buch aktuell Winter 2017/2018
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Werkstattberichte<br />
Tatort<br />
Schreibtisch<br />
Mein Schreibtisch steht in einem kleinen Büro in der Nähe des<br />
Hamburger Isemarktes. Es ist ein Ort, an dem ich konzentriert<br />
arbeiten kann und an dem es niemanden stört, wenn<br />
sich Notizzettel, Schreibutensilien, Kaffeetassen und Bücher<br />
auf der Tischplatte stapeln. Von hier kann ich direkt auf eine der hübschen<br />
Jugendstilfassaden gucken, die für dieses Viertel so typisch sind.<br />
Links von mir befindet sich ein Regal mit Rechercheliteratur, das langsam<br />
überquillt, weil ich neben den Büchern, die ich mir in der Unibibliothek<br />
ausleihe, auch Unmengen selber kaufe. Quer über die Breite verläuft<br />
eine Plotleine, an die ich die zeitlichen Abläufe meiner Geschichten hefte,<br />
damit ich immer den Überblick behalte. Auf der rechten Seite des Schreibtisches<br />
steht der Bildschirm eines Computers, den ich verwende, wenn ich<br />
mit großen Bilddateien arbeite. Ansonsten kleben dort Motivationszettel<br />
und die Cover meiner <strong>aktuell</strong>en Projekte.<br />
Ich liebe diesen Platz, die Ruhe dieses Raumes. Nichts kann mich in<br />
meinem Gedankenfluss unterbrechen, alles darf fließen. Spätestens ab<br />
9 Uhr sitze ich hier und arbeite bis um 16 Uhr. Wenn es zeitlich mal eng<br />
wird, plane ich Schreibwochenenden ein, bei denen ich drei Tage am<br />
Stück arbeiten kann – herrlich! Dann sitze ich noch spät nachts mit einem<br />
Glas Wein an meinem Platz und fahre morgens bei einer Tasse Kaffee am<br />
Frühstückstisch fort. Meist in absoluter Stille, bei besonders emotionalen<br />
Szenen auch mit passender Musik.<br />
Noch vor wenigen Jahren habe ich zu Hause geschrieben. Mein<br />
Schreibtisch stand im Wohnzimmer mit Blick auf die Küche. Während<br />
ich versuchte, mich zu konzentrieren, sah ich auf den Abwasch, herumliegende<br />
Sachen, vergessene Taschen. Nachmittags, wenn die Kinder von<br />
der Schule kamen, wurden Türen aufgerissen, nach verlegten Dingen<br />
gesucht und das Sofa, das dem Schreibtisch gegenüberlag, in Beschlag<br />
genommen. Alltag pur!<br />
„Ich schreibe überall, wo mich die<br />
Inspiration überkommt, in Hotelzimmern<br />
oder an Autobahnraststätten.“<br />
Durch das Schreibbüro habe ich die Möglichkeit, das zu trennen. Bis<br />
zum Nachmittag tauche ich in meine Romanwelt ein, danach steht die<br />
Familie an erster Stelle. Ansonsten schreibe ich überall, wo mich die Inspiration<br />
überkommt, in Hotelzimmern oder an Autobahnraststätten.<br />
Selbst im Urlaub habe ich immer einen Laptop dabei – bei Ausflügen das<br />
Notizheft –, um all das in Worte zu fassen, was ich sehe, fühle und denke.<br />
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