14.12.2012 Aufrufe

Burgtheater

Burgtheater

Burgtheater

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Karl Schönherr<br />

Der Weibsteufel<br />

Die Uraufführung 1915 am <strong>Burgtheater</strong> wollte man erst nach dem Test in einer Wohltätigkeitsaufführung<br />

am Johann Strauß Theater wagen. Der Vorwurf der »Unsittlichkeit«, der bis hin zum<br />

Münchner Erzbischof die (geistlichen) Gemüter erregte, entzündete sich in erster Linie an der damals<br />

außergewöhnlich deutlichen Erotik des Textes, sein eigentlich skandalöser Kern aber liegt in der<br />

gewissermaßen »himmelschreienden« Amoralität seiner drei Figuren.<br />

Ein Hehler, der vom Handel mit geschmuggelten Waren lebt, erfährt, dass ihm der örtliche Polizeikommandant,<br />

nach vielen vergeblichen Versuchen ihn zu überführen, das Handwerk legen will,<br />

indem er einen jungen Grenzjäger auf seine attraktive Frau »ansetzt«. Der Grenzjäger verspricht sich<br />

eine schnelle Beför derung, wenn er die Frau (zur Preisgabe von Informationen) verführt. Der<br />

Mann treibt seine Frau dazu, den Annäherungen des Jägers entgegen zu kommen, um so Zeit für<br />

seine kriminellen Transaktionen zu gewinnen. So soll die Erotik der Frau den materiellen Interessen<br />

beider konkurrierender Männer dienen. dienen. Die Die Frau sprengt die Ökonomie, die sich um um ihren Körper<br />

herum herum aufbaut, indem indem sie echte echte Gefühle in Umlauf bringt. Aus der von beiden Seiten taktischen<br />

taktischen<br />

Annäherung mit mit dem Jäger wird wirkliche wirkliche sexuelle sexuelle Attraktion, eine alpenländische alpenländische amour fou, und<br />

aus der scheinbaren erotischen Freigiebigkeit des Ehemannes im Gegenzug brennende Eifersucht.<br />

Am Ende ist der Gesetzeshüter zum Mörder des Ehemanns geworden und muss außer Landes fl iehen,<br />

die Witwe aber erbt »das große Haus am Markt«, in dem sie nun Männer empfangen kann, die sie<br />

sich selber ausgesucht hat.<br />

In einer ersten Fassung des Stücks hatte die Titelfi gur »ihr Treiben« noch mit dem Tod bezahlen müssen,<br />

in der endgültigen Version wird sie nicht nur mit der Erlösung aus den ehelichen Zwangs verhältnissen,<br />

sondern auch mit einem reichen Erbteil, also mit wirtschaftlicher und emotionaler<br />

Unabhängigkeit »belohnt«. Mit dieser überraschenden Wendung am Ende hat Schönherr aus einer Tragödie<br />

der unterdrückten Triebe in einer unglücklichen Ehe eine abgründige erotische Gaunerkomödie<br />

von großer Sprengkraft gemacht.<br />

Regisseur Martin Kušej und Bühnenbildner Martin Zehetgruber kehren nach der zum Berliner<br />

Theatertreffen geladenen Inszenierung von Schönherrs »Glaube und Heimat« und insgesamt fünf<br />

erfolgreichen Inszenierungen von Stücken österreichischer Autoren (neben Schönherr zweimal<br />

Grillparzer und je einmal Horváth und Nestroy) in der letzten Spielzeit der Ära Bachler noch einmal<br />

ans <strong>Burgtheater</strong> zurück.<br />

Regie: Martin Kušej<br />

Bühne: Martin Zehetgruber<br />

Kostüme: Heide Kastler<br />

Premiere im September 2008 im Akademieheater<br />

akademietheater<br />

7

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!