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Österreichische Post AG; MZ 09Z038<strong>10</strong>6 M; Biber Verlagsgesellschaft mbH, Museumsplatz 1, E 1.4, <strong>10</strong>70 Wien<br />
www.dasbiber.at<br />
MIT SCHARF<br />
HERBST<br />
20<strong>17</strong><br />
DER FLÜCHTLINGS-<br />
SCHRECK<br />
SYRER ZITTERN VOR SEBASTIAN KURZ
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Sabrina<br />
Wanjiku<br />
Simader<br />
Sabrina Wanjiku Simader ist die<br />
erste kenianische Skiläuferin,<br />
spricht im Ennstaler Dialekt<br />
und erschreckt sich manchmal,<br />
wenn sie sich im Spiegel sieht.<br />
Ihre erste Begegnung im Schnee<br />
wurde zu einem Trauma.<br />
Von Amar Rajković und Marko Mestrović<br />
<strong>BIBER</strong>: Mit wem möchtest du mal in einem Skilift<br />
steckenbleiben?<br />
SABRINA: Mit dem amerikanischen Skiläufer Bode<br />
Miller. Ich habe ihn kurz bei der letzten Ski-WM in<br />
St. Moritz getroffen und ganz spontan ein Foto mit<br />
ihm geschossen. Ein cooler, offener Typ.<br />
Wie oft wirst du täglich auf deine Hautfarbe angesprochen?<br />
Zehn Mal täglich muss ich Blicke ertragen, die mich<br />
daran erinnern, dass ich eine andere Hautfarbe<br />
habe.<br />
Gab es Zeiten, in denen dich die Blicke gekränkt<br />
haben?<br />
Ich bin als schwarzes Kind in ein weißes Land<br />
gekommen und habe mich nicht ausgekannt.<br />
„Warum schauen die Leute so?“, fragte ich mich.<br />
Mittlerweile bin ich gereift und stehe da recht locker<br />
drüber.<br />
Und bist du „schwarz genug“ für Kenia?<br />
Nein, dort werde ich wie eine weiße Person behandelt.<br />
Wenn ich zurück in die Steiermark komme,<br />
erschrecke ich beim Anblick in den Spiegel und<br />
muss mich selbst erinnern „Hey, du bist ja schwarz.“<br />
Was sagen die kenianischen Verwandten zu deiner<br />
exotischen Tätigkeit?<br />
Mein Opa sagt immer, das ist ein gefährlicher Sport,<br />
mach das nicht!<br />
Warum hast du mit dem Skifahren angefangen?<br />
Ich bin da hineingewachsen und hatte keine andere<br />
Wahl, da mein Vater einen eigenen Skilift in Haus<br />
am Ennstal betrieb. Die erste Begegnung mit dem<br />
Schnee war ein traumatisches Erlebnis. Es war saukalt<br />
und ich habe meinen Handschuh verloren.<br />
Warum trittst du nicht für Österreich an?<br />
Weil Kenia eine Herzensangelegenheit für mich ist<br />
und die Konkurrenz im ÖSV-Team enorm ist.<br />
Du hast zusammen mit dem Ski-Superstar Marcel<br />
Hirscher trainiert. Was könnte er von dir lernen?<br />
Singen! Vor allem bei Elvis Presley kann ich nicht<br />
ruhig sitzen und Rhythmusgefühl habe ich aufgrund<br />
meiner Gene sowieso. (lacht)<br />
Hörst du Gabalier oder Fischer?<br />
In Schladming sind die beiden beim Apres-Ski<br />
sehr gefragt. Ihre Musik entspricht nicht meinem<br />
Geschmack.<br />
Name: Sabrina Wanjiku Simader<br />
Alter: 19<br />
Besonderes: lebt seit ihrem dritten Lebensjahr<br />
in Haus im Enntal, Steiermark<br />
Geburtsort: Kilifi, Kenia<br />
/ 3 MINUTEN / 3<br />
Inserat_das-biber_207x270.indd 1 12.<strong>10</strong>.<strong>17</strong> 16:27
3 3 MINUTEN MIT<br />
der kenianischen Skiläuferin<br />
Sabrina Wanjiku Simader.<br />
6 PLACE OF THE MONTH<br />
Kapstadt – ein Paradies für Kinder.<br />
<strong>10</strong> IVANAS WELT<br />
Über den Slava-Blues.<br />
POLITIKA<br />
14 DAS GROSSE ZITTERN:<br />
Syrische Flüchtlinge fürchten sich<br />
vor Sebastian Kurz.<br />
20 MEINUNG<br />
Was die Tante aus Mostar über<br />
Sebastian Kurz denkt.<br />
22 STUDIENGEBÜHREN<br />
Das Geschäft mit den türkischen Studenten.<br />
26 FAMILIENGESCHICHTE I<br />
Meine Mutter, eine Heldin.<br />
RAMBAZAMBA<br />
32 OPA, GOPNIK-STYLE:<br />
Modestrecke für Arme.<br />
40 FAMILIENGESCHICHTE II<br />
Wenn Mama in Pension geht und sich<br />
plötzlich alles ändert.<br />
44 MEINUNG<br />
Wie es ist, als Mädchen in einer streng<br />
muslimischen Familie aufzuwachsen.<br />
48 EASTERN UNION<br />
Geldtransfers als private Entwicklungshilfe<br />
für Syrien<br />
FLÜCHTLINGS-<br />
SCHRECK<br />
Sie fühlen sich<br />
von ihm benutzt,<br />
geblendet und<br />
verraten: Die<br />
syrischen Flüchtlinge<br />
und ihre Angst vor<br />
Sebastian Kurz<br />
INHALT<br />
HERBST<br />
20<strong>17</strong><br />
14<br />
GOPNIKSTYLE<br />
Fila-Logo, Goldkette, Adidas Jogger und<br />
fertig ist der Ostblock-Style, der jetzt auch<br />
die Straßen Österreichs erobert.<br />
32<br />
Helmut Graf / Heute / picturedesk.com, Marko Mestrović; Coverillustration: Mariella Lehner<br />
KARRIERE<br />
50 KARRIERE NEWS<br />
Andrea bleibt positiv.<br />
52 SELBERMACHER<br />
Tanzende Nerds<br />
54 <strong>BIBER</strong> AKADEMIE<br />
Die biber Akademie macht Karriere.<br />
56 LEHRE<br />
Mach es wie Murat!<br />
TECHNIK<br />
58 TECHNIK NEWS<br />
Adam über Plastik, Roboter und Mörder.<br />
LIFE & STYLE<br />
60 NEW GIRL<br />
Wir haben eine neue Lifestyle-Queen:<br />
Ola Gurl!<br />
61 MANN & BODY<br />
Artur mit neuen Tipps.<br />
KULTUR<br />
62 KULTURNEWS<br />
Jelena über Harry Potter und Balkan-Rock.<br />
64 BEST OF<br />
#Neoösterreich.<br />
OUT OF AUT<br />
62 SÜDAFRIKA<br />
Drei Wochen Kapstadt – eine Bilanz.<br />
70 DIE LEIDEN DES<br />
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meine Familie nur selten gesehen. Dazu kam, dass Simultanübersetzen<br />
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Matt Parry / robertharding / picturedesk.com<br />
PLACE<br />
OF THE MONTH:<br />
KAPSTADT<br />
MIT KIDS<br />
Wer keine Kinder hat, braucht hier nicht weiter<br />
lesen. Reist bitte nach Tansania, Burma oder<br />
Madagaskar, solange ihr noch könnt. Sobald<br />
aber die lieben Kinderlein da sind, dominieren<br />
bisher unbekannte Bedenken die Urlaubsplanung:<br />
Wie ist das mit der Zeitverschiebung?<br />
Was, wenn ein Kind krank wird? Ist es fürs<br />
Baby dort nicht viel zu heiß? Frechheit, warum<br />
müssen Kinder im Flugzeug bereits ab 2 Jahren<br />
zahlen? Wie kann man sich als Familie denn<br />
überhaupt einen Urlaub leisten?<br />
Im Sommer ist das bekanntlich kein unlösbares<br />
Problem. Ab nach Kroatien und alle sind<br />
glücklich. Aber im Winter, wenn man die Sonne<br />
sucht und weder auf die Kanaren noch nach<br />
Thailand will? Dann empfiehlt biber-Chefredakteur<br />
Simon Kravagna Kapstadt. Sein<br />
Family-Guide für eine der schönsten<br />
Städte der Welt auf<br />
Seite 74.<br />
6 / MIT SCHARF /<br />
/ MIT SCHARF / 7
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
Ihr seid wahrscheinlich genauso froh wie wir, dass der<br />
Wahlkampf endlich Geschichte ist und das Land wieder zur<br />
Ruhe kommt. Moment! Nicht das ganze Land. Zehntausende<br />
syrischen Flüchtlinge zittern vor Sebastian Kurz und seiner<br />
Flüchtlingspolitik. Kommt die Reduktion der Mindestsicherung?<br />
Gar Asyl auf Zeit? Wir haben mit Syrern geredet,<br />
die Angst vor Sebastian Kurz und seiner Politik haben.<br />
Ab S. 14<br />
Nicht nur die Flüchtlinge stehen unter Druck – der ÖVP-<br />
Chef und wahrscheinlicher Kanzler Kurz muss jetzt liefern,<br />
wie unser stv. Chefredakteur Amar Rajkovic schreibt.<br />
Ab S. 19<br />
Sie tragen Jogginghosen, Bauchtaschen und posen kniend<br />
auf Fotos. Die „Gopniks“ zählten ursprügnlich zu Russlands<br />
verlorener Jugend zwischen Vodka-Flasche und Plattenbau.<br />
Dank Instagram und Nachahmern macht sich der Trend auch<br />
in Österreich breit. Fotostrecke ab S.32<br />
IMPRESSUM<br />
MEDIENINHABER:<br />
Biber Verlagsgesellschaft mbH, Quartier 21,<br />
Museumsplatz 1, E-1.4, <strong>10</strong>70 Wien<br />
HERAUSGEBER & CHEFREDAKTEUR:<br />
Simon Kravagna<br />
STV. CHEFREDAKTEUR:<br />
Amar Rajković<br />
STV. CHEFREDAKTEURIN:<br />
Delna Antia<br />
CHEFIN VOM DIENST:<br />
Jelena Pantić<br />
CHEFREPORTERIN:<br />
Melisa Erkurt<br />
ONLINECHEFIN:<br />
Alexandra Stanić<br />
KOLUMNIST/INNEN:<br />
Ivana Cucujkić, Todor Ovtcharov<br />
FOTOCHEF:<br />
Marko Mestrović<br />
REDAKTION & FOTOGRAFIE:<br />
Aleksandra Tulej, Artur Zolkiewicz,<br />
Mamo Issa, Emir Dizdarević, Steven<br />
Mayer, Nada El-Azar, Nour Khelifi,<br />
Andrea Grman, Aykut Erdem, Dragan<br />
Tatić, Christoph Liebentritt<br />
ART DIRECTOR: Dieter Auracher<br />
LAYOUT: Dieter Auracher<br />
LEKTORAT: Christina Gaal<br />
MARKETING: Adam Bezeczky<br />
BUSINESS DEVELOPMENT:<br />
Andreas Wiesmüller<br />
GESCHÄFTSFÜHRUNG:<br />
Wilfried Wiesinger, Simon Kravagna<br />
DOPPELT PUNKTEN<br />
Seit die Mutter unserer Redakteurin in Pension ist, plagen<br />
die Tochter viele Ängste: Wird sich ihre Mama langweilen?<br />
Werden die Eltern öfter streiten? Wird sich ihre Mutter-<br />
Tochter - Beziehung verändern? Ab S. 40<br />
Genießt den Herbst und die wahlfreie Zeit,<br />
Bussi<br />
die Redaktion<br />
KONTAKT: biber Verlagsgesellschaft mbH<br />
Quartier 21, Museumsplatz 1,<br />
E-1.4, <strong>10</strong>70 Wien<br />
Tel: +43/1/ 9577528<br />
redaktion@dasbiber.at<br />
marketing@dasbiber.at<br />
abo@dasbiber.at<br />
INTERNET: www.dasbiber.at<br />
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In Ivanas WELT berichtet die biber-Redakteurin<br />
Ivana Cucujkić über ihr daily life.<br />
IVANAS WELT<br />
GLÜCKLICH MIT GEORGE<br />
ADRIANA IST GUT ERHOLT AUS DEM URLAUB ZURÜCK. DANK DES CLEVEREN KONTOMANAGEMENTS<br />
MIT GEORGE HAT SIE GENUG GESPART FÜR EIN NEUES HANDY.<br />
DIE GEORGE GO APP WIRD GLEICH<br />
MAL AUFS NEUE HANDY GELADEN.<br />
ADRIANA TRAINIERT FÜR<br />
DEN VIENNA NIGHT RUN.<br />
GESCHAFFT! ADRIANA HAT SICH<br />
EINE BELOHNUNG VERDIENT.<br />
SLAVA – ALL YOU MUST EAT<br />
Futtern, Feiern, Saufen. Des Jugos liebster Zeitvertreib<br />
startet dieser Tage mit der Slava-Saison.<br />
Mein persönlicher Kick-Off zur Jahreszeit der Völlerei<br />
ist – lange noch, bevor sich Vanillekipferl und<br />
Glühwein in meine winterliche Ernährungsroutine<br />
mischen – die Slava.<br />
Das Fest zu Ehren des Schutzpatrons ist DAS<br />
Familien-Event des Jahres. Ein exklusiv serbischorthodoxes<br />
Happening, das laut Google wohl dazu<br />
diente, den einst heidnischen Serben den Übertritt<br />
zum Christentum schmackhaft zu machen.<br />
ESSEN-TRINKEN-ESSEN-TRINKEN<br />
In meiner Kindheit hab ich die Slava-Zeit als tagelanges<br />
Verweilen bei etlichen Tanten in Erinnerung,<br />
wo wir zu Mittag auftauchten, den ganzen<br />
Tag über aßen und herumtollten, unsere Väter<br />
tranken und Karten spielten, die Mütter den Tisch<br />
für das Abendessen mit den gleichen, aufgewärmten<br />
Gerichten neu deckten und irgendwann<br />
gegen Mitternacht wieder gingen. Ich fand’s super.<br />
Heute geht es einfach nur auf die Figur. So<br />
viele Workout-Sessions und Detox-Kuren können<br />
meinen 30plus-Body gar nicht wieder rekonstruieren.<br />
Dieser Tage feiern wir die Heilige Petka (sveta petka),<br />
die Schutzheilige der Frauen (wie innovativ!).<br />
Eine der Top Five von über 70 Slavas, die von Vater<br />
auf Sohn vererbt wird (nicht so innovativ). Die Vorbereitungen<br />
für dieses kulinarische Gelage laufen<br />
vorab tagelang auf Hochtouren. Die Wohnung verwandelt<br />
sich dann in ein Catering-Unternehmen<br />
mit umfunktionierter Großküche im 24-Stunden-<br />
Betrieb. Immerhin soll ein Sechs-Gänge-Menü für<br />
20 Personen vorbereitet werden. Eingeladen wird<br />
cucujkic@dasbiber.at<br />
in Schichten mit open end. Serviert wird alles,<br />
was der extra für Slavas angeschaffte ausziehbare<br />
Tisch in Überlänge tragen kann.<br />
ESSEN-TRINKEN-ESSEN-KAPITULIEREN<br />
Den Auftakt macht ein Vorspeisenallerlei, von der<br />
klassischen Kalten Platte bis zu pikanten Schichttorten<br />
ist alles erlaubt, gefolgt von klassischer klarer<br />
Suppe, dem Gemüse aus der Suppe, das extra<br />
angerichtet wird und „rinflajš“ heisst, meint aber<br />
alles an Suppengemüse und Fleischstücken. Eine<br />
kulinarische Balkankuriosität, die ich nie verstanden<br />
habe. Mit Sarma, der unbestrittenen Königin<br />
der serbischen Küche aus Kraut und Reisfleisch-<br />
Füllung, ist die Hälfte des Slava-Menüs geschafft.<br />
Den letzten Gang lass ich immer aus. Kaltes (!)<br />
Spanferkel. Noch so eine geschmacklose Absurdität.<br />
Als Abschluss und Höhepunkt folgt eine<br />
Süßspeisen-Parade an Balkan-Petit Fours und<br />
mindestens zwei mächtigen Jugo-Torten. Ab hier<br />
geht nichts mehr. Auch nicht mit viel Schnaps. Der<br />
Verdauungstrakt kapituliert unweigerlich.<br />
DAS ERBE DER MENSCHHEIT<br />
Die Slava ist nicht bloß ein weiterer Vorwand für<br />
geselliges Beisammensein, exzessives Futtern,<br />
Feiern und Betrinken, wozu der Jugo ja so selten<br />
Gelegenheit findet. Seit 2014 ist das Schutzpatronenfest<br />
auf der UNESCO-Liste des immateriellen<br />
Kulturerbes der Menschheit.<br />
Kalorien hin oder her. Wenn ich mit jedem Bissen<br />
Sarma zum Erhalt der Weltkultur beitragen kann,<br />
dann, bei holy Petka, mach’ ich das! Srećna slava!<br />
Susanne Einzenberger<br />
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WER HAT ANGST VOR<br />
SEBASTIAN KURZ?<br />
Sie feierten ihn, posteten Selfies mit ihm, hielten ihn für<br />
den österreichischen Justin Trudeau. Doch dann sprach er<br />
plötzlich nur noch vom Schließen der Balkanroute und der<br />
Kürzung der Mindestsicherung. Seitdem fürchten sie ihn:<br />
Syrische Flüchtlinge und ihre Angst vor Sebastian Kurz.<br />
Von Melisa Erkurt, Mitarbeit: Bilal Albeirouti<br />
Illustration: Mariella Lehner<br />
Der Krieg, die Flucht, das Ungewisse<br />
- sie dachten in Österreich wären sie<br />
endlich sicher. Doch wie wird sich<br />
die Flüchtlingspolitik von Sebastian<br />
Kurz auf sie auswirken? Die Syrer<br />
zittern erneut vor der Zukunft.<br />
Er war ein Vorbild für uns junge<br />
Syrer. Als wir hergekommen<br />
sind, waren wir begeistert:<br />
Ein junger Mann in der Politik,<br />
der wird unsere Probleme verstehen“,<br />
erzählt der 22-jährige Syrer Zuher*.<br />
Zuher hat Sebastian Kurz 2015 auf einer<br />
Veranstaltung getroffen, sogar ein Selfie<br />
mit ihm gemacht und es stolz auf Facebook<br />
gepostet. Heute, knapp zwei Jahre<br />
später, hat Zuher das gemeinsame Selfie<br />
gelöscht und Kurz auf Facebook entliket.<br />
In letzter Zeit wird ihm auf Facebook deshalb<br />
immer wieder der gesponserte Post<br />
von Sebastian Kurz angezeigt, in dem er<br />
aufruft, ihn mit einem Like zu unterstützen.<br />
Daraufhin schreibt Zuher Sebastian<br />
Kurz auf die Pinnwand: „Dich unterstütze<br />
ich sicher nicht!!!“ Wenn Zuher davon<br />
erzählt, ist er nicht etwa stolz darauf,<br />
Zuher ist enttäuscht. Doch da ist noch<br />
etwas in seinen Augen, wenn er über<br />
Sebastian Kurz spricht: Angst.<br />
Viele ÖsterreicherInnen sind frustriert<br />
von dem Ergebnis der Nationalratswahl:<br />
Mit 31,5 Prozent belegt die Liste<br />
Sebastian Kurz klar Nummer Eins. Mit<br />
Balkanroute und Islam-Bashing hätte er<br />
die Wahl gewonnen, werfen ihm Kritiker<br />
vor. Doch keiner ist so enttäuscht wie<br />
die, die Kurz derzeit am meisten im<br />
Fokus hat: Die Flüchtlinge selber. Sie<br />
fühlen sich benutzt, geblendet, verraten<br />
von Sebastian Kurz, den sie einst für den<br />
österreichischen Justin Trudeau hielten,<br />
jenem kanadischen Premierminister,<br />
der Flüchtlinge persönlich am Flughafen<br />
begrüßte und „WelcomeRefugees“<br />
Hashtags benützt. Dass sich Trudeau<br />
nur so inszenierte und Kanada für 20<strong>17</strong><br />
ankündigte, nur noch 7.500 Flüchtlinge<br />
aus Syrien aufzunehmen, wissen die<br />
meisten Syrer nicht.<br />
Wenn man mit syrischen Flüchtlingen<br />
über Sebastian Kurz spricht, dann wird<br />
es emotional. Dann reden alle durcheinander,<br />
es wird laut, manchmal fließen<br />
sogar Tränen: „Wie konnten so viele Kurz<br />
wählen, nach allem, was er über Flüchtlinge<br />
sagt? Wir haben das Vertrauen in<br />
Österreich verloren“, sagt der 35-jährige<br />
Syrer Bader * . „Wir sind erst seit 2015<br />
da und er beschwert sich schon nach<br />
knapp zwei Jahren über uns. Wieso<br />
wartet er nicht noch ein Jahr und schaut,<br />
wie es wird. In zwei Jahren kann sich<br />
keiner vollständig integrieren“, so Bader,<br />
der selbst schon gut Deutsch spricht<br />
und eine Bewerbung nach der anderen<br />
verschickt. „Was glaubst du, wieso er<br />
die Wahlen vorgezogen hat? Weil er uns<br />
Flüchtlinge in einem Jahr nicht mehr<br />
als Hauptthema nehmen kann, da wir in<br />
einem Jahr kein Thema mehr sind, weil<br />
wir uns integriert hätten!“, sagt Ahmad*,<br />
ein 27-jähriger Syrer. „Wir haben für Kurz<br />
die Wahl gewonnen, er hat uns benutzt,<br />
um Kanzler zu werden“, fügt er hinzu.<br />
Die anderen Syrer und Syrerinnen in der<br />
Runde stimmen ihm zu.<br />
„WAS HAT ER MIT<br />
UNS VOR?“<br />
Sie alle erzählen, dass sie dachten, sie<br />
wären in Österreich sicher, dass sie<br />
langsam begonnen hatten, ihre Kriegstraumata<br />
zu bewältigen. Doch jetzt ist<br />
die Angst wieder da. Das Ungewisse<br />
schwebt erneut über ihnen. „Was<br />
passiert morgen, was hat Kurz mit uns<br />
vor, wenn er Kanzler wird?“, fragt sich<br />
Nessrin * , die in Österreich niemanden hat<br />
und nicht weiß, wie es für sie weitergeht,<br />
sollte Kurz sein Wahlprogramm tatsächlich<br />
so umsetzen.<br />
14 / POLITIKA /<br />
/ POLITIKA / 15
Sebastian<br />
Kurz 2015 in<br />
Mazedonien, am<br />
