der Hype rund um<br />

das Getränk ist<br />

berechtigt: Ein paar<br />

Schlucke und man<br />

fühlt sich wie neu<br />

geboren. – Kommt<br />

zwar nicht aus<br />

einer fancy Kokosnussschale,<br />

aber<br />

schmeckt aus dem<br />

Tetrapack auch!<br />

wichtig.<br />

Wieso hast du<br />

begonnen, den<br />

Schmuck herzustellen?<br />

Ich habe so einen<br />

Schmuck, wie ich ihn<br />

mache, einfach<br />

nirgendwo gefunden.<br />

Also Hippie-Chic,<br />

aber eben in guter<br />

Qualität. Schmuck,<br />

der nicht abblättert<br />

und nicht abfärbt.<br />

Wo kriegt man deinen<br />

Schmuck?<br />

In meinem Online-<br />

Shop auf www.<br />

sandersen.com, im<br />

Wunderladen und<br />

bald auch am<br />

Christkindlmarkt<br />

am Spittelberg.<br />

Marko Mestrović, Innocent, bereitgestellt<br />

Marko Mestrović<br />

MANN & BODY<br />

Du bist,<br />

was du isst<br />

Von Artur Zolkiewicz<br />

MEINUNG<br />

Gesund mit Nüssen<br />

Nüsse schmecken nicht nur gut,<br />

sondern sind auch sehr gesund und<br />

können beim Abnehmen helfen.<br />

Lange glaubte man, dass Nüsse<br />

zu viel Fett enthalten und sollen<br />

aus dem Grund aus dem täglichen<br />

Menü gestrichen werden. Heute<br />

wissen wir aber, dass wer an<br />

diesen Nährstoffbomben knabbert,<br />

dessen Körper wird sich bei ihm<br />

dafür bedanken. Die leckeren Kerne<br />

enthalten wichtige Mineralstoffe und<br />

Vitamine, die unseren Körper auf<br />

unterschiedliche Weise unterstützen<br />

können. Magnesium hilft dem Körper<br />

den Blutdruck zu kontrollieren und<br />

wirkt bei Sportlern gegen Muskelkrämpfe.<br />

Vitamin E schützt gesunde<br />

Zellen, Folsäure unterstützt das<br />

Nervensystem und ist hilfreich bei<br />

der Konzentrationssteigerung. Durch<br />

ihre einfach und mehrfach<br />

ungesättigten Fettsäuren<br />

senken sie nachweislich<br />

den Cholesterinspiegel im<br />

Blut. Wer Nüsse genießt,<br />

soll jedenfalls auf die Portionsgröße<br />

achten - Mandeln<br />

& Co enthalten nämlich<br />

sehr viele Kalorien. Empfohlen<br />

wird eine Handvoll am<br />

Tag.<br />

zolkiewicz@dasbiber.at<br />

Tipp<br />

Schwitzen<br />

gegen<br />

Schnupfen<br />

Die Erkältungssaison naht.<br />

Regelmäßiges Saunieren<br />

kann im Kampf gegen Krankheitserreger<br />

helfen, da es<br />

die Anzahl weißer Blutkörperchen<br />

erhöht. Zehn bis<br />

zwölf Saunabesuche vor der<br />

Erkältungssaison gelten als<br />

optimal, um die Abwehrkräfte<br />

des Körpers zu stärken.<br />

Zahl<br />

des Monats<br />

Das menschliche<br />

Gehirn kann sich über<br />

50.000<br />

Gerüche merken.<br />

FUN FACT<br />

Finnland hat fünf Millionen<br />

Einwohner und knapp eine<br />

Million Saunen.<br />

YOU<br />

ARE<br />

AT<br />

HOME<br />

BABY<br />

60 / LIFESTYLE /<br />

/ LIFESTYLE /<br />

@RADIOFM4<br />

FM4_Biber_@home.indd 1 31.07.<strong>17</strong> <strong>17</strong>:42


KULTURA NEWS<br />

Verstaubte Museen sind<br />

Schnee von gestern.<br />

Von Jelena Pantić<br />

Balkan-Rock im Wiener Konzerthaus<br />

TRANSITION<br />

Queer Minorities<br />

Film Festival 20<strong>17</strong><br />

MEINUNG<br />

Manches ändert<br />

sich nie<br />

Man würde meinen, dass man Dinge<br />

als Kind gut findet und dann später<br />

herauswächst. Ich bin nun eine<br />

erwachsene Frau und ich liebe Harry<br />

Potter glaube ich noch mehr als je<br />

zuvor. Die Bücher sind meine Heiligtümer<br />

(des Todes) und die Verfilmungen<br />

finde ich erstklassig. Mein Mann<br />

