18.10.2017 Aufrufe

BIBER 10_17-2

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Bei ihrer Ankunft<br />

in Österreich<br />

hielten viele<br />

Syrer Sebastian<br />

Kurz für einen<br />

Hoffnungsträger.<br />

Dann änderte er<br />

seinen Kurs und<br />

jetzt fürchten<br />

sie ihn und seine<br />

Politik.<br />

WAS KURZ IN DER FLÜCHTLINGS-<br />

FRAGE WIRKLICH FORDERT:<br />

→ Kürzung der Mindestsicherung: Mindestsicherung für<br />

Flüchtlinge soll 560 Euro betragen und damit in den<br />

meisten Bundesländern gekürzt werden. Zum Vergleich:<br />

In Wien beträgt die Mindestsicherung aktuell 844,46<br />

Euro. Paare (pro Person) erhalten 633,35 Euro, Pro<br />

Kind gibt es 228 Euro. Bundesweit will die ÖVP eine<br />

Deckelung der Sozialleistung für Familien bei 1500<br />

Euro.<br />

→ Obergrenze gleich null: „Die einzige Alternative, die wir<br />

haben, ist die illegale Zuwanderung rigoros zu stoppen.<br />

Wir sprechen hier von einer Obergrenze gleich null“,<br />

heißt es in dem ÖVP-Programm. Die EU-Außengrenze<br />

soll abgeschottet und die Mittelmeer-Route geschlossen<br />

werden. Migranten, die aufgegriffen werden, sollten<br />

nach Afrika und Co zurück geschickt werden.<br />

→ Gemeinnützige Arbeit für Asylwerber. Die Asylwerber,<br />

die noch ins Land dürfen, sollten nach dem Grundsatz<br />

„Leistung für Gegenleistung“ etwas tun, heißt es in dem<br />

Programm. Im Gegenzug sollen Asylwerber Anreize wie<br />

„VOR STRACHE<br />

FÜRCHTET SICH<br />

KEINER MEHR“<br />

Auch abseits der virtuellen Welt gibt es<br />

in der syrischen Community jetzt nur<br />

noch ein Thema: Sebastian Kurz. „Wenn<br />

ich mit syrischen Freunden telefoniere,<br />

frage ich nicht: Wie geht’s, was gibt’s<br />

Neues? Sondern gleich: Gibt’s was<br />

Strache beklagte schon im Wahlkampf,<br />

dass Kurz ihm die Stimmen klaue. Jetzt<br />

wurde ihm auch noch die Rolle als<br />

Flüchtlingsschreck von Kurz genommen.<br />

Neues von Kurz?“, erzählt Bader. Zuher,<br />

der erst seit zwei Jahren in Österreich<br />

ist, hat sogar das Wahlprogramm von<br />

Kurz gelesen. Ahmad hat alle TV-Duelle<br />

mit Sebastian Kurz geschaut. Am Wahlabend<br />

verfolgen sie alle die Nachrichten.<br />

Als das Ergebnis feststeht, ist Bader<br />

unter Schock, an Schlaf ist nicht zu<br />

denken. „Ich habe die ganze Nacht kein<br />

Auge zugemacht“, erzählt auch Munir,<br />

seine dunklen Augenringe sprechen<br />

Bände.<br />

Über Strache und die FPÖ spricht<br />

dagegen niemand. Mit 26,4 Prozent landet<br />

die FPÖ auf Platz drei, knapp hinter<br />

der SPÖ. „Vor Strache fürchtet sich schon<br />

lange keiner mehr“, ergänzt Ahmad.<br />

„Kurz ist gefährlicher als Strache. Bei<br />

Strache weiß ich, was mich erwartet, bei<br />

Kurz weiß ich nicht, was er als nächstes<br />

fordert“, so Munir. „Ich verstehe nicht,<br />

wie Kurz sich vor den Augen aller so<br />

wandeln konnte und die Öffentlichkeit ihn<br />

dafür auch noch mit Stimmen belohnt.“<br />

Ahmad schüttelt den Kopf: „Ich hätte es<br />

wissen müssen“, sagt er. „Als ich Kurz<br />

2015 bei einer Veranstaltung getroffen<br />

habe und meinem österreichischen<br />

Mitbewohner begeistert davon erzählte,<br />

warnte der mich noch, Kurz sei „ein Wolf<br />

im Schafspelz“, er würde sein wahres<br />

Gesicht noch zeigen.“<br />

VOM HOFFNUNGS-<br />

TRÄGER ZUM<br />

FLÜCHTLINGS-<br />

SCHRECK<br />

Ahmad hat sich damals sogar mit seinem<br />

Mitbewohner gestritten, weil er nicht<br />

wollte, dass dieser schlecht über Kurz<br />

redet. Bader hat Verständnis für Ahmads<br />

Reaktion: „Wir waren geblendet. Doch<br />

Tatsache ist, es lag auf der Hand: Kurz ist<br />

jung, junge Politiker haben noch keinen<br />

festen Kurs, sie verändern sich. Sie stehen<br />

ja erst am Beginn ihrer Karriere und<br />

wollen immer höher hinaus und dafür<br />

sind ihnen alle Mittel recht.“<br />

Munir denkt kurz über Baders Worte<br />

nach und sagt dann ernst: „Kurz tut<br />

immer so, als wäre alles unsere Schuld.<br />

Ich höre nur noch ‚Die Flüchtlinge<br />

müssen das und jenes’. Früher hat er<br />

uns Hoffnung geschenkt, wir dachten,<br />

gemeinsam schaffen wird das.“ Die<br />

anderen nicken stumm. „Wer weiß, vielleicht<br />

waren das alles nur leere Wahlversprechen<br />

und es bleibt doch alles,<br />

wie es war“, tröstet Zuher die Runde.<br />

„Trotzdem“, sagt Ahmad, „das Vertrauen<br />

ist weg. Es wird nie wieder so, wie es<br />

war.“ ●<br />

* Namen von der Redaktion geändert<br />

DRAGAN TATIC / APA / picturedesk.com, ERWIN SCHERIAU / APA / picturedesk.com, Helmut Graf / Heute / picturedesk.com, Michael Gruber / EXPA / picturedesk.com<br />

wgkk.at<br />

www.wgkk.at<br />

ein Taschengeld erhalten.<br />

WGKK lädt 89.000 Wienerinnen und Wiener zur Vorsorgeuntersuchung ein<br />

Gesundheits-Check sollte regelmäßig durchgeführt werden!<br />

Auch diesen Herbst lädt die Wiener<br />

Gebietskrankenkasse (WGKK) die Wienerinnen<br />

und Wiener per Brief zur kostenlosen<br />

Vorsorgeuntersuchung ein.<br />

Nähere Informationen zum Gesundheits-Check<br />

erhalten Interessierte von Montag bis<br />

Freitag von 08.00 –18.00 Uhr unter der<br />

kostenlosen Servicenummer 0800 501 522.<br />

Auch eine direkte Terminvereinbarung für die<br />

WGKK-Gesundheitszentren ist möglich!<br />

18 / POLITIKA /<br />

/ MIT SCHARF / 19

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!