Grenzübergang<br />
Gevgelija.<br />
MEINUNG<br />
„SEID DANKBAR“<br />
Von Simon Kravagna<br />
„Seit Sebastian Kurz im Wahlkampf<br />
ständig über die Kürzung der Mindestsicherung<br />
redete, habe ich Alpträume.<br />
Ich träume, dass ich aufwache und kein<br />
Geld mehr habe, obdachlos bin“, erzählt<br />
Bader, der mit seiner Frau und zwei kleinen<br />
Kindern in Wien lebt. „Wenn er die<br />
Sozialleistungen kürzt, enden wir wie die<br />
Marokkaner, müssen Drogen in der U6<br />
verkaufen oder als Schlepper arbeiten“,<br />
bangt Munir * . Munir hat manchmal am<br />
Ende des Monats trotz Mindestsicherung<br />
kein Geld mehr am Konto, er hat niemanden<br />
in Österreich, von dem er sich<br />
Geld leihen könnte. „Wenn Kurz uns die<br />
Mindestsicherung kürzt, enden wir in der<br />
Armut“, sagen alle fünf.<br />
„WAS MACHT ER<br />
FÜR UNS?“<br />
Dass sie sich nach allem, was sie durchmachen<br />
mussten, in Österreich sorgen<br />
ums Überleben machen müssen, damit<br />
hatte keiner der Syrer gerechnet. „Kurz<br />
war damals für uns wie Justin Trudeau,<br />
jetzt ist er wie der junge Assad“, sagen<br />
sie einstimmig. Ein harter, ungerechter<br />
Vergleich, der bei den Syrern aber immer<br />
mal wieder fällt, wenn sie über Sebastian<br />
Kurz sprechen: „Assad ist auch jung in<br />
die Politik gegangen, er hat in Europa<br />
studiert, alle setzten große Hoffnungen in<br />
ihn, alle glaubten, er würde uns Demokratie<br />
wie im Westen bringen.“ Doch das<br />
Gegenteil trat ein. Der Vergleich Kurz und<br />
Assad ist mehr als unangebracht. Das<br />
Assad-Regime foltert, zerstört, vernichtet.<br />
Den Terror eines Diktators in Syrien<br />
kann man auf keinen Fall mit dem konservativen<br />
Kurs eines demokratischen<br />
Politikers in Österreich vergleichen. Doch<br />
wenn es um das Thema Mindestsicherung<br />
geht, spricht die Panik aus den<br />
Syrern: „Es gibt einen Grund, wieso Mindestsicherung<br />
so heißt. Es ist das Mindeste,<br />
was man zum Leben in Österreich<br />
braucht. Wenn er sie uns kürzt, könnte<br />
die Kriminalität zunehmen“, fürchtet<br />
Nessrin. „Wieso kürzt ein Integrationsminister<br />
den Flüchtlingen Sozialleistungen?<br />
Was macht er für uns? Nichts, was uns<br />
die Integration erleichtert“, sagt Bader,<br />
für den sich Integration nicht eingleisig<br />
vollzieht. Bader findet Integrationskurse<br />
gut, aber nur für die, die es nötig haben:<br />
„Gebildete Flüchtlinge frustriert es, wenn<br />
sie in diesen Kursen lernen, wie man die<br />
Straße überquert. Das demotiviert und<br />
fördert ganz sicher nicht die Integration“,<br />
sagt er. „Keine Arbeit, stattdessen<br />
diese Kurse und Kürzung von Sozialleistungen“,<br />
ärgert sich Bader, der nicht<br />
weiß, wie er ohne Sozialleistungen seine<br />
Kinder durchbringen soll.<br />
„WENN IHR NICHT<br />
BRAV SEID,<br />
DANN KOMMT<br />
SEBASTIAN KURZ.“<br />
Bader versucht die Lage trotzdem mit<br />
Humor zu meistern: „Wenn meine Kinder<br />
schlimm sind, sage ich ihnen: „Wenn ihr<br />
nicht brav seid, dann kommt Sebastian<br />
Kurz.“<br />
Auch als Sebastian Kurz rät, in<br />
Eigentum zu investieren, weil die Mieten<br />
so hoch sind, nimmt man das in der<br />
syrischen Community mit Humor. In einer<br />
Facebook-Gruppe, in der sich Syrer in<br />
Österreich austauschen und die über<br />
40.000 Mitglieder fasst, wurde die Aussage<br />
auf Flüchtlinge umgemünzt: „Wenn<br />
Flüchtlinge kein Geld haben, sollen sie<br />
doch zur Bank gehen“, schreibt einer in<br />
die Gruppe und setzt damit eine hitzige<br />
Diskussion über Sebastian Kurz in Gang.<br />
In der Facebook Gruppe wird generell oft<br />
über Sebastian Kurz diskutiert. Wahrheit<br />
und Fake-News über Kurz vermischen<br />
sich dabei. Sie diskutieren darüber, dass<br />
Kurz es für Syrer unmöglich machen<br />
wird, nach Österreich zu gelangen, darüber,<br />
dass er das Kopftuch verbieten will,<br />
darüber, dass er Muslime nicht mögen<br />
soll. Darüber, dass er den Eintritt in den<br />
Arbeitsmarkt für Flüchtlinge erschweren<br />
will und darüber, dass Sebastian Kurz<br />
„(…) Für Flüchtlinge die kaum<br />
Deutsch können und keine Arbeit<br />
finden, gibt es keine Zukunft in<br />
diesem Land“ – eines von unzähligen<br />
Kommentaren in den syrischen<br />
Facebook Gruppen am Wahlabend.<br />
die Mindestsicherung kürzen wird. Kurz<br />
nachdem das vorläufige Wahlergebnis<br />
feststeht, überschlagen sich die Postings<br />
in der Facebook-Gruppe. „Was bedeutet<br />
das Ergebnis dieser Wahlen für uns? Die<br />
Österreicher bewegen sich nach rechts,<br />
zum Rassismus gegenüber Ausländern<br />
und Flüchtlingen. Die Regierung wird aus<br />
Schwarz-Blau gebildet und die Gesetze<br />
werden so sein, dass die Mindestsicherung<br />
gesenkt wird und die Flüchtlinge<br />
ohne Asylbescheid abgeschoben<br />
werden. Für die Flüchtlinge, die noch<br />
kein Deutsch können und keine Arbeit<br />
haben, gibt es keine Zukunft in diesem<br />
Land“, schreibt eine Userin. „Es wird sich<br />
für uns nichts ändern, wenn Schwarz-<br />
Blau in der Regierung ist, weil wir aus<br />
den arabischen Staaten kommen, wo es<br />
viele Diktatoren gibt. Wir haben uns an<br />
so etwas schon gewöhnt“, schreibt ein<br />
anderer. Weitere Kommentare folgen im<br />
Minutentakt.<br />
Der Admin der Gruppe blockiert daraufhin<br />
jedes Wahl-Posting: „Warten wir das<br />
endgültige Ergebnis ab“, versucht er die<br />
Masse zu beschwichtigen.<br />
Offenbar braucht es noch mehr Wertekurse: Wenn ein paar Syrer in<br />
unserer Coverstory Sebastian Kurz mit dem „jungen Assad“ vergleichen,<br />
dann sitzt bei einigen Flüchtlingen der Unterschied zwischen einem<br />
demokratischen Politiker und einem Diktator offenbar noch nicht. So ein<br />
Vergleich ist nur absurd.<br />
Viele Syrer schätzen aber wiederum unsere demokratischen Rechte mehr<br />
als viele Österreicher. „Ich habe nie in meinem Leben gewählt wegen<br />
der Diktatur in meinem Land. Deswegen seid dankbar und geht wählen“,<br />
postete etwa unser syrischer Mitarbeiter Ibrahem Zakarya auf Deutsch<br />
am Wahlsonntag. Auch er ist jetzt vom Wahlergebnis enttäuscht. Sagt<br />
aber: „Wir sollten das Ergebnis respektieren. Das ist eben die österreichische<br />
Entscheidung.“<br />
Mit der Wahl am 15. Oktober wurde aber quasi nur offiziell, was vorher<br />
schon bekannt war. Die Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher<br />
wollen keine liberale Flüchtlingspolitik und schon gar nicht, dass<br />
dafür auch noch Geld ausgegeben wird. Diese Meinung muss man nicht<br />
übernehmen, aber eben akzeptieren. Und in vielen Bereichen – etwa im<br />
Europäischem Asylsystem – gibt es wirklich großen Reformbedarf.<br />
MINDESTSICHERUNG BLEIBT – IN WIEN<br />
Auch die bisher teils großzügige Mindestsicherung für Flüchtlinge<br />
wird fallen. Zur Beruhigung vieler Syrer kann ich aber sagen: Das wird<br />
zumindest in Wien noch lange dauern. Denn auch wenn Sebastian Kurz<br />
Kanzler wird, kann er die Mindestsicherung gegen den Willen der Wiener<br />
Stadtregierung nicht einfach kürzen. Ich halte das Mindestsicherungssystem<br />
in Wien für reformbedürftig. Aber solange das Wiener Modell von<br />
SPÖ und Grünen getragen wird, kann Kurz es nicht einfach abschaffen<br />
Auch das ist Demokratie. Das Durchgriffsrecht hat Kurz in der ÖVP, nicht<br />
im föderalen Staat.<br />
In manchen Punkten hat Kurz übrigens Recht. Wir sollten analysieren,<br />
wo und wie Österreich in der Flüchtlingspolitik am besten helfen kann.<br />
Tatsächlich kann es sinnvoller sein, direkt in Krisenländern zu helfen als<br />
hohe Integrationskosten im Inland zu tragen. Nach dieser Logik müsste<br />
dann aber jede Million, die bei der Mindestsicherung und Flüchtlingsbetreuung<br />
in Österreich unter einem Kanzler Kurz eingespart wird für<br />
Flüchtlingshilfe und Investitionen in Afrika oder im arabischen Raum<br />
verwendet werden. Schauen wir mal, ob das Geld dort ankommt. Und ob<br />
ein möglicher Koalitionspartner FPÖ so etwas mitträgt.<br />
kravagna@dasbiber.at<br />
16 / POLITIKA /
Bei ihrer Ankunft<br />
in Österreich<br />
hielten viele<br />
Syrer Sebastian<br />
Kurz für einen<br />
Hoffnungsträger.<br />
Dann änderte er<br />
seinen Kurs und<br />
jetzt fürchten<br />
sie ihn und seine<br />
Politik.<br />
WAS KURZ IN DER FLÜCHTLINGS-<br />
FRAGE WIRKLICH FORDERT:<br />
→ Kürzung der Mindestsicherung: Mindestsicherung für<br />
Flüchtlinge soll 560 Euro betragen und damit in den<br />
meisten Bundesländern gekürzt werden. Zum Vergleich:<br />
In Wien beträgt die Mindestsicherung aktuell 844,46<br />
Euro. Paare (pro Person) erhalten 633,35 Euro, Pro<br />
Kind gibt es 228 Euro. Bundesweit will die ÖVP eine<br />
Deckelung der Sozialleistung für Familien bei 1500<br />
Euro.<br />
→ Obergrenze gleich null: „Die einzige Alternative, die wir<br />
haben, ist die illegale Zuwanderung rigoros zu stoppen.<br />
Wir sprechen hier von einer Obergrenze gleich null“,<br />
heißt es in dem ÖVP-Programm. Die EU-Außengrenze<br />
soll abgeschottet und die Mittelmeer-Route geschlossen<br />
werden. Migranten, die aufgegriffen werden, sollten<br />
nach Afrika und Co zurück geschickt werden.<br />
→ Gemeinnützige Arbeit für Asylwerber. Die Asylwerber,<br />
die noch ins Land dürfen, sollten nach dem Grundsatz<br />
„Leistung für Gegenleistung“ etwas tun, heißt es in dem<br />
Programm. Im Gegenzug sollen Asylwerber Anreize wie<br />
„VOR STRACHE<br />
FÜRCHTET SICH<br />
KEINER MEHR“<br />
Auch abseits der virtuellen Welt gibt es<br />
in der syrischen Community jetzt nur<br />
noch ein Thema: Sebastian Kurz. „Wenn<br />
ich mit syrischen Freunden telefoniere,<br />
frage ich nicht: Wie geht’s, was gibt’s<br />
Neues? Sondern gleich: Gibt’s was<br />
Strache beklagte schon im Wahlkampf,<br />
dass Kurz ihm die Stimmen klaue. Jetzt<br />
wurde ihm auch noch die Rolle als<br />
Flüchtlingsschreck von Kurz genommen.<br />
Neues von Kurz?“, erzählt Bader. Zuher,<br />
der erst seit zwei Jahren in Österreich<br />
ist, hat sogar das Wahlprogramm von<br />
Kurz gelesen. Ahmad hat alle TV-Duelle<br />
mit Sebastian Kurz geschaut. Am Wahlabend<br />
verfolgen sie alle die Nachrichten.<br />
Als das Ergebnis feststeht, ist Bader<br />
unter Schock, an Schlaf ist nicht zu<br />
denken. „Ich habe die ganze Nacht kein<br />
Auge zugemacht“, erzählt auch Munir,<br />
seine dunklen Augenringe sprechen<br />
Bände.<br />
Über Strache und die FPÖ spricht<br />
dagegen niemand. Mit 26,4 Prozent landet<br />
die FPÖ auf Platz drei, knapp hinter<br />
der SPÖ. „Vor Strache fürchtet sich schon<br />
lange keiner mehr“, ergänzt Ahmad.<br />
„Kurz ist gefährlicher als Strache. Bei<br />
Strache weiß ich, was mich erwartet, bei<br />
Kurz weiß ich nicht, was er als nächstes<br />
fordert“, so Munir. „Ich verstehe nicht,<br />
wie Kurz sich vor den Augen aller so<br />
wandeln konnte und die Öffentlichkeit ihn<br />
dafür auch noch mit Stimmen belohnt.“<br />
Ahmad schüttelt den Kopf: „Ich hätte es<br />
wissen müssen“, sagt er. „Als ich Kurz<br />
2015 bei einer Veranstaltung getroffen<br />
habe und meinem österreichischen<br />
Mitbewohner begeistert davon erzählte,<br />
warnte der mich noch, Kurz sei „ein Wolf<br />
im Schafspelz“, er würde sein wahres<br />
Gesicht noch zeigen.“<br />
VOM HOFFNUNGS-<br />
TRÄGER ZUM<br />
FLÜCHTLINGS-<br />
SCHRECK<br />
Ahmad hat sich damals sogar mit seinem<br />
Mitbewohner gestritten, weil er nicht<br />
wollte, dass dieser schlecht über Kurz<br />
redet. Bader hat Verständnis für Ahmads<br />
Reaktion: „Wir waren geblendet. Doch<br />
Tatsache ist, es lag auf der Hand: Kurz ist<br />
jung, junge Politiker haben noch keinen<br />
festen Kurs, sie verändern sich. Sie stehen<br />
ja erst am Beginn ihrer Karriere und<br />
wollen immer höher hinaus und dafür<br />
sind ihnen alle Mittel recht.“<br />
Munir denkt kurz über Baders Worte<br />
nach und sagt dann ernst: „Kurz tut<br />
immer so, als wäre alles unsere Schuld.<br />
Ich höre nur noch ‚Die Flüchtlinge<br />
müssen das und jenes’. Früher hat er<br />
uns Hoffnung geschenkt, wir dachten,<br />
gemeinsam schaffen wird das.“ Die<br />
anderen nicken stumm. „Wer weiß, vielleicht<br />
waren das alles nur leere Wahlversprechen<br />
und es bleibt doch alles,<br />
wie es war“, tröstet Zuher die Runde.<br />
„Trotzdem“, sagt Ahmad, „das Vertrauen<br />
ist weg. Es wird nie wieder so, wie es<br />
war.“ ●<br />
* Namen von der Redaktion geändert<br />
DRAGAN TATIC / APA / picturedesk.com, ERWIN SCHERIAU / APA / picturedesk.com, Helmut Graf / Heute / picturedesk.com, Michael Gruber / EXPA / picturedesk.com<br />
wgkk.at<br />
www.wgkk.at<br />
ein Taschengeld erhalten.<br />
WGKK lädt 89.000 Wienerinnen und Wiener zur Vorsorgeuntersuchung ein<br />
Gesundheits-Check sollte regelmäßig durchgeführt werden!<br />
Auch diesen Herbst lädt die Wiener<br />
Gebietskrankenkasse (WGKK) die Wienerinnen<br />
und Wiener per Brief zur kostenlosen<br />
Vorsorgeuntersuchung ein.<br />
Nähere Informationen zum Gesundheits-Check<br />
erhalten Interessierte von Montag bis<br />
Freitag von 08.00 –18.00 Uhr unter der<br />
kostenlosen Servicenummer 0800 501 522.<br />
Auch eine direkte Terminvereinbarung für die<br />
WGKK-Gesundheitszentren ist möglich!<br />
18 / POLITIKA /<br />
/ MIT SCHARF / 19
MEINUNG<br />
WIEN MUSEUM<br />
KARLSPLATZ<br />
„KURZ HAT GEWONNEN – DAS IST DEINE CHANCE!“<br />
Kommentar von Amar Rajković<br />
Endlich vorbei. Der schmutzigste und emotionalste Wahlkampf<br />
seit Langem hat einen klaren Sieger. Sebastian<br />
Kurz hat die richtigen Knöpfe gedrückt. Westbalkanroute,<br />
muslimische Kindergärten, Burka-Verbot. Der Mix war<br />
monothematisch, zog aber bei den Wählern. Vergessen<br />
waren die Versachlichungsversuche des 31-jährigen ÖVP-<br />
Spitzenkandidaten in der Integrationsdebatte, vergessen<br />
seine Versuche, an Credibility zu gewinnen, indem er<br />
seinen Heimatbezirk Wien-Meidling als Multi-Kulti-Ort<br />
deklarierte, vergessen die Tatsache, dass der Islam seit<br />
über <strong>10</strong>0 Jahren als Religion in Österreich anerkannt ist.<br />
Als Biber-Redakteur der ersten Stunde lernte ich den<br />
damaligen Obmann der Jungen ÖVP in Wien erstmals<br />
am Telefon kennen. Kurz sollte an einer Spitzenrunde der<br />
Jugendvertreter im Vorfeld der Nationalratswahlen 2008<br />
teilnehmen. Er war sehr höflich, sagte aber ab. Nur drei<br />
Jahre später wurde er zum Shootingstar der Politik. Kurz<br />
stieg zum Integrationsstaatssekretär auf.<br />
VOM KABABSTAND INS KANZLERAMT<br />
Damals entschied biber, den Meidlinger in einer Kebabbude<br />
zu fotografieren. Das Foto wurde Cover und wir<br />
bekamen viel Kritik ab. Wir würden einen unerfahrenen<br />
Quereinsteiger mit Schnöselbackground heroisieren und<br />
hypen. Intern wollten wir Kurz nach seinen Taten messen,<br />
die Witze von vielen Kollegen aus den Mainstream-Medien<br />
über seine großen Ohren fand ich nur peinlich und eines<br />
Journalisten nicht würdig.<br />
Als Magazin, das vor allem Leser mit Migrationsvorderund-hintergründen<br />
hat, schauten wir ganz genau, was der<br />
„Staats-Integrator“ für Aktionen setzte. Damals erfolgte<br />
auch meine Reise mit Kurz nach Sarajevo - nach der Jahrhundertflut<br />
im ehemaligen Bürgerkriegsland. Meine Tante<br />
aus Mostar war stolz auf mich. Ihr Neffe auf Pressereise<br />
rajkovic@dasbiber.at<br />
zusammen mit Österreichs Außenminister. Gehts noch<br />
besser?<br />
Dann die Wende: 2015 versucht mehr als eine Million<br />
Menschen über den „Westbalkan“ (Ein Begriff, den Kurz<br />
mitprägte - als jemand, der in Mostar geboren ist, habe<br />
ich diese Bezeichnung nie gehört) zu flüchten. Die Zivilgesellschaft<br />
zeigt sich von ihrer besten Seite, Österreich<br />
legt das Image des Suderanten ab und hilft. Humanisten<br />
machen Freudenssprünge, vergessen war „Schwarz-Blau“<br />
am Anfang dieses Jahrtausends, das uns den Hypo-<br />
Skandal oder die Buwog-Affäre beschert hatte. Bis Kurz<br />
das Flüchtlingsthema für sich entdeckte und erfolgreich<br />
instrumentalisierte, Bosniens Hauptstadt Sarajevo zum<br />
Hort der Burka-Trägerinnen erhob und islamische Kindergärten<br />
für die Probleme unserer Gesellschaft verantwortlich<br />
machte. Das ist nicht nur falsch, sondern auch<br />
opportunistisch. Und das ist das Letzte, was ich mir von<br />
meinem zuküntigen Kanzler erwarte.<br />
Ich habe kurz nach 18 Uhr am Wahlsonntag das erste<br />
Mal von dem Ergebnis erfahren. Und es war nicht der<br />
Standard-Ticker. Nein, es war meine Tante, die mir aus<br />
Mostar schrieb: „Kurz hat gewonnen, du kennst ihn ja,<br />
das ist deine Chance!“ Nachdem ich ihr erklärt habe, dass<br />
ich Herrn Kurz – außer von Interviews – kaum kenne und<br />
diesen Ausgang nicht so rosig wie sie sehe, dachte ich<br />
mir leise: „Herr Kurz, das ist Ihre Chance – um mich und<br />
so viele andere enttäuschte Wähler davon zu überzeugen,<br />
dass Sie keine salonfähige Strache-Kopie sind. Es ist<br />
Ihre Chance für alle Frauen, Männer, Kinder, Jugendliche,<br />
Homosexuelle, Behinderte, Muslime, Christen, Atheisten<br />
(sorry, falls ich eine Gruppe ausgelassen habe) für eine<br />
bessere Zukunft zu sorgen und auch Inhaltliches in Fragen<br />
der Digitalisierung, Bildung und Arbeitsmarkt zu liefern.<br />