hat mir letztens alle Teile auf BluRay,<br />

Director’s Cut, Extra Special Super<br />

Duper Edition geschenkt. Seit Wochen<br />

läuft bei uns nur noch Harry Potter im<br />

Fernseher und mir das Wasser aus<br />

den Augen. Nun blicke ich schon beim<br />

ersten Teil zu meinem Filmpartner<br />

und schluchze ein „Weißt du, was der<br />

arme Harry noch alles durchmachen<br />

muss?“ Level: Kim Kardashians Ugly<br />

Cry. Das Intro, das bei jedem Mal<br />

düsterer wird, die pure Freundschaft<br />

zwischen Hermine und Harry und der<br />

Nazi-Vergleich mit den Todessern:<br />

Hand aufs Herz, Harry Potter ist ein<br />

Meisterwerk. Übrigens life hack,<br />

HP macht meine Verpflichtungen<br />

erträglicher: Harry Potter und das<br />

Forschungsdesign meiner Masterarbeit,<br />

Harry Potter und die Quarterlife<br />

Crisis, Harry Potter und die Deadline<br />

des Todes. Wer schließt sich meiner<br />

Armee an?<br />

Bitte keine Mails von Muggeln.<br />

pantic@dasbiber.at<br />

MigrantInnen und Frauen sind im<br />

populären Film unterrepräsentiert<br />

und sehr stereotyp dargestellt -<br />

Queer Minorities sind überhaupt<br />

nicht vertreten. TRANSITION, das<br />

Queer Minorities Film Festival,<br />

bringt auch 20<strong>17</strong> unter dem Slogan<br />

„Claim Your Space“ Diversität<br />

in den Mainstream. In Diskussionen,<br />

Workshops, Vorträgen und<br />

Ausstellungen kann sich auch das<br />

Publikum einbringen. Von 9.–<strong>17</strong>.<br />

November, weitere Infos auf www.<br />

transitionfilmfestival.com Übrigens<br />

gibt es jeden dritten Donnerstag<br />

im Monat eine Queer Film Night im<br />

Schikaneder Kino.<br />

Tipp<br />

SALAM.ORIENT<br />

Maghreb in Wien: Von <strong>17</strong>. bis 31.<br />

Oktober 20<strong>17</strong> findet Salam.Orient, das<br />

Festival für Musik und Kunst aus dem<br />

orientalischen Kulturraum, statt. Von traditionell<br />

inspirierten Klängen des Nahen<br />

Ostens über jazzig-funky und perkussive<br />

Musik aus Afrika bis hin zu den heißen<br />

Rhythmen Andalusiens ist alles dabei.<br />

Mit Martina Laab und Katrin Pröll leiten<br />

nun zwei Frauen das seit 15 Jahren<br />

bestehende Festival.<br />

Alle Infos unter www.salam-orient.at<br />

VIYANA – BEČ – WIEN<br />

Wir kennen diese Geschichte: Unsere Eltern/Großeltern<br />

brachen aus ihrer Heimat auf, um sich ein besseres<br />

Leben aufzubauen. Sie wollten bisschen arbeiten,<br />

verdienen und dann wieder nachhause gehen. Dieser<br />

Plan ist nicht aufgegangen, denn so gut wie alle sind<br />

geblieben. Gekommen sind Arbeiter, geblieben sind<br />

Menschen. Im Zuge des Projektes „Migration Sammeln“<br />

2015/16 wurden für das Wien Museum Objekte<br />

und Materialien gesammelt, an denen die Geschichte<br />

der GastarbeiterInnen abgelesen werden kann. Nun<br />

werden diese Objekte mit „Geteilte Geschichte - Viyana<br />

- Beč - Wien“ im Wien Museum ausgestellt, mit<br />

Fokus auf türkische und jugoslawische GastarbeiterInnen.<br />

Migrationsgeschichte wird so als Teil der Wiener<br />

Stadtgeschichte lesbar. Das Museum unterstreicht<br />

damit nicht nur die Bedeutung der Zuwanderung,<br />

sondern würdigt auch jene Personen, die bereit waren,<br />

dem Museum Objekte zu schenken und damit einen<br />

Aspekt ihrer privaten Geschichte zu teilen.<br />

Pflichttermin: von 5. Oktober 20<strong>17</strong> bis 11. Februar<br />

2018 im Wien Museum, Karlsplatz 8, <strong>10</strong>40 Wien.<br />

Wien Museum/Birgit u. Peter Kainz, bereitgestellt, Marko Mestrović, Weiss Daniel<br />

