18.10.2017 Aufrufe

BIBER 10_17-2

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Goldkette, Drei Streifen<br />

und Glatze: Aleks (22)<br />

aka Jugo Ürdens erfüllt<br />

alle Ostblock-Style-<br />

Voraussetzungen.<br />

Jacke: Adidas (Model‘s own)<br />

Jogginghose:<br />

Adidas (59,95 €)<br />

Rollkragenpulli:<br />

Weekday (18 €)<br />

Kette: Stylist‘s own<br />

Schuhe: Vans (ca. 70 €)<br />

Models: Aleks, Sebastian,<br />

Valerie, Martina<br />

Produktion: Aleksandra Tulej<br />

und Jelena Pantic<br />

Fotos: Marko Mestrovic<br />

Er hat eine Glatze, trägt einen<br />

ausgewaschenen Adidas-Jogginganzug,<br />

eine Schiebermütze<br />

und eine Goldkette. Zwischen<br />

seinen Zähnen pafft er eine Marlboro,<br />

und knackt gleichzeitig mit der anderen<br />

Kieferhälfte Sonnenblumenkerne. Im<br />

Hintergrund ragt eine Hochhaussiedlung<br />

empor, die irgendwie Trostlosigkeit und<br />

Gleichgültigkeit ausstrahlt. Er hockt mit<br />

beiden Beinen fest am Boden, neben<br />

seinen blankpolierten spitzen Lederschuhen<br />

steht eine Flasche billiger Vodka,<br />

aus den kaputten Lautsprechern seines<br />

Nokia-Handys dröhnt repetitiver Hardbass.<br />

Irgendwo in seiner Hose hat er<br />

wahrscheinlich ein rostiges Klappmesser<br />

versteckt: Meet the Gopnik.<br />

Der Begriff „Gopnik“ kommt aus dem<br />

Russischen und ist eine abwertende<br />

Bezeichnung für einen kleinkriminellen<br />

Jugendlichen aus einem sozial schwachen<br />

Milieu, der in den Randbezirken<br />

Russischer Großstädte sein Unwesen<br />

treibt. Handys klauen, schwächere<br />

Menschen ausrauben, aber eigentlich<br />

den ganzen Tag nur herumlungern<br />

und dabei billiges Bier trinken, weil<br />

man keine Ausbildung oder Arbeit in<br />

Aussicht hat– so sieht der Tagesablauf<br />

eines Gopniks aus. Aber was bedeutet<br />

„Gopnik“ nun wirklich? Im Zarenreich<br />

gab es eine staatliche Fürsorgegesellschaft<br />

für Waisenkinder, die abgekürzt<br />

„GOP“ hieß. Möglicherweise geht der<br />

Name aber auch auf das russische Wort<br />

„gop-stop“ – auf Deutsch: „Straßenraub“<br />

zurück. Die Gopniki entwickelten sich<br />

zu einer eigenen Subkultur, die in den<br />

90ern ihre Blütezeit erlebte. Aber warum<br />

erzählen wir euch heute davon? Weil das<br />

Internet, Modedesigner und Jugendliche<br />

in Osteuropa gerade gleichermaßen auf<br />

den Gopnik-Style auszucken. Im Leben<br />

verloren, im Style gewonnen.<br />

RIESEN-LOGOS ALS<br />

STATUSSYMBOL VON<br />

WARE „AUS DEM WESTEN“<br />

Packt eure FILA-Pullis und Jogginghosen<br />

mit drei Streifen aus, wir reisen zurück<br />

in eine Zeit, in der der eiserne Vorhang<br />

noch nicht aufgegangen ist. Zeit für eine<br />

kleine Geschichtsstunde:<br />

Vor dem Zerfall der Sowjetunion gab<br />

es in Osteuropa kaum Ware „aus dem<br />

Westen“. Deshalb waren Kleidungs-<br />

36 / RAMBAZAMBA /<br />

/ RAMBAZAMBA / 37

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!