Und kommen Sie mir ja nicht mit der Westbalkanroute. ●<br />
Marko Mestrović<br />
Gustav, 2008, Foto: Thomas Degen<br />
Falco, 1985, Foto: Didi Sattmann<br />
ganz<br />
Wien<br />
14.9.20<strong>17</strong> Eine<br />
–25.3.2018 Pop-Tour<br />
Kruder & Dorfmeister, 1993, Foto: Gerhard Heller<br />
Helmut Qualtinger, 1956/57, Foto: unbekannt<br />
HAUPTSPONSOR DES WIEN MUSEUMS AUSSTELLUNGSSPONSOR MEDIENPARTNER<br />
20 / POLITIKA /
DAS<br />
Ghostwriter, Studentenagenturen und türkische<br />
Unternehmer – sie alle machen das große Geschäft<br />
mit Studenten aus der Türkei.<br />
Von Melisa Erkurt<br />
BUSINESS<br />
MIT DEN<br />
TÜRKISCHEN<br />
STUDENTEN<br />
Türkische Studenten finanzieren mir meine<br />
Urlaube.“ Felix * ist 25, Politikwissenschaften-Absolvent<br />
der Uni Wien und Ghostwriter<br />
– mit Spezialisierung auf türkische<br />
Studenten. In Prüfungsmonaten verdient er bis zu<br />
1200 Euro. In seinem Repertoire: Prüfungen schreiben<br />
(<strong>10</strong>0€), Hausübungen (50€), Referate (<strong>10</strong>0€)<br />
und Seminararbeiten (30€ pro Seite). Bei Prüfungen<br />
schicken ihm seine Klienten während der Prüfung<br />
die Fragen per WhatsApp und er antwortet. Als er<br />
selbst noch studiert hat, hat sich Felix im Prüfungssaal<br />
neben seine Klienten gesetzt, die Prüfung für sie<br />
geschrieben und selbst nur ein leeres Blatt abgegeben.<br />
„Ich habe ein und dieselbe Prüfung schon drei<br />
bis viermal für andere geschrieben. Für mein eigenes<br />
Studium musste ich dann kaum mehr lernen“, so der<br />
25-Jährige. Dafür haben die meisten seiner Klienten<br />
das Studium vor ihm abgeschlossen – trotz mangelnder<br />
Deutschkenntnisse.<br />
Am liebsten schreibt der 25-Jährige aber Hausübungen<br />
für andere. Ihn kostet das zehn Minuten,<br />
in denen er 50 Euro verdient. Außerdem ist das ein<br />
kontinuierlicher Verdienst, der über das ganze Semester<br />
geht. „Zu Beginn des Semesters geben mir die türkischen<br />
Studenten ihr univis-Passwort, ich logge mich<br />
ein und gebe dort Woche für Woche ihre Hausaufgaben<br />
ab.“ Für <strong>10</strong>0 Euro verfasst Felix auch Praktikumsberichte<br />
über Praktika von türkischen Studenten bei der ÖVP<br />
Favoriten.<br />
Früher hat er das alles auch für Bekannte und<br />
Freunde gemacht, mittlerweile achtet Felix darauf, nie<br />
direkten Kontakt zu seinen Klienten zu haben. Es läuft<br />
alles über einen Vermittler. Felix möchte nicht, dass die<br />
Studenten seine Nummer oder Mail-Adresse haben.<br />
Der Vermittler übergibt ihm auch das Geld, wobei er<br />
von den Studenten zusätzlich zu Felix’ Honorar noch 20<br />
Euro als eine Art Vermittlungsgebühr von den Studenten<br />
verlangt.<br />
Felix verdient gut, der Vermittler verdient sich ein<br />
Taschengeld dazu und die türkischen Studenten werden<br />
positiv benotet und erhalten die 16 ECTS, die sie für die<br />
Verlängerung ihres Studenten-Visums brauchen. Das<br />
Geschäft läuft für alle Beteiligten gut – zumindest auf<br />
30 Euro verlangt Felix * für diese Seite.<br />
den ersten Blick. Dass viele Studenten für zwei Euro<br />
pro Stunde arbeiten, um die Ghostwriter zu bezahlen<br />
und Probleme mit den türkischen Studentenagenturen<br />
haben, sieht man erst auf den zweiten Blick.<br />
Als türkischer Student nach Österreich zu kommen<br />
ist schwerer geworden. Nicht nur wegen der bürokratischen<br />
Hürden oder der mangelnden Deutschkenntnisse,<br />
sondern auch wegen der Einstellung Türken<br />
gegenüber. Deshalb inskribieren sich von Jahr zu Jahr<br />
weniger türkische Staatsbürger an den österreichischen<br />
Unis. Während sich im Wintersemester 2015/16 3.709<br />
TürkInnen an einer österreichischen Hochschule eingeschrieben<br />
haben, waren es im Wintersemester 2016/<strong>17</strong><br />
„nur“ 3.418. Die Studenten sind sich bewusst, dass<br />
Österreicher der Türkei aufgrund der politischen Lage<br />
kritisch gegenüber stehen, weshalb sich die wenigsten<br />
alleine nach Österreich trauen - so gut wie alle kommen<br />
nur noch über türkische Studenten-Agenturen<br />
nach Österreich – die damit das Geschäft ihres Lebens<br />
machen.<br />
1200 EURO<br />
So wie Emel * . Die 22-Jährige ist 2015 mit „AED Housing<br />
Vienna“ – dem zurzeit größten Anbieter – zum Studieren<br />
22 / POLITIKA /<br />
/ POLITIKA / 23
nach Wien gekommen. Sie hat 1200 Euro<br />
an die Agentur gezahlt, versprochen wurde<br />
ihr dafür ein All-inclusive-Paket. „Abgemacht<br />
war, dass sie mich vom Flughafen<br />
abholen, in das Studentenheim bringen, in<br />
dem sie Zimmer vermieten und die Amtswege<br />
erledigen.“ Doch schon von Anfang<br />
an geht alles schief. Am Flughafen wartet<br />
niemand auf Emel. Sie schleppt ihre fünf<br />
Gepäcksstücke allein in ihr Studentenheim<br />
im 19. Bezirk.<br />
Auch in den nächsten Wochen ärgert<br />
sich Emel oft über die Agentur. „Sie<br />
engagieren türkische Studenten, damit die<br />
einen zu Amtswegen begleiten. Die Studenten<br />
haben aber alle schlechter Deutsch<br />
gesprochen als ich.“ Am Ende macht Emel<br />
alles selbst. Der Deutschkurs, in den sie die Agentur eingeschrieben<br />
hat und für den sie extra 400 Euro zahlen<br />
muss, erweist sich als überflüssig. „Was mir nicht gesagt<br />
wurde: Mein Deutsch-Niveau hat bereits für ein Visum<br />
gereicht und der Kurs selbst war unnötig. Der Lehrer ist<br />
manchmal einfach nicht gekommen.“<br />
Emel findet sich mit der Tatsache ab, dass sie 1200<br />
Euro quasi umsonst gezahlt hat, aber als sie erfährt,<br />
dass sie mehr Miete für ihr <strong>10</strong>m2 Heim-Zimmer zahlt als<br />
notwendig, hat sie genug und kündigt ihren Mietvertrag<br />
bei AED Vienna Housing. „Ich habe zum Schluss 430<br />
Euro Miete gezahlt, obwohl das Zimmer eigentlich 3<strong>10</strong><br />
Euro Miete beträgt“, sagt Emel. Als sie auszieht, will ihr<br />
die Agentur ihre <strong>10</strong>00 Euro<br />
Kaution nicht zurückgeben.<br />
„Sie haben behauptet, dass ich<br />
ihnen damals die Kaution gar<br />
nicht überwiesen hätte“, so<br />
Emel. Emel telefoniert mit ihrer<br />
Bank in der Türkei, die finden<br />
schließlich die Überweisung<br />
und Emel zeigt der Agentur den<br />
Beweis. Daraufhin bekommt sie<br />
ihr Geld zurück.<br />
AM KLO<br />
VERSTECKEN<br />
Emel ist kein Einzelfall. Demet * ,<br />
eine ehemalige Mitarbeiterin<br />
von AED, berichtet, dass eine<br />
Zeit lang circa 600 Studenten<br />
ihre Kaution nicht zurückbekommen<br />
haben. „Die Chefs<br />
der Agentur haben zu der<br />
Zeit ein Hotel in Wien gekauft<br />
und hatten deshalb Probleme<br />
rechtzeitig die Kautionen an die<br />
Studenten zurück zu zahlen.“<br />
Demet muss die Studenten<br />
ständig hinhalten: „Ich sollte<br />
AED<br />
Die AED („AVRUPA<br />
EĞITIM DANIŞMANLIK“<br />
(Deutsch: europäische<br />
Heimberatung) besteht<br />
aus zwei Abteilungen:<br />
● Beratungsabteilung,<br />
in der mehrheitlich<br />
türkische Studenten<br />
beraten werden,<br />
wobei diese unterschiedliche<br />
Pakete<br />
buchen können<br />
● Vermieten von Studentenheimplätzen<br />
Auszug aus der Homepage der AED<br />
ihnen sagen, dass sie die Kaution in den<br />
nächsten Tagen zurückbekommen, dabei<br />
war klar, dass sich das nicht ausgeht.“<br />
Der Architektur-Student Musa* hat<br />
ebenfalls Probleme dabei seine Kaution<br />
von AED zurückzubekommen. „Angeblich<br />
hätte ich etwas im Zimmer beschädigt,<br />
dabei war das schon seit ich eingezogen<br />
bin so.“ Musa droht der Agentur mit einer<br />
Klage, sein Onkel ist Anwalt in der Türkei,<br />
sagt er – daraufhin bekommt er die Kaution<br />
doch zurück. „Die Agentur macht durch<br />
die Unwissenheit der Studenten einen<br />
riesen Gewinn. Die verrechnen unnötige<br />
Kosten und reden uns ein, dass wir das<br />
nicht alleine erledigen können. Wir machen<br />
die reich“, erzählt Musa. Der 23-jährige<br />
Student erzählt, dass Mitarbeiter der Agentur ihm auch<br />
Jobs vermittelt hätten. „Sie checken einem Jobs bei<br />
türkischen Taxi-Firmen, türkischen Supermärkten oder<br />
Hochzeitssälen und wir arbeiten dann schwarz dort und<br />
müssen uns am Klo verstecken, wenn die Arbeitsinspektion<br />
kommt.“ Musa hat schon viele Jobs gemacht, zum<br />
Beispiel für 50 Euro von 21 – 5 Uhr Früh in Hochzeitssälen<br />
gekellnert.<br />
ZU VERWÖHNT?<br />
Demet hat trotzdem kein Mitleid mit den türkischen<br />
Studenten: „Keiner zwingt die Studenten den Vertrag mit<br />
der Agentur zu unterschreiben. Das sind oft verwöhnte<br />
Ein paar türkische Studenten haben Praktika bei der ÖVP<br />
Favoriten absolviert. Den Praktikumsbericht dazu hat<br />
kaum einer selbst geschrieben.<br />
junge Erwachsene, aus gutem Hause, die noch nie einen<br />
Finger krumm gemacht haben und glauben, sie haben<br />
dich gekauft und du musst jetzt alles für sie machen.“<br />
Sie kritisiert aber nicht nur die Studenten, sondern auch<br />
die Agenturen: „Die Studenten unterschreiben den<br />
Vertrag bei der Partneragentur in der Türkei. Die versprechen<br />
ihnen manchmal Dinge, die mit uns in Österreich<br />
nicht ausgemacht sind. Dann sind die Studenten<br />
enttäuscht, wenn wir das nicht für sie erledigen.“ Demet<br />
kritisiert auch, dass bei AED ein Mitarbeiter für über 500<br />
Studenten zuständig ist. „Na klar wird dann manchmal<br />
vergessen, jemanden vom Flughafen abzuholen. Oder<br />
schlimmer: Manchen Studenten wurde nicht erklärt,<br />
dass sie den ÖH-Beitrag zahlen müssen. Deswegen<br />
mussten schon einige wieder zurück in die Türkei.“ Als<br />
Demet die Abfertigung der Studenten kritisiert, wird sie<br />
gekündigt.<br />
Auch Emels Freundin hat für die Agentur gearbeitet.<br />
Sie hat für 20 Euro die Zimmer des Studentenheims<br />
geputzt, die Studenten vom Flughafen abgeholt, ihnen<br />
bei der Kontoeröffnung geholfen und sie bei Amtswegen<br />
begleitet.<br />
Einer der zwei Geschäftsführer von AED-Housing<br />
hat zwar in einem Telefonat mit <strong>BIBER</strong> zu den Vorwürfen<br />
Stellung genommen, wollte aber nicht, dass das, was<br />
besprochen wurde abgedruckt wird und gibt uns kein<br />
offizielles Statement zum Druck frei. Wenn wir drucken,<br />
was er uns am Telefon und per Mail gesagt hat, werde<br />
man rechtliche Schritte gegen uns einleiten.<br />
Viele türkische Studenten kommen also mithilfe von<br />
Agenturen, die ihnen von Inskription bis zur Kontoeröffnung<br />
alles organisieren. Somit bleiben die Studenten in<br />
türkischen Kreisen und lernen kaum Deutsch, weshalb<br />
sie Ghostwriter engagieren, um die ECTS-Punkte zu<br />
bekommen, die sie für das Visum brauchen. Um den<br />
Ghostwriter zu bezahlen, brauchen sie Arbeit und<br />
weil sie aufgrund ihrer fehlenden Deutschkenntnisse<br />
schlechte Chancen am Arbeitsmarkt haben, arbeiten sie<br />
schwarz. „Und weil es nicht eh schon reicht, dass sie<br />
STUDIENINFO<br />
Insgesamt studierten im Wintersemester<br />
2015/16 3.709 TürkInnen an einer österreichischen<br />
Hochschule. Allein an öffentlichen<br />
Universitäten waren es 3.551. Diese Zahl<br />
ging im Wintersemester 2016/<strong>17</strong> ein wenig<br />
zurück - auf 3.418. Von diesen Personen<br />
wiederum war der Großteil an der Universität<br />
Wien inskribiert (1.435).<br />
Die Top 3 Studienfächer türkischer<br />
Staats bürgerInnen im WS 2015/16:<br />
→ Architektur (BA): 347 Personen<br />
→ Politikwissenschaft (BA): 272 Personen<br />
→ Informatik (BA): 262 Personen<br />
gemeinsam wohnen, studieren und arbeiten, organisiert<br />
die ATÖD auch noch gemeinsame Reisen“, erzählt mir<br />
Emre*. ATÖD, ein österreichisch-türkischer Studentenverein,<br />
organisiert Reisen nach Venedig, Prag, Budapest<br />
und viele andere Städte. Emre, ein Austro-Türke, hat<br />
wenig Verständnis für die Studenten: „Die Eltern in der<br />
Türkei nehmen einen Kredit nach dem anderen auf,<br />
damit ihre Kinder in Österreich Party machen und eine<br />
Reise nach der anderen erleben.“<br />
GO HARD OR GO HOME?<br />
Felix, der Ghostwriter, der sich während seines Powi-<br />
Studiums mit einigen türkischen Studenten angefreundet<br />
hat, hat dagegen Verständnis für den Lifestyle<br />
seiner türkischen Freunde: „Viele wollen in Wien die Zeit<br />
ihres Lebens haben. Zuhause in der Türkei müssen sie<br />
heiraten oder die Tischlerei des Vaters übernehmen.<br />
Davor toben sie sich hier ordentlich aus, ums Studieren<br />
geht es vielen gar nicht.“ Emel dagegen geht es wirklich<br />
ums Studium. Doch die 21-Jährige ist verzweifelt. Zuerst<br />
musste sie sich mit der AED rumschlagen und jetzt fehlt<br />
ihr ein ECTS-Punkt für die Verlängerung ihres Studentenvisums.<br />
Dabei hat die Studentin versucht alles richtig<br />
zu machen: Sie arbeitet nicht schwarz, sondern sucht<br />
einen Job. Doch aufgrund der fehlenden Deutschkenntnisse<br />
kassiert sie nur Absagen. Sie engagiert keinen<br />
Ghostwriter, sondern schreibt ihre Arbeiten selber,<br />
weshalb sie aber länger für ihr Studium braucht. Und<br />
genau das wird der jungen Türkin wohl zum Verhängnis.<br />
Während viele ihrer Uni-Kollegen dank Ghostwriter mittlerweile<br />
einen Bachelor-Abschluss haben, kann es sein,<br />
dass sie wegen eines fehlenden ECTS-Punkts zurück<br />
in die Türkei muss, was für sie aufgrund der aktuellen<br />
politischen Lage ein Alptraum wäre. „Vielleicht hätte<br />
ich es doch wie die anderen machen sollen“, sagt sie<br />
resigniert. Ein Teufelskreis. ●<br />
*Namen von der Redaktion geändert<br />
24 / POLITIKA /<br />
/ POLITIKA / 25
MEINE MUTTER,<br />
EINE HELDIN.<br />
Adis Šerifović ist Kinderbuchautor und<br />
gedenkt in diesem Text seiner verstorbenen<br />
Mutter – über den Genozid in Bosnien und die<br />
Serbin, die für Gerechtigkeit einstand.<br />
Gastkommentar von Adis Šerifović<br />
Sie eilt durch die leeren, aber gefährlichen Straßen<br />
von Brčko, einer Stadt im Nordosten Bosniens.<br />
Die Schuhe klackern am Boden, sie versucht sich<br />
unauffällig zu verhalten. In der Hand hat sie eine<br />
Liste mit Namen, Adressen und Wertgegenständen, die<br />
den jeweiligen Personen gehören. Langsam und bedacht<br />
öffnet sie eine „Kapija“, eine Gartentür, die in die „Avlija“,<br />
in den Garten führt. Der Soldat beim Haus fragt sie nach<br />
ihrem Ausweis. Sie zeigt ihm ihren<br />
alten aus der Jugendzeit, noch<br />
mit ihrem Mädchennamen. Der<br />
Soldat fragt nach, ob sie einen<br />
neueren hätte. Sie verneint. Das<br />
ist eine Lüge. Ihr neuer Nachname<br />
hätte sie niemals durchgelassen:<br />
Šerifović. Typisch muslimisch –<br />
angenommen von ihrem Mann, einem Moslem. Aber dazu<br />
kommen wir noch. Sie darf also passieren und das Haus<br />
betreten. Menschen sind im Haus und plündern - jeder<br />
nimmt mit, was er tragen kann. Doch Mirjana hat eine<br />
Liste. Die Liste der Verwandten ihres Mannes mit dem<br />
teuren Schmuck, der im Haus versteckt ist. Sie sucht, findet,<br />
packt ihn ein, damit sie ihn später diesen Verwandten<br />
zurückbringen kann. Danach eilt sie wieder aus dem Haus.<br />
Die Liste ist lang - sie hat noch viel zu tun. Und überall das<br />
gleiche Prozedere. Überall mit der gleichen Gefahr: Als<br />
„Verräterin“ enttarnt zu werden.<br />
„SIE IST DOCH EINE SERBIN!“<br />
Mirjana Šerifović ist meine Mutter. Sie ist 1961 im damaligen<br />
Jugoslawien, heutigen Bosnien und Herzegowina,<br />
geboren, Mutter von zwei Kindern, serbisch-orthodoxe<br />
Christin und meine persönliche Heldin. Sie heiratete in den<br />
80er Jahren den bosnischen Muslim Mirza, meinen Vater.<br />
Ein Eheschluss der Liebe und des Vertrauens, obwohl<br />
meine Großeltern sie unter enormen Druck setzen, diesen<br />
Panzer stehen im Mai 1992<br />
vor Brčko. Meine Eltern<br />
feiern gerade den ersten Mai.<br />
„Fehler“ nicht zu begehen. „Sie ist doch eine Serbin“,<br />
bekam mein Vater zu hören. „Er ist ein Muslim!“, wurde ihr<br />
vorgeworfen. Den Vorwurf hinter dieser Aussage verstand<br />
meine Mutter nie. Sie entschied sich für die Liebe und<br />
damit auch für eine schwierige Zukunft, was ihr zu dem<br />
Zeitpunkt nicht bewusst war. Die Zukunft gestaltete sich<br />
dann auch wirklich schwierig, allerdings aus anderen Gründen.<br />
Wir befinden uns im Jugoslawien der frühen 90er<br />
Jahre. Im Land beginnen die Unruhen.<br />
Im Fernsehen wird von einer<br />
Spaltung des Landes, Krieg und<br />
Vertreibung gesprochen. Ethnische<br />
Konflikte entstehen und die mächtige<br />
jugoslawische Armee schreitet<br />
durch das Gebiet Jugoslawiens –<br />
kontrolliert durch Serbien mit dem<br />
Traum für ein „Großserbien“ – angeführt von Slobodan<br />
Milošević, Radovan Karadžić oder Vojislav Šešelj. Panzer<br />
stehen im Mai 1992 vor Brčko. Meine Eltern feiern gerade<br />
den ersten Mai. Dieser Tag ist geprägt von der ethnischen<br />
Mischung der Familie. Plötzlich betritt mein Cousin den<br />
Garten und warnt uns: Die Armee steht vor der Stadt - alle<br />
sollen sich in Sicherheit bringen. Die Bekannten, Verwandten<br />
und Freunde verlassen also sofort unser Zuhause.<br />
IHR LEBEN AUF DEM SPIEL<br />
„Ich hatte erst verstanden, dass wir gehen mussten, als<br />
ich die Tür unseres Hauses zum Garten aufmachte und<br />
kleine Staubwölkchen am Boden sah, die ständig auftauchten,<br />
und als ich keine Kinder mehr auf den Straßen<br />