Goran Bregović<br />

mit Alen und Tifa<br />

BIJELO DUGME BAND<br />

Sie waren DIE Band in Jugoslawien: Bijelo Dugme. Bosnische,<br />

kroatische und serbische Folklore gepaart mit Rockmusik<br />

sorgte in den 70ern und 80ern für ziemlich viel Begeisterung.<br />

Das Publikum flippte sogar derartig aus, dass man meinte,<br />

die Fans seien alle der „Dugmemania“ verfallen. Gründer und<br />

Frontman war Goran Bregović, der die Musik und größtenteils<br />

auch die Texte lieferte. 1989 löste sich die Band auf, 2005<br />

gab es ein sensationelles Comeback und seit 2016 steht<br />

Goran Bregović wieder mit der legendären Band auf der<br />

Bühne. Am 9. November kommt er nun in den Großen Saal<br />

des Wiener Konzerthauses und bringt gleich zwei Sänger mit,<br />

die früher bei Bijelo Dugme gesungen haben: Mladen Vojičić,<br />

genannt Tifa, und Alen Islamović. Einmal mehr werden sie<br />

zeigen, dass man nicht auf Englisch singen muss, um zu<br />

rocken und dass die Musik der Herren, wenn sie auch nicht<br />

mehr die Jüngsten sind, richtig viel Spaß macht. Die Sessel<br />

im Großen Saal sind rausgeräumt, damit dem Tanzen und<br />

Abfeiern nichts im Wege steht.<br />

Wer Lust hat, dabei zu sein, hat jetzt die Chance auf Karten.<br />

Biber verlost exklusiv für seine Leser 3 x 2 Tickets. Schreibt<br />

bis 31.<strong>10</strong>. einfach an gewinnspiel@biber.at und gebt das<br />

Stichwort Bijelo Dugme an.<br />

Für alle, die diesmal kein Losglück haben, gibt es natürlich<br />

auch Karten zu kaufen: unter www.konzerthaus.at, der<br />

E-Mailadresse ticket@konzerthaus.at, der Telefonnummer<br />

01 242002 oder im Ticket- und Servicecenter des Wiener<br />

Konzerthauses.<br />

Testen Sie<br />

Ihr Potenzial!<br />

Gehen Sie auf Nummer sicher bei beruflicher Orientierung<br />

sowie Schul- und Studienwahl:<br />

Potenzialanalyse<br />

für Schüler/-innen und Studenten/-innen<br />

Potenzialanalyse für Erwachsene<br />

WIFI. Wissen Ist Für Immer.<br />

Jetzt<br />

anmelden<br />

www.wifiwien.at/bildungsberatung<br />

62 / KULTURA /


UNSER NEUES ÖSTERREICH<br />

Österreich hat sich verändert.<br />

biber, Albertina<br />

und Instagramers Austria<br />

haben euch gefragt: Wie<br />

sieht dieses neue Österreich<br />

denn aus und wo<br />

ist am besten zu erkennen?<br />

Unter dem Hashtag<br />

#NeoÖsterreich habt<br />

ihr uns durch eure Linse<br />

sehen lassen, wo Alt und<br />

Neu zusammentreffen. Die<br />

GewinnerInnen des #Neo-<br />

Österreich Fotocontests<br />

Flüchtlinge willkommen oder eher nicht? Eingefangen von @a_kep<br />

werden in den nächsten<br />

Wochen bekannt gegeben,<br />

wir zeigen euch schon Mal<br />

ein Best Of der Einsendungen:<br />

Anja Hitzenberger, Martin Maier, Anja Pfeifer, Peter Reichert, a_kep, juliaknz<br />

