Neue Szene Augsburg 2017-11
Stadtmagazin für Augsburg
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ZOOM<br />
Warum gibt es Riegele auch heute noch als Privatbrauerei?<br />
Weil wir auf Authentizität und Qualität setzen. Die meisten meiner<br />
Kollegen würden vielleicht sagen, die besten Rohstoffe sind die wichtigsten<br />
Zutaten für Bier. Aber ich sage, die besten Rohstoffe sind nur die Grundvoraussetzung,<br />
denn die wichtigsten Zutaten sind Leidenschaft, Hingabe<br />
und Wissen. Und das haben nur Menschen. Unser Erfolg ist unser Team,<br />
denn wir alle hier bei Riegele haben so einen unglaublichen Bier-Spirit.<br />
Die Menschen, die uns hier besuchen, sehen wie wir die Hefe zählen und<br />
sie sehen die Spelzentrennung, die wir als nur eine<br />
von drei Brauereien überhaupt machen und merken<br />
einfach, mit welcher Leidenschaft wir unserer<br />
Bier brauen.<br />
Die Mitarbeiter gehören also tatsächlich zur<br />
Riegele-Familie?<br />
Das tun sie. Und alle ziehen mit. Ich bin zwar<br />
kein Bierbrauer, sondern BWLer, aber ich liebe Bier.<br />
Bier ist nämlich kein Getränk, Bier ist eine Philosophie<br />
und flüssige Lebensfreude. Bier ist komplex,<br />
aber nicht kompliziert. Und als ich nach meiner<br />
Ausbildung vor über zehn Jahren hierher zurückgekommen<br />
bin, da ist mir etwas aufgefallen. Es wurde<br />
über alles geredet, nur nicht über das Bier. Dann<br />
haben wir uns mit den Mitarbeitern hingesetzt und bei einer Bierverkostung<br />
überprüft, wer denn was herausschmecken kann. Das Ergebnis war das<br />
reinste Waterloo. Seitdem geht unsere Reise zurück zum Bier. Mittlerweile<br />
sind alle Mitarbeiter mindestens zum Bierbotschafter ausgebildet und mit<br />
einer unglaublichen Leidenschaft dabei. Alle brauen auch in der Manufaktur<br />
selber, um zu sehen, was denn überhaupt alles am Bierbrauen hängt.<br />
Unsere Braumannschaft ist jedenfalls auf einem richtig hohen Niveau.<br />
Ihre Biere sind ja auch vielfach ausgezeichnet. Wie wichtig sind denn<br />
eigentlich solche Prämierungen für Ihre Brauerei?<br />
Was die Auszeichnungen angeht, so kann ich sagen, dass wir so ein<br />
Jahr wohl nur schwer wiederholen können, denn heuer sind wir von der<br />
Bundesregierung als die beste deutsche Brauerei ausgezeichnet worden.<br />
Darüber hinaus haben wir aber auch den Meininger Craft Beer Award<br />
gewonnen, eine Verkostung, die aus dem Weinbereich kommt und sind<br />
dadurch auch Craft Brauer des Jahres. Und erst in diesen Tagen wurden<br />
wir auch bei Bier, Bars und Brauhaus zur Brauerei des Jahres gewählt. Es ist<br />
also viel Tolles passiert, was aber natürlich auf der Arbeit der Vergangenheit<br />
aufbaut und diese letztendlich auch belohnt.<br />
Also sind diese Auszeichnungen nicht nur eine Bestätigung der guten<br />
Arbeit, sondern auch ein Pfund, mit dem man wuchern kann?<br />
Ja klar. Das größte Pfund ist übrigens, dass wir das Bier des Jahrzehnts<br />
sind, denn diese Auszeichnung kommt vom sogenannten Probierclub, der<br />
größten Konsumentenvereinigung für Bier. Hier wurde 6.000 Leuten über<br />
zehn Jahre jeden Monat Bier zugeschickt. Dann wird der Gewinner des<br />
Monats, des Jahres und am Ende dann des Jahrzehnts ermittelt. Und wir<br />
sind am Ende als Bier des Jahrzehnts ausgewählt worden.<br />
Welches Eurer Biere war am hier Start?<br />
Unser Commerzienrat.<br />
„Die wichtigsten<br />
Zutaten für Bier<br />
sind Leidenschaft,<br />
Hingabe und<br />
Wissen.“<br />
Könnt Ihr denn mit Craft Bier Geld verdienen?<br />