hörte“, erzählte meine Mutter. Später erfuhr sie, dass<br />
das Sniper waren die sich auf die hohen Außengebäude<br />
platzierten, um zu zielen. Meine Mutter und mein Vater<br />
lebten mit mir und meiner Schwester in dem Haus unserer<br />
(muslimischen) Großeltern. Diese wurden vertrieben und<br />
wie fast alle unsere muslimischen Verwandten mussten sie<br />
26 / POLITIKA /<br />
/ POLITIKA / 27
Meine Mutter wurde<br />
aus dem Flüchtlingsbus<br />
in Bosnien gezerrt und<br />
stand mit der Waffe vor<br />
dem Kopf vor einem<br />
serbischen Soldaten.<br />
Erinnerungen aus dem<br />
Familienalbum<br />
bereitgestellt<br />
das Haus den Soldaten übergeben.<br />
Mein Vater wurde verhaftet<br />
und mit anderen muslimischen<br />
Männern in die Sporthalle der Stadt<br />
gebracht. „Früher spielte ich hier<br />
in der Volleyballmanschaft – heute<br />
bin ich ein Gefangener“, erinnert er<br />
sich nur ungern. „Das schlimmste<br />
war, wie Arkan vor mir stand und<br />
mich anschaute.“ Arkan - einer der<br />
bekanntesten Kriegsverbrecher, Vergewaltiger und Folterer<br />
im Krieg in Bosnien, der mit seiner Masse von männlichen<br />
Hooligans das Land unsicher machte, tausende Menschen<br />
auf dem Gewissen hat und bekannt war für die gewalttätigen<br />
und unmenschlichen Vergewaltigungen von jungen<br />
muslimischen Mädchen und Frauen. Mirjana flüchtete<br />
ebenso. Obwohl sie nicht in Gefahr war. Sie konnte in<br />
der Stadt bleiben und wäre beschützt gewesen – weil sie<br />
serbisch-orthodox war. Doch sie entschied sich anders und<br />
begleitete meine Großmutter und meinen Großvater mit<br />
uns Kindern. Sie war verantwortlich für einen Aufstand im<br />
Flüchtlingslager, da eine Frau dort in Panik ausbrach, als<br />
sie erfuhr, dass meine Mutter Serbin war. Meine Mutter<br />
wurde aus dem Flüchtlingsbus in Bosnien gezerrt und<br />
stand mit der Waffe vor dem Kopf vor einem serbischen<br />
Soldaten. Davor hatte er mehrere Menschen vor ihren<br />
Augen ermordet und verschonte sie, weil er uns Kinder<br />
sah, wie wir um ihr Leben bangten. Doch sie hat sich<br />
durchgesetzt, um ihren Weg der Gerechtigkeit zu leben –<br />
auch wenn ihr Leben auf dem Spiel stand.<br />
BAJRAM, WEIHNACHTEN<br />
UND OSTERN<br />
1992 flüchteten wir nach Österreich und meine Eltern<br />
versuchten, alles neu aufzubauen. Ohne Deutschkenntnisse,<br />
gezwungen, ihr Land zu verlassen – ohne zu wissen,<br />
ob sie es jemals wieder betreten dürfen. Und was passiert<br />
mit den Verwandten, die zurückbleiben? Was ist mit den<br />
Großeltern, die alt und krank sind? Was passiert mit ihren<br />
Geschwistern?<br />
Wie haben sie es geschafft, diese Verzweiflung, dieses<br />
Leid, diese Traumata zu verarbeiten und mir und meiner<br />
älteren Schwester ein Leben zu ermöglichen wie jedem<br />
anderen Kind in Österreich? Sie waren zielstrebig und leistungsorientiert.<br />
Ich durfte nur mit einem Einser Nachhause<br />
kommen – alles andere war inakzeptabel. Meine Eltern<br />
arbeiteten – wie die Eltern vieler Gastarbeiterkinder – viel<br />
und hart.<br />
Doch was uns besonders machte im Vergleich zu<br />
anderen Kindern, war die Tatsache, dass wir von klein auf<br />
mit verschiedenen Religionen aufwuchsen. Wir feierten<br />
das muslimische Bajram genauso daheim mit Geschenken<br />
und einer Party wie Weihnachten und Ostern. Aus Respekt<br />
Mein Vater wurde<br />
verhaftet und mit anderen<br />
muslimischen Männern in<br />
die Sporthalle der Stadt<br />
gebracht.<br />
vor den islamischen Riten trug<br />
meine Mama Kopftuch wenn es ein<br />
muslimisches Begräbnis gab. Wir<br />
färbten Eier und machten Baklava.<br />
Wir küssten die Hand unseres<br />
Vaters zum muslimischen Festtag<br />
und schmückten den Weihnachtsbaum<br />
mit der Mama. Das war<br />
natürlich für uns Kinder toll, da<br />
wir zu allen Anlässen Geschenke<br />
bekamen und so mit der Selbstverständlichkeit aufwachsen<br />
durften, dass der Mensch im Vordergrund steht –<br />
unabhängig von seiner Religion. Diese Erfahrung prägt<br />
mich bis heute und ist für mich ein Beweis, dass „es“<br />
geht. Wir können alle friedlich zusammenleben, ohne auf<br />
unsere religiöse Praxis verzichten zu müssen, ohne eine<br />
rechte Propaganda, die uns versucht zu spalten und ohne<br />
ein politisches Klima, das ausschließlich die Unterschiede<br />
unterstreicht und die Gemeinsamkeiten außer Acht lässt.<br />
MEINE MUTTER WIRD DIESEN<br />
ARTIKEL NIE ZU LESEN BEKOMMEN<br />
Meine Mutter wird diesen Artikel nie zu lesen bekommen.<br />
Nach den ganzen Traumata und den schwierigen<br />
Arbeitsbedingungen in Österreich erkrankte sie an<br />
Rheuma, begleitet von einer langjährigen Depression.<br />
Sie erkrankte an einer Lungenentzündung, danach folgte<br />
ein Schlaganfall und später die Diagnose Lungenkrebs.<br />
Halbseitig gelähmt, das Gehirn versagte, das Sprach- und<br />
Erinnerungsvermögen schwand dahin. Am 11. August<br />
2014 erlag sie ihrer schweren Krankheit in der Christian-<br />
Doppler-Klinik in Salzburg. Sie wurde in Bosnien begraben,<br />
jedoch weigerte sich der serbisch-orthodoxe Pfarrer sie<br />
zu beerdigen, da sie sich nie taufen lassen wollte, obwohl<br />
sie sich als Christin bezeichnete. Genauso wenig wollte<br />
der Vorsitzende der islamischen Glaubensgemeinschaft<br />
in Brčko das Begräbnis begleiten, da sie sich nie öffentlich<br />
zum Islam bekannt hatte. Wie so oft mussten wir uns<br />
selbst organisieren. Meine Mutter wurde am islamischen<br />
Friedhof beigesetzt, die Cousine meines Vaters hielt eine<br />
beeindruckende Rede über das Leben und die frohe und<br />
selbstbestimmte Lebensart meiner Mutter. Alles geschah<br />
im engsten Kreise der Familie und Freunde.<br />
Meine Mutter ist eine Heldin für mich, weil sie genau<br />
das tat, was sie für richtig empfand: Weder ihre Herkunft,<br />
andere Meinungen noch die großen Lebensgefahren konnten<br />
sie davon abhalten. ●<br />
Adis Šerifović, 26, lebt als Kinderbuchautor in Salzburg und sitzt im<br />
Vorsitz der MJÖ (Muslimische Jugend Österreichs)<br />
28 / POLITIKA /<br />
/ POLITIKA / 29
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Hose: Monki (19,95 €)<br />
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H&M (ca. <strong>10</strong> €)<br />
Schuhe:<br />
Adidas (Model‘s own)<br />
Schmuck: Model‘s own<br />
Die berühmteste<br />
Gopnik-Pose: Den Slav<br />
Squat hat Sebastian<br />
(19) aka EINFACHSO<br />
drauf wie kein anderer.<br />
T-Shirt: Vero Moda (24,95 €)<br />
Jogginghose:<br />
Adidas (54,95 €)<br />
Brudi Schlapfen: Model‘s own<br />
Bauchtasche: Eastpak: 15 €<br />
32 / RAMBAZAMBA /
Ware aus dem Westen:<br />
Valerija (24) trägt Adidas,<br />
Bling und Zöpfe.<br />
Je dicker aufgetragen,<br />
desto besser.<br />
Pulli: Urban Outfitters (50 €)<br />
Schmuck: Model‘s own<br />
Zum Sportoutfit ein<br />
Folklore-Schal, falls<br />
der Winter im Osten<br />
wiedermal kalt wird:<br />
Martina (18) macht sich<br />
wunderbar als Slav-Girl.<br />
Top: Adidas (39,95 €)<br />
Folklore Tuch: Stylist‘s own<br />
Kette: Stylist‘s own<br />
Kreolen: H&M (<strong>10</strong> €)<br />
Uhr: Fossil (Model‘s own)<br />
Leggings:<br />
Adidas (Model‘s own)<br />
34 / RAMBAZAMBA /
Goldkette, Drei Streifen<br />
und Glatze: Aleks (22)<br />
aka Jugo Ürdens erfüllt<br />
alle Ostblock-Style-<br />
Voraussetzungen.<br />
Jacke: Adidas (Model‘s own)<br />
Jogginghose:<br />
Adidas (59,95 €)<br />
Rollkragenpulli:<br />
Weekday (18 €)<br />
Kette: Stylist‘s own<br />
Schuhe: Vans (ca. 70 €)<br />
Models: Aleks, Sebastian,<br />
Valerie, Martina<br />
Produktion: Aleksandra Tulej<br />
und Jelena Pantic<br />
Fotos: Marko Mestrovic<br />
Er hat eine Glatze, trägt einen<br />
ausgewaschenen Adidas-Jogginganzug,<br />
eine Schiebermütze<br />
und eine Goldkette. Zwischen<br />
seinen Zähnen pafft er eine Marlboro,<br />
und knackt gleichzeitig mit der anderen<br />
Kieferhälfte Sonnenblumenkerne. Im<br />
Hintergrund ragt eine Hochhaussiedlung<br />
empor, die irgendwie Trostlosigkeit und<br />
Gleichgültigkeit ausstrahlt. Er hockt mit<br />
beiden Beinen fest am Boden, neben<br />
seinen blankpolierten spitzen Lederschuhen<br />
steht eine Flasche billiger Vodka,<br />
aus den kaputten Lautsprechern seines<br />
Nokia-Handys dröhnt repetitiver Hardbass.<br />
Irgendwo in seiner Hose hat er<br />
wahrscheinlich ein rostiges Klappmesser<br />
versteckt: Meet the Gopnik.<br />
Der Begriff „Gopnik“ kommt aus dem<br />
Russischen und ist eine abwertende<br />
Bezeichnung für einen kleinkriminellen<br />
Jugendlichen aus einem sozial schwachen<br />
Milieu, der in den Randbezirken<br />
Russischer Großstädte sein Unwesen<br />
treibt. Handys klauen, schwächere<br />
Menschen ausrauben, aber eigentlich<br />
den ganzen Tag nur herumlungern<br />
und dabei billiges Bier trinken, weil<br />
man keine Ausbildung oder Arbeit in<br />
Aussicht hat– so sieht der Tagesablauf<br />
eines Gopniks aus. Aber was bedeutet<br />
„Gopnik“ nun wirklich? Im Zarenreich<br />
gab es eine staatliche Fürsorgegesellschaft<br />
für Waisenkinder, die abgekürzt<br />
„GOP“ hieß. Möglicherweise geht der<br />
Name aber auch auf das russische Wort<br />
„gop-stop“ – auf Deutsch: „Straßenraub“<br />
zurück. Die Gopniki entwickelten sich<br />
zu einer eigenen Subkultur, die in den<br />
90ern ihre Blütezeit erlebte. Aber warum<br />
erzählen wir euch heute davon? Weil das<br />
Internet, Modedesigner und Jugendliche<br />
in Osteuropa gerade gleichermaßen auf<br />
den Gopnik-Style auszucken. Im Leben<br />
verloren, im Style gewonnen.<br />
RIESEN-LOGOS ALS<br />
STATUSSYMBOL VON<br />
WARE „AUS DEM WESTEN“<br />
Packt eure FILA-Pullis und Jogginghosen<br />
mit drei Streifen aus, wir reisen zurück<br />
in eine Zeit, in der der eiserne Vorhang<br />
noch nicht aufgegangen ist. Zeit für eine<br />
kleine Geschichtsstunde:<br />
Vor dem Zerfall der Sowjetunion gab<br />
es in Osteuropa kaum Ware „aus dem<br />
Westen“. Deshalb waren Kleidungs-<br />
36 / RAMBAZAMBA /<br />
/ RAMBAZAMBA / 37
stücke mit riesigen Logos, wie denen von<br />
Adidas, Fila oder Nike, schwer zu bekommen<br />
und galten als Statussymbol. Die in<br />
Socken hineingesteckten Jogginghosen,<br />
die irgendwie lächerlich aussehen? Russische<br />
Gangster haben diesen „Trick“ dafür<br />
entwickelt, damit ihnen die Waffe, die sie<br />
in ihre Hose gesteckt hatten, nicht beim<br />
Hosenbein hinunterrutscht – sollten sie<br />
einmal schnell weglaufen müssen. Und was<br />
hat es eigentlich mit diesem „Slav Squat“ zu<br />
tun, der jetzt alle Internetmemes dominiert?<br />
Reddit-User aus postsowjetischen Ländern<br />
schwören darauf, dass der Ursprung des<br />
Squattens das einfache Fehlen an Sitzmöglichkeiten<br />
vor den Hochhaussiedlungen<br />
war. Man hat als jugendlicher Gopnik mit<br />
seinen Eltern in einer Zweizimmerwohnung<br />
gewohnt – wenn man dann Trinken oder<br />
Rauchen wollte, musste man eben raus.<br />
Und draußen gab es nur die Straße oder<br />
den kalten Betonboden. Da es in Ländern<br />
wie Russland, Ukraine und Polen – also<br />
Ländern des ehemaligen Ostblocks, wo<br />
die Gopniki ihr Unwesen trieben - bekanntermaßen<br />
sehr kalt ist, war die Hocke die<br />
einzige Position, in der man es länger ausgehalten<br />
hat.<br />
DER OSTBLOCK LEBT AM<br />
CATWALK WEITER<br />
Nun sind aber schon 25 Jahre seit dem<br />
Zerfall der Sowjetunion vergangen, osteuropäische<br />
Länder werden zunehmend verwestlicht,<br />
der Wirtschaft geht es besser, die<br />
Leute kleiden sich zunehmend wie in Berlin<br />
oder London. Und die Hochhaussiedlungen<br />
haben ziemlich sicher mittlerweile Bänke<br />
bekommen. Und dann holen Designer wie<br />
Gosha Rubchinskiy die trostlose Jugend im<br />
Ostblock wieder zurück. Oder zumindest<br />
holen sie sie in unsere Garderobe. Pullis<br />
mit riesigen Logos, Goldketten und Bauchtaschen<br />
werden plötzlich wieder in. Ein<br />
Style, der bis heute nur unseren Onkeln aus<br />
osteuropäischen Dörfern vorbehalten war,<br />
dominiert auf einmal alle Hipster-Läden des<br />
Landes. Und woher kommt der Hype?<br />
In Russland steigt das Nationalitäts-<br />
Bewusstsein, Stichwort Vladimir Putin. Die<br />
Mode steigt drauf ein. Und es funktioniert.<br />
Auch wenn das für uns politisch vielleicht<br />
nicht so von Nutzen ist, und wir auch nicht<br />
neidisch auf den Lebensstil der Gopniki zu<br />
sein brauchen: Ihr müsst zugeben, unsere<br />
Biber-Gopnik-Gang wäre in jeder sibirischen<br />
Hochhaussiedlung gefürchtet. ●<br />
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Ausgeschuftet:<br />
Wenn Mama in Pension geht<br />
Mama schlägt sich in den ersten Jahren in<br />
Österreich mit diversen Jobs durch: Tellerwäscherin,<br />
Köchin, Haushaltsgehilfin.<br />
Meine Mutter als Teenagerin, kurz bevor sie nach Österreich auswandert.<br />
Ein Leben lang hat sie hart gearbeitet. Damit ist nun<br />
Schluss. Über Mamas Pensionsantritt und meine Ängste:<br />
Von Alexandra Stanić<br />
Ich habe heute verschlafen“,<br />
schreibt mir meine Mutter auf<br />
WhatsApp. „Das erste Mal in 32<br />
Jahren.“ Es ist Mamas vorletzter<br />
Arbeitstag, ein neues Kapitel in<br />
ihrem Leben beginnt: ihre Pension. Wenn<br />
wir über den Ruhestand reden, fühlt es<br />
sich an, als wäre sie in Aufbruchsstimmung.<br />
Während sie aufgekratzt und<br />
fröhlich ist, bekomme ich es mit der<br />
Angst zu tun.<br />
Spulen wir zurück: Es ist das Jahr<br />
1978. Meine Mutter ist <strong>17</strong> Jahre alt und<br />
gerade in Österreich angekommen. Sie<br />
hat Jugoslawien ohne finanzielle Mittel,<br />
Sprachkenntnisse und Zukunftsperspektive<br />
verlassen und ist dringend auf der<br />
Suche nach einem Job. Mama stammt<br />
aus ärmlichen Verhältnissen, mit ihrer<br />
Lehre als Schneiderin kann sie die Familie<br />
finanziell nicht genug unterstützen.<br />
In den ersten Wochen kommt sie in der<br />
Einzimmer-Wohnung einer entfernten<br />
Verwandten unter. Danach schlägt sie<br />
sich mit diversen Jobs durch: Tellerwäscherin,<br />
Köchin, Haushaltsgehilfin. Nach<br />
sieben Jahren erhält sie eine 40-Stunden<br />
Anstellung in der Druckerei eines Glücksspielkonzerns.<br />
Hier wird sie bis zu ihrer<br />
Pensionierung arbeiten.<br />
Neben ihrer Vollzeitbeschäftigung<br />
eröffnet sie zusammen mit meinem<br />
Vater zuerst ein Wirtshaus, dann ein<br />
Café. Mama steht morgens um 4:30 auf,<br />
verlässt um 15:30 ihren Arbeitsplatz<br />
und fährt danach direkt ins Gasthaus.<br />
Am Wochenende arbeitet sie im Café.<br />
In dieser Zeit sehe ich sie nur selten,<br />
trotzdem fehlt es mir nie an Liebe und<br />
Unterstützung. Meine Eltern haben meinen<br />
Schwestern und mir von klein auf<br />
vermittelt, dass man hart arbeiten muss,<br />
wenn man etwas erreichen möchte. Die<br />
beiden gingen mit gutem Beispiel voran<br />
und beschwerten sich nie über ihre Jobs.<br />
Papa leistete jahrzehntelang Nachtund<br />
Schwerstarbeit in einer Fabrik und<br />
arbeitet oft zwei Schichten nacheinander.<br />
Die Folgen der vielen Arbeit bleiben nicht<br />
unbemerkt: Mama leidet an schwerer<br />
Migräne und kämpft gegen schlimme<br />
Rückenschmerzen. Papa hatte zwei<br />
Schulteroperationen.<br />
Spricht meine Mutter heute über<br />
ihre Arbeit, betont sie trotzdem immer<br />
wieder, wie gut es ihr gegangen ist.<br />
„Mein Chef war mir gegenüber sehr fair“,<br />
erzählt sie dann. „Es war nie ein Problem,<br />
wenn ich früher nach Hause musste,<br />
wenn du oder eine deiner Schwestern<br />
Grippe hatten.“ Was ich als selbstverständlich<br />
empfinde, findet meine Mutter<br />
besonders zuvorkommend. Nie habe ihr<br />
jemanden auf die Finger geschaut oder<br />
sich darüber beschwert, wenn sie mit mir<br />
telefoniert. Eine ihrer Arbeitskolleginnen<br />
zählt heute zu ihren besten Freundinnen.<br />
Wenn sie und ich uns über meinen Job<br />
unterhalten, merke ich, dass sie viel von<br />
sich in mir erkennt. Sie wiederholt dann<br />
oft, dass ich mir nicht zu viel vornehmen<br />
soll, dass Papa und sie geschuftet<br />
haben, damit ich mir keine Gedanken um<br />
meine Zukunft machen muss. Dass ich<br />
viel reisen und nicht zu viel übers Geld<br />
nachdenken soll.<br />
SUZI<br />
Bei Mamas Pensionsfeier gibt es Rostbraten,<br />
Schnitzel, Kartoffelsalat und<br />
diverse Wurst- und Aufstrichsorten:<br />
Österreichischer geht es wohl kaum.<br />
Zum ersten Mal lerne ich all ihre Arbeitskolleginnen<br />
kennen und sehe, wo sie all<br />
die Jahre gearbeitet hat. Mehr als 30<br />
kommen, um sich von Mama zu verabschieden.<br />
Da wäre die junge Frau mit<br />
den vielen Tattoos und Piercings, von der<br />
meine Mutter mir erzählt hat und mit der<br />
sie sich – trotz der vielen sehr offensichtlichen<br />
Unterschiede - blendend versteht.<br />
Dann noch ihre hochschwangere Kollegin,<br />
die in Karenz ist und nur ihretwe-<br />
40 / RAMBAZAMBA /<br />
/ RAMBAZAMBA / 41
Mama kommt aus ärmlichen Verhältnissen, langsam<br />
baut sie sich ein Leben in Österreich auf.<br />
Fuß und hat viel Bewegung in ihren<br />
Alltag integriert. Für seine Mutter wäre<br />
es früher undenkbar gewesen, länger<br />
als zwei Stunden im Flieger zu sitzen.<br />
„Letztes Jahr ist sie mit ihrer besten<br />
Freundin nach New York geflogen und<br />
hat das erste Mal einen anderen Kontinent<br />