„Komplementär“ von @photo_p_reichert<br />

<strong>10</strong>th edition<br />

NOV 30th / DEC <strong>10</strong>th 20<strong>17</strong><br />

Dieser Artikel ist eine entgeltliche<br />

Schaltung in Form einer Kulturkooperation<br />

mit der Albertina. Die<br />

redaktionelle Verantwortung liegt<br />

allein bei biber.<br />

Karussell am Reumannplatz von @juliaknz<br />

Kaiserwasser in Kaisermühlen von @photo.anja.pfeifer<br />

Neuer Stadtteil am Hauptbahnhof eingefangen von<br />

@mitteninwien<br />

Juwelen & Graffiti von @reimerjohannes<br />

Café Z in der Meiselstrasse im 15. Bezirk von @anjahitze<br />

find us on:<br />

64 / KULTURA /<br />

/ KULTURA / 65<br />

©Mariana Baldaia


FAMILY GUIDE<br />

FÜR<br />

CAPETOWN<br />

Zuerst die Heldenerzählung: Ich war bereits<br />

1994 in Südafrika, kurz nach dem Ende<br />

der Apartheid und der demokratischen<br />

Machtübernahme durch Nelson Mandela. So richtig<br />

kann ich mich nur mehr an die Bars in Johannesburg<br />

erinnern, in die wir uns ohne die Jugendfunktionäre<br />

der Befreiungsbewegung ANC nie hinein<br />

getraut hätten. Die Zeiten haben sich geändert. In<br />

Südafrika aber auch bei mir. Vom politischen Aufbruch<br />

ist dort nichts mehr zu spüren. Dafür komme<br />

ich diesmal nicht im Rahmen einer Uni-Exkursion,<br />

sondern mit Gabriele und unseren beiden Kindern.<br />

Nicht für Polit-Diskussionen, sondern um eine<br />

gute Zeit als Familie zu haben. Wir haben vorher<br />

lange überlegt. Wo können wir im Winter mit<br />

einem Fünfjährigen und einem Baby hinfahren? Es<br />

wurden wunderschöne Wochen in Kapstadt. Und<br />

es gibt zehn gute Gründe, warum wir es wieder tun<br />

würden.<br />

Der Spielplatz<br />

im Green Point<br />

Park ist einer der<br />

besten der Welt<br />

Ein schattiges<br />

Plätzchen in<br />

Company‘s<br />

Garden<br />

1.<br />

Es gibt kaum eine Zeitverschiebung zwischen<br />

Wien und Kapstadt. Ein großer Trumpf für alle, die<br />

wissen, wie lang schlaflose Nächte mit putzmunteren<br />

Babys sein können. Im Flugzeug bitte beim<br />

Nachtflug unbedingt diese raren Babybettchen<br />

(Baby-Bassinet) mitbuchen. Sonst wird es ziemlich<br />

ungemütlich beim elf Stunden Flug.<br />

2.<br />

Kapstadt liegt zwar in Südafrika, ist aber – was die<br />

medizinische Versorgung für Notfälle betrifft – mit<br />

Europa und den USA vergleichbar. Am besten<br />

beim ÖAMTC eine Reiseversicherung abschließen –<br />

kostet nicht viel, deckt aber ziemlich alles ab.<br />

Yoga im<br />

Kindergarten.<br />

Plätze sind<br />

halbtags<br />

buchbar!<br />

South<br />

Africa<br />

CAPETOWN<br />

Warum war biber-Chefredakteur<br />

Simon Kravagna<br />

nach seinem letzten Urlaub<br />

so gut gelaunt? Weil er mit<br />

seiner Familie in Kapstadt<br />

war. Zehn gute Gründe mit<br />

kleinen Kindern in eine der<br />

schönsten Städte der Welt<br />

zu fahren.<br />

Von Simon Kravagna<br />

Simon Kravagna, Hendrik Holler / LOOK / picturedesk.com, South Africa by FreeVectorMaps.com<br />