Die weltweit erfolgreichsten Brauereien sind oft auch Craft Bier Brauereien.<br />
Aber dahin ist es ein langer Weg, auf dem wir jetzt schon eine Weile<br />
gehen. Angefangen hat es als Leidenschaft und Hobby, aber wir haben nun<br />
schon sehr viel Arbeit hineingesteckt, sodass ich schon hoffe, dass es für<br />
uns zum einen ein Türöffner ist und uns in Summe voranbringen wird.<br />
Aber nur auf dieses Thema zu setzen, wäre falsch. Aber das tun wir nicht,<br />
weil wir das auch einfach nicht sind. Wir brauen einfach gern!<br />
Wie viele Mitarbeiter verdienen denn ihr Geld<br />
bei Riegele und wie ist die Geschäftsstruktur?<br />
Wir haben rund <strong>11</strong>0 Mitarbeiter in unserer<br />
KG, machen unsere Logistik komplett selber und<br />
haben nichts ausgesourct. Wir sind ein Familienunternehmen<br />
mit einer langen Tradition, dessen<br />
Leitung ich zusammen mit meinem Vater innehabe.<br />
Aber alle Mitarbeiter gehören tatsächlich<br />
auch zu dieser Riegele-Familie.<br />
Wie viele Hektoliter werden im Jahr verkauft?<br />
Die Frage nach dem Hektoliter-Verkauf ist die<br />
komplett falsche Denke. Wir machen über 20 Millionen<br />
Euro Umsatz und denken in Wertschöpfung<br />
und in Wertigkeit. Früher haben wir uns die größte Privatbrauerei<br />
<strong>Augsburg</strong>s genannt, aber das ist der falsche Blickwinkel, denn Größe ist<br />
kein Wert. Wir sind ein Zwerg in der Brauereien-Landschaft. Es kann also<br />
nur um eines gehen und das ist die Qualität. Es gibt zwei Worte, die bei uns<br />
verboten sind, nämlich Hektoliter und Prestige. Prestige ist am Ende nur<br />
teuer und deswegen dumm.<br />
Wo finden ihre Produkte den größten Absatz? Nur im regionalen<br />
Bereich?<br />
Natürlich ist <strong>Augsburg</strong> die Heimat und das Kerngebiet. Aber durch<br />
das Sommelier-Thema, das Craft Beer und die vielen Auszeichnungen gibt<br />
es mittlerweile punktuell Konzepte und Leute, die sich für Bier interessieren<br />
und dann von auswärts zu uns kommen. Und sie kommen wirklich<br />
persönlich vorbei und schauen sich unser Haus an. In Italien dagegen sind<br />
wir ja schon lange Jahre vertreten und setzen hier auf Kontinuität in der<br />
Zusammenarbeit mit den Leuten vor Ort.<br />
Was hat sich in den letzten 10 Jahren komplett verändert?<br />
Die Reise zurück zum Bier hat begonnen. Bier ist der neue Wein. Wir<br />
können und wollen nicht billig brauen und können also auch nicht auf<br />
Masse produzieren. Und ich glaube, ich darf sagen, dass wir die Speerspitze<br />
des allgemeinen Trends waren, sich wieder zurück auf das Produkt Bier zu<br />
besinnen. Denn Bier ist ein wunderbares Kulturgut.<br />
Wie sieht ihre Brauerei in 20 Jahren aus?<br />
Ich glaube, wir sind jetzt schon eine Zelebrationsplattform fürs Brauen<br />
und wollen uns dahingehend noch mehr öffnen. Wir machen jetzt schon<br />
Braukurse, Gastronomieschulungen und ähnliches. Da ist sicher noch einiges<br />
mehr möglich. Mein Ziel ist es, dem Bier wieder den Stellenwert zu<br />
geben, den es verdient.<br />
Also kein Craft Bier? Sie waren ja 20<strong>11</strong> sogar Weltmeister der Biersommeliers.<br />
Das stimmt zwar, aber unsere Basis sind ja nicht die Craft Biere, sondern<br />
unsere Traditionsbiere, die mit Herzblut gebraut sind und zur Erfrischung<br />
dienen. Nichts ist schlimmer, als wenn ich mit Brauer-Kollegen eine Halbe<br />
trinke und sie dann schauen, was sagt er jetzt, wie schmeckt es ihm. Ich sage<br />
dann immer, es schmeckt mir und fertig, denn darauf kommt es an.<br />
Fotos:Christian Menkel