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Fach 12, Seite 364<br />

Nachlass/Erbrecht<br />

FAQ – Generalvollmacht, Betreuungs- und Patientenverfügung<br />

• Der Bevollmächtigte kann sich gegen einen hineindrängenden Konkurrenten, der ohne rechtliche<br />

Grundlage rein tatsächlich die Angelegenheiten des Vollmachtgebers übernimmt und regelt, nicht<br />

durchsetzen und erweist sich deshalb als ungeeignet (BGH, Beschl. v. 17.2.2016 – XII ZB 498/15, MDR<br />

2016, 463 f.; v. 7.8.2013 – XII ZB 671/12, MDR 2013, 1224 = NJW 2013, 3373 = ZEV 2013, 626).<br />

• Es besteht eine konkrete Gefahr für das Wohl des Betroffenen, weil der Bevollmächtigte wegen<br />

erheblicher Bedenken an seiner Geeignetheit oder Redlichkeit als ungeeignet erscheint (BGH, Beschl.<br />

v. 14.8.2013 – XII ZB 206/13, ZEV 2013, 627; v. 13.4.2011 – XII ZB 584/10, NJW 2011, 2135 = ZEV 2011, 433).<br />

• Der Bevollmächtigte übt die ihm erteilte Generalvollmacht nicht im Interesse des Betroffenen aus<br />

und erscheint deshalb als ungeeignet (BGH, Beschl. v. 5.11.2014 – XII ZB 117/14, NJW 2015, 407 ff.,<br />

st. Rspr. vgl. ebenso: BGH, Beschl. v. 17.2.2016 – XII ZB 498/15, MDR 2016, 463 f.).<br />

• Aufgrund einer nachweisbaren und diagnostizierten Intelligenzminderung des Betroffenen wird<br />

fraglich, ob er bei Erteilung der Generalvollmacht geschäftsfähig oder geschäftsunfähig gewesen ist<br />

(BGH, Beschl. v. 14.8.2013 – XII ZB 206/13, ZEV 2013, 627).<br />

2. Beispiele aus der Praxis<br />

a) Aushebelung der Vorsorgevollmacht<br />

In der Praxis unternehmen Pflegeeinrichtungen bisweilen den Versuch, Vorsorgevollmachten<br />

„auszuhebeln“ und gerichtlich widerrufen zu lassen.<br />

Beispiel:<br />

Im Jahre 2008 erteilt der heute an Demenz leidende Betroffene B. seiner Schwester S. und seinem<br />

Schwager Sch. eine Vorsorgevollmacht, die u.a. der Vermeidung einer Betreuung dienen soll. Seit<br />

November 2010 lebt B. in einer Pflegeeinrichtung, die von einem Ehepaar betrieben wird. Zwischen Sch.<br />

und Frau E., der Betreiberin der Pflegeeinrichtung, kommt es zu Differenzen im Zusammenhang mit der<br />

Pflegesituation. Sch. wirft Frau E. vor, sie sei überlastet und ihr Umgangston sei oft grob, aggressiv und<br />

laut. Deshalb möchte Sch. B. aus dieser privaten Pflegeeinrichtung herausholen und in einem<br />

Altenpflegeheim unterbringen. Dagegen wehrt sich Frau E., die Sch. nicht für geeignet hält, die ihm<br />

erteilte Generalvollmacht im Interesse von B. auszuüben. Sie beantragt die gerichtliche Anordnung<br />

einer Betreuung für B. und den Widerruf der erteilten Generalvollmacht. Dagegen wehrt sich nun<br />

Sch. und legt gegen die gerichtlich angeordnete Betreuung Beschwerde im eigenen Namen ein.<br />

Der BGH verwirft die Beschwerde und erhält damit den ausgesprochenen Widerruf der erteilten<br />

Generalvollmacht aufrecht (BGH, Beschl. v. 5.11.2014 – XII ZB 117/14, NJW 2015, 407 ff.). Weder aus § 303<br />

Abs. 4 S. 1 FamFG, noch aus § 303 Abs. 2 Nr. 2 FamFG oder aus § 59 Abs. 1 FamFG ergebe sich ein<br />

eigenes Beschwerderecht. Beschwerde könne der Generalbevollmächtigte nur im Namen des<br />

Betroffenen als dessen gesetzlicher Vertreter (§ 1902 BGB) einlegen. Eigene Rechte des Bevollmächtigten<br />

gewährten schon nach dem Willen des Gesetzgebers kein Beschwerderecht und seien im<br />

Übrigen auch nicht durch die gerichtliche Anordnung einer Betreuung mit Widerruf einer privat<br />

erteilten Generalvollmacht betroffen. Denn mit der Vorsorgevollmacht solle der Bevollmächtigte in die<br />

Lage versetzt werden, im Interesse des Vollmachtgebers und nicht im eigenen Namen zu handeln. Die<br />

Vollmacht verleihe als die durch Rechtsgeschäft erteilte Vertretungsmacht (§ 166 Abs. 2 BGB) dem<br />

Bevollmächtigten ausschließlich die Legitimation, durch rechtsgeschäftliches Handeln im Namen des<br />

Vertretenen (Vollmachtgebers) unmittelbar für und gegen diesen Rechtswirkungen herbeizuführen.<br />

Sie schränke die eigene Rechtsmacht des Vollmachtgebers aber nicht ein und begründe deshalb auch<br />

kein eigenes subjektives Recht des Bevollmächtigten (BGH NJW 2015, 480 f.). Schließlich begründe<br />

auch das Rechtsverhältnis, das der Vollmacht zugrunde liege, kein eigenes subjektives Recht des<br />

Bevollmächtigten, in das durch die Betreuerbestellung unmittelbar eingegriffen worden wäre (BGH<br />

NJW 2015, 409).<br />

Es können sich auch weitere Umstände ergeben, die zum Widerruf der Vollmacht führen können. So<br />

kann sie lückenhaft formuliert sein. Das ist anzunehmen, wenn die Einsetzung eines Bevollmächtigten<br />

unter den Vorbehalt der eigenen ausgeschlossenen Fähigkeit gestellt wird, sich um seine Angelegen-<br />

22 <strong>ZAP</strong> Nr. 1 4.1.2018

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