3.<br />

Ob Oranjezicht, Green Point oder Woodstock:<br />

Jedes Viertel hat seinen Reiz. Am besten mit Airbnb<br />

in unterschiedlichen Gegenden abhängen. Hat<br />

uns niemals mehr als 80 Euro gekostet pro Nacht<br />

– für uns alle. Ideal ist, man nimmt die Wohnung<br />

einer Familie. Dann hat man das Kinderzimmer plus<br />

Spielsachen gleich dabei.<br />

4.<br />

Man isst in Kapstadt wirklich gut und gar nicht<br />

teuer. Mit Ausnahme von Szenelokalen ist es kein<br />

Problem, wenn kleine Kinder dabei sind. Spieloder<br />

sonstiges Kinderprogramm (inklusive Pizza<br />

machen) sind oft Standard.<br />

5.<br />

Auch nach Tagen in Kapstadt war uns niemals fad.<br />

Und dabei waren wir nicht mal oben am Tafelberg.<br />

Es gibt so viel zu erleben. Etwa der Kirstenbosch<br />

National Garden – Afrikas schönster Garten – mit<br />

Clarke‘s<br />

Bookstore:<br />

Alles über (süd)<br />

afrikanische<br />

Politik<br />

66 / OUT OF AUT / /OUT OF AUT / 67


dem Treetop Canopy Walkway – der windet sich<br />

in luftiger Höhe durch die Baumwipfel und bietet<br />

spektakuläre Ausblicke.<br />

Urban Farming<br />

in Oranjezicht.<br />

6.<br />

Die englischsprachigen Kindergärten vor Ort nehmen<br />

Kinder auch tageweise. Das Programm kann<br />

sich sehen lassen. Von Yoga bis Rugby ist alles<br />

im Angebot. Wir haben uns dann doch für den<br />

einwöchigen „Multi-Sports“-Kurs für unseren Fünfjährigen<br />

entschieden. Jede Sportwoche in Wien<br />

kostet deutlich mehr.<br />

7.<br />

Einer der schönsten Spielplätze der Welt findet<br />

sich im Green Point Park, gleich neben dem WM-<br />

Stadion. In dem Landschaftspark trifft sich am<br />

Wochenende Kapstadt in seiner buntesten Form.<br />

Auch wenn Wien wirklich gute Spielplätze hat, der<br />

dort ist ein Erlebnis.<br />

Dieses Gemüse<br />

wird direkt<br />

in der Stadt<br />

angebaut<br />

8.<br />

Die Strände sind wunderschön, aber das Wasser ist<br />

so kalt, dass man kaum mit den Füßen rein möchte.<br />

Also ein Picknick machen und vielleicht mit dem<br />

Shark-Spotter (das ist dort tatsächlich ein Job)<br />

plaudern. Achtung: Die weiße Fahne heißt nicht,<br />

dass die Luft rein ist!<br />

9.<br />

Unendliche Ausflugsmöglichkeiten: Wir sind in der<br />

Cederberg Wilderness Area gelandet: Grill anwerfen,<br />

im aufgestauten Fluss baden und die Vorräte<br />

gegen gefräßige Bamboons verteidigen. Auch Top:<br />

Unsere Übernachtung auf einer südafrikanischen<br />

Apfelfarm mit lächerlichen 160 Hektar (das ist dort<br />

eine kleinere Farm!)<br />

<strong>10</strong>.<br />

Südafrika ist politisch interessant. Trotz langjähriger<br />

Regierung des ANC ist die Kluft zwischen Schwarz<br />

und Weiß nach wie vor leider riesig. Das deprimiert.<br />

Gleichzeitig gibt es kein Land der Welt, in dem die<br />

„Erste“ und die „Dritte“ Welt so nah beieinander<br />

liegen. Wie Südafrika damit lebt, lässt sich täglich<br />

erleben oder abends studieren. Am besten mit den<br />

News-Sendungen des südafrikanisches Staats-<br />

Fernsehens oder der Cape Times.<br />

Hai-Warnsystem:<br />

Weiße Fahne<br />

bedeutet - Hai<br />

gesichtet.<br />

Ehrlich, wir<br />

haben keine<br />

Schlangen<br />

gesehen<br />

Heute schon<br />

grenzenlose<br />

Freiheit getankt?<br />

Tipp:<br />

Fernreisen sind nie billig. Aber mit etwas Disziplin<br />

(oft selber kochen, nur preiswert auf Airbnb<br />

buchen, das günstigste Mietauto nehmen ...) ist<br />

es deutlich günstiger als eine Reise in die USA.<br />

Übrigens: Ab Oktober 2018 fliegt die AUA zwei Mal<br />

wöchentlich DIREKT nach Kapstadt ●<br />

Mobilität ist, was Österreich bewegt und auch in Zukunft bewegen wird. Egal, wie Sie vorankommen –<br />

ob mit herkömmlichen oder modernen Kraftstoffen, die sich positiv auf die Lebensdauer Ihres Motors<br />

auswirken, wie unsere MaxxMotion Treibstoffe. Die OMV bringt Energie ins Land, Innovationen in<br />

unseren Alltag und Sie an Ihre Ziele. Damit Ihren Träumen und Ihrer mobilen Freiheit keine Grenzen<br />

gesetzt sind. Mehr OMV erleben auf: www.omv.com/energie<br />

Die Energie für ein besseres Leben.<br />

68 / OUT OF AUT /<br />

207x270_anz_omv_briding_mobilitaet_<strong>10</strong><strong>17</strong>_biber_rz.indd 1 12.<strong>10</strong>.<strong>17</strong> 15:30