besucht.“<br />
Durch ihre neue Lebenseinstellung<br />
verliert sie an Gewicht, klassisch bosnische<br />
Gerichte bereitet sie nun ayurvedisch<br />
zu. Sie widmet ihren Freundinnen<br />
viel Zeit und setzt sich neue Ziele. „Als<br />
Nächstes hat sie sich vorgenommen,<br />
Spanisch zu lernen“, erzählt Zoran. Für<br />
ihn hat sich mit der Pension seiner Eltern<br />
einiges verändert. „Ich denke schon an<br />
Dinge, die ich früher verdrängt habe“,<br />
sagt er. „Nachlass und Familienplanung<br />
zum Beispiel oder wie die Pension bei mir<br />
aussehen wird.“ Zudem verschieben sich<br />
die Prioritäten. „Man wägt ab, worauf es<br />
im Leben wirklich ankommt.“<br />
Ähnlich wie ich ist Zoran wohlbehütet<br />
aufgewachsen. „Ich würde fast schon<br />
sagen, dass wir verhätschelt wurden“, so<br />
der 32-Jährige. „Meine Eltern haben alle<br />
Schwierigkeiten immer fern von meinem<br />
Bruder und mir gehalten.“ 1993 flüchten<br />
seine Mutter, sein Bruder und er wegen<br />
des Jugoslawienkriegs nach Österreich,<br />
sein Vater bleibt vorerst in Bosnien-Herzegowina.<br />
Die ersten Jahre arbeitet sie<br />
als Tierpflegerin, obwohl sie Wirtschaft<br />
fertig studiert hat. Erst Jahre später<br />
findet sie einen Job in einer Steuerberatungskanzlei.<br />
„Dort wurde sie gemobbt,<br />
dadurch ist sie depressiv geworden“,<br />
so Zoran. „Mama hat viel mitgemacht<br />
und der Familie zu Liebe durchgehalten.“<br />
Umso schöner sei es für ihn, sie im<br />
Ruhestand so glücklich zu sehen.<br />
Nach den beiden Gesprächen<br />
breitet sich Erleichterung in mir aus.<br />
Ich vermisse Mama plötzlich und rufe<br />
sie nach dem Treffen mit Zoran an. Für<br />
diesen Artikel muss ich sie auch noch<br />
fragen, in welchem Jahr sie ihren Job in<br />
der Druckerei bekommen hat. „Am 29.<br />
November 1985“, antwortet sie wie aus<br />
der Kanone geschossen. „Ich kann mich<br />
noch ganz genau an den Tag erinnern.“<br />
Wenn ich heute eines der täglichen<br />
Telefonate mit meiner Mutter führe, frage<br />
ich nicht mehr, wie es ihr in der Arbeit<br />
geht, sondern wie sie ihren Tag gestalten<br />
wird. Jedes Mal, wenn ich ihre Stimme<br />
höre, wird mir warm ums Herz. Auch als<br />
ich sie zuletzt anrufe: Ich erkenne wie<br />
glücklich sie ist. Am Wochenende war<br />
sie mit ihrer besten Freundin im Spa in<br />
Ungarn, während wir telefonieren, passt<br />
sie auf meine einjährige Nichte Eva auf.<br />
„Du weißt doch, dass du dir um deine<br />
Mama keine Sorgen machen brauchst,<br />
nicht wahr?“, fragt mich Mama am Ende<br />
unseres Gesprächs. „Ja, das weiß ich“,<br />
antworte ich. Das weiß ich jetzt wirklich.<br />
●<br />
gen noch einmal in die Firmenkantine<br />
gekommen ist. Auch ihre Chefs sind<br />
anwesend und stoßen mit meiner Mutter<br />
an. Alle nennen sie Suzi und obwohl ich<br />
von ihrem Spitznamen weiß, wundere ich<br />
mich darüber. Meine Mutter heißt Cvijeta.<br />
Nur Österreicher nennen sie Suzi.<br />
Am Abend nach der Feier breche ich<br />
in Tränen aus. Ich mache mir Sorgen um<br />
meine Mutter, ihr Pensionsantritt geht<br />
mir näher als ich zugeben möchte. Mit<br />
einem Schlag wird mir die Vergänglichkeit<br />
meiner Eltern bewusst. Ich frage<br />
mich, ob Mama, die ihr Leben lang<br />
gearbeitet hat, glücklich werden wird.<br />
Wie wird ihr Alltag aussehen? Wird sie<br />
sich langweilen? Werden meine Eltern<br />
mehr streiten? Wird sich unsere Mutter-<br />
Tochter-Beziehung verändern?<br />
Ich suche nach Antworten bei jenen,<br />
deren Eltern kürzlich in Pension gegangen<br />
sind. Eine von ihnen ist Nada. Als<br />
ich sie treffe, fürchte ich mich vor ihren<br />
Erzählungen. Am Tag zuvor hatte ich<br />
über Mamas Pension auf Instagram<br />
geschrieben, woraufhin mich eine<br />
Userin darüber informierte, dass ihre<br />
Mutter einen Monat nach Pensionsantritt<br />
verstorben sei. Aber anders als<br />
gefürchtet, lacht Nada viel, während sie<br />
von ihrem Vater spricht. „Papa war 40<br />
Jahre lang Diplomkrankenpfleger und<br />
hat seinen Job sehr gerne ausgeübt“,<br />
so die 21-Jährige. Deswegen setzen<br />
ihm die ersten Monate in der Pension<br />
zu. Er nimmt nicht nur an Gewicht zu,<br />
er vereinsamt auch. Weil der Kontakt zu<br />
den Arbeitskollegen fehlt und zu Hause<br />
nur Arabisch gesprochen wird, verlernt<br />
er zusehends die deutsche Sprache.<br />
Es fällt ihm schwer, alte Gewohnheiten<br />
abzulegen. „Einmal bin ich um vier Uhr<br />
nachts aufs Klo gegangen und habe<br />
meinen Vater in der Küche angetroffen,<br />
wie er sich Eier zum Frühstück gemacht<br />
hat“, erzählt die Studentin. „Weil er oft<br />
Frühschichten geschoben hat, konnte er<br />
nicht länger schlafen.“<br />
BASTELPROFI MIT<br />
GRÜNEM DAUMEN<br />
Mit der Zeit legen sich die Schwierigkeiten.<br />
Nadas Vaters größtes Hobby<br />
ist das Basteln und Gärtnern. „Er hat<br />
einen Werkzeugschuppen auf unserem<br />
Balkon gebaut und verwertet jede noch<br />
so kleine Kleinigkeit“, so Nada. „Zuletzt<br />
hat er aus einer alten Satellitenschlüssel<br />
einen riesigen Blumentopf und aus<br />
einem Kühlschrank ein Gewächshaus<br />
gebaut.“ Als sich eine seiner Töchter<br />
einen Hund anlegt, wird er aktiver und<br />
spaziert täglich mindestens eine Stunde<br />
lang. „Er zählt jetzt auch nicht mehr<br />
zu den Tschuschen im Gemeindebau,<br />
sondern hat sich dank des Hundes mit<br />
den Nachbarn angefreundet“, so die<br />
21-Jährige. „Er redet sogar im Wiener<br />
Dialekt.“ Zudem sorge Nadas Mutter<br />
dafür, dass er sich nicht langweilt. „Alles,<br />
worauf sie keine Lust hat, erledigt mein<br />
Vater.“ Dazu gehört der wöchentliche<br />
Einkauf, den Müll rauszubringen und die<br />
Post abzuholen. Finanzielle Schwierigkeiten<br />
haben die beiden nicht: „Vier von<br />
fünf Kindern sind außer Haus, deswegen<br />
bleibt am Ende des Monats mehr Geld<br />
über als früher.“<br />
Anders als bei Nada ist die finanzielle<br />
Lage von Zorans Eltern nicht so einfach.<br />
„Sie mussten den Gürtel enger schnallen“,<br />
erzählt der 32-Jährige. „Mein Vater<br />
war schon immer sehr sparsam, aber<br />
seit seiner Pension noch mehr.“ Trotz der<br />
schwierigeren finanziellen Lage seiner<br />
Eltern beruhigen mich Zorans Worte,<br />
weil er strahlt, während er von seiner<br />
Mutter und ihrem neuen Lebensabschnitt<br />
spricht. „Sie ist regelrecht aufgeblüht“,<br />
so der gebürtige Bosnier. „Seit sie letztes<br />
Jahr in Pension gegangen ist, ernährt<br />
sie sich gesund, reist viel und ist viel<br />
aktiver.“ Täglich gehe sie Strecken zu<br />
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MEINUNG<br />
EXTREMFALL, ABER KEIN EINZELFALL<br />
Kommentar von Nada El-Azar<br />
Als ich mit 19 über ein Wochenende verreisen wollte,<br />
stahlen mir meine Eltern den Reisepass aus meinem<br />
Zimmer und leugneten dies – eigentlich eine Straftat, die<br />
man zur Anklage bringen könnte. Als bei einer Freundin<br />
herauskam, dass sie eine heimliche Beziehung hatte,<br />
musste sie mit ihm Schluss machen und ihr wurde die<br />
Zimmertür aus den Angeln genommen – keine Geheimnisse<br />
mehr! Ewigen Hausarrest bekam sie sowieso, sie<br />
durfte von überall nur mehr vom Papa abgeholt werden.<br />
Offizielle Schritte gegen Familienmitglieder einzuleiten<br />
ist ein richtiges Dilemma, selbst wenn es um persönliche<br />
Freiheiten geht, die in Österreich jeder genießen<br />
sollte. Die 14-jährige Afghanin unternahm etwas, suchte<br />
Schutz in einem Krisenzentrum, weil sie sich „eingesperrt“<br />
gefühlt haben soll. Ihr 18-jähriger Bruder wird sich plötzlich<br />
als Wächter der sogenannten „Familienehre“ gefühlt<br />
haben – und ließ sie für ein bisschen Freiheit mit dem<br />
Leben bezahlen.<br />
Aus persönlicher Erfahrung kann ich bestätigen, dass der<br />
voreheliche Auszug eines Mädchens aus dem Elternhaus<br />
in islamischen Kulturkreisen teilweise als absolute Schande<br />
gilt. Denn Frauen haben bei ihren Eltern zu wohnen,<br />
bis sie einen anständigen Muslim heiraten, um dann in<br />
dessen Wohnung mit einzuziehen. Das hörte nicht nur ich,<br />
sondern auch viele andere Mädchen aus muslimischen<br />
Familien, die ich kenne. Und wer etwas dagegen hat, kassiert<br />
schnell mal eine Tracht Prügel – das kommt durchaus<br />
vor. „Nur weil wir hier leben, heißt das nicht, dass du hier<br />
alles machen kannst, wie die Österreicher. Du bist die<br />
Tochter von Muslimen! Wie soll ich das den Leuten erklären,<br />
was du mit uns machst?!“<br />
EINE GEFÄHRLICHE DOPPELMORAL<br />
Ob das so im Koran steht? Das ist, meiner Meinung nach,<br />
eigentlich irrelevant. Denn Religion und Tradition sind<br />
el-azar@dasbiber.at<br />
44 / MIT SCHARF /<br />
vor allem in arabischen Kulturkreisen so eng miteinander<br />
verflochten, dass es nicht ausreichend ist, darauf zu<br />
verweisen, dass die eine oder andere Sitte vielleicht eh<br />
nicht so im Koran geschrieben steht. Klar, es gibt genug<br />
Familien, bei denen es normal zugeht. Aber es gibt eben<br />
auch genug Familien, in denen Mädchen schon früh am<br />
Abend zuhause zu sein haben, weil es sich nicht gehört,<br />
nachts unterwegs zu sein – Volljährigkeit hin oder her!<br />
Was ist, wenn die Kinder von Familie XY sie in der Disko<br />
sehen? Wie sollen sich die Eltern vor den muslimischen<br />
Bekannten rechtfertigen, wenn das rauskommt? Die<br />
Geschlechterapartheid wird von klein auf gelebt: Mädchen<br />
haben mit Buben nichts zu tun! Und, dass in Österreich<br />
die Verletzung der körperlichen Integrität nicht normal ist,<br />
verstand ich selbst auch viel zu spät. Ein Freund der Familie<br />
sagte mal: Die beste Aufmerksamkeit, die eine Tochter<br />
aus frommem Hause haben kann, ist überhaupt keine.<br />
Und ob ihre Brüder nachts unterwegs sein dürfen? Klar,<br />
weil die Buben auf sich selbst aufpassen können!<br />
Und das ist der springende Punkt. Diese Doppelmoral<br />
kann sogar tödlich enden, wie man sieht. Den „Druck“,<br />
vor dem das 14-jährige Mordopfer geflüchtet ist, kann ich<br />
absolut nachvollziehen. Ihr Fall ist ein Extrembeispiel. Aber<br />
die Situation, aus der dieser Mord resultiert ist, ist bei<br />
Weitem keine Einzelerscheinung.<br />
Ich finde, dass eine Menge Werte in vielen muslimischen<br />
Familien falsch vermittelt werden, und auch viel darüber<br />
geschwiegen wird, wenn es zu Übergriffen im Elternhaus<br />
kommt. Viele Opfer suchen sich keine Hilfe, aus Angst, die<br />
Familie zu spalten. Bei der „Mehrheitsgesellschaft“ gibt es<br />
die Angst, als islamophob oder Rassist abgestempelt zu<br />
werden, wenn man Kritik gegen diese Strukturen übt. Es<br />
muss mehr Aufklärungsarbeit und eine starke Sensibilisierung<br />
her, dann erst wird man solche Gräueltaten verhindern<br />
können. ●<br />
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deines Lebens zu werden.“ Kennst du<br />
so Leute, die ihre Wände mit Motivations-Sprüchen<br />
plakatieren und ständig<br />
irgendwelche Pseudo-Weisheiten auf<br />
Facebook posten? Und dann tun sie<br />
auch noch so, als würde das ihr Leben<br />
verändern. Ich gestehe: Ich gehöre<br />
auch zu diesen Leuten. Und weißt du<br />
was? Es funktioniert tatsächlich!<br />
Ich gestehe noch etwas: Ich liebe<br />
Österreich. Aber dieses ständige<br />
Sudern, das hier offenbar zum kulturellen<br />
Erbgut gehört, macht mich<br />
wahnsinnig! Wieso macht man sich das<br />
Leben unnötig schwer? Wieso alles<br />
negativ sehen, wenn man auch einfach<br />
glücklich sein kann? Das hat nichts mit<br />
Naivität zu tun. Es ist reine Psychologie.<br />
Jeder Mensch hat die Macht, seine<br />
eigene Stimmung zu beeinflussen. Nur<br />
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Bei Migranten<br />
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46 / KARRIERE /<br />
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GELD FÜR SYRIEN<br />
1300 Western Union Filialen gibt es in Österreich,<br />
diese hier befindet sich am Schubertring. Geld,<br />
Ausweis und vor Ort ein Formular ausfüllen und<br />
schon ist das Geld auf dem Weg in die Heimat.<br />
Syrische Flüchtlinge<br />
überweisen Millionen in<br />
ihre Heimat. Wie viel genau,<br />
darüber reden sie nicht - aus<br />
Angst, dass Österreich ihnen<br />
die Sozialbeihilfen kürzt. Mit<br />
uns haben drei SyrerInnen<br />
dann doch gesprochen – über<br />
illegale Geldtransfers und<br />
wichtige Entwicklungshilfe.<br />
Von Melisa Erkurt und Bilal Albeirouti<br />
Fotos: Susanne Einzenberger und Anas Faraj (Syrien)<br />
Über Geld spricht man nicht. Das haben<br />
die Syrer von den Österreichern gelernt.<br />
„Wenn die Öffentlichkeit erfährt, dass wir<br />
Geld nach Syrien schicken, denken alle, wir<br />
würden zu viel bekommen und sie kürzen<br />
uns die Beihilfen“, heißt es von allen Seiten, nachdem<br />
biber-Redakteur Bilal Albeirouti auf syrischen Facebook-<br />
Seiten und in seinem Bekanntenkreis erklärt, dass er für<br />
einen Artikel darüber recherchiert, wie und wofür Flüchtlinge<br />
Geld nach Syrien schicken. „Such dir ein anderes<br />
Thema. Das ist zu heikel“, sagen ihm die meisten Syrer.<br />
Dabei ist es nichts Neues, dass Migranten Geld in die<br />
alte Heimat senden. Die klassischen Empfängerländer von<br />
Österreich sind noch immer die Türkei und die Staaten des<br />
ehemaligen Jugoslawien. 2016 wurden laut Weltbank 4,1<br />
Milliarden aus Österreich von Migranten verschickt.<br />
Trotzdem fürchten sich die Syrer davor, dieses Thema<br />
publik zu machen. Vor allem jetzt, so kurz nach der Nationalratswahl,<br />
fürchten sich viele vor Kürzungen durch die<br />
neue Regierung. Drei SyrerInnen haben dann doch mit uns<br />
gesprochen, ihre Namen mussten wir ändern und fotografiert<br />
wollten sie auf gar keinen Fall werden.<br />
Fadi * ist seit zwei Jahren in Österreich. Er arbeitet als<br />
Küchenhilfe. Viel lieber würde der junge Mann studieren,<br />
aber er muss Geld verdienen, um seine alten Eltern in<br />
Damaskus zu unterstützen. Sein Lohn beträgt 1.070 Euro<br />
netto, davon zahlt er 300 Euro Miete für sein WG-Zimmer.<br />
500 Euro schickt er jeden Monat an seine Eltern. „Mir<br />
bleiben 270 Euro monatlich zum Leben. Da ich Raucher<br />
bin, ist das Geld schnell wieder weg.“ Fadis Vater ist krank,<br />
mit den 500 Euro kauft er Medikamente, zahlt die medizinische<br />
Betreuung, Miete und Lebenserhaltungskosten.<br />
„In Syrien sind die Lebensmittel jetzt im Krieg sehr teuer.“<br />
Die Lebensmittelpreise sind gestiegen und die syrische<br />
Währung hat an Wert verloren. „Vor dem Krieg war ein<br />
Dollar umgerechnet 50 Lira (Währung in Syrien) wert.<br />
Jetzt kommt ein Dollar auf 514.98 Lira, also mehr als das<br />
Zehnfache.“ Vor einem Jahr wusste Fadi noch nicht, dass<br />
Western Union für Flüchtlinge das Geld ohne Gebühr in die<br />
alte Heimat schickt. „Auf Facebook-Gruppen haben manche<br />
davor gewarnt, das Geld Western Union anzuvertrauen.<br />
Sie haben uns allen stattdessen angeboten, Geld über<br />
ihre Connections runter zu schicken“, erinnert sich Fadi.<br />
Fadi trifft sich damals mit einem dieser Männer und gibt<br />
ihm <strong>10</strong>0 Euro, der wiederum ruft seinen Kontakt in Syrien<br />
an, der sich mit Fadis Eltern trifft und ihnen das Geld<br />
aushändigt. „Das Problem war, dass der Mann sich etwas<br />
von dem Geld eingesteckt hat“, sagt Fadi. Dieses System<br />
hat einen Namen: „Hawala“. Ein Finanzsystem aus dem<br />
Orient, das auf Vertrauen basiert. Eine Person A, die Geld<br />
an eine Person B transferieren will, muss dem „Hawaladar“<br />
(Händler), dem sie das Geld übergibt, vertrauen. Person<br />
B muss andererseits ihrem Hawaladar vertrauen. Oft sind<br />
solche Hawaladar aber Schmuggler und das Geld kommt<br />
nie an. Ein weiteres Problem: Mit dem Hawala-System können<br />
auch Terrororganisationen wie der IS unkompliziert mit<br />
Spendengeldern finanziert werden.<br />
Doch auch Western Union steht in Kritik, für Terrorunterstützung<br />
missbraucht werden zu können. Peter<br />
Bucher, Geschäftsführer der Western Union International<br />
Dieses Foto wurde vor zwei Wochen geschossen.<br />
37 Western Union Filialen gibt es in Syrien, diese hier<br />
befindet sich in Damaskus. Zum Geld abholen braucht man<br />
nur einen Ausweis und die Transaktionsnummer, die der<br />
Absender beim Verschicken erhalten hat.<br />
48 / KARRIERE / / KARRIERE / 49
Lange Warteschlangen – Syrer warten sehnlichst auf das<br />
Geld ihrer geflüchteten Verwandten.<br />
Nahrung und medizinische Versorgung, aber auch<br />
Terrorunterstützung und Menschenhandel – das Geld, das<br />
über Western Union fließt, ist nicht immer sauber.<br />
Bank GmbH, ist sich dessen bewusst und sagt dazu ganz<br />
klar: „Wir wollen kein schlechtes Geld.“ Um das „schlechte<br />
Geld“ ausfindig zu machen, läuft jede Transaktion durch<br />
Sanktionslisten. Auf den Sanktionslisten befinden sich<br />
individuelle Personen, aber auch Länder, in denen WU<br />
nicht tätig ist, wie der Iran oder Nordkorea. Zwei Hundert<br />
Millionen gibt Western Union jährlich für die Überprüfung<br />
aus und über 2000 Mitarbeiter, mehr als 15 Prozent der<br />
Western Union Mitarbeiter weltweit, sind für die Compliance<br />
zuständig.<br />
6000€ LÖSEGELD<br />
