buch aktuell Winter 2017/2018
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Werkstattberichte<br />
die Geschichte vorantreiben kann. Wenn ich einen Roman beendet<br />
habe, gehe ich zurück und lese den Text noch einmal, um sicherzugehen,<br />
dass sich der Anfang wie der Anfang, die Mitte wie die Mitte<br />
und das Ende wie das Ende anfühlt. Das klingt, als wäre das selbstverständlich,<br />
aber ich möchte, dass sich das Tempo meiner Bücher<br />
richtig „anfühlt“, denn wir alle haben doch schon Bücher gelesen<br />
(insbesondere auf EReadern), bei denen wir uns in der Mitte befanden<br />
und dachten: „Wie lange geht das denn noch so weiter?“ Ich<br />
möchte, dass der Leser jeden Teil der Geschichte fühlt und im Rhythmus<br />
der Erzählung gefangen wird, und so stelle ich sicher, dass all<br />
diese Dinge dort funktionieren, wo sie funktionieren sollen.<br />
Ist das Buch schließlich fertig, schicke ich es dem Lektor und bete.<br />
Dann feiere ich für gewöhnlich mit einem Cupcake und betrete die<br />
Welt der Lebenden wieder.<br />
Aus dem Amerikanischen von Daniela Zielberg<br />
Karin Slaughter | Atlanta<br />
Die Thrillerautorin lebt in Atlanta im USBundesstaat Georgia. Ihre<br />
Bücher wurden in 36 Sprachen übersetzt und weltweit mehr als<br />
35 Mio. Mal verkauft. Da sie eine große Leidenschaft für Bibliotheken<br />
hegt und diese als Rückgrat der USamerikanischen<br />
Bildungsinfrastruktur versteht, hat sie 2010 die Stiftung „Save <br />
thelibraries“ ins Leben gerufen, die in Not geratene Einrichtungen<br />
unterstützt. Zu den prominenten Unterstützern zählen Autoren<br />
wie Lee Child, Tess Gerritsen und Kathryn Stockett. Neben den<br />
Einzeltiteln und ihren Buchreihen um Will Trent und Sara Linton hat<br />
Slaughter auch neun Kurzgeschichten veröffentlicht.<br />
Buch an die Oberfläche. Von da an beginne ich mit dem Gestalten der<br />
Geschichte, meistens auf Notizzetteln oder Papierschnipseln, die gerade<br />
zur Hand sind. Ich skizziere nicht, aber irgendwie verbinde ich Dinge<br />
durch Dialoge und Beobachtungen.<br />
Wenn ich ein WillTrent oder SaraLintonBuch schreibe, fällt es mir<br />
leicht, die Charaktere zu schreiben, denn ich kenne sie schon so lange<br />
und die Herausforderung ist, etwas Neues auf glaubhafte Weise über sie<br />
zu sagen (Will kann zum Beispiel nicht plötzlich offenbaren, dass er die<br />
ganze Zeit über schon an BürgerkriegsAufführungen teilnimmt). Bei<br />
so einem Projekt wie „Die gute Tochter“ muss ich eine Weile über die<br />
Charaktere nachdenken und meinem Kopf gestatten, sie kennenzulernen.<br />
Das Besondere an diesem Roman ist, dass keine Polizisten die Geschichte<br />
erzählen. Wenn man die Perspektive eines Polizisten einnimmt,<br />
kann man ihn oder sie Zeugen befragen, forensische Untersuchungen<br />
anschauen oder Spuren verfolgen lassen. Die Charaktere in „Die gute<br />
Tochter“ sind Anwälte, also haben sie Zugang zu ganz anderen Informationen<br />
und müssen nach anderen Regeln spielen als Ermittler, was<br />
<strong>buch</strong> <strong>aktuell</strong> | 47