Entgeltliche Einschaltung<br />

STADT WIEN LIVE-APP.<br />

Echtzeitinfos direkt aufs Smartphone.<br />

„Die Leiden des jungen Todor“<br />

Von Todor Ovtcharov<br />

Feind Nummer 1<br />

STADTPLAN<br />

Ich schaue mir eine Fernsehdebatte vor der Nationalratswahl<br />

an. Ich verfolge diese Debatten bereits<br />

seit zehn Jahren. Die Kandidaten der größten Parteien<br />

sind sich mehr oder weniger einig, dass die Ausländer<br />

für alles Schlechte schuld sind. Vor zehn Jahren war<br />

es genau so, aber damals wurde das meistens von einer<br />

Partei behauptet. In der Zwischenzeit haben alle begriffen,<br />

dass es Wähler bringt, wenn man gegen Ausländer<br />

spricht und haben das Thema in ihre Programme inkludiert.<br />

In den heurigen Debatten spricht man eigentlich<br />

nur über eines – den gesellschaftlichen Feind Nummer 1,<br />

den Ausländer. Es ist nicht leicht und eine große Verantwortung<br />

Feind Nummer 1 zu sein!<br />

Ich versuche mein Profil als Feind zu definieren:<br />

‒ Ich bin dunkler als der Durchschnittsösterreicher. Ich<br />

habe nicht so viele Haare, aber meine dunklen Augen<br />

verraten mich. Was würde passieren, wenn ich blaue<br />

Kontaktlinsen tragen würde und mit einem Paul Newman<br />

Blick durch die Gegend laufen würde? Dann würde<br />

ich nur wie ein Feind aussehen, der sich zu tarnen<br />

versucht. Die Idee ist nicht so toll. Man soll zu seinem<br />

Feindsein stehen.<br />

‒ Der Feind kann nicht richtig Deutsch sprechen. In den<br />

ersten Jahren meines Österreichaufenthalts habe ich<br />

mir tatsächlich mit einigen Dialekten schwergetan.<br />

Mittlerweile verstehe ich sogar die Vorarlberger mehr<br />

oder weniger. Ich kann aber immer nocht nicht wie ein<br />

echter Österreicher sprechen. Also man kann immer an<br />

meinem Akzent erkennen, dass ich ein Feind bin.<br />

‒ Der Feind ist immer faul, will nicht arbeiten und das<br />

österreichische Sozialsystem ausnutzen. Ich frage mich,<br />

ob ich in diese Kriterien auch reinpasse. In den <strong>10</strong> Jahren<br />

habe ich mindestens 20 Berufe ausgeübt. Ich war<br />

alles zwischen Bäcker und Obdachlosenbetreuer. Doch<br />

auch das ist nur eine Tarnung. Ich bin ein hinterhältiger<br />

Feind, der ein Messer in den Nacken des gutmütigen<br />