Auch der 35-jährige Syrer Ahmad hat zuerst über einen<br />
„Hawaladar“ Geld nach Syrien geschickt. „Mein Bruder<br />
wurde entführt, sie forderten 6000 Euro Lösegeld“, erzählt<br />
er. Leider kein Einzelschicksal, Entführungen gehören in<br />
Syrien zum Alltag. Ahmads Familie in Syrien schafft es,<br />
2000 Euro aufzutreiben. Ahmad ist ihre letzte Hoffnung.<br />
Der 35-Jährige kratzt alles, was er hat, zusammen und<br />
borgt sich von Freunden Geld, dann schickt er die 4000<br />
Euro über den Kontaktmann nach Syrien. „Wenn ich so<br />
eine große Summe legal über Western Union verschickt<br />
hätte, wäre Österreich bestimmt misstrauisch geworden.<br />
Der Staat würde sich fragen, woher ich das Geld habe und<br />
mir die Mindestsicherung kürzen“, ist sich Ahmad sicher.<br />
Dabei ist die Mindestsicherung alles, was er hat. Mit dem<br />
Geld versorgt er sich und seine Frau, schickt monatlich<br />
<strong>10</strong>0 Euro an seine Eltern und zahlt mit 200 Euro pro Monat<br />
seine Schulden bei seinen Freunden, bei denen er sich<br />
das Geld geborgt hat, ab. Ahmad und seine Frau suchen<br />
täglich nach Arbeit, damit sie ihre Familien in Syrien noch<br />
besser unterstützen können. Sein Bruder konnte mit<br />
seinem Geld zwar befreit werden, doch in Syrien herrscht<br />
Krieg, jeder Cent ist bitter nötig.<br />
WICHTIGE ENTWICKLUNGSHILFE<br />
Das weiß auch die 26-jährige Syrerin Suzana. Sie arbeitet<br />
geringfügig angestellt in einem Friseursalon in Wien.<br />
Dort verdient sie 400 Euro und bekommt noch rund 400<br />
Euro von Beihilfen. In ihrer Heimat war Suzana politische<br />
Aktivistin, deshalb musste sie fliehen und ihre zwei Kinder<br />
bei ihrem Mann zurücklassen. Suzana fehlen ihre Kinder,<br />
das schlechte Gewissen plagt sie. Deshalb schickt sie<br />
so gut wie alles, was sie verdient, nach Syrien. Auch sie<br />
hat früher das Geld über einen „Hawaladar“ nach Syrien<br />
geschickt. „Vor ungefähr einem Jahr hat dann einer auf<br />
Facebook geschrieben, dass er sein Geld über Western<br />
Union nach Syrien gesendet hat und dass sie von Flüchtlingen<br />
keine Gebühr verlangen und das Geld schnell und<br />
sicher angekommen ist.“ Tatsächlich verlangt Western<br />
Union seit dem Sommer 2015 bis heute keine Gebühren<br />
für Transaktionen von Österreich nach Syrien. Seitdem<br />
schickt Suzana das Geld über Western Union. Genauso<br />
wie Fadi und Ahmad. In der syrischen Community hat<br />
sich mittlerweile herumgesprochen, dass Western Union<br />
zuverlässiger und preiswerter ist als Privatpersonen oder<br />
dubiose Händler.<br />
Trotzdem bleibt die Angst: „Was, wenn Western Union<br />
öffentlich macht, dass wir Geld an unsere Familien in<br />
Syrien schicken? Dann kürzt uns der Staat die Beihilfen<br />
und wir landen auf der Straße und unsere Familien in<br />
Syrien verhungern“, dessen sind sich alle drei sicher.<br />
Dabei gibt Western Union gar keine offiziellen Zahlen<br />
heraus, wie viel Geld Syrer von Österreich nach Syrien<br />
schicken. Doch das Thema Geld und Flüchtlinge sorgt<br />
eben immer für Aufregung. Das bekommen auch die<br />
Syrer mit. „Unser Geld für unsere Leute“, plakatierte die<br />
FPÖ bereits 2015. „Was, wenn Österreicher nicht wollen,<br />
dass „ihr“ Geld an unsere Familien geht?“, fragt sich<br />
Fadi. Dabei unterstützt Fadi mit seinen Überweisungen<br />
nicht nur seine Familie, er leistet eine wichtige Form von<br />
Entwicklungshilfe. Experten halten die Rücküberweisungen<br />
für die größere und bessere Entwicklungshilfe, denn<br />
das Geld kommt direkt in den Familien an, statt dass es<br />
in möglicherweise korrupten Staatsstrukturen untergeht.<br />
Auch Peter Buchner bestätigt, wie wichtig die Transaktionen<br />
für die Entwicklungshilfe sind (siehe Interview).<br />
Aber die Flüchtlinge wollen nicht nur ihrer alten, sondern<br />
auch ihrer neuen Heimat Österreich etwas zurückgeben,<br />
versichern Ahmad und die anderen: „Wir möchten keine<br />
Mindestsicherung, sondern einen Job. Damit wir endlich<br />
Geld verdienen, das wirklich uns gehört. Damit zahlen<br />
wir Steuern an Österreich und können unsere Familien<br />
in Syrien unterstützen, ohne Angst zu haben, dass<br />
Österreicher uns das übel nehmen. Unser eigenes Geld<br />
verdienen, das ist alles, was wir wollen.“ ●<br />
HAWALA<br />
Hawala, was auf Arabisch „Transfer“ oder „Vertrauen“<br />
bedeutet, ist eine alte Praxis aus dem<br />
Orient, die das informelle Weitergeben von Geld<br />
beinhaltet. Ein Zahler gibt sein Geld einem Mittelsmann.<br />
Der hat Kontakt zu einem zweiten, ihm<br />
vertrauten Mittelsmann. Der wiederum zahlt die<br />
Summe dem Empfänger aus. Der Zahler erhält<br />
vorab einen Code, der an den vorgesehenen<br />
Empfänger in Syrien gesendet werden soll. Sobald<br />
der Code eingetroffen ist - per SMS oder E-Mail<br />
- geht diese Person zum Mittelsmann in Syrien<br />
und bekommt das Geld - abzüglich einer kleinen<br />
Provision. Diese Gebühr variiert. Das Hawala-<br />
System ist besonders in Ländern mit schwacher<br />
finanzieller Infrastruktur beliebt und wird auch<br />
von Kriminellen missbraucht, da der Geldtransfer<br />
unaufspürbar ist. In Deutschland ist das Hawala-<br />
System strafbar.<br />
Interview mit Peter Bucher<br />
CEO Western Union International Bank<br />
<strong>BIBER</strong>: Von Syrern nehmen Sie keine Gebühren (bei Transaktionen<br />
bis zu 300 Euro). Von allen anderen schon. Wie<br />
hoch sind diese Gebühren?<br />
PETER BUCHER: Im Schnitt 5-6 Prozent. Bei uns ist es in<br />
Krisensituationen, beispielsweise der Erdbebenkatastrophe<br />
in Haiti oder eben dem Syrienkrieg, üblich keine Gebühren<br />
zu verlangen, damit das Geld rasch dort ankommt, wo es<br />
gerade dringend gebraucht wird.<br />
Was genau bewirkt diese Art der Entwicklungshilfe?<br />
Die meisten schicken das Geld, damit ihre Familien in der<br />
Heimat Ausbildung genießen können, damit die medizinische<br />
Versorgung gewährleistet wird und die Kosten für<br />
den täglichen Bedarf gedeckt werden können. Damit wird<br />
enorme Entwicklungshilfe geleistet.<br />
Wie viel überweisen WU Kunden durchschnittlich in die<br />
Heimat?<br />
300 US-Dollar ist der weltweite Durchschnitt bei Western<br />
Union.<br />
Gibt es einen Maximalbetrag?<br />
Western Union ist in mehr als 200 Ländern und Territorien<br />
mit mehr als 550,000 Filialen tätig. 80 Milliarden<br />
Euros werden jährlich mit Western Union überwiesen. Die<br />
Maximalbeträge variieren von Land zu Land. Nach Syrien<br />
können maximal 2000 US-Dollar überwiesen werden.<br />
Wie viele WU Filialen gibt es in Syrien?<br />
Derzeit 37.<br />
Wie viele WU Filialen gibt es in Osterreich?<br />
Derzeit 1.300 Filialen.<br />
Western Union steht in Kritik, mit Migranten Geld zu<br />
machen. Wie rechtfertigen Sie das?<br />
Dass wir etwas für unseren Service verlangen, ist Voraussetzung<br />
dafür, dass wir diesen Service anbieten können.<br />
Uns würde es sonst nicht geben und damit die Entwicklungshilfe,<br />
die die Transaktionen leisten, auch nicht.<br />
50 / KARRIERE / / KARRIERE / 51
Selbermacher<br />
Tanz,<br />
Atom,<br />
Wissgott, der kreative Part des Zweiergespanns. Clemens<br />
Senn ist das Gegenstück. Pünktlich, penibel, als erster im<br />
Büro und als letzter wieder raus. Bei all den Unterschieden<br />
waren sie sich in einer Sache einig: „Der Reiz an einem<br />
Problem zu arbeiten und eine Lösung zu finden. Und das<br />
was wir mit der App verwirklicht haben, ist fancy stuff<br />
und einzigartig in der Welt“, schwärmt die Kreativinstanz<br />
Wissgott.<br />
Clemens Sinn und Philipp Wissgott<br />
sind bekennende Nerds. Ihre App<br />
„Waltzing Atoms“ soll das unbeliebte<br />
Fach „Chemie“ aufspicen und<br />
gleichzeitig budgetschonend für<br />
die Schulen sein. Darunter muss<br />
manchmal das Urlaubsgeld leiden<br />
Von Amar Rajković, Foto: Christoph Liebentritt<br />
tanz!<br />
Welt verändern“ und „Zuckerberg<br />
oder Elon Musk.“<br />
– Wenn Philipp Wissgott<br />
zu den Beweggründen seiner Geschäftsidee<br />
gefragt wird, leuchten seine<br />
Augen auf und die Erzählung erreicht<br />
schnell eine globale Ebene. In dem Büro<br />
der von Wissgott und Clemens Senn<br />
gegründeten Firma „Waltzing Atoms“<br />
deutet wenig auf die Welteroberung hin.<br />
Ob wir hier tatsächlich mehr über Chemie<br />
erfahren und die nächsten Zuckerbergs<br />
kennenlernen?<br />
FANCY STUFF<br />
Die Geschäftsidee: Direkt auf ihren<br />
Smartphones lösen Schüler chemische<br />
Aufgaben. Die Lehrer können einzeln<br />
auf die Schüler eingehen und die Schulen<br />
haben keine Anschaffungskosten,<br />
weil Smartphones mittlerweile zur Standardausrüstung<br />
der Millennials gehören.<br />
Vor allem die 90% im Unterricht,<br />
die kein Interesse an Chemie haben,<br />
sollen abgeholt und begeistert werden.<br />
Kritische Stimmen gibt es vereinzelt,<br />
aber die hat es in den 90er Jahren vor<br />
der Einführung des Taschenrechners im<br />
Unterricht auch gegeben, wie Wissgott<br />
betont.<br />
Kennengelernt haben sich die beiden<br />
Nerds im Unternehmen, für das sie<br />
zuletzt gearbeitet haben. Dort hatten<br />
sie ein fixes Gehalt, fünf Urlaubswochen<br />
und keine Existenzängste, richtig<br />
herausgefordert haben sie sich nicht<br />
gefühlt. „Für mich kam die Zeit Neues<br />
auszuprobieren, nachdem ich auf der<br />
Uni eine wissenschaftliche Karriere<br />
eingeschlagen hatte und in der Arbeit<br />
nicht gefordert wurde“, erinnert sich<br />
WALZER STATT TANGO<br />
Die Waltzing-Atoms-App kommt mittlerweile in über 350<br />
Schulen österreichweit zur Anwendung. Der Name bezieht<br />
sich auf die Atome, die im Falle der richtigen Lösung zu<br />
tanzen beginnen. Warum die kleinen Freunde nicht Samba<br />
oder Tango tanzen, liegt am Sitz der Firma, erklärt uns<br />
Senn. „Der Walzer gehört zu Wien, genauso wie unser<br />
Unternehmen.“ Sowohl Senn als auch Wissgott betonen<br />
mehrfach während unseres Gesprächs die Bedeutung<br />
des Standorts und die Heimeligkeit der Szene: „Hier ist es<br />
gemütlich, die Menschen helfen einander“, so Senn und<br />
„die Tatsache, dass die Menschen in der Stadt leben wollen<br />
und nicht weiterziehen, macht den Standort attraktiv“,<br />
schließt Wissgott das Loblied auf Wien und seine Start-<br />
Up-Szene ab.<br />
Bevor wir die App ausprobieren können, um uns selbst ein<br />
Bild zu machen, fragen wir die Beiden nach ihrer Außendarstellung<br />
als Nerds: „Seit Big Bang Theory und dem<br />
autistischen Sheldon Cooper hat die Chemie einen Popularitätssprung<br />
gemacht“, erläutert Wissgott. Die Nerds sind<br />
keine Außenseiter mehr, sondern genießen das Image von<br />
Popstars – Marc Zuckerberg, Elon Musk und der österreichische<br />
Start-Up-Prinz Florian Gschwandtner (Runtastic)<br />
lassen grüßen. Wissgott und Senn, die anfangs oft auf ihr<br />
Urlaubsgeld verzichteten, blicken mit Genugtuung zurück:<br />
„Unser Privatleben ist besser geworden, weil wir nicht<br />
mehr mit schlechter Laune nach Hause kommen“ und die<br />
Entscheidung selbständig zu werden, haben die beiden<br />
Berufsnerds nicht bereut, denn sie wussten: „Wenn nicht<br />
jetzt, dann nie.“●<br />
WKO-WIEN HILFT<br />
Im Gründerservice der WKO-Wien kann man bei<br />
einem Beratungsgespräch alle Fragen stellen, die die<br />
Gründung eines Unternehmens betreffen. Im Vorhinein<br />
kann man sich auch schon eigenständig online<br />
informieren. Ob generelle Tipps zur Selbstständigkeit,<br />
rechtliche Voraussetzungen, Amtswege oder Finanzierungs-<br />
und Förderungsmöglichkeiten: Auf der Website<br />
kommt man mit wenigen Klicks zu allen wichtigen<br />
Informationen.<br />
wko.at/wien<br />
www.gruenderservice.at<br />
Die Selbermacherin-Serie ist eine redaktionelle Kooperation<br />
von das biber mit der Wirtschaftskammer Wien.<br />
ALLES WAS<br />
RECHT IST<br />
» BERATUNG ZUM WIRTSCHAFTS-<br />
UND GEWERBERECHT<br />
» Von der Gewerbeanmeldung bis zum Vertragsrecht.<br />
Wir beraten Sie zu allen Themen rund um das Wirtschafts-<br />
und Gewerberecht. Nutzen Sie das Wissen<br />
unserer RechtsexpertInnen und kontaktieren Sie uns!<br />
W wko.at/wien/wirtschaftsrecht<br />
T +43 1 514 50-1615<br />
52 / KARRIERE /
MADE BY <strong>BIBER</strong><br />
Partner der biber-Akademie:<br />
Sie sind jung, haben<br />
internationale<br />
Wurzeln und wollen<br />
schreiben. Die biber-<br />
Akademie bildet<br />
JungjournalistInnen<br />
aus und bereitet sie<br />
auf die österreichische<br />
Medienlandschaft vor.<br />
Ein Erfolgsresümee:<br />
„Mir ist eine Versachlichung der Integrationsdebatte<br />
sehr wichtig. Dabei können<br />
Journalisten mit Migrationsbackground<br />
viel dazu beitragen und daher unterstützen<br />
wir die biber-Akademie. Zudem<br />
geht es mir aber darum, dass Integration<br />
gelebt wird und auch möglichst<br />
viele Menschen mit unterschiedlichsten<br />
Lebensgeschichten im Journalismus<br />
beschäftigt sind.“<br />
SEBASTIAN KURZ, Bundesminister für<br />
Europa, Äußeres und Integration<br />
„Bei uns arbeiten weltweit Menschen<br />
aus 60 Nationen. Diese Vielfalt ist ein<br />
wesentlicher Erfolgsfaktor, der uns stark<br />
macht und uns einen Wettbewerbsvorteil<br />
verschafft. Die biber-Akademie gefällt<br />
uns, weil sie ihre Kraft ebenfalls aus der<br />
Vielfalt der Menschen schöpft.“<br />
MAGDALENA MOLL, OMV Senior Vice<br />
President Corporate Affairs<br />
„Damit Diversity und Inklusion keine<br />
Slogans bleiben, müssen beide Begriffe<br />
mit Leben erfüllt werden. Daher ist es<br />
wichtig, dass engagierte JungjournalistInnen<br />
mit migrantischen Wurzeln<br />
ihre Fähigkeiten einbringen und die<br />
Sichtweisen der Medien erweitern. Die<br />
Wirtschaftskammer Wien unterstützt die<br />
Biber-Akademie, um diese Generation<br />
der neuen ÖsterreicherInnen auf ihrem<br />
Weg zu stärken.“<br />
WALTER RUCK, Wiener Wirtschaftskammer-Präsident<br />
Alexandra Stanic, Marian Smetana und Nour Khelifi (v.l.n.r.) gehören laut dem<br />
Branchenmagazin „Der Journalist“ zu den 30 besten Jungjournalisten Österreichs.<br />
Die biber-Akademie wurde 2011<br />
ins Leben gerufen, um engagierte<br />
JungjournalistInnen mit<br />
Migrationshintergrund für die Medienund<br />
Kommunikationswelt vorzubereiten.<br />
Zwei Monate lang werden bis zu<br />
vier StipendiatInnenen ausgebildet und<br />
veröffentlichen ihre Interviews, Berichte<br />
und Reportagen online und im Heft.<br />
Einen weiteren Monat absolvieren die<br />
biber-AkademikerInnen in einem Partnermedium<br />
oder in einer Kommunikationsabteilung<br />
ihrer Wahl.<br />
FASHIONISTAS UND<br />
POLITREDAKTEURE<br />
Über 1<strong>10</strong> Talente mit und ohne Migrationshintergrund<br />
haben die biber-Akademie<br />
besucht. Viele von ihnen sind im<br />
Journalismus geblieben und arbeiten für<br />
Medien wie Ö3, Salzburger Nachrichten,<br />
fm4, Kurier, Wiener Zeitung oder die Kronen<br />
Zeitung. Dazu zählen David Slomo,<br />
der nach seinem Folgepraktikum bei der<br />
Heute-Zeitung übernommen wurde und<br />
Vanessa Spanbauer, die Chefredakteurin<br />
bei dem austro-afrikanischen Fresh-<br />
Magazin ist.<br />
Die biber-StipendiatInnen verschlägt<br />
es in die unterschiedlichsten Richtungen.<br />
Amra Ducic erinnert sich gerne an ihre<br />
Akademiezeit zurück. „Ich hatte bis<br />
dahin keine Erfahrung im Journalismus,<br />
biber hat mir Einblick in die Medienwelt<br />
gewährt“, erzählt die 28-jährige Bosnierin.<br />
Heute arbeitet Amra in der Presseabteilung<br />
des Außenministeriums. Suzana<br />
Knezevic erhielt nach ihrer biber-Zeit<br />
eine Vollzeit-Anstellung bei der Werbe-<br />
Agentur Virtue und ist unter anderem für<br />
Videoproduktionen zuständig. Andere<br />
AkademikerInnen bleiben biber erhalten:<br />
Andrea Grman wurde direkt nach ihrem<br />
Praktikum übernommen und arbeitet<br />
seither als Projektmanagerin.<br />
Um den Kontakt zu allen biber-AbsolventInnen<br />
aufrecht zu erhalten, wurde<br />
Anfang 20<strong>17</strong> der biber-Alumni-Club<br />
gegründet. Ziel ist es, die Kaderschmiede<br />
der biber-Akademie in ein starkes<br />
Netzwerk zu verwandeln. Mit Workshops,<br />
regelmäßigen Treffen und gemeinsamen<br />
Reisen bemüht sich biber um einen<br />
regen Austausch und gegenseitige<br />
Unterstützung. Zuletzt hielt Spiegel-Journalist<br />
Hasnain Kazim einen Vortrag über<br />
seine Arbeit als Türkei-Korrespondent. ●<br />
Marko Mestrovic / picturedesk.com, Andreas Jakwerth, www.richardtanzer.com, Felicitas Matern, Picasa<br />
„Als öffentliches Unternehmen steht<br />
die ÖBB zu Recht oft im Fokus medialer<br />
Berichterstattung. Uns gefällt, dass die<br />
biber-Akademie nicht nur talentierte<br />
Jung-JournalistInnen ausbildet, sondern<br />
darüber hinaus gezielt die Internationalität<br />
und Diversität der Medien- und<br />
Kommunikationsbranche erhöht.“<br />
SVEN PUSSWALD, Leitung Konzernkommunikation<br />
& Public Affairs, ÖBB<br />
„Die biber-Akademie ist eines der großartigsten<br />
journalistischen Nachwuchs-<br />
Projekte Österreichs. Gerade die Vielfalt<br />
und die Internationalität der Beteiligten<br />
machen auch die Qualität der Redaktion<br />
aus. Wir freuen uns einen Beitrag leisten<br />
zu können und wünschen der nächsten<br />
Generation von Jungjournalistinnen und<br />
