2018/09 - unternehmen [!]
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[finanzieren] Ausgabe 61 | März <strong>2018</strong> <strong>unternehmen</strong> [!]<br />
spracherecht bekommen“, weiß Schmidt aus seiner Beratungspraxis.<br />
„Dabei gibt es mittlerweile viele Beteiligungsmodelle, bei denen diese<br />
Sorge unbegründet ist.“<br />
Das Spektrum an Instrumenten ist breit. Es reicht von klassischen<br />
Darlehen über Genussrechte bis zu stillen Einlagen. Am anderen Ende<br />
der Skala stehen direkten Beteiligungsformen wie Aktien oder Geschäftsanteile<br />
bei einer GmbH. „Bei diesen beiden Instrumenten haben<br />
die beteiligten Mitarbeiter Mitsprache- und zum Beispiel Einsichtsrechte<br />
in den Jahresabschluss, was vor allem viele Mittelständler<br />
häufig vermeiden wollen“, sagt Schmidt.<br />
Fachanwalt<br />
Oliver Schmidt.<br />
SORGE VOR ZUVIEL MITSPRACHERECHTEN<br />
Aus diesem Grund haben sich auch die Eigentümer von Hewi für ein<br />
Konzept auf Basis von Genussrechtskapital entschieden. Auslöser für<br />
die Einführung war die Krise in der Autoindustrie 2008. In deren Folge<br />
musste der Mittelständler Urlaubs- und Weihnachtsgeld für seine Belegschaft<br />
streichen. „Als es dann zwei Jahre später wieder bergauf<br />
ging, haben wir mit dem Betriebsrat entschieden,<br />
statt den festen Sonderzahlungen<br />
eine Erfolgs- und Leistungsprämie einzuführen“,<br />
erzählt Hewi-Geschäftsführer<br />
Hänssler. „Für Mitarbeiter, die sich darüber<br />
hinaus an der Finanzierung des langfristigen<br />
Wachstums beteiligen wollten, gab es<br />
aber zunächst keine Möglichkeit. Daher<br />
haben wir die Genussrechte aufgelegt, die<br />
mittlerweile recht gut angenommen werden.“<br />
Jahr für Jahr nehmen 40 der 500 Vollzeitbeschäftigen<br />
das Angebot wahr und<br />
zeichnen ein oder mehrere Anteile im<br />
Nennwert von 500 Euro.<br />
Die Anteile haben eine Laufzeit von fünf Jahren und können verlängert<br />
werden. Für die Mitarbeiter bedeutet das: Sie kommen in regelmäßigen<br />
Abständen an ihr angelegtes Geld heran – was wichtig ist, wenn<br />
sie zum Beispiel das Unternehmen verlassen, in Ruhestand gehen oder<br />
unter Umständen eine Immobilie erwerben. „Genauso ist es aber auch<br />
möglich, dass die Einlagen zunächst unbefristet dem Unternehmen<br />
zur Verfügung stehen, dann aber mit Fristen vom Arbeitnehmer gekündigt<br />
werden können“, erläutert Experte Schmidt. Auch bei Belegschaftsaktien<br />
nicht-börsennotierter Firmen oder GmbH-<br />
Anteilen gibt es fast immer ein Ausstiegsmodell.<br />
Sie werden häufig vom Unternehmen oder<br />
anderen Mitarbeitern zurückgekauft.<br />
Für Mitarbeiter, die bei dem Beteiligungsmodell<br />
mitmachen, hat Hewi<br />
ein zusätzliches Bonbon parat: Die<br />
Firma zahlt für bis zu zehn Genussrechten<br />
zusätzlich einen Zuschuss<br />
in Höhe von 36 Euro je<br />
Genussrecht. Der Zuschuss ist<br />
steuer- und sozialversicherungsfrei<br />
– damit ist der Förderungsmaximalbetrag<br />
von 360<br />
Euro ausgeschöpft. Zusätzlich<br />
kann der Arbeitnehmer auch<br />
seine vermögenswirksamen<br />
Illustration: © sentavio/shutterstock.com<br />
Wie Mitarbeiterbeteiligungen<br />
gefördert werden<br />
Eine Beteiligung erhöht oft die Motivation der Mitarbeiter.<br />
Die MBG Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Baden-Württemberg<br />
unterstützt die Finanzierung von Mitarbeiterbeteiligungsmodellen<br />
im Rahmen ihres Programms „Mittelstand<br />
CSR“. Dazu investiert die MBG in ein Unternehmen mit<br />
einer stillen Beteiligung zu besonders günstigen Konditionen.<br />
Gleichzeitig verpflichtet sich das entsprechende Unternehmen,<br />
eine Mitarbeiterkapitalbeteiligung umzusetzen. Die Idee<br />
dabei: Das Unternehmen schont seine Liquidität und erhält eine<br />
solide Kapitalbasis. Mit Hilfe der Investition der MBG entsteht<br />
ein Kapitalpuffer. Während der zehnjährigen Laufzeit der<br />
MBG-Beteiligung wird das Beteiligungskapital der Mitarbeiter<br />
angespart und lässt sich dann für die planmäßige Rückzahlung<br />
der MBG-Beteiligung nutzen. <br />
TLU<br />
Leistungen in betriebliche Beteiligungen investieren, soweit das Modell<br />
des Arbeitgebers diese Option vorsieht. Wenn bestimmte Einkommensgrenzen<br />
nicht überschritten werden, zahlt der Staat darauf<br />
dann noch einmal Arbeitnehmersparzulage.<br />
ANREIZ IM BUHLEN UM FÜHRUNGSKRÄFTE<br />
Dennoch: Für viele Experten sind die vergleichsweise bescheidenen<br />
staatlichen Förderanreize der zweite Grund dafür, warum es bei der<br />
Mitarbeiterbeteiligung in Deutschland hakt. Zuletzt hat der Gesetzgeber<br />
im Jahr 20<strong>09</strong> die steuerlichen Frei- und Förderbeträge für die Mitarbeiterbeteiligung<br />
angehoben. „Hier gibt es Nachholpotenzial“,<br />
sagt Schmidt. „Zumal seit Beginn des Jahres die Fördermöglichkeiten<br />
bei der betrieblichen Altersvorsorge durch das Betriebsrentenstärkungsgesetz<br />
erhöht wurden.“ Bei den Kapitalbeteiligungen<br />
bestehe damit Anpassungsbedarf. Auch<br />
würden sich zunehmend Firmen mit dem Thema<br />
beschäftigen: „Das betrifft insbesondere Mittelständler,<br />
die Führungskräfte von Konzernen abwerben<br />
wollen. Um diese zu gewinnen, müssen sie über<br />
das übliche Gehalt, Dienstwagen und Altersvorsorge<br />
hinaus auch eine Erfolgskomponente zahlen, um mithalten<br />
zu können.“ [!] <br />
THOMAS LUTHER<br />
Illustration: © youak/DigitalVision Vectors/Getty Images<br />
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