Staates steckt.<br />

‒ Der Feind nimmt den guten Österreichern die Arbeitsplätze<br />

weg. Hier bin ich ein echter Feind. Vor zwei Jahren<br />

war kurzfristig der Vater eines Freundes aus Sofia<br />

bei mir. Onkel Vassko war auf dem weg nach Amsterdam,<br />

ihm wurde aber im Bus schlecht und er blieb für<br />

eineinhalb Tage in Wien. Während er da war, wechselte<br />

er zwei kaputte Fliesen im Bad aus. Ich versuchte ihm<br />

zu erklären, dass er damit den Job von einem ehrlichen<br />

österreichischen Fliesenleger nimmt. Er dachte nur, dass<br />

ich Scherze mache. Jetzt ist er in Holland und klaut den<br />

guten Holländern die Jobs. Eigentlich, hätte Onkel Vassko<br />

die Fliesen bei mir nicht ausgetauscht, dann hätte es<br />

ein Slobodan oder ein Andrzej gemacht. Gibt es eigentlich<br />

noch echte österreichische Fliesenleger?<br />

Während ich mir die Debatten anhöre, verstehe ich, dass<br />

die Parteien recht haben: die Ausländer sind schuld.<br />

Wenn diese Kolumne erscheint, sind die Wahlen schon<br />

vorbei. Doch ein Feind wird immer gebraucht. Ich kann<br />

gerne weiter der Feind bleiben, ich habe nichts dagegen.<br />

Wenn mich jemand braucht, um mich wegen etwas zu<br />

beschuldigen – in der Redaktion haben sie meine Telefonnummer.<br />

●<br />

WETTER<br />

WARTE-<br />

ZEITEN<br />

Mit der Stadt Wien live-App hat man Informationen und<br />

Services immer in der Hand. 80.000 UserInnen nützen bereits<br />

das digitale Angebot für mobile Endgeräte. Mit der Möglichkeit<br />

personalisierter Informationen in Echtzeit, von Wetterwarnungen<br />

über Verkehrsinfos der Wiener Linien bis hin zu Veranstaltungen.<br />

Wartezeiten der Bezirksämter können mit der Stadt Wien live-App<br />

ebenso einfach abgerufen werden wie Kurzparkzonen und WLAN-<br />

Standorte im digitalen Stadtplan.<br />

VERKEHR<br />

Nähere Infos zur Stadt Wien live-App auf www.wien.at/live/app<br />

70 / MIT SCHARF /<br />

Ins_35_SWLApp_207_270.indd 1 11.<strong>10</strong>.<strong>17</strong> 16:08


Rubens<br />

KRAFT DER VERWANDLUNG<br />

<strong>17</strong>. OKTOBER 20<strong>17</strong> BIS 21. JÄNNER 2018<br />

© Staatliche Eremitage, St. Petersburg, 20<strong>17</strong><br />

/ MIT SCHARF / 73

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