Burgtheater
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Felicia Zeller<br />
Kaspar Häuser Meer<br />
Österreichische Erstaufführung<br />
»Am liebsten würde würde ich alles hinschmeißen. hinschmeißen. ABER ABER WOHIN.« Es gibt wenig Traurigeres als die Fälle von<br />
Verwahrlosung, Missbrauch oder oder gar Tötung von Kindern, die immer wieder und immer häufi ger ger<br />
die Seiten und Zeiten der Berichterstattung füllen. Die Trostlosigkeit, die einen angesichts solcher<br />
»Dramen« und »Tragödien« unweigerlich überfällt, rührt von der beschädigten Intimität her, von<br />
der Zerstörung eines fundamentalen Schutz- und Vertrauensraumes, wie ihn in unserer Kultur nur das<br />
Elternhaus, der familiäre Raum zu bieten hat. Gleichzeitig wird in kaum einem anderen Bereich<br />
derart viel Wert auf die Vorsorge und das rechtzeitige Eingreifen öffentlicher Stellen gelegt, Verantwortung<br />
an Institutionen delegiert. Felicia Zeller hat ein Stück geschrieben, in dem nicht das<br />
Schicksal eines Kindes, nicht die Überforderung oder Traumatisierung eines Täters oder einer Täterin,<br />
nicht das familiäre oder soziale Umfeld die Hauptrolle spielen, sondern die bezahlten Helfer<br />
– ein Drama der Verantwortung.<br />
»Scheitern beschreibt hier hier nicht einen Skandal, sondern ist ist auszuhaltender Teil der Arbeit:<br />
Helfen Helfen mit Risiko. Dass man man nicht nicht weiß, wie die Hilfe ausgeht, ausgeht, ist ein sozialpädagogisches Dilemma,<br />
das nur in den Denkfi guren der Sozialpädagogik verstehbar ist. Diese Denkfi guren bestimmen die<br />
Sprache der Fachkräfte, bestimmen ihr Leben, bestimmen die Formel des Stücks.«<br />
Das Stück spielt ausschließlich im Jugendamt und ausschließlich unter Fachkräften. Anika, frisch<br />
von der Fachhochschule, alleinerziehende Mutter einer vierjährigen Tochter, schwebt selber ständig<br />
in Gefahr, ihr Kind an die Wohlfahrt zu verlieren. Barbara arbeitet seit zwanzig Jahren in der<br />
Verwaltung, und Silvia versucht, immer mehr zu arbeiten, um das immer größer werdende Loch aus<br />
Müdigkeit und Ergebnislosigkeit zu stopfen. Eigentlich handelt das ganze Stück nur vom Versuch<br />
der drei Jugendamtssozialarbeiterinnen, die Arbeit eines krank geschriebenen und länger nicht zurück<br />
zu erwartenden Kollegen neu zu verteilen: das »Björn-Out-Syndrom«.<br />
»Das latente Zu-Spät-Kommen, das ständige Bemühen, der ablaufenden Zeit planerisch nachzujagen,<br />
dieses Hinterherhinken Hinterherhinken bei bei gleichzeitigem Bemühen darum, schneller zu sein, prägt die berufl iche<br />
Existenz der Fachkräfte im Allgemeinen Sozialen Dienst. Die große Sehnsucht nach Prävention, die<br />
nicht einlösbar ist, durchdringt ihrer aller Sprechen und wird in der sprachlichen Form ihrer<br />
Dialoge manifest.«<br />
Denn eigentlich ist »Kaspar Häuser Meer« eine irrwitzige Komödie, eine Art »Modern Times« für die<br />
Fürsorge-Gesellschaft, eine Sprachkaskade von Aufopferungsbereitschaft, Hilfl osigkeit, gutem<br />
Willen, schlechtem Gewissen, Sozialjargon, Mitgefühl, Überforderung, Verzweifl ung. »WER AUSGE-<br />
BRANNT IST, MUSS AUCH EINMAL ENTBRANNT GEWESEN SEIN. Nicht nur die Fachkraft, sondern<br />
auch die Eltern.«<br />
Regie: Tina Lanik<br />
Bühne: Magdalena Gut<br />
Kostüme: Su Sigmund<br />
Premiere im Dezember 2008 im Kasino<br />
14 kasino