-journalisten eine erfolgreiche Karriere in<br />
den Top-Medien des Landes.“<br />
WOLFGANG FASCHING-KAPFEN-<br />
BERGER, Communications & Public<br />
Affairs Manager, Google Austria<br />
„Migration ist ein wichtiges Thema in den<br />
österreichischen Medien. Die biber-Akademie<br />
gibt jungen Menschen mit Migrationshintergrund<br />
die Chance Journalismus<br />
zu lernen, um die Berichterstattung mitzugestalten<br />
– durch ihre Erfahrungen, ihr<br />
Wissen und ihr Engagement. Wir von der<br />
Wiener Städtischen Versicherung freuen<br />
uns, dieses Projekt zu unterstützen.“<br />
SABINE WEISS, Leiterin Werbung und<br />
Sponsoring, Wiener Städtische Versicherung<br />
54 / MIT SCHARF /<br />
/ MIT SCHARF / 55
MACHE ES WIE MURAT!<br />
Von Nada El-Azar<br />
56 / KARRIERE /<br />
Murat Ceylan (Mitte) mit seinem Ausbilder Boris Passler und den anderen Gewinnern<br />
des Lehrlingspreises des Jahres 2016<br />
Du bist Lehrling in Wien und findest,<br />
dass dein Ausbilder Großes<br />
für dich und deine Zukunft<br />
leistet? Dann nominiere ihn jetzt für den<br />
Preis „Ausbilder des Jahres 20<strong>17</strong>“!<br />
Auch heuer wird von der Wirtschaftskammer<br />
Wien (WKW) wieder der Preis<br />
für den „Ausbilder des Jahres“ verliehen.<br />
Denn die AusbilderInnen sind es, die aus<br />
jungen, aufstrebenden Menschen unabhängige<br />
und starke Fachkräfte machen!<br />
Und wer könnte das besser wissen, als<br />
ihr Lehrlinge selbst? Das Engagement<br />
eurer AusbilderInnen gehört anständig<br />
belohnt. Und hier erfahrt ihr, wie es<br />
funktioniert:<br />
Bis zum 30. Oktober hast du die<br />
Chance, dich und deinen Ausbilder zu<br />
bewerben. Das kann entweder bequem<br />
von zuhause aus online unter ausbilderdesjahres.at<br />
geschehen, oder bei einer<br />
der Roadshows in deinem Betrieb. Wo<br />
und wann die Roadshows stattfinden,<br />
erfährst ebenfalls auf der Homepage. In<br />
einem Fragebogen bewertest du deinen<br />
Ausbilder nach einem Punktesystem.<br />
Unter allen Nominierungen wird ein<br />
brandneues hp Probook 450 verlost<br />
– mitmachen zahlt sich also auf jeden<br />
Fall aus! Teilnahmeberechtigt sind alle<br />
Lehrlinge, die der Sparte Gewerbe und<br />
Handwerk bei der WKO unterliegen.<br />
Sollte dein Ausbilder unter den Top<br />
<strong>10</strong> in den Bewertungen landen, wirst du<br />
mit ihm zusammen von einer Fachjury<br />
telefonisch interviewt. Aus den drei besten<br />
Interviews werden dann die Gewinner<br />
ermittelt. Es warten tolle Preise auf<br />
euch: Der 1. Platz wird in diesem Jahr<br />
mit einem WIFI-Bildungsgutschein im<br />
Wert von 1.600€ gekürt! Des Weiteren<br />
gibt es noch Theaterkarten der Vereinigten<br />
Bühnen Wiens und vieles mehr zu<br />
gewinnen.<br />
Im vergangenen Jahr wurde Boris<br />
Passler von dem Installateurbetrieb<br />
Ekkehard Passler GmbH mit dem Preis<br />
ausgezeichnet. Nominiert wurde er von<br />
seinem Lehrling Murat Ceylan. Am Ende<br />
überzeugten Kompetenz, Verantwortung<br />
für die Lehrlinge und das gute Arbeitsklima<br />
in dem Betrieb. Das Motto des Wettbewerbs<br />
lautet „Lehre ist Zukunft“ – und<br />
dazu zählt auch die Verlässlichkeit und<br />
Fürsorge durch die AusbilderInnen, die<br />
durch den Preis geehrt werden sollen.<br />
Informiere dich jetzt unter ausbilderdesjahres.at<br />
– mit deiner Unterstützung<br />
könnte der Lehrlingspreis Ende November<br />
auch in deinem Betrieb verliehen<br />
werden!<br />
Weitere Infos findet ihr auch auf Facebook<br />
unter:<br />
facebook.com/AusbilderdesJahres<br />
Michael Weinwurm<br />
Noch unentschlossen?<br />
Komm‘ zum „Tag der Lehre+“ ins MAK!<br />
Du möchtest auch eine Lehre<br />
beginnen, weißt aber noch<br />
noch nicht, welcher Betrieb am<br />
besten zu dir passt? Dann hast du am<br />
18. und 19. Oktober die Möglichkeit, im<br />
Wiener MAK Arbeitgeber aus den verschiedensten<br />
Branchen kennenzulernen!<br />
Auf zwei Stockwerken können angehende<br />
Lehrlinge an den zahlreichen Infoständen<br />
Österreichs Topunternehmen<br />
erkunden. Mit dabei sind unter anderem<br />
die ÖBB, Interspar, Hofer, Figlmüller,<br />
das Bundesheer und viele mehr. An den<br />
interaktiven Messeständen können SchülerInnen<br />
bei Malerarbeiten, Styling von<br />
Frisuren und Kosmetik und Malerarbeiten<br />
ihr handwerkliches Können beweisen.<br />
Auch Vorträge rund um das Thema Lehre<br />
und Bewerbung können besucht werden.<br />
Jeder hat sein persönliches Talent, das<br />
er in einem der über 200 Lehrberufe,<br />
die es in Österreich gibt, entfalten kann!<br />
Beim „Tag der Lehre+“ ist für jeden<br />
etwas dabei! Und wem selbst dann<br />
immer noch die Entscheidung für einen<br />
Lehrberuf schwerfällt, kann sich vor<br />
Ort eine persönliche Expertenberatung<br />
vom Arbeitsmarktservice (AMS), der<br />
Wirtschaftskammer Wien (WKW), und<br />
weiteren Institutionen einholen. Wer mal<br />
eine Pause braucht, kann an einer der<br />
Gratisführungen durch die Ausstellungen<br />
des MAK (Museum für Angewandte<br />
Kunst) teilnehmen, die an beiden Messetagen<br />
angeboten werden.<br />
Interessiert? Dann gehe jetzt auf www.<br />
tag-der-lehre.at und melde dich für deinen<br />
Besuch an! Die ganze Veranstaltung<br />
ist selbstverständlich kostenlos.<br />
Wann? 18.–19. Oktober 20<strong>17</strong><br />
ab 08:30 bis 15:30<br />
Wo? Museum für Angewandte Kunst<br />
Weißkirchnerstraße 3<br />
<strong>10</strong><strong>10</strong> Wien (U3 Stubentor)<br />
Karriere mit Lehre<br />
Österreichs Unternehmen brauchen<br />
laufend Fachkräfte. Daher<br />
ist der Start einer Lehre mehr<br />
denn je eine gute Investition in<br />
eine erfolgreiche Zukunft. Jeder<br />
der über 200 Lehrberufe bietet<br />
eine hochwertige Berufsausbildung.<br />
Die optimale Verbindung<br />
von Praxis und Fachwissen zahlt<br />
sich aus. Vor allem technische<br />
Berufe bieten für Mädchen und<br />
Burschen tolle Karrierechancen.<br />
Dort werden besonders viele<br />
Fachkräfte benötigt und sind<br />
auch die Gehälter höher.<br />
Moderne Ausbildung<br />
Um die Lehre noch attraktiver<br />
zu machen, modernisiert das<br />
Wirtschaftsministerium laufend<br />
die Ausbildung. Gemeinsam mit<br />
den Betrieben werden alljährlich<br />
neue Berufsbilder entwickelt.<br />
Damit bleibt die Lehre immer am<br />
aktuellsten Stand.<br />
Coaching nützen<br />
Damit die Ausbildung erfolgreich<br />
verläuft, gibt es ein kostenloses<br />
Serviceangebot.<br />
Professionelle Coaches zeigen<br />
Stärken und Schwächen auf<br />
und unterstützen Lehrlinge und<br />
Unternehmen. Sie helfen bei der<br />
Vorbereitung auf die Lehrabschlussprüfung<br />
und vermitteln<br />
zwischen Betrieb, Berufsschule<br />
und Lehrling.<br />
Alle Infos gibt es auf<br />
www.lehre-statt-leere.at<br />
Ü b e r 2 0 0 L e h r b e r u f e w a r t e n !<br />
Alle Informationen gibt es online unter: www.bmwfw.gv.at/berufsausbildung<br />
Entgeltliche Einschaltung<br />
© Martin Ezel, Adobe Stock
TECHNIK & MOBIL<br />
Alt+F4 und der Tag gehört dir.<br />
Von Adam Bezeczky<br />
VRoom!<br />
Rasen in der<br />
Virtual Reality<br />
MEINUNG<br />
Digital ist nicht<br />
immer besser<br />
Vergangene Woche war ich in<br />
Berlin. Und wäre fast dort geblieben:<br />
Orkan Xavier wütete in<br />
Deutschland und legte die ganze<br />
Stadt lahm. Der gesamte öffentliche<br />
Verkehr, von Bus bis Bahn,<br />
war eingestellt. Doch die App<br />
der Verkehrsbetriebe zeigte auch<br />
Stunden nach dem Verkehrsstopp<br />
fröhlich die Busverbindungen zum<br />
Flughafen an – bis ENDLICH eine<br />
Mini-Kennzeichnung mit „Verkehr<br />
eingestellt“ aufgeleuchtet ist.<br />
Bis dahin harrte ich mit etlichen<br />
anderen Touristen in einer Bushaltestelle<br />
aus – eine Lautsprecherdurchsage<br />
wär halt zwar sehr retro<br />
gewesen, aber effektiver als ins<br />
Handy zu starren. Lesson learned:<br />
trau keiner App in einer fremden<br />
Stadt. Nur dank dem beherzten<br />
Einsatz eines echten Berliners<br />
(Danke Michael!) konnte ich<br />
meinen Flug erwischen.<br />
bezeczky@dasbiber.at<br />
PLASTIK-HIGHWAY<br />
Mit dem ganzen Plastik-Müll aus dem Ozean könnten wir<br />
neue Straßen bauen – schlägt das niederländische Unternehmen<br />
VolkerWessels vor. Offene Fragen sind Rutschfestigkeit<br />
im Regen, Lärmbelästigung etc. – aber grundsätzlich eine<br />
gute Idee, um das herumschwimmende Plastik einer sinnvollen<br />
Rolle zuzuführen.<br />
Eine Stadt nur<br />
für Roboter<br />
In Michigan steht eine Kleinstadt<br />
nur für Roboter-Autos. Hier können<br />
Entwickler ihre Fahrzeuge in „realer“<br />
Umgebung mit Menschen, Kreuzungen<br />
und auch anderen selbstfahrenden<br />
Autos ausprobieren. Fehlt noch die<br />
Roboter-Bevölkerung und dann werden<br />
die Menschen eigentlich auch überflüssig…<br />
Meuchelmörder<br />
aufgepasst<br />
Mit Assassin‘s Creed: Origins<br />
geht die Spielserie von<br />
Ubisoft in die nächste Runde.<br />
Im alten Ägypten batteln<br />
sich historische Figuren<br />
wie Cleopatra und Cäsar<br />
mit neuen Charakteren wie<br />
Bayek oder dem Orden der<br />
Ältesten. Out am 27.<strong>10</strong>.<br />
Marko Mestrović, Ubisoft<br />
David Bitzan<br />
Mit einem Supercar über den<br />
Nürburgring rasen oder endlich mit<br />
einem Lichtschwert kämpfen? In<br />
der Virtual Reality-Bar „Vrei“ in der<br />
Lindengasse 53 geht das.<br />
Auch ohne Rennfahrer-Lizenz<br />
dürfen Gamer im Vrei auf die<br />
Rennstrecke: Vier voll ausgestatte<br />
Schalensitze mit Lenkrad, Pedalen<br />
und Force Feedback-Rüttlern<br />
simulieren das Fahrverhalten eines<br />
Rennboliden. In der super-realistischen<br />
Rennsimulation „Assetto<br />
Corsa“ trainieren auch Rennfahrer-<br />
Profis. Egal ob Turnier oder After-<br />
Work-Racing, die Jagd nach der<br />
schnellsten Runde macht Riesenspaß.<br />
Doch nicht nur Autorennen, sondern<br />
eine ganze Palette an VR-Games<br />
steht im Vrei zum Ausprobieren<br />
bereit: mit Lichtschwert Training in<br />
„Lightblade VR“ über das Musikspiel<br />
„Audioshield“ bis hin zu Klassikern<br />
wie „Fruit Ninja VR“ tauchen Spieler<br />
in eine neue Dimension des<br />
Gamings ein.<br />
Abgerechnet wird die Spielzeit in<br />
„Coins“ – verschiedene Pakete, z.B<br />
für die „Afterwork Racing Challenge“,<br />
enthalten nicht nur die reine<br />
Spielzeit im Simulator, sondern auch<br />
die Verpflegung in der hauseigenen<br />
Bar mit Drinks und Pizza.<br />
Doch es geht nicht nur um Gaming:<br />
in Hands-On-Workshops können<br />
Interessierte und Unternehmer<br />
das Thema VR kennenlernen und<br />
so ihr Business fit für die VR-Welt<br />
machen.<br />
www.vrei.at<br />
58 / TECHNIK /
FM4.ORF.AT<br />
MEINUNG<br />
It’s me, the new<br />
Gurl on the Blog<br />
Wo ist denn der Lockenkopf hin, den wir alle kennen<br />
und lieben? Lifestyle-Superheldin Delna hat<br />
sich in der letzten Ausgabe mit einem micdrop in<br />
die Baby-Pause verabschiedet, und nun darf ich<br />
mich hier breitmachen. Nun trete ich als New Kid<br />
on the Blog in ihre Fußstapfen. Aber Achtung:<br />
Ich erwarte derzeit höchstens ein Food-Baby,<br />
und statt einer Lockenpracht findet man auf<br />
meinem Kopf nur lauter verknotete Haarsträhnen<br />
in der Nuance Textmarker – das Ergebnis eines<br />
„Pastellblaue Haare kriege ich doch locker alleine<br />
hin“-Anfalls. Spoiler: Sieht eher aus wie ein Stinktier,<br />
das in blauer Wandfarbe baden war. Aber<br />
sprechen wir bitte nicht mehr darüber. Sprechen<br />
wir einfach über alles andere. Wie zum Beispiel<br />
darüber, dass ich es so gut wie nie schaffe, zwei<br />
gleiche Socken zu finden, oder dass mein Nagellack<br />
immer schon nach einem halben Tag absplittert.<br />
Ich besitze kein einziges paar High-Heels,<br />
und stolpere in dreckigen Sneakers, die irgendwann<br />
letztes Jahr mal weiß waren, durchs Leben.<br />
Und ich soll Lifestyle-Weisheiten von mir geben?<br />
No worries. Das Schöne ist, dass Style und das<br />
Life allgemein nicht bei High-Heels und Nagellack<br />
aufhören. Vielleicht muss auch meine anfängliche<br />
Carrie-Illusion ein wenig weichen, mein Leben ist<br />
mehr Sim City als Sex and the City. Wieso dem<br />
so ist, erzähle ich nächstes Mal. Wie gesagt, wir<br />
lesen noch viel voneinander.<br />
So long, meine neuen homies.<br />
tulej@dasbiber.at<br />
LIFE & STYLE<br />
Mache mir die Welt, wie sie<br />
mir gefällt<br />
Aleksandra Tulej<br />
SCHUH TIPP<br />
High ohne Heels<br />
Wer wie ich mit Stöckelschuhen<br />
nicht laufen kann, findet<br />
bei Superga seine Erlösung:<br />
Die italienische Marke macht<br />
die coolsten und bequemsten<br />
Plateau-Sneaker. Neben dem<br />
klassischen Canvas-Modell<br />
gibt es auch Supergas aus<br />
Pailletten, im Metallic-Look<br />
oder aus Satin. Mein Ziel:<br />
Gotta have `em all!<br />
Wie kann man<br />
sich deinen<br />
Schmuck<br />
vorstellen?<br />
Meine Liebe<br />
geht in Richtung<br />
Glam-Hippie-<br />
Chic, also alles,<br />
was unkonventioneller<br />
ist. Ich<br />
mache u.a. auch<br />
Bodychains,<br />
Brachains und<br />
Handchains,<br />
Multi-Chain-<br />
Choker oder<br />
Panzerketten.<br />
Der Schmuck ist<br />
rebellisch, frech,<br />
aber trotzdem<br />
von High End<br />
Qualität. Die ist<br />
mir ganz<br />
3<br />
FRAGEN AN:<br />
Sandersenchains<br />
Schmuckdesignerin<br />
Sophie aus Wien<br />
Trinktipp<br />
HEILIGES<br />
WUNDERWASSER<br />
Egal, ob nach dem Sport oder<br />
nach dem Feiern: Wenn der<br />
Körper dehydriert ist und Elektrolyte<br />
braucht, hilft<br />
Kokosnusswasser!<br />
Der Hype rund um<br />
das Getränk ist<br />
berechtigt: Ein paar<br />
Schlucke und man<br />
fühlt sich wie neu<br />
geboren. – Kommt<br />
zwar nicht aus<br />
einer fancy Kokosnussschale,<br />
aber<br />
schmeckt aus dem<br />
Tetrapack auch!<br />
wichtig.<br />
Wieso hast du<br />
begonnen, den<br />
Schmuck herzustellen?<br />
Ich habe so einen<br />
Schmuck, wie ich ihn<br />
mache, einfach<br />
nirgendwo gefunden.<br />
Also Hippie-Chic,<br />
aber eben in guter<br />
Qualität. Schmuck,<br />
der nicht abblättert<br />
und nicht abfärbt.<br />
Wo kriegt man deinen<br />
Schmuck?<br />
In meinem Online-<br />
Shop auf www.<br />
sandersen.com, im<br />
Wunderladen und<br />
bald auch am<br />
Christkindlmarkt<br />
am Spittelberg.<br />
Marko Mestrović, Innocent, bereitgestellt<br />
Marko Mestrović<br />
MANN & BODY<br />
Du bist,<br />
was du isst<br />
Von Artur Zolkiewicz<br />
MEINUNG<br />
Gesund mit Nüssen<br />
Nüsse schmecken nicht nur gut,<br />
sondern sind auch sehr gesund und<br />
können beim Abnehmen helfen.<br />
Lange glaubte man, dass Nüsse<br />
zu viel Fett enthalten und sollen<br />
aus dem Grund aus dem täglichen<br />
Menü gestrichen werden. Heute<br />
wissen wir aber, dass wer an<br />
diesen Nährstoffbomben knabbert,<br />
dessen Körper wird sich bei ihm<br />
dafür bedanken. Die leckeren Kerne<br />
enthalten wichtige Mineralstoffe und<br />
Vitamine, die unseren Körper auf<br />
unterschiedliche Weise unterstützen<br />
können. Magnesium hilft dem Körper<br />
den Blutdruck zu kontrollieren und<br />
wirkt bei Sportlern gegen Muskelkrämpfe.<br />
Vitamin E schützt gesunde<br />
Zellen, Folsäure unterstützt das<br />
Nervensystem und ist hilfreich bei<br />
der Konzentrationssteigerung. Durch<br />
ihre einfach und mehrfach<br />
ungesättigten Fettsäuren<br />
senken sie nachweislich<br />
den Cholesterinspiegel im<br />
Blut. Wer Nüsse genießt,<br />
soll jedenfalls auf die Portionsgröße<br />
achten - Mandeln<br />
& Co enthalten nämlich<br />
sehr viele Kalorien. Empfohlen<br />
wird eine Handvoll am<br />
Tag.<br />
zolkiewicz@dasbiber.at<br />
Tipp<br />
Schwitzen<br />
gegen<br />
Schnupfen<br />
Die Erkältungssaison naht.<br />
Regelmäßiges Saunieren<br />
kann im Kampf gegen Krankheitserreger<br />
helfen, da es<br />
die Anzahl weißer Blutkörperchen<br />
erhöht. Zehn bis<br />
zwölf Saunabesuche vor der<br />
Erkältungssaison gelten als<br />
optimal, um die Abwehrkräfte<br />
des Körpers zu stärken.<br />
Zahl<br />
des Monats<br />
Das menschliche<br />
Gehirn kann sich über<br />
50.000<br />
Gerüche merken.<br />
FUN FACT<br />
Finnland hat fünf Millionen<br />
Einwohner und knapp eine<br />
Million Saunen.<br />
YOU<br />
ARE<br />
AT<br />
HOME<br />
BABY<br />
60 / LIFESTYLE /<br />
/ LIFESTYLE /<br />
@RADIOFM4<br />
FM4_Biber_@home.indd 1 31.07.<strong>17</strong> <strong>17</strong>:42
KULTURA NEWS<br />
Verstaubte Museen sind<br />
Schnee von gestern.<br />
Von Jelena Pantić<br />
Balkan-Rock im Wiener Konzerthaus<br />
TRANSITION<br />
Queer Minorities<br />
Film Festival 20<strong>17</strong><br />
MEINUNG<br />
Manches ändert<br />
sich nie<br />
Man würde meinen, dass man Dinge<br />
als Kind gut findet und dann später<br />
herauswächst. Ich bin nun eine<br />
erwachsene Frau und ich liebe Harry<br />
Potter glaube ich noch mehr als je<br />
zuvor. Die Bücher sind meine Heiligtümer<br />
(des Todes) und die Verfilmungen<br />
finde ich erstklassig. Mein Mann<br />
hat mir letztens alle Teile auf BluRay,<br />
Director’s Cut, Extra Special Super<br />
Duper Edition geschenkt. Seit Wochen<br />
läuft bei uns nur noch Harry Potter im<br />
Fernseher und mir das Wasser aus<br />
den Augen. Nun blicke ich schon beim<br />
ersten Teil zu meinem Filmpartner<br />
und schluchze ein „Weißt du, was der<br />
arme Harry noch alles durchmachen<br />
muss?“ Level: Kim Kardashians Ugly<br />
Cry. Das Intro, das bei jedem Mal<br />
düsterer wird, die pure Freundschaft<br />
zwischen Hermine und Harry und der<br />
Nazi-Vergleich mit den Todessern:<br />
Hand aufs Herz, Harry Potter ist ein<br />
Meisterwerk. Übrigens life hack,<br />
HP macht meine Verpflichtungen<br />
erträglicher: Harry Potter und das<br />
Forschungsdesign meiner Masterarbeit,<br />
Harry Potter und die Quarterlife<br />
Crisis, Harry Potter und die Deadline<br />
des Todes. Wer schließt sich meiner<br />
Armee an?<br />
Bitte keine Mails von Muggeln.<br />
pantic@dasbiber.at<br />
MigrantInnen und Frauen sind im<br />
populären Film unterrepräsentiert<br />
und sehr stereotyp dargestellt -<br />
Queer Minorities sind überhaupt<br />
nicht vertreten. TRANSITION, das<br />
Queer Minorities Film Festival,<br />
bringt auch 20<strong>17</strong> unter dem Slogan<br />
„Claim Your Space“ Diversität<br />
in den Mainstream. In Diskussionen,<br />
Workshops, Vorträgen und<br />
Ausstellungen kann sich auch das<br />
Publikum einbringen. Von 9.–<strong>17</strong>.<br />
November, weitere Infos auf www.<br />
transitionfilmfestival.com Übrigens<br />
gibt es jeden dritten Donnerstag<br />
im Monat eine Queer Film Night im<br />
Schikaneder Kino.<br />
Tipp<br />
SALAM.ORIENT<br />
Maghreb in Wien: Von <strong>17</strong>. bis 31.<br />
Oktober 20<strong>17</strong> findet Salam.Orient, das<br />
Festival für Musik und Kunst aus dem<br />
orientalischen Kulturraum, statt. Von traditionell<br />
inspirierten Klängen des Nahen<br />
Ostens über jazzig-funky und perkussive<br />
Musik aus Afrika bis hin zu den heißen<br />
Rhythmen Andalusiens ist alles dabei.<br />
Mit Martina Laab und Katrin Pröll leiten<br />
nun zwei Frauen das seit 15 Jahren<br />
bestehende Festival.<br />
Alle Infos unter www.salam-orient.at<br />
VIYANA – BEČ – WIEN<br />
Wir kennen diese Geschichte: Unsere Eltern/Großeltern<br />
brachen aus ihrer Heimat auf, um sich ein besseres<br />
Leben aufzubauen. Sie wollten bisschen arbeiten,<br />
verdienen und dann wieder nachhause gehen. Dieser<br />
Plan ist nicht aufgegangen, denn so gut wie alle sind<br />
geblieben. Gekommen sind Arbeiter, geblieben sind<br />
Menschen. Im Zuge des Projektes „Migration Sammeln“<br />
2015/16 wurden für das Wien Museum Objekte<br />
und Materialien gesammelt, an denen die Geschichte<br />
der GastarbeiterInnen abgelesen werden kann. Nun<br />
werden diese Objekte mit „Geteilte Geschichte - Viyana<br />
- Beč - Wien“ im Wien Museum ausgestellt, mit<br />
Fokus auf türkische und jugoslawische GastarbeiterInnen.<br />
Migrationsgeschichte wird so als Teil der Wiener<br />
Stadtgeschichte lesbar. Das Museum unterstreicht<br />
damit nicht nur die Bedeutung der Zuwanderung,<br />
sondern würdigt auch jene Personen, die bereit waren,<br />
dem Museum Objekte zu schenken und damit einen<br />
Aspekt ihrer privaten Geschichte zu teilen.<br />
Pflichttermin: von 5. Oktober 20<strong>17</strong> bis 11. Februar<br />
2018 im Wien Museum, Karlsplatz 8, <strong>10</strong>40 Wien.<br />
Wien Museum/Birgit u. Peter Kainz, bereitgestellt, Marko Mestrović, Weiss Daniel<br />
Goran Bregović<br />
mit Alen und Tifa<br />
BIJELO DUGME BAND<br />
Sie waren DIE Band in Jugoslawien: Bijelo Dugme. Bosnische,<br />
kroatische und serbische Folklore gepaart mit Rockmusik<br />
sorgte in den 70ern und 80ern für ziemlich viel Begeisterung.<br />
Das Publikum flippte sogar derartig aus, dass man meinte,<br />
die Fans seien alle der „Dugmemania“ verfallen. Gründer und<br />
Frontman war Goran Bregović, der die Musik und größtenteils<br />
auch die Texte lieferte. 1989 löste sich die Band auf, 2005<br />
gab es ein sensationelles Comeback und seit 2016 steht<br />
Goran Bregović wieder mit der legendären Band auf der<br />
Bühne. Am 9. November kommt er nun in den Großen Saal<br />
des Wiener Konzerthauses und bringt gleich zwei Sänger mit,<br />
die früher bei Bijelo Dugme gesungen haben: Mladen Vojičić,<br />
genannt Tifa, und Alen Islamović. Einmal mehr werden sie<br />
zeigen, dass man nicht auf Englisch singen muss, um zu<br />
rocken und dass die Musik der Herren, wenn sie auch nicht<br />
mehr die Jüngsten sind, richtig viel Spaß macht. Die Sessel<br />
im Großen Saal sind rausgeräumt, damit dem Tanzen und<br />
Abfeiern nichts im Wege steht.<br />
Wer Lust hat, dabei zu sein, hat jetzt die Chance auf Karten.<br />
Biber verlost exklusiv für seine Leser 3 x 2 Tickets. Schreibt<br />
bis 31.<strong>10</strong>. einfach an gewinnspiel@biber.at und gebt das<br />
Stichwort Bijelo Dugme an.<br />
Für alle, die diesmal kein Losglück haben, gibt es natürlich<br />
auch Karten zu kaufen: unter www.konzerthaus.at, der<br />
E-Mailadresse ticket@konzerthaus.at, der Telefonnummer<br />
01 242002 oder im Ticket- und Servicecenter des Wiener<br />
Konzerthauses.<br />
Testen Sie<br />
Ihr Potenzial!<br />
Gehen Sie auf Nummer sicher bei beruflicher Orientierung<br />
sowie Schul- und Studienwahl:<br />
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für Schüler/-innen und Studenten/-innen<br />
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62 / KULTURA /
UNSER NEUES ÖSTERREICH<br />
Österreich hat sich verändert.<br />
biber, Albertina<br />
und Instagramers Austria<br />
haben euch gefragt: Wie<br />
sieht dieses neue Österreich<br />
denn aus und wo<br />
ist am besten zu erkennen?<br />
Unter dem Hashtag<br />
#NeoÖsterreich habt<br />
ihr uns durch eure Linse<br />
sehen lassen, wo Alt und<br />
Neu zusammentreffen. Die<br />
GewinnerInnen des #Neo-<br />
Österreich Fotocontests<br />
Flüchtlinge willkommen oder eher nicht? Eingefangen von @a_kep<br />
werden in den nächsten<br />
Wochen bekannt gegeben,<br />
wir zeigen euch schon Mal<br />
ein Best Of der Einsendungen:<br />
Anja Hitzenberger, Martin Maier, Anja Pfeifer, Peter Reichert, a_kep, juliaknz<br />
„Komplementär“ von @photo_p_reichert<br />
<strong>10</strong>th edition<br />
NOV 30th / DEC <strong>10</strong>th 20<strong>17</strong><br />
Dieser Artikel ist eine entgeltliche<br />
Schaltung in Form einer Kulturkooperation<br />
mit der Albertina. Die<br />
redaktionelle Verantwortung liegt<br />
allein bei biber.<br />
Karussell am Reumannplatz von @juliaknz<br />
Kaiserwasser in Kaisermühlen von @photo.anja.pfeifer<br />
Neuer Stadtteil am Hauptbahnhof eingefangen von<br />
@mitteninwien<br />
Juwelen & Graffiti von @reimerjohannes<br />
Café Z in der Meiselstrasse im 15. Bezirk von @anjahitze<br />
find us on:<br />
64 / KULTURA /<br />
/ KULTURA / 65<br />
©Mariana Baldaia
FAMILY GUIDE<br />
FÜR<br />
CAPETOWN<br />
Zuerst die Heldenerzählung: Ich war bereits<br />
1994 in Südafrika, kurz nach dem Ende<br />
der Apartheid und der demokratischen<br />
Machtübernahme durch Nelson Mandela. So richtig<br />
kann ich mich nur mehr an die Bars in Johannesburg<br />
erinnern, in die wir uns ohne die Jugendfunktionäre<br />
der Befreiungsbewegung ANC nie hinein<br />
getraut hätten. Die Zeiten haben sich geändert. In<br />
Südafrika aber auch bei mir. Vom politischen Aufbruch<br />
ist dort nichts mehr zu spüren. Dafür komme<br />
ich diesmal nicht im Rahmen einer Uni-Exkursion,<br />
sondern mit Gabriele und unseren beiden Kindern.<br />
Nicht für Polit-Diskussionen, sondern um eine<br />
gute Zeit als Familie zu haben. Wir haben vorher<br />
lange überlegt. Wo können wir im Winter mit<br />
einem Fünfjährigen und einem Baby hinfahren? Es<br />
wurden wunderschöne Wochen in Kapstadt. Und<br />
es gibt zehn gute Gründe, warum wir es wieder tun<br />
würden.<br />
Der Spielplatz<br />
im Green Point<br />
Park ist einer der<br />
besten der Welt<br />
Ein schattiges<br />
Plätzchen in<br />
Company‘s<br />
Garden<br />
1.<br />
Es gibt kaum eine Zeitverschiebung zwischen<br />
Wien und Kapstadt. Ein großer Trumpf für alle, die<br />
wissen, wie lang schlaflose Nächte mit putzmunteren<br />
Babys sein können. Im Flugzeug bitte beim<br />
Nachtflug unbedingt diese raren Babybettchen<br />
(Baby-Bassinet) mitbuchen. Sonst wird es ziemlich<br />
ungemütlich beim elf Stunden Flug.<br />
2.<br />
Kapstadt liegt zwar in Südafrika, ist aber – was die<br />
medizinische Versorgung für Notfälle betrifft – mit<br />
Europa und den USA vergleichbar. Am besten<br />
beim ÖAMTC eine Reiseversicherung abschließen –<br />
kostet nicht viel, deckt aber ziemlich alles ab.<br />
Yoga im<br />
Kindergarten.<br />
Plätze sind<br />
halbtags<br />
buchbar!<br />
South<br />
Africa<br />
CAPETOWN<br />
Warum war biber-Chefredakteur<br />
Simon Kravagna<br />
nach seinem letzten Urlaub<br />
so gut gelaunt? Weil er mit<br />
seiner Familie in Kapstadt<br />
war. Zehn gute Gründe mit<br />
kleinen Kindern in eine der<br />
schönsten Städte der Welt<br />
zu fahren.<br />
Von Simon Kravagna<br />
Simon Kravagna, Hendrik Holler / LOOK / picturedesk.com, South Africa by FreeVectorMaps.com<br />
3.<br />
Ob Oranjezicht, Green Point oder Woodstock:<br />
Jedes Viertel hat seinen Reiz. Am besten mit Airbnb<br />
in unterschiedlichen Gegenden abhängen. Hat<br />
uns niemals mehr als 80 Euro gekostet pro Nacht<br />
– für uns alle. Ideal ist, man nimmt die Wohnung<br />
einer Familie. Dann hat man das Kinderzimmer plus<br />
Spielsachen gleich dabei.<br />
4.<br />
Man isst in Kapstadt wirklich gut und gar nicht<br />
teuer. Mit Ausnahme von Szenelokalen ist es kein<br />
Problem, wenn kleine Kinder dabei sind. Spieloder<br />
sonstiges Kinderprogramm (inklusive Pizza<br />
machen) sind oft Standard.<br />
5.<br />
Auch nach Tagen in Kapstadt war uns niemals fad.<br />
Und dabei waren wir nicht mal oben am Tafelberg.<br />
Es gibt so viel zu erleben. Etwa der Kirstenbosch<br />
National Garden – Afrikas schönster Garten – mit<br />
Clarke‘s<br />
Bookstore:<br />
Alles über (süd)<br />
afrikanische<br />
Politik<br />
66 / OUT OF AUT / /OUT OF AUT / 67
dem Treetop Canopy Walkway – der windet sich<br />
in luftiger Höhe durch die Baumwipfel und bietet<br />
spektakuläre Ausblicke.<br />
Urban Farming<br />
in Oranjezicht.<br />
6.<br />
Die englischsprachigen Kindergärten vor Ort nehmen<br />
Kinder auch tageweise. Das Programm kann<br />
sich sehen lassen. Von Yoga bis Rugby ist alles<br />
im Angebot. Wir haben uns dann doch für den<br />
einwöchigen „Multi-Sports“-Kurs für unseren Fünfjährigen<br />
entschieden. Jede Sportwoche in Wien<br />
kostet deutlich mehr.<br />
7.<br />
Einer der schönsten Spielplätze der Welt findet<br />
sich im Green Point Park, gleich neben dem WM-<br />
Stadion. In dem Landschaftspark trifft sich am<br />
Wochenende Kapstadt in seiner buntesten Form.<br />
Auch wenn Wien wirklich gute Spielplätze hat, der<br />
dort ist ein Erlebnis.<br />
Dieses Gemüse<br />
wird direkt<br />
in der Stadt<br />
angebaut<br />
8.<br />
Die Strände sind wunderschön, aber das Wasser ist<br />
so kalt, dass man kaum mit den Füßen rein möchte.<br />
Also ein Picknick machen und vielleicht mit dem<br />
Shark-Spotter (das ist dort tatsächlich ein Job)<br />
plaudern. Achtung: Die weiße Fahne heißt nicht,<br />
dass die Luft rein ist!<br />
9.<br />
Unendliche Ausflugsmöglichkeiten: Wir sind in der<br />
Cederberg Wilderness Area gelandet: Grill anwerfen,<br />
im aufgestauten Fluss baden und die Vorräte<br />
gegen gefräßige Bamboons verteidigen. Auch Top:<br />
Unsere Übernachtung auf einer südafrikanischen<br />
Apfelfarm mit lächerlichen 160 Hektar (das ist dort<br />
eine kleinere Farm!)<br />
<strong>10</strong>.<br />
Südafrika ist politisch interessant. Trotz langjähriger<br />
Regierung des ANC ist die Kluft zwischen Schwarz<br />
und Weiß nach wie vor leider riesig. Das deprimiert.<br />
Gleichzeitig gibt es kein Land der Welt, in dem die<br />
„Erste“ und die „Dritte“ Welt so nah beieinander<br />
liegen. Wie Südafrika damit lebt, lässt sich täglich<br />
erleben oder abends studieren. Am besten mit den<br />
News-Sendungen des südafrikanisches Staats-<br />
Fernsehens oder der Cape Times.<br />
Hai-Warnsystem:<br />
Weiße Fahne<br />
bedeutet - Hai<br />
gesichtet.<br />
Ehrlich, wir<br />
haben keine<br />
Schlangen<br />
gesehen<br />
Heute schon<br />
grenzenlose<br />
Freiheit getankt?<br />
Tipp:<br />
Fernreisen sind nie billig. Aber mit etwas Disziplin<br />
(oft selber kochen, nur preiswert auf Airbnb<br />
buchen, das günstigste Mietauto nehmen ...) ist<br />
es deutlich günstiger als eine Reise in die USA.<br />
Übrigens: Ab Oktober 2018 fliegt die AUA zwei Mal<br />
wöchentlich DIREKT nach Kapstadt ●<br />
Mobilität ist, was Österreich bewegt und auch in Zukunft bewegen wird. Egal, wie Sie vorankommen –<br />
ob mit herkömmlichen oder modernen Kraftstoffen, die sich positiv auf die Lebensdauer Ihres Motors<br />
auswirken, wie unsere MaxxMotion Treibstoffe. Die OMV bringt Energie ins Land, Innovationen in<br />
unseren Alltag und Sie an Ihre Ziele. Damit Ihren Träumen und Ihrer mobilen Freiheit keine Grenzen<br />
gesetzt sind. Mehr OMV erleben auf: www.omv.com/energie<br />
Die Energie für ein besseres Leben.<br />
68 / OUT OF AUT /<br />
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Echtzeitinfos direkt aufs Smartphone.<br />
„Die Leiden des jungen Todor“<br />
Von Todor Ovtcharov<br />
Feind Nummer 1<br />
STADTPLAN<br />
Ich schaue mir eine Fernsehdebatte vor der Nationalratswahl<br />
an. Ich verfolge diese Debatten bereits<br />
seit zehn Jahren. Die Kandidaten der größten Parteien<br />
sind sich mehr oder weniger einig, dass die Ausländer<br />
für alles Schlechte schuld sind. Vor zehn Jahren war<br />
es genau so, aber damals wurde das meistens von einer<br />
Partei behauptet. In der Zwischenzeit haben alle begriffen,<br />
dass es Wähler bringt, wenn man gegen Ausländer<br />
spricht und haben das Thema in ihre Programme inkludiert.<br />
In den heurigen Debatten spricht man eigentlich<br />
nur über eines – den gesellschaftlichen Feind Nummer 1,<br />
den Ausländer. Es ist nicht leicht und eine große Verantwortung<br />
Feind Nummer 1 zu sein!<br />
Ich versuche mein Profil als Feind zu definieren:<br />
‒ Ich bin dunkler als der Durchschnittsösterreicher. Ich<br />
habe nicht so viele Haare, aber meine dunklen Augen<br />
verraten mich. Was würde passieren, wenn ich blaue<br />
Kontaktlinsen tragen würde und mit einem Paul Newman<br />
Blick durch die Gegend laufen würde? Dann würde<br />
ich nur wie ein Feind aussehen, der sich zu tarnen<br />
versucht. Die Idee ist nicht so toll. Man soll zu seinem<br />
Feindsein stehen.<br />
‒ Der Feind kann nicht richtig Deutsch sprechen. In den<br />
ersten Jahren meines Österreichaufenthalts habe ich<br />
mir tatsächlich mit einigen Dialekten schwergetan.<br />
Mittlerweile verstehe ich sogar die Vorarlberger mehr<br />
oder weniger. Ich kann aber immer nocht nicht wie ein<br />
echter Österreicher sprechen. Also man kann immer an<br />
meinem Akzent erkennen, dass ich ein Feind bin.<br />
‒ Der Feind ist immer faul, will nicht arbeiten und das<br />
österreichische Sozialsystem ausnutzen. Ich frage mich,<br />
ob ich in diese Kriterien auch reinpasse. In den <strong>10</strong> Jahren<br />
habe ich mindestens 20 Berufe ausgeübt. Ich war<br />
alles zwischen Bäcker und Obdachlosenbetreuer. Doch<br />
auch das ist nur eine Tarnung. Ich bin ein hinterhältiger<br />
Feind, der ein Messer in den Nacken des gutmütigen<br />
Staates steckt.<br />
‒ Der Feind nimmt den guten Österreichern die Arbeitsplätze<br />
weg. Hier bin ich ein echter Feind. Vor zwei Jahren<br />
war kurzfristig der Vater eines Freundes aus Sofia<br />
bei mir. Onkel Vassko war auf dem weg nach Amsterdam,<br />
ihm wurde aber im Bus schlecht und er blieb für<br />
eineinhalb Tage in Wien. Während er da war, wechselte<br />
er zwei kaputte Fliesen im Bad aus. Ich versuchte ihm<br />
zu erklären, dass er damit den Job von einem ehrlichen<br />
österreichischen Fliesenleger nimmt. Er dachte nur, dass<br />
ich Scherze mache. Jetzt ist er in Holland und klaut den<br />
guten Holländern die Jobs. Eigentlich, hätte Onkel Vassko<br />
die Fliesen bei mir nicht ausgetauscht, dann hätte es<br />
ein Slobodan oder ein Andrzej gemacht. Gibt es eigentlich<br />
noch echte österreichische Fliesenleger?<br />
Während ich mir die Debatten anhöre, verstehe ich, dass<br />
die Parteien recht haben: die Ausländer sind schuld.<br />
Wenn diese Kolumne erscheint, sind die Wahlen schon<br />
vorbei. Doch ein Feind wird immer gebraucht. Ich kann<br />
gerne weiter der Feind bleiben, ich habe nichts dagegen.<br />
Wenn mich jemand braucht, um mich wegen etwas zu<br />
beschuldigen – in der Redaktion haben sie meine Telefonnummer.<br />
●<br />
WETTER<br />
WARTE-<br />
ZEITEN<br />
Mit der Stadt Wien live-App hat man Informationen und<br />
Services immer in der Hand. 80.000 UserInnen nützen bereits<br />
das digitale Angebot für mobile Endgeräte. Mit der Möglichkeit<br />
personalisierter Informationen in Echtzeit, von Wetterwarnungen<br />
über Verkehrsinfos der Wiener Linien bis hin zu Veranstaltungen.<br />
Wartezeiten der Bezirksämter können mit der Stadt Wien live-App<br />
ebenso einfach abgerufen werden wie Kurzparkzonen und WLAN-<br />
Standorte im digitalen Stadtplan.<br />
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Nähere Infos zur Stadt Wien live-App auf www.wien.at/live/